Tüdelü...

Melfise

NPC
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03.01.2008
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Sie beobachtete,wie die Metropole von den letzten Strahlen der Dämmerung liebkost wurde.Sie sah,wie sie langsam über die gewaltigen Häuser aus blankpoliertem Marmor strichen.Sie sah,wie die in voller Reife stehenden Felder von ihnen wie ein lange verlorengegangener Geliebter umschlossen wurden.Langsam schritt sie über den ausladenden Pfad aus schwarzem Granit,welcher im fast beißenden - und dennoch unglaublich prachtvollen - Kontrast zu der ansonsten allumfassenden Reinheit stand.Wie eine Ertrinkende sog sie die Geräusche,die Gerüche in sich auf.Hier pries eine korpulente Händlerin köstliche Honigküchlein an,dort bot ein Barbier seine Dienste für einige Kupferstücke an.Sie blieb stehen,als eine Gruppe von Kindern wenige Meter vor ihr lachend und spielend die Straße kreuzte.Lachende Gesichter,aus denen die pure Unschuld der Kindheit strahlte.Sie ging weiter,weg von dem Marktviertel und weiter ins Herz der Stadt.Hin zu den riesigen Tempelanlagen,welche diesen Dreh-&und Angelpunkt der Geschichte wie ein Bergmassiv überragten.Und wirklich wirkten sie wie von titanischen Kräften in Form gebrachte und bearbeitete Wunderwerke - geschaffen für die Ewigkeit und vielleicht sogar darüber hinaus.Die Dächer erstrahlten in dem silbrig-goldenen Glanz von Elektrum,durchsetzt mit den in allen Regenbogenfarben strahlenden Edelsteinen.Tausende von Gläubigen drängten sich vor den aus bloßem Stein geschlagenen Portalen,bereit das göttliche Wort durch das Orakel zu empfangen.Bereit,neue Hoffnung in ihren Herzen entflammen zu lassen und damit den drohenden Schatten der nebelgleich seine Hände nach der Metropole ausstreckte zu vertreiben.Doch wahrscheinlich ahnten viele - wenn nicht alle - das diesmal das Ende kurz bevorstand.Das Ende der Stadt - und damit gleichzeitig das Ende einer Epoche.Sie schritt langsam die aus hunderten von Stufen bestehende Treppe hinauf,bereit,einen letzten Blick auf dieses herrliche Heiligtum zu werfen.Ein Heiligtum,was schon bald der Vergessenheit anheim fallen würde.Unsicher - fast schon ängstlich - trat sie auf das Plateau hinaus,welches den Tempelvorplatz bildete....
......und hörte Schutt und Staub unter ihren Füßen knirschen.Der Schock ließ sie zusammenzucken.Ein Schwerthieb in den Magen hätte nicht schlimmer sein können.Sie glaubte,vom schmalen Grat der Vernunft zu stürzen,hinab in den Abgrund welcher Wahnsinn und Bosheit beherbergte,als die Last der Realität wie eine Lawine auf sie einstürzte.Sie sank auf ein Knie und schnappte nach Atem.Bunte Ringe tanzten vor Augen und ihr wurde schwindlig.Langsam beruhigte sich ihr Atem und sie öffnete die Augen.Vor ihr erstreckte sich nur noch eine Ruinenlandschaft.Steine,abgeschliffen vom Atem der Jahrtausende.Heiligste Stätten - schon vor Urzeiten sämtlicher Kostbarkeiten beraubt.Langsam wandte sie sich um und ließ ihre Augen über die Stadt wandern.Oder vielmehr das,was noch nicht vom Sand der Wüste begraben oder abgetragen worden war.Sie blickte auf Ruinen,welche schon lange keinem lebenden Wesen mehr eine Wohnstatt und Glück geschenkt hatten.So lange war es schon her.......Sie hatte Zivilisationen sich erheben,andere vernichten und selber vernichtet werden sehen.Hunderte,wenn nicht tausende von Generationen waren seither über das Antlitz der Welt gewandelt und hatten ihr ihre Spuren,ihren Abdruck aufgedrückt.Und doch war die Erinnerung frisch wie am ersten Tag.Frisch wie an dem Tag,als SIE gekommen waren.Unwillkürlich ballte sie ihre Hände zu Fäusten.Eine verzweifelte Geste,geboren aus dem Zorn und den Narben,die noch nicht verheilt waren und auch niemals mehr verheilen würden.Und geboren aus der Einsamkeit,die seither ihr Leben bestimmt hatte.Für einige Momente erschien die Abbruchkante des Plateaus seltsam verführerisch - und sie spürte fast körperlich,wie der Abgrund nach ihr rief.So leicht,so einfach.......Wütend auf sich selber schüttelte sie den Kopf.Nein,noch nicht."Der Tod ist leichter als eine Feder,doch die Pflicht ist schwerer als ein Berg,"schoss es ihr durch den Kopf.Wielange war es her,dass sie diese alte Weisheit das letzte mal gehört hatte?.......Ein seltsames Geräusch ließ sie ihren Blick gen Himmel heben."Herrin,ich hoffe ihr seid wohlauf."Ein Schmunzeln huschte über ihr Gesicht,als sie die vertraute,falkenhafte Gestalt ihres Begleiters erkannte.Ihres Begleiters seit schon so vielen Jahren - und dennoch nur wenigen Schritte auf ihrem Lebenspfad.Sie ließ ihn durch ein Nicken ihre Antwort wissen."Wo liegt unser nächstes Ziel?Was haben wir vor?"Sie lachte.Oh,sie wusste was sie jetzt vorhätten."Was wir vorhabe?Was glaubst du wohl - wir werden Geschichte schreiben."Noch einige Minuten hallte die Hochebene von ihrem Lachen wieder.Dann nichts mehr.Die bleierne Stille der Ewigkeit senkte sich wieder über die Stadt.Über den Ort,der schon seit langem aus den Gedächtnissen der Menschen verschwunden war.Über den Ort,der früher als "das Herz der Ewigkeit" bekannt war..........

Sie sandte ihren Geist über die Ebenen,die Hügel.Mit Sinnen,welche ungleich schärfer gegenüber allen anderen Lebewesen waren - und welche sie selbst nicht mehr ganz verstand.Selbst sie vergaß Dinge im Strom der Zeit.......Sie suchte.Sie suchte - schon seit Äonen.Suchte jene,welche als einzige das Feuer in ihr bekämpfen konnten.Und sie fand sie.Erst nur wie ein dumpfes Rumpeln,wie ein in der Ferne vorbeiziehendes Gewitter.Doch dann immer lauter werdend,sich zu einem unheimlichen Stakkato von zehntausenden Stiefeln aufschaukelnd.Die Erde selber schien buchstäblich unter der dort herantosenden Urgewalt zu erbeben.Sie kamen.Sie kamen - und wie würde sie erwarten.
Langsam zog sie sich mit ihrem Geist wieder in ihren Körper zurück.....nur um gleich darauf in die tiefsten Abgründe ihrer Selbst einzutauchen.An den Ort,den sie fast vergessen hätte.Gleißendes,weißes Licht hüllte sie ein.Zu ihren Füßen erstreckte sich ein undendlich erscheinender Ozean aus einer quecksilbrigen Substanz.Ein ungeübter Beobachter hätte dies wohl für eine einfache Laune der Natur gehalten.Doch sie fühlte - und kannte die Macht,die in diesen Gewässern lag.Sie spürte die überwältigende Kraft der Substanz.Han,Magie,Mana......viele Begriffe waren im Laufe der Zeit gefunden und auch wieder vergessen worden.Doch sie kannte noch die ursprüngliche - "tel'ran'surkalàndir" - Tränen der Unendlichkeit.Die Luft selbst schien unter den gewaltigen Energien zu knistern,die nur auf ihre Entfesselung warteten.Doch sie hatte die Massen von Soldaten gesehen.Sie hatte die Armee gesehen,welche sich von Horizont zu Horizont erstreckte,getrieben nicht von Invasionsgier sondern von dem brennenden Verlangen,alles Andersartige - und vorallem Andersgläubige zu vernichten.Laut ihnen konnte ein Mensch nur Erfüllung in der Selbstaufopferung für andere finden.Doch ihre wahre Gefahr lag nicht in ihrer Anzahl - sondern in ihren Lehren und Bräuchen.Und vorallem ihrer Denkweise,welche sich wie ein langsames,schleichendes Gift in den Köpfen und Herzen der Menschen festsetzte und drohte,einen Mantel der Finsternis über die Welt und das Muster zu legen.Sie mochte ein mächtiges Wesen - vielleicht eins der mächtigsten,die je gelebt hatten und je leben würden.Doch trotzdem war sie ebenfalls an die Ketten des Lebens gefesselt - und damit nicht unsterblich.Sie wusste,ein Schwertstreich der ihr den Kopf von den Schultern fegte konnte sogar sie töten.Doch es gab eine Möglichkeit........Aus dem Nichts erschien eine alte,eiserne und verrostete Kette neben ihr.Eine Kette als Schutz und als Siegel und als Barriere für jenes,was dahinter lag.Und gleichzeitig eine Brücke für jenes,welches gebunden vom Schöpfer im Augenblick der Schöpfung tief in ihrem Innersten lauerte.Einen Augenblick fragte sie sich,ob es wirklich die Gefahr wert wäre,möglicherweise alles zu verlieren welches sie in Jahrtausenden aufgebaut hatte und was sie ausmachte.Doch dann zuckten Bilder von brennenden Feldern und Städten,begleitet von den schrillen Schreien gepeinigter Seelen vor ihrem inneren Auge vorbei.Sie fühlte Hass in sich Aufsteigen,einen Hass auf alles wofür SIE standen.Mit einem flüchtigen Gedanken zerriss sie die Ketten und ließ sich in den schillernden Ozean fallen.........Pures Eis und glühende Lava schienen gleichzeitig durch ihre Adern zu pulsieren.Sie fühlte,wie der Griff des Todes an ihrem Lebensfaden zog,unnachgiebig und unbarmherzig.Und doch trank sie weiter,zog immer mehr von den Tränen in sich auf.Immer mehr ,bis an die Grenze zur völligen Selbstvernichtung - und darüber hinaus.Doch dann stieg etwas in ihr auf,welches sich nur mit MACHT beschreiben ließ."Mit dieser Kraft könntest du den Tod selbst herausfordern" durchzuckte sie ein einzelner Gedanke.Dann verschwamm die Welt vor ihren Augen.........
 
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