Die Sterne über Dalaran - Fünfter Abschnitt, Teil 3 (5.3)

Melian

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Freundschaftsspiel(e)

Ylaria betritt den Raum des Gasthauses. Es ist in einer Stadt, die sie kennt. Der Name spielt keine Rolle. Sie öffnet die Tür, und tritt hinein, in Wärme. Ein grosses Feuer flackert, doch nicht im Kamin. Sie friert, sie friert so sehr. Sie nähert sich dem Feuer, streckt die Hände aus. Das Feuer weicht vor ihr zurück. Sie streckt die Hände mehr aus, tritt näher an das Feuer, welches mitten im Gastraum lodert, auf nacktem Boden. Das Feuer weicht erneut.
Sie friert. Sie friert und sie verglüht innerlich. Sie tritt näher zu dem Feuer und es verwandelt sich in eine humanoide Gestalt. Sie glaubte, ein Kichern zu vernehmen. Das Feuer läuft vor ihr davon, durch die Räume des Gasthauses, und...

Als Ylaria das erste Mal aufwachte, registrierte sie nur wenig, und doch so Essentielles.
Ein kalter Hauch fuhr über ihre Wangen. Sie lag weich. Ihr war wohlig warm. Etwas schweres lag auf ihr, weich und bequem. Decke.. Es war eine Decke. Es war warm. Und weich. Sie öffnete die Augen nicht. Sie fror. Sie hatte das Gefühl zu erfrieren, obwohl es warm war. Sie wusste, es war warm, und dennoch dachte sie zu erfrieren. Sie wimmerte leise. Durch den Nebel ihrer Gedanken spürte sie eine Berührung. Kalt. Metallisch. An ihrem Mund. Es dauerte nicht lang, da war sie wieder eingeschlafen.

„Geh nicht fort.“ Ylarias Rufen verhallt ungehört. Sie eilt durch einen flur. Das Feuer trägt elfische Gesichtszüge, ein lodernder elfischer Körper, ohne genaue Konturen. Dennoch ist sie sicher, es ist ein Elf. „Bleib stehen.. mir ist kalt.“
Sie ruft erneut, doch das Feuer lacht nur. Das Lachen schallt durch das ganze Gebäude. Der Flur hört nicht auf. Sie ist in Silbermond. Sie ist zuhause. Das Anwesen der Silbersangs.
Das Feuer lacht und spielt mit ihr. Es hält sie zum Narren. Kurz bevor sie es erwischen kann, macht es einen weiteren Schritt, immer schneller als sie. Viele Türen säumen den Flur. Das Feuer stellt ihr ein Bein, und berührt sie, dann verschwindet es. Ylaria steht auf. Das Feuer ist nicht mehr da. So viele Türen, die sie..


Das zweite Mal wachte sie auf, als Stimmen durch ihre vernebelten Träume drangen. Sie spitzte die Ohren. Viel bewusster als das vorherige Mal war sie anwesend. Sie fror immer noch ein wenig. Nur leise drangen Wortfetzen an ihre Ohren. Träge versuchte sie sich zu erinnern, wer sprach. Die Stimmen kamen ihr bekannt vor.
„.. immer noch fiebrig.. Gefährlich“ - eine weibliche, sanfte Stimme. Rau und ungewohnt, in der Allgemeinsprache.
„Ihr müsst doch.. dagegen.. können..“ Männlich. Elf.. oder..? Sie war sich nicht sicher.
„.. Geduld.. vonnöten.. Tee. Licht.“ erneut die Frau.
Ylaria schlummerte wieder ein, als sich die Stimmen entfernten.

Das Feuer wispert ihr Koseworte in die Ohren. Von überall und nirgendwo. Es ruft nach ihr. „Ylariaa...“, säuselt es, wie der Wind. Und dann weiss sie, welche Tür. Sie weiss, wo sie hin muss. Die fünfte Tür von links.
Sie öffnet die Tür, und befindet sich sofort im Raum. Sie kann sich nicht erinnern, den Raum betreten zu haben. Sie ist einfach da.
Das Feuer steht vor ihr. Er steht vor ihr. Es ist ein Elf.
„Ylaria, da bist du ja endlich“, sagt er. Die Stimme kommt ihr bekannt vor. „Ich friere“, sagt sie.
„Ich weiss“, sagt das Feuer und breitet seine Arme aus. „Ich werde dich wärmen“, sagt das Feuer. Und tritt auf sie zu. Sie..


„Ylaria, könnt ihr mich hören?“ Schlagartiger als die beiden Male zuvor erwachte sie und öffnet die Augen. Die Sonne blendete sie grell. Ihr war furchtbar heiss. „Wo..“, krächzte sie, doch ihre Stimme versagte. Sie fühlte sich durstig. Sie hatte furchtbaren Hunger. Sie wollte..
„Scht, ganz ruhig“, murmelte die vertraute Stimme. Sie drehte den Kopf und erblickte die Menschenpriesterin. Wie war noch gleich ihr Name? „Ihr seid in Sicherheit, in Dalaran“, sagte sie leise, und strich mit einem kühlen Lappen über Ylarias Stirn. „Ihr wart verletzt und ihr habt ein übles Fieber davongetragen“, fuhr sie fort. „Bewegt euch nicht.“
Ylaria holte tief Luft, und keuchte sofort, als ihr ein scharfer Schmerz in die Brust stach. Ein Hustenreiz überwältigte sie und sie begann Schleim in das Tuch zu husten, welches die Heilerin ihr hinhielt. „Durst“, konnte sie nur ächzen, nachdem sie fertig gehustet hatte.
Ihr ganzer Körper schmerzte. Sie schwitzte. Es war viel zu heiss. Und sie war durstig. Es tat weh. Sie wollte zurück. Zurück. Schlafen. Das Feuer.. der Traum.. Sie krächzte erneut „Durst“.
„Ganz ruhig. Bitte beruhigt euch. Ihr strengt euch zu sehr an“, sagte die Menschenfrau und wusch mit dem Lappen über Ylarias Gesicht. Ylaria traten Tränen in die Augen, doch dann beruhigte sie sich langsam. Sie schloss die Augen wieder, atmete ein und aus, nicht zu tief, um nicht zu viele Schmerzen zu erzeugen.
„So ist es gut. Ich werde euch helfen, euch aufzurichten, dann könnt ihr etwas trinken.“
Ylaria musste die Augen nicht öffnen, um zu wissen, dass die Heilerin lächelte.
Langsam richtete sie sich – mit Brionnas Hilfe – auf. Die Menschenfrau stopfte ihr ein paar Kissen in den Rücken, so dass sie in einer halb aufgerichteten Lage schliesslich eine Tasse voll lauwarmen Tee in die zitternden Hände nahm, und gierig daraus trank.
Nur wenig später schlief sie wieder ein.
Traumlos.

Das nächste Mal erwachte sie mit einem brennenden Hunger. Das Licht schmerzte nur kurz, als sie die Augen aufmachte. Sie fror nicht, sie schwitzte nicht. Sie richtete sich auf und blickte sich im Zimmer um. Sie fühlte sich besser. Bedeutend besser.
Auf einem Stuhl neben ihrem Bett sass Verian und schlief in einer Position, die sehr unbequem aussah, den Kopf an die harte Wand gedrückt. Die Heilerin war nicht zu sehen.
Ylaria bewegte ihre Hände, die unter der Decke lagen. Sie erinnerte sich jeder Einzelheit, die ihr zugestossen war. Die Expedition. Ihre anfängliche Euphorie. Der lange Flug. Die Ankunft.. Sie hatte Drachen gesehen. Dairean.
Ylaria lächelte, doch bald verlor es sich in den nachfolgenden Gedanken.
Der Absturz. Das grässliche Gefühl, als sie ihren Knochen knacksen hörte. Ylarias Hand wanderte zu ihrem Bein und betastete es.
Sie spürte keinen Verband und keine Wunde.
Sie bewegte es probeweise und keuchte leicht, als ein stechender Schmerz durch den Knochen fuhr. Was..
„Ylaria, du bist wach! Oh bei der Sonne..“ Verian war von ihrem Keuchen aufgewacht, und blickte sie an. Sofort setzte er sich auf ihr Bett, neben sie, und legte ihr eine Hand auf den Oberarm. Er strahlte.
Sie lächelte. „Ja“, erklang ihre heisere Stimme. Es fühlte sich an, als hätte sie seit Monaten nicht mehr gesprochen.
„Oh, bei der Sonne“, wiederholte Verian. „Ich bin so froh, dass du aufwachst. Brionna hat gesagt, dich hat ein starkes Fieber erwischt, und sie hat es nicht wirklich gut bekämpfen können, es blieben noch Überreste davon in deinem Körper, oder so, sagte sie zumindest. Deinem Bein geht es gut, aber es muss sich noch gewöhnen, an dem geheilten Zustand, meinte sie. Also.. sie hat es richten können, aber der Knochen und das Gewebe drumherum sind in Mitleidenschaft gezogen worden, und müssen sich noch an den geheilten Zustand gewöhnen, und..“
Ylaria lachte leise, als Verians Wortschwall auf sie ein sprudelte. Verian unterbrach sich selbst und blickte sie verwirrt an. „Du lachst..?“
Ylaria lächelte und hob die Hand. „Es ist.. schön dich.. sprechen zu hören. Gut, dich zu sehen“, sagte sie leise. „Wie lange..?“
„Wir waren drei Tage unterwegs bis nach Dalaran. Du hast die letzten vier Tage zusätzlich noch verschlafen und bist hier gelegen.“
Sie hatte eine ganze Woche verloren. Ylaria blickte Verian an. Er rutschte etwas näher.
„Wie fühlst du dich?“, fragte er vorsichtig.
„Es tut weh“, murmelte sie. Verian nickte. „Durstig. Hungrig. Mir ist übel.“
„Das ist ein gutes Zeichen“, sagte er lächelnd. „Frierst du?“
„Nein.“
„Sehr gut. Das Fieber ist weg. Brionna sagte, ich solle es ihr sofort sagen, wenn du noch frierst. Sie schläft gerade, weisst du? Sie hat sich um dich und um Hammerschmied gekümmert. Er ist wieder auf den Beinen.“
Ylaria richtete sich etwas mehr auf und zog eine Hand unter der Decke hervor, legte sie auf ihr Bein.
„Du wirst wieder laufen können. Noch ein paar Tage, und du wirst wieder beweglich und aktiv sein wie ein Eichhörnchen.“
„Ausgerechnet.. ein Eichhörnchen? Warum nicht etwas.. hm.. Anmutigeres?“ Sie schmunzelte und blickte zu Verian, der erneut anfing bis über beide Ohrenspitzen hinweg zu strahlen.
„Ach, wie habe ich deinen Humor vermisst. Ich dachte schon, ich..“ Er unterbrach sich selbst und blickte zu Boden.
„Du dachtest was?“
Verian hielt einen Moment inne. „Dass ich dich verloren habe. Wir haben nach dir gesucht. Dich nicht gefunden. Ich hatte .. Weisst du, ich hatte solche Angst. Ich habe.. mich sogar mit Tyballin angelegt.“
„Wirklich?“
„Arroganter Sack“, murmelte Verian nur als Antwort.
Ylaria lachte und Verian grinste sie verschmitzt an.
„Du weisst.. doch, ich bin so leicht nicht unterzukriegen.“
„Ich hab's gemerkt. Ach, Ylaria, ich bin so froh“, sagte Verian, und beugte sich etwas zu ihr, um sie spontan in die Arme zu nehmen.
Ylaria schloss den einen Arm, den sie schon unter der Decke hervorgezogen hatte, um ihren besten Freund und schmiegte sich an den warmen Körper.
„Danke“, murmelte sie.
Verian fragte nicht, wofür, sondern hielt sie einfach fest. Seine eine Hand strich durch ihr Haar. Es war eine Geste, die Geborgenheit in ihr weckte.
Nach einer halben Ewigkeit löste sie sich von ihm. „Ich bin.. durstig.. Könntest du bitte..?“
Verian liess sie sanft zurück in die Kissen sinken und liess sie dann los. „Natürlich. Entschuldige, ich hätte vorher dran denken können.“ Er stand auf, und schenkte ihr etwas Saft ein. „Brionna sagte, ich solle dir Saft zu trinken geben, aber wenn dir der zu kühl ist, könntest du warme Brühe bekommen. Du brauchst einerlei dringend Energie und Nahrung.“ Er reichte ihr das Glas.
Ylaria nahm es entgegen und nickte. „Saft.. reicht schon.. im Moment. Denke ich.“ Als sie daran nippte und der kühle, erfrischende, süsssaure Saft ihre Kehle hinunter rann, seufzte sie wohlig.
„Und jetzt.. setz' dich hin.. Erzähl mir alles, was ich verpasst habe in den.. letzten Tagen.. hm?Was ist mit dir und Leireth? Was ist mit Imenia passiert? Wie habt ihr den Frostwyrm überstanden? Wie habt ihr uns gefunden? Was ist mit den Sonnenhäschern passiert?“
Und Verian erzählte.

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