Der Fluch der vier Wände

Khanor

Dungeon-Boss
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Als ich damals auf der Suche nach meiner ersten Wohnung war wusste ich rein gar nichts. Glücklicherweise hatte ich Yvonne, die schon so manche Wohnung gesehen hatte und mir in vielen Punkten mit Rat zur Seite stehen konnte. Ich war zwar dennoch mit der Suche überfordert, aber mit ein wenig Glück fand ich dann doch unsere mittlerweile seit zwei Jahren gemeinsame Wohnung.

Das ging sogar vergleichsweise schnell. Ich habe mir genau zwei Wohnungen angeschaut. Eine von der Sorte "wtf", mit roten, schrecklich abblätternden Tapeten, im "Schlauch-Design" mit ausschließlich Dachschrägen an den Wänden, sodass nirgendwo Schränke Platz gefunden hätten, einer maroden Elektroinstallation und insgesamt einfach ohne Wohlfühlfaktor. Die zweite Wohnung war diese hier und ich hatte mich eigentlich bereits im Vorfeld in die Fotos im Internet verliebt. Nach der Begehung mit den Vermietern war für mich klar, dass ich genau diese Wohnung will - ich musste mich nur noch dazu bekennen und meine Bedenken bezüglich der Miete über Bord werfen. Doch "so nah" an Darmstadt ist die Miete nicht einmal sonderlich überragend hoch. Also rief ich am nächsten Tag, als ich auf der Heimreise nach Hannover war, von Frankfurt aus die Vermieter an, bekundete meinen Willen und hatte einige Tage später das Glück die Zusage zu erhalten.

Jetzt sieht die Sache irgendwie anders aus. Der Wohnungsmarkt im Internet gibt nicht viel her. Die Schwarzen Bretter in den umliegenden Supermärkten auch nicht. Das Darmstädter Echo hat gerademal 5 Anzeigen wöchentlich parat. Allein die Auswahl ist also schon arg begrenzt.

Doch damit nicht genug. Jedes Angebot ist gespickt mit Negativpunkten. Zu teure Grundmiete, zu klein, viel zu hohe Nebenkosten, zu schlechte Anbindung, zu weit weg. Meine ganz besonderen Favoriten:

1. Maklergebühren. Wir haben keine Lust jemandem dafür, dass er 5-10 Fotos im Internet hochlädt und dazu ein Formular ausfüllt runde 1,5 k€ und mehr in den Rachen zu werfen. Somit fallen rund 90 % der Angebote schon einmal raus.

2. Elektro-Fanboy-Vermieter. Es gibt hier in dieser Region unglaublich viele Wohnungen, die vor vielen Jahren in die Kategorie Elektro-Haushalt eingegliedert wurden. Warmwasser mit elektrischen Heizeinrichtungen oder Elektroheizung (wobei hier sowohl elektrische Erhitzung des Heizwassers als auch sogar Nachtspeicherheizungen in renovierten Wohnungen (!) vertreten sind) sind hier an der Tagesordnung. Warum auch immer. Klar, irgendwann war Strom mal das Allheilmittel, als Kernkraft noch neu und Strom günstig waren, aber als Hausbesitzer muss ich doch den Wandel der Zeit miterlebt haben.

Aber nein, das ist nicht der Fall. Man bleibt dabei. Unverständlich für mich, denn auch wenn die Sanierung der Heizanlagen Geld kostet habe ich als Vermieter doch auch einiges davon. Der Wert der Immobilie steigt und ich kann mit zufriedenen Mietern rechnen.

Statt dessen gibt es Leute, die felsenfest von ihrer Gangart überzeugt sind.

"Mein verstorbener Mann hat beim Stromanbieter gearbeitet, daher bekamen wir den Strom 50 % billiger. Mein Mann ist zwar vor 10 Jahren verstorben, allerdings gilt dieser Tarif für uns noch immer, solang ich lebe.
Deswegen übrigens gibt es hier im Hause auch nur einen Stromzähler. Sonst könnten Sie von diesen günstigen Preisen nicht profitieren. Wir machen dann halbe-halbe."


Wahnsinn... Ein Aufruf zum Stromverschwenden. Abgesehen davon, dass Immobilie und Vermieterin uns auch ansonsten nicht gelegen kamen war hier tatsächlich viel Platz für gehobene Augenbrauen.

Bei einer Rentnerin erwartet man nun nicht so viel Stromverbrauch, wenn allerdings der 35-jährige Sohn noch mit im Hause wohnt und sich in dreckigem T-Shirt und abgetragener Jogginghose präsentiert schafft das nicht sonderlichen Einzugswunsch - gepaart mit diesem süßlich-würzigen penetranten Geruch, den man in ländlichen Gegenden in vielen Haushalten älterer Herrschaften entdeckt.

Das hat sowas von Verwesung...

Andere Vermieter erzählen einem am Telefon erstmal so einiges über die Wohnung und erwähnen nebenbei die Nachtspeicheröfen. "Oh, hm", sagte ich, "das klingt ja alles erstmal richtig gut, aber bei den Nachtspeicherheizungen weiß ich nicht, ob wir damit glücklich sind...". "Ja, was nun", kam die kratzige Antwort, "ja oder nein?" Das Gespräch war nach einem dankenden Ablehnen recht schnell beendet.

Kürzlich besichtigten wir eine riesige Wohnung mit 120 m², die Mietmäßig doch sehr günstig war. Irgendwo musste ja der Haken sein. Tatsächlich, elektrische Fußbodenheizung. "Was da so die Nebenkosten sind kann ich Ihnen nicht genau sagen, das beläuft sich auf etwa 250 €uro monatlich."

Autschn.

Wir fragten den aktuellen Mieter. Der konnte uns erklären, dass der sog. "Nutzstrom" bei dem Anbieter günstiger ist, man dafür allerdings auch für den "Brauchstrom" an diesen Anbieter gebunden sein. Monatlich bezahlt die dreiköpfige Familie also rund 370 €uro nur für Strom. Gehts noch?

Die anschließende Unterhaltung mit den Vermietern war natürlich dann hoch-informiert. Yvonne fragte auch, woher denn der lokale Trend zu elektrischen Heizungen kam. "Gas gab es hier damals nicht, war auch teuer. Öl war schon immer zu teuer und wird auch heute immer teurer, also haben wir uns für Strom entschieden. Da gibts dann natürlich heute noch so viel neues", so wurde mein Lieblingsargument eingeleitet, "diese Pellet-Heizungen zum Beispiel. Aber das ist doch Blödsinn. Da muss ich die Holzpellets kaufen und andauernd in den Keller rennen und die in den Ofen werfen. Und dann sind die Dinger so klein, die sind doch nullkommanichts verbrannt."

Kein klassischer Fall von Fehl-, sondern ein schwerer Fall von Null-Information... Als das Thema dann in Richtung Energie-Einspar-Verordnung kam merkte man auch, dass hier ein Rentner-Ehepaar vor uns stand, die leider ganz und gar nicht informiert sind. Ich will es ja niemandem vorwerfen, dass bei wirren Verordnungen mal irgendwas an einem vorbei segelt, aber wenn ich Hausbesitzer bin will ich doch das Beste für mich und meine Immobilie und letzten Endes für meinen Geldbeutel. Da informiere ich mich doch mal wenigstens in irgendeiner Richtung, besonders bevor ich was völlig falsches in die Welt posaune.

Tja, somit allerdings blieb es bei unserem obligatorischen "wir melden uns bei Ihnen" und wir wackelten wieder heim.

Auf dem Plan steht heute noch eine Besichtigung, allerdings wohl nur um uns zu beruhigen, dass wir nicht ganz aufgegeben haben. Viel erhoffen tun wir uns beide nicht so recht. Die Anbindung mit Bus nach Darmstadt ist gut, sogar regelmäßiger als von hier aus, es sind neue Schallschutzfenster eingebaut, die Wohnung ist groß, hat einen Garten... ein Sägewerk liegt nebenan, außer einem sauteuren Biohändler gibt es am Ort nur einen Bauernhof zum Einkaufen, in der Wohnung ist PVC verlegt und wir warten noch auf so schöne Dinge wie ein rotz-grünes 70er-Jahre-Bad oder eine nostalgische Blümchentapete, graue Styropor-Deckentäfelung oder sonst irgendwas.

Es gibt so viel Schrott zu mieten.

Wenn die Wohnung hier nicht so einfach viel zu klein wäre... Man müsste anbauen können. Irgendwo. Hier ist zwar auch die Warmwasserbereitung elektrisch, aber das ist nun einmal so und nicht mehr zu ändern. Damit kommen wir seit 3 Jahren schon klar, auch wenn es anders günstiger wäre.

Unsere Hoffnung, dass die Erdgeschosswohnung baldigst wieder beziehbar wird verraucht auch so langsam vollständig. Kurz nach dem Einzug der Familie war die Mutter wieder weg, Vater und Tochter blieben hier. Die beiden brauchen die Wohnung tatsächlich gar nicht, meiner Meinung nach. Zumal deren Nutzung irgendwie... sehr seltsam ist. Seit dem Einzug sind in Schlaf- und Wohnzimmer die Rollläden permanent heruntergelassen. Also wirklich permanent, keine Sekunde geöffnet. Im Kinderzimmer ist das Fenster zu 99 % der Zeit mit einem Tuch verhangen (weil kein Rollladen vorhanden ist). Eine Küche haben sie nicht so recht, zumindest keine Küchenschränke, Abzugshaube oder Deckenlampe. Licht brennt im Wohnzimmer nie, dafür im Kinder- und Arbeitszimmer ununterbrochen. Die Terrasse wird nur als Stauraum, Rauchplatz und zum Wäschetrocknen genutzt, außerhalb der Wohnung trifft man die Tochter nie an (ich würde sie nicht einmal erkennen, wenn ich sie sehe) und "er" ist wahlweise nie oder immer zuhause (so genau kann ich das nicht sagen, denn man sieht in selten, hört ihn nie und ich kann manchmal wirklich nicht sagen, ob seit 2-3 Wochen niemand zuhause ist oder sie in einer Zimmerecke vor sich hin verwesen).

Kurz gesagt: irgendwelches Pack blockiert unsere Wohnung!

Wir dachten an Drohbriefe oder Stinkbomben, aber die Wahl der potentiellen Verdächtigen ist hier im Hause so gering, dass es auffallen würde. Wir hofften auf den Zahn der Zeit, also dass seine imaginäre neue Freundin die beiden hier vielleicht wegholt oder die Kleine endlich in die Pubertät kommt und näher an ihre Freunde ran will, aber auch damit scheinen wir wenig Glück zu haben.

Wenn also jemand Rat weiß: immer her damit.
 
Bei uns ist der Anteil der Makler auch immer 1 1/2 bis 2 Monatsmieten. da fragt man sich echt wofür denn.
 
2,38 oder so sinds inzwischen -.- lächerlich. Dafür dass ich mir SELBST die Wohnung im Internet raussuche.
 
Eigentlich, ja, eigentlich sind es nur 2 Monatsmieten. Allerdings kommen 19 % MwSt dazu, also 2 MM * 1,19 = 2,38 MM ;)

Kaufen kommt für uns nicht in Frage, zumindest derzeit.
1. Sind wir zwar solvent, allerdings bekommt kein Student ein Darlehen, geschweige denn einen Kredit.
2. In absehbarer Zeit, so in den kommenden 5 Jahren, ist mit einem Standortwechsel zu rechnen. Wegen Yvonnes Referendariat, ggf. wegen Jobs für uns beide.
3. Wozu bin ich eigentlich Bauingenieur geworden? ;)
 
Ich sag nur Anonym Jugendamt anrufen ... Kind verwahrlost etc ... :D

Nee mal im Ernst weiter suchen .. dat wird schon ... hoffe ich mal ... ich drück euch 2 die Daumen :D
 
Immobilienmakler sind schon ne lustige Sache.
Ich seh es ja ein, Geld zu zahlen wenn ich einen anrufen und sage: ich hätte gern dies und das, such mal und zeigs mir dann.
Aber heute läufts ja oft so, dass man sich im Internet ne Wohnung aussucht, die dann mit dem Makler ansieht und ja oder nein sagt. Das ist für mich persönlich genauso, als würde ich mit dem Vermieter selber die Wohnung ansehen.

In dem Fall wird einfach nur der Mieter abgezockt, der Makler bekommt Geld fürs Nichtstun und der Mieter bezahlt die Bequemlichkeit vom Vermieter, der sich so um nichts kümmern muss.

Vor einiger Zeit sollte mal ein Gesetz durchgedrückt werden, wo der Vermieter die Hälfte der Provsion übernehmen muss. Ist aber wohl nichts draus geworden wie es aussieht.
 
Genau das ist es ja. Wenn ich den Makler beauftrage finde ich es vollkommen richtig ihn dann auch zu bezahlen. Aber so bezahle ich ihn, wie Yvonne schon sagte, für eine Leistung, die ich doch selbst erbracht habe.

Da kann schon irgendwas nicht ganz richtig sein. Ich finde es und recht und billig, wenn man als Mieter die Provision bezahlt, wenn ich den Makler beauftrage für mich zu suchen, und der Vermieter die Kosten übernimmt, wenn er den Makler beauftragt.

Aber das wäre zu einfach.
 
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