Khanor
Dungeon-Boss
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Kennt ihr das, wenn ihr völlig unbekannte Personen anschaut und über sie nachdenkt? Hunderte von ihnen pro Woche und man sieht sie wahrscheinlich nie wieder, dennoch analysieren und bewerten wir sie. Optik. Verhalten. Bewegungen.
Seit einiger Zeit steigt in Wennigsen jeden morgen ein junger Typ ein. Schweigsam wie die meisten morgens.
Er stellt sich dann in eine Ecke, macht seine Jacke auf und stellt seine Tasche ab. Ein komischer Kauz, denke ich manchmal. Diese Kombinationen, die er manchmal an hat... Eine graue Jeans, dazu ein hellblauer Kapuzenpullover und eine grünbraune Jacke, oftmals noch irgendein Cap dazu. Das sieht dann irgendwie aus, als wäre er einer dieser Typen, die sich hinter grau und schwarz verstecken um die Welt von sich fernzuhalten. Irgendwie depressiv.
An anderen Tagen sieht er fast gut aus. Eine helle, modische Jeans, dazu ein leinen-gelber Stoffpulli mit Reißverschluss bis zur Brust, leicht aufgestellter Kragen. Da wirkt die erwähnte Jacke beinahe modisch. Unter dem Reißverschluss erkennt man dann auch manchmal ein rotes oder blaues Shirt, was irgendwie einen frischen Hauch in diese Optik bringt.
Ganz selten hat er mal eine Baggi an, Southpole, ziemlich ausgelatscht und Schätzungsweise über fünf Jahre alt. Im Sommer manchmal mit rotem Nike-Muscle-Shirt, im Winter eher mit einem doch irgendwie passenden Pulli. Aber auch das steht ihm irgendwie, obwohl er dann nicht wie diese 08/15-Baggi-Träger wirkt.
Die Tasche die er trägt ist allerdings immer die gleiche. Ich frag mich manchmal wieso er glaubt diese Kunstledertasche zum Umhängen würde dazu passen. Vielleicht glaubt er das gibt ihm so den Look eines Studenten und macht ihn optisch intelligenter.
Meistens hört er Musik, senkt den Kopf und klappert die ganze Zeit mit den Füßen und beiden Händen, so als würde er ununterbrochen Schlagzeug spielen. Entweder geht das niemandem außer mir auf die Nerven, oder die Leute sind froh, dass er nicht zu der Handy-Lautsprecher benutzenden Fraktion gehört.
Nach kurzer Zeit lässt er sich dann meist in die Hocke sinken und vertieft sich in die Musik. Manchmal liest er auch, aber scheint keinen einheitlichen Geschmack zu haben. Letzten Sommer hat er zum Beispiel etwas von Dieter Nuhr gelesen. Jetzt liest er Hohlbein. Ich bitte euch, Hohlbein? Hat er Angst vor "wirklichen" Mittelalter-Szenarien und der blutigen Grausamkeit dieser Zeit? Aber lesen tut er sehr selten, nur alle paar Monate mal ein Buch, wie es scheint.
Er hat auch nicht immer die Musik dabei. Dann steht oder hockt er einfach nur da. Im Gegensatz zu den anderen versucht er dann nicht zu schlafen oder kämpft damit wach zu bleiben, er... naja, er steht dann einfach da. Mit gesenktem Kopf. Wenn er mal aufsieht schweift sein Blick durch die Runde, versucht aber doch den Blicken der anderen auszuweichen.
Irgendwie wirkt er sehr oft einsam, obwohl das vom Aussehen her gar nicht zu ihm passt.
Wenn er dann in Hannover aussteigt versucht er irgendwie locker zu wirken. So als ob er sehr darauf bedacht wäre, was alle um ihn herum nur gutes von ihm denken. Nichts überhebliches, nichts prolliges oder so, sondern einfach nur halbwegs gutaussehend (zumindest scheint er das zu glauben). Ist schon irre irgendwie, er benimmt sich als würde er allem aus dem Weg gehen wollen und ist doch darauf bedacht.
Er lächelt selten, nur hin und wieder wenn er die Augen schließt und im Takt zu der Musik den Kopf bewegt.
Dann geht er zu U-Bahn und fährt weg. Die ganze Zeit sieht er irgendwie müde aus, aber nicht auf eine schläfrige Art. Ich kann nicht beschreiben wie, aber irgendwie demotiviert, gleichgültig und zurück gezogen.
Er geht auf die Fachoberschule Technik. Und erst so richtig seltsam zu beobachten ist sein Verhalten, sobald er die Klasse betritt. Ihr würdet ihn nicht wieder erkennen:
Er macht die Tür auf und begrüßt den Haufen Mitschüler schon mit einem breiten Grinsen. Irgendwie laut. Ab da scheint er wie ausgewechselt.
Hier ein Spruch, da ein Handschlag, der obligatorische Türkenwitz an Erdal gerichtet, der mit einem Spruch über Deutsche lachend antwortet. Der Wink an den Mitschüler, dessen Mutter gebürtig aus Äthiopien stammt, dass er endlich Kaffee kochen solle (obwohl der Junge gar keinen trinkt), dieser dunkelhäutige Mitschüler dann aber breit grinsend antwortet: "Ohne uns Neger wüsstet ihr nicht einmal, dass es Kaffee gibt!", was dann allgemein zu herzlichem Gelächter führt.
Die ethnischen Gegensätze in der Klasse werden ständig als Aufhänger für Witze genutzt, Deutsche, Türken, Inder, Russen, Albaner, und doch lachen alle herzlich miteinander und können mit Rassenwitzen gut umgehen, schließlich liegt nichts boshaftes darin. Nie ein böses Wort. Hier scheint er sich wohl zu fühlen.
Im Verlauf des Tages vergeht kaum eine Minute in der er keinen Kommentar abgibt, der allgemeines Gelächter ervor ruft. Mal flach, mal vulgär, aber er kann auch intelligente Dinge preis geben. Kurz gesagt kommt er irgendwie bei allen ganz gut an.
Er führt auch gerne mal halbwegs normale Gespräche, achtet aber darauf, dass er nicht einige Personen übermäßig fokussiert. Klar versteht er sich mit manchen besser als mit anderen, aber Gleichberechtigung findet er wichtig. Und Grüppchenbildung findet er ziemlich bescheuert, darum kann er auch wenigstens höflich mit jedem reden, wenn auch nicht mit allen tiefgründig. Aber sie sitzen ja alle im selben Boot, also können sie sich auch anstrengen gemeinsam zu paddeln und nicht nur sich den Platz zu nehmen.
Doch auch denjenigen die er besonders mag erzählt er nicht viel aus seinem Inneren. Er redet freier mit ihnen, aber doch nicht über seine Ängste und Probleme, die nicht die Schule betreffen.
Trotzdem scheint er unentwegt zu grinsen.
Wenn man mit seinen Klassenkameraden spricht scheint er bei allen einen hohen Stellenwert zu genießen. Es heißt immer "wenn er mal nicht da ist, ist es echt ätzend. Langweilig irgendwie".
So würde ich ihn auch einschätzen, wenn ich ihn mir ganz genau ansehe. Jemand mit dem man viel Spaß haben kann, der aber ein treuer Freund und verträumter Weltverbesserer ist. Dennoch eher passiv als aktiv darum bemüht.
Nach der Schule schlendert er dann gemeinsam mit einige Klassenkameraden zur U-Bahn, nimmt aber meist die in die entgegengesetzte Richtung. Er verabschiedet sich, jeden Tag mit einem Spruch der die Gruppe zum Lachen bringt, dann geht er die Treppe runter.
Allein.
Setzt die Kopfhörer auf, sofern er sie dabei hat und verfällt irgendwie in die gleiche Verhaltensweise wie morgens.
Er steigt aus dem Zug aus, legt die 10 Minuten Fußweg zu sich zuhause zurück, schaut meist Richtung Boden dabei, schließt die Haustür auf und verschwindet hinter der Glastür.
Das war es dann, bis zum nächsten morgen sieht man ihn recht selten wieder.
Was treibt ihn wohl dazu so zu sein? Diese Frage stell ich mir immer wieder, er könnte doch so "anders" sein, er könnte doch viel öfter so sein, wie in der Gemeinschaft seiner Klasse.
Neulich hörte ich ihn reden im Zug, weil er wohl jemanden dort kannte. Er sprach halblaut, aber das ganze Gespräch war mit Gelächter erfüllt. Morgens um sieben, wie verrückt. Er erzählte von der Schule und verpackte sogar seine Unsicherheiten im Unterrichtsstoff witzig. Sein Gesprächspartner lenkte das Gespräch dann auf dieses Online-Spiel, World of Warcraft. Darüber konnten sie auch viel erzählen. Witziges, angeregte Diskussionen, sinnloses, alltägliches.
Er erzählte dann von seinen Errungenschaften. Von seinem neuen Pet, seiner epischen Kopfbedeckung, erwähnte aber auch eine legendäre Zweihandwaffe. Hin und wieder erzählt er auch von nachmittäglichen Raids, die ihm viel Zeit rauben.
Ich habe mich dann mal ein wenig schlauer gemacht und konnte einige Bilder von ihm und seinen Erzählungen ergattern, die ich euch hier mal zeigen kann:
Imageloop ist leider nicht mehr verfügbar.
Also, ich denke, dass spätestens jetzt klar sein dürfte, dass es um mich ging.
Pet.jpg: Mein kleines Mäuschen, die mit Vorliebe dann aktiv wird, wenn ich schlafen gehe.
Epic.jpg: Da muss ich wohl nicht viel zu sagen
Legendary.jpg: Meine Career Les Paul-Cpoy, ich find sie schaut gut aus und klingt auch nach mehr als 120 Euro bei eBay... Kann auch Wunschdenken sein ^^
Raid.jpg: HA-Hero, Screenshot entstanden nachdem Mecha(nik-Hausaufgaben) clear war. Das Bild auf dem Laptop zeigt das Profil meiner Heilerin Phinea.
Aber ich bin nicht so depressiv das so zu formulieren, wenn ich über mich rede, ich versuchte nur mich selbst einmal objektiv zu betrachten. Das ist gar nicht so einfach. Wenn ich von jemand anderem so reden würde käme mir der Gedanke, dass es irgendwie eine seltsame und kaputte Persönlichkeit ist. Für mich selbst kommt mir das aber nicht so vor.
Ich meine, klar würde ich mir manchmal wünschen anders zu sein, aber irgendwie... So bin ich, ich kenn mich nicht wirklich anders. Früher einmal, ein wenig, vielleicht.
Heute morgen spielte sich etwa ähnlich ab wie oben geschildert. Allerdings war meine Laune scheinbar überschwenglich, als ich in die Klasse trat. Vielleicht lag es daran, dass ich mir kräftig viel Daughtry in die Ohren gejagt habe, als ich auf dem Weg war.
Ich hatte für jeden einen passenden dummen Spruch parat, der immer die gesamte Klasse zum Lachen animierte. Also noch mehr als sonst.
Vielleicht lag es an der Sonne, die nicht sonderlich warm, aber sehr freundlich und wirklich frühlingshaft schien und das ausnahmsweise auch den Vormittag hielt.
Mein Sitznachbar, mit dem ich mich bereits gemeinsam durch die Ausbildung quälte (und erfolgreich um ein halbes Jahr verkürzt habe *proll*) schaute mich nur lachend an.
"Alter, was is'n mit dir los? Hattest du Besuch? Ach nee, du nicht. Sex fällt also auch weg. Hm. Hast du mit einer Frau geredet oder mit ihr geschrieben?"
Ich dachte nicht, dass ich so leicht durchschaubar bin.
Seit einiger Zeit steigt in Wennigsen jeden morgen ein junger Typ ein. Schweigsam wie die meisten morgens.
Er stellt sich dann in eine Ecke, macht seine Jacke auf und stellt seine Tasche ab. Ein komischer Kauz, denke ich manchmal. Diese Kombinationen, die er manchmal an hat... Eine graue Jeans, dazu ein hellblauer Kapuzenpullover und eine grünbraune Jacke, oftmals noch irgendein Cap dazu. Das sieht dann irgendwie aus, als wäre er einer dieser Typen, die sich hinter grau und schwarz verstecken um die Welt von sich fernzuhalten. Irgendwie depressiv.
An anderen Tagen sieht er fast gut aus. Eine helle, modische Jeans, dazu ein leinen-gelber Stoffpulli mit Reißverschluss bis zur Brust, leicht aufgestellter Kragen. Da wirkt die erwähnte Jacke beinahe modisch. Unter dem Reißverschluss erkennt man dann auch manchmal ein rotes oder blaues Shirt, was irgendwie einen frischen Hauch in diese Optik bringt.
Ganz selten hat er mal eine Baggi an, Southpole, ziemlich ausgelatscht und Schätzungsweise über fünf Jahre alt. Im Sommer manchmal mit rotem Nike-Muscle-Shirt, im Winter eher mit einem doch irgendwie passenden Pulli. Aber auch das steht ihm irgendwie, obwohl er dann nicht wie diese 08/15-Baggi-Träger wirkt.
Die Tasche die er trägt ist allerdings immer die gleiche. Ich frag mich manchmal wieso er glaubt diese Kunstledertasche zum Umhängen würde dazu passen. Vielleicht glaubt er das gibt ihm so den Look eines Studenten und macht ihn optisch intelligenter.
Meistens hört er Musik, senkt den Kopf und klappert die ganze Zeit mit den Füßen und beiden Händen, so als würde er ununterbrochen Schlagzeug spielen. Entweder geht das niemandem außer mir auf die Nerven, oder die Leute sind froh, dass er nicht zu der Handy-Lautsprecher benutzenden Fraktion gehört.
Nach kurzer Zeit lässt er sich dann meist in die Hocke sinken und vertieft sich in die Musik. Manchmal liest er auch, aber scheint keinen einheitlichen Geschmack zu haben. Letzten Sommer hat er zum Beispiel etwas von Dieter Nuhr gelesen. Jetzt liest er Hohlbein. Ich bitte euch, Hohlbein? Hat er Angst vor "wirklichen" Mittelalter-Szenarien und der blutigen Grausamkeit dieser Zeit? Aber lesen tut er sehr selten, nur alle paar Monate mal ein Buch, wie es scheint.
Er hat auch nicht immer die Musik dabei. Dann steht oder hockt er einfach nur da. Im Gegensatz zu den anderen versucht er dann nicht zu schlafen oder kämpft damit wach zu bleiben, er... naja, er steht dann einfach da. Mit gesenktem Kopf. Wenn er mal aufsieht schweift sein Blick durch die Runde, versucht aber doch den Blicken der anderen auszuweichen.
Irgendwie wirkt er sehr oft einsam, obwohl das vom Aussehen her gar nicht zu ihm passt.
Wenn er dann in Hannover aussteigt versucht er irgendwie locker zu wirken. So als ob er sehr darauf bedacht wäre, was alle um ihn herum nur gutes von ihm denken. Nichts überhebliches, nichts prolliges oder so, sondern einfach nur halbwegs gutaussehend (zumindest scheint er das zu glauben). Ist schon irre irgendwie, er benimmt sich als würde er allem aus dem Weg gehen wollen und ist doch darauf bedacht.
Er lächelt selten, nur hin und wieder wenn er die Augen schließt und im Takt zu der Musik den Kopf bewegt.
Dann geht er zu U-Bahn und fährt weg. Die ganze Zeit sieht er irgendwie müde aus, aber nicht auf eine schläfrige Art. Ich kann nicht beschreiben wie, aber irgendwie demotiviert, gleichgültig und zurück gezogen.
Er geht auf die Fachoberschule Technik. Und erst so richtig seltsam zu beobachten ist sein Verhalten, sobald er die Klasse betritt. Ihr würdet ihn nicht wieder erkennen:
Er macht die Tür auf und begrüßt den Haufen Mitschüler schon mit einem breiten Grinsen. Irgendwie laut. Ab da scheint er wie ausgewechselt.
Hier ein Spruch, da ein Handschlag, der obligatorische Türkenwitz an Erdal gerichtet, der mit einem Spruch über Deutsche lachend antwortet. Der Wink an den Mitschüler, dessen Mutter gebürtig aus Äthiopien stammt, dass er endlich Kaffee kochen solle (obwohl der Junge gar keinen trinkt), dieser dunkelhäutige Mitschüler dann aber breit grinsend antwortet: "Ohne uns Neger wüsstet ihr nicht einmal, dass es Kaffee gibt!", was dann allgemein zu herzlichem Gelächter führt.
Die ethnischen Gegensätze in der Klasse werden ständig als Aufhänger für Witze genutzt, Deutsche, Türken, Inder, Russen, Albaner, und doch lachen alle herzlich miteinander und können mit Rassenwitzen gut umgehen, schließlich liegt nichts boshaftes darin. Nie ein böses Wort. Hier scheint er sich wohl zu fühlen.
Im Verlauf des Tages vergeht kaum eine Minute in der er keinen Kommentar abgibt, der allgemeines Gelächter ervor ruft. Mal flach, mal vulgär, aber er kann auch intelligente Dinge preis geben. Kurz gesagt kommt er irgendwie bei allen ganz gut an.
Er führt auch gerne mal halbwegs normale Gespräche, achtet aber darauf, dass er nicht einige Personen übermäßig fokussiert. Klar versteht er sich mit manchen besser als mit anderen, aber Gleichberechtigung findet er wichtig. Und Grüppchenbildung findet er ziemlich bescheuert, darum kann er auch wenigstens höflich mit jedem reden, wenn auch nicht mit allen tiefgründig. Aber sie sitzen ja alle im selben Boot, also können sie sich auch anstrengen gemeinsam zu paddeln und nicht nur sich den Platz zu nehmen.
Doch auch denjenigen die er besonders mag erzählt er nicht viel aus seinem Inneren. Er redet freier mit ihnen, aber doch nicht über seine Ängste und Probleme, die nicht die Schule betreffen.
Trotzdem scheint er unentwegt zu grinsen.
Wenn man mit seinen Klassenkameraden spricht scheint er bei allen einen hohen Stellenwert zu genießen. Es heißt immer "wenn er mal nicht da ist, ist es echt ätzend. Langweilig irgendwie".
So würde ich ihn auch einschätzen, wenn ich ihn mir ganz genau ansehe. Jemand mit dem man viel Spaß haben kann, der aber ein treuer Freund und verträumter Weltverbesserer ist. Dennoch eher passiv als aktiv darum bemüht.
Nach der Schule schlendert er dann gemeinsam mit einige Klassenkameraden zur U-Bahn, nimmt aber meist die in die entgegengesetzte Richtung. Er verabschiedet sich, jeden Tag mit einem Spruch der die Gruppe zum Lachen bringt, dann geht er die Treppe runter.
Allein.
Setzt die Kopfhörer auf, sofern er sie dabei hat und verfällt irgendwie in die gleiche Verhaltensweise wie morgens.
Er steigt aus dem Zug aus, legt die 10 Minuten Fußweg zu sich zuhause zurück, schaut meist Richtung Boden dabei, schließt die Haustür auf und verschwindet hinter der Glastür.
Das war es dann, bis zum nächsten morgen sieht man ihn recht selten wieder.
Was treibt ihn wohl dazu so zu sein? Diese Frage stell ich mir immer wieder, er könnte doch so "anders" sein, er könnte doch viel öfter so sein, wie in der Gemeinschaft seiner Klasse.
Neulich hörte ich ihn reden im Zug, weil er wohl jemanden dort kannte. Er sprach halblaut, aber das ganze Gespräch war mit Gelächter erfüllt. Morgens um sieben, wie verrückt. Er erzählte von der Schule und verpackte sogar seine Unsicherheiten im Unterrichtsstoff witzig. Sein Gesprächspartner lenkte das Gespräch dann auf dieses Online-Spiel, World of Warcraft. Darüber konnten sie auch viel erzählen. Witziges, angeregte Diskussionen, sinnloses, alltägliches.
Er erzählte dann von seinen Errungenschaften. Von seinem neuen Pet, seiner epischen Kopfbedeckung, erwähnte aber auch eine legendäre Zweihandwaffe. Hin und wieder erzählt er auch von nachmittäglichen Raids, die ihm viel Zeit rauben.
Ich habe mich dann mal ein wenig schlauer gemacht und konnte einige Bilder von ihm und seinen Erzählungen ergattern, die ich euch hier mal zeigen kann:
Imageloop ist leider nicht mehr verfügbar.
Also, ich denke, dass spätestens jetzt klar sein dürfte, dass es um mich ging.
Pet.jpg: Mein kleines Mäuschen, die mit Vorliebe dann aktiv wird, wenn ich schlafen gehe.
Epic.jpg: Da muss ich wohl nicht viel zu sagen
Legendary.jpg: Meine Career Les Paul-Cpoy, ich find sie schaut gut aus und klingt auch nach mehr als 120 Euro bei eBay... Kann auch Wunschdenken sein ^^
Raid.jpg: HA-Hero, Screenshot entstanden nachdem Mecha(nik-Hausaufgaben) clear war. Das Bild auf dem Laptop zeigt das Profil meiner Heilerin Phinea.
Aber ich bin nicht so depressiv das so zu formulieren, wenn ich über mich rede, ich versuchte nur mich selbst einmal objektiv zu betrachten. Das ist gar nicht so einfach. Wenn ich von jemand anderem so reden würde käme mir der Gedanke, dass es irgendwie eine seltsame und kaputte Persönlichkeit ist. Für mich selbst kommt mir das aber nicht so vor.
Ich meine, klar würde ich mir manchmal wünschen anders zu sein, aber irgendwie... So bin ich, ich kenn mich nicht wirklich anders. Früher einmal, ein wenig, vielleicht.
Heute morgen spielte sich etwa ähnlich ab wie oben geschildert. Allerdings war meine Laune scheinbar überschwenglich, als ich in die Klasse trat. Vielleicht lag es daran, dass ich mir kräftig viel Daughtry in die Ohren gejagt habe, als ich auf dem Weg war.
Ich hatte für jeden einen passenden dummen Spruch parat, der immer die gesamte Klasse zum Lachen animierte. Also noch mehr als sonst.
Vielleicht lag es an der Sonne, die nicht sonderlich warm, aber sehr freundlich und wirklich frühlingshaft schien und das ausnahmsweise auch den Vormittag hielt.
Mein Sitznachbar, mit dem ich mich bereits gemeinsam durch die Ausbildung quälte (und erfolgreich um ein halbes Jahr verkürzt habe *proll*) schaute mich nur lachend an.
"Alter, was is'n mit dir los? Hattest du Besuch? Ach nee, du nicht. Sex fällt also auch weg. Hm. Hast du mit einer Frau geredet oder mit ihr geschrieben?"
Ich dachte nicht, dass ich so leicht durchschaubar bin.