Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?

Yalda

Rare-Mob
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.....apparently Yalda :(Ich bin kein Rassist. Der Mann den ich beschreibe ist zufällig schwarz - er könnte aber auch weiß sein, oder Asiate, Russe oder weiß der Geier - um Hautfarben/Nationalitäten geht es mir nicht. Mir ist auch durchaus klar, dass andere Kulturkreise deutlich offener sind als wir hier im sozialfrostigen Deutschland, wo einen die Ladenbesitzer beim einkaufen so böse anstarren, als wollte man ihren Erstgeborenen einem heidnischen Fruchtbarkeitsgott opfern.

Wie gesagt.... ich bin kein Rassist. Ich habe vor allen Fremden gleich viel Angst.
In der Vergangenheit habe ich viele schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen gemacht.
Mobbing in der Schule, Probleme mit einigen Lehrern die mich bedroht hatten....dann wurde ich mal von einem Auto angefahren und anstatt mir zu Helfen hat mich die Fahrerein angeschrien und dann Fahrerflucht begangen (ich hatte eine Gehirnerschütterung, mein Fahrrad war zusammengematscht und alle waren sich einig, dass ich bei dem Aufprall auch hätte sterben können).
Generell machen sie Leute gern über mich lustig, weil ich klein bin, Figurprobleme habe und Gerüchten zu folge immer so eine Körpersprache habe, als würde ich gleich verprügelt.
Und ja, vielleicht auch etwas wegen meiner Nerdaura.

Die Folge des ganzen ist, dass ich mich die meiste Zeit in meiner "Höhle" aufhalte und nur sehr wenig Freunde habe, die dafür dann aber auch solche sind, die nicht beim ersten Problem davonrennen und einen im Stich lassen. Es ist auch so, dass ich meinen Freundeskreis bewusst klein halte - bevor 2001 bei mir Myathenia gravis ausgebrochen ist, war fast die ganze Klasse mit mir "befreundet". Als ich dann krank geworden bin hat mich genau EINE Freundin im Krankenhaus besucht. Allen anderen war es zu anstrengend, sich um eine Freundin zu kümmern, die zufällig nicht mehr 100%ig gesund ist und lachend uns singend durch die Flure tanzt. (Ja in unsere Stufe wurden viele Drogen genommen...)


Ich mag es nicht auf der Straße angesprochen zu werden, von wildfremden Kerlen eingeladen zu werden ja es ist mir schon unangenehm, dass ich dauernd nach Uhrzeiten und Kleingeld gefragt werde.

Bevor man mich in die falsche Ecke stellt: ich bin durchaus ein Hilfsbereiter Mensch und fühle mich immer wenn ich gefragt werde verpflichtet, Leuten beim Stadtplanlesen zu helfen, sie in die richtigen Züge zu lotsen, ihnen Uhrzeiten zu sagen, zu dolmetschen etc. - und wenn ich Kleingeld dabei habe und jemand der nicht gerade so aussieht als würd er mich nur verarschen wollen mich danach fragt, dann gebe ich auch etwas ab. Ich spende diversen Organisationen und würde auch zur Blutspende gehen, wenn ich keine schwere chronische Erkrankung hätte.

Aber trotzdem: ich habe vor fremden Menschen Angst. Und das meine ich so wie ich es sage. Ich gehe nicht auf Partys und bekomme in Hörsäalen und auf Conventions regelmäßig einen Rappel. Vermutlich ist das bei mir sogar schon eine leichte Soziophobie.

Im Dezember 2006 fuhr ich mit einem sehr kleinen Kreis von WoW Freunden auf die Dimension 6 nach Bremen. Das ist bzw war (?) eine ziemlich große LAN Party. (An sich viele Menschen, aber friedliche Gamer, die nur Bierchen trinken und Pixel morden.) Auf dem Hinweg wurde ich mitgenommen, auf dem Rückweg bin ich Bahngefahren, deswegen habe ich mir auch nur vorort einen Laptop ausgeliehen.

Auf dem Rückweg in der Bahn nahm ich ein Wochenendeticket, da es am günstigsten war. Mit so einem Ticket kann man auch noch 4 Leute mitnehmen, weswegen hin und wieder ein paar Leute an größeren Bahnhöfen zusteigen und fragen, ob jemand sie mitnehmen könnte.

Auch an diesem Dezembertag fragte mich jemand, es war ein ...wie sagt man das politisch Überkorrekt? Mann in den 20~30ern mit (Nord?)afrikanischem Migrationshintergrund.
Ich steckte meine Nase wie immer sofort in ein Buch, aber er wollte unbedingt eine Unterhaltung. Erst auf wackeligem Deutsch, dann fragte er, ob ich Englisch sprechen würde - sein Englisch war mindestens genauso wackelig.
Es begann sehr nett, bis er damit anfing darauf zu drängen, doch mal auf einen Kaffee mit ihm auszugehen. Ich umschiffte das ganze mit Höflichkeitsfloskeln und lehnte ab. Ich hatte dem Mann geholfen nach Münster zu kommen - für mich war die Sache damit beendet.

Ein paar Wochen später traf ich ihn wieder in der Bahn, diesmal wollte er wieder ein Treffen, ich lehnte ab und hab ihn bis heute nicht mehr gesehen.

Heute saß dann wieder ein Mensch mit (nord)afrikanischem Migrationshintergrund neben mir im Bus und begann nachdem er nach der Uhrzeit gefragt hatte mit einem Gespräch - ich hatte meine Nase wieder in einem Buch stecken und wollte ihn abwimmeln, aber sein Redefluss war nicht zu stoppen....ob ich am Aasee wohnen würde, er hätte mich wiedererkannt, ob ich englisch sprechen würde, er bräuchte Hilfe beim Ausfüllen eines Formulars von Verdi und so weiter und so fort. Ich bliebt höflich und versuchte mich dran zu erinnern, ob es der gleiche Mann wie 2006 war - es gab so ein paar Hinweise z.B. meinte er, ich wäre ja so ein Hilfsbereiter Mensch und weil er gesagt hat, er würde mich wiedererkennen etc.

Wir kamen zu meiner Haltestelle und ich sagte ich müsste aussteigen - er stieg zu meiner Beunruhigung mit aus und redete weiter und weiter, wollte irgendwie, dass ich mit zu ihm komme und mit ihm das eine Formluar ausfülle, was ich abgelehnt habe.
Ich habe gesagt, wenn er unbedingt Hilfe dabei bräuchte, könnten wir das an einem öffentlichen Ort wie z.B. einem Cafe um die Ecke machen.
Dann begann so eine Art Gesprächsschleife:
Er beteuerte, dass er aus einer guten Familie käme und doch nichts dabei wäre und er keine bösen Absichten hätte.
Ich sagte, dass ich ihm das gerne glaube, aber meine Regeln habe und diese nicht ändern werde - ich werde weder jemanden den ich nur aus dem Bus kenne nach Hause einladen noch eine Einladung zu ihm nach Hause annehmen.
Woraufhin er wieder beteuerte, ich sei doch so ein guter Mensch und er käme aus gutem Hause.

Hin - her -hin- her.

Ich hatte bereits mehrfach gesagt, dass ich keine Zeit habe (was keine Lüge ist, ich habe diese Woche wirklich volles Programm - diesen Blogeintrag schreibe ich auch nur, um meine Nerven zu beruhigen), aber wenn er denn tatsächlich Hilfe bei dem Formular bräuchte, dann könnten wir das an einem Öffentlichen Ort erledigen...ja und so weiter. Als er merkte, dass ich nicht einfach so mitkomme meinte er , er hätte gar nicht alle Papiere da - dann folgte erneut die EInladung zu sich nach Hause und der gleiche Satz mit dem guten Hause etc.

Ich musste noch zu einem Termin und vorher einkaufen, deswegen versuchte ich ihn irgendwie abzuwimmeln - irgendwie schaffte er dann, mich soweit zu bekommen, dass ich ihm eine meiner Festnetznummern gab (ich habe kein Handy) für den Fall, dass er wirklich Hilfe bei der Übersetzung bräuchte.
Ich weiß, dass das dumm und ein Fehler war - wahrscheinlich werde ich meine Nummer ändern lassen müssen.

Ich bin danach über Umwege erst einkaufen gegangen und dann wieder über Umwege nach Hause gegangen und irgendwie breitete sich bei mir die Panik aus- nennt mich Paranoid, aber mir ist nicht wohl bei der Sache.
Der Mann war zwar immer höflich und nett, aber andererseits wollte er mich auch nicht in Ruhe lassen und jeder zweite Satz beinhaltete, dass ich in seine Wohnung mitgehen sollte. Ich möchte nicht jeden Menschen der mich auf der Straße anspricht gleich in die Verbrecherkartei einsortieren. Andererseits habe ich in meinem bisherigen Leben sehr viel unerfreuliches erlebt und nur sehr wenige Menschen gefunden, denen ich vertraue.

Es ist irgendwie bedauerlich, dass die muskelbepackten, von oben bis unten tätowierten Punks die zu meinem kleinen Freundeskreis gehören alle so weit weg wohnen... ich könnte die nächsten Tage wirklich so jemanden brauchen - einfach nur damit ich mich ein bisschen sicherer fühle.
Mein Telefon habe ich ausgesteckt und ich weiß bis jetzt nicht, ob ich es morgen früh schaffe, in meine Vorlesungen zu gehen.


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Und ja, vielleicht sollte ich meinen Psychologen auch mal wieder anrufen.
 
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