Die Sterne über Dalaran - Zweiter Abschnitt, Teil 10 (2.10)

Melian

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„Ylaria. Du bist an der Reihe“. Verian schmunzelte leicht, als er dies sagte. Ylaira zuckte zusammen, und blickte wieder auf den Tisch, wo die drei Würfel je sechs Augen anzeigten. Sie knurrte. „Du hast betrogen. Du hast niemals drei Sechsen gewürfelt!“
„Und wie willst du mir das nachweisen?“ Nach Verian fing auch Leireth an zu schmunzeln.
„Weil.. ähm.. Das kann gar nicht sein.“
„Du hast nicht mal hingesehen, als ich gewürfelt hab“, grinste Verian.
Ylaria wurde leicht rot. Sie rieb sich die Wange und nahm schnell einen Schluck aus dem Becher mit wirklich schlechtem Bier, um dies zu verstecken. Ertappt.
Es war verflixt. Immer wieder schweifte ihr Blick zu den zwei Hockern in der Nähe des Kamins. Auf dem einen sass Leyan, auf dem anderen Imenia, die den Rücken ihr zugewandt hatte. Sie waren in eine Unterhaltung vertieft.
Ylaria seufzte, schob eine Silbermünze in die Mitte des Tisches, griff nach den Würfeln und liess sie lustlos auf den Tisch rollen. Kaum einen Blick warf sie auf das Ergebnis, mit dem sie sowieso unterlag. Eine Zwei, eine Drei und eine Eins. „Ich steig aus“, murmelte sie, liess den Becher Bier stehen, und erhob sich vom Tisch. Verian grinste nur leicht, dann wandte er sich wieder Leireth zu.
Sie streckte sich etwas und spürte jeden Muskel. Nach dem Unfall am Nachmittag hatte Imenia entgegen Leyans Rat beschlossen, die Tiere zu zwingen, die drei Stunden Flug zur Feste Wintergarde trotz des erschöpften Zustands auch noch zurückzulegen. Das Ergebnis war, dass sie ihre Greifen ziemlich sicher auswechseln mussten, dass die Befehlshaber der hier stationierten 7. Legion nicht gerade erfreut darüber waren, fünf erschöpfte Greifen im Austausch dafür zu erhalten, und dass auch die Reiter der Greifen jeden einzelnen Muskel spürten. Sie hatten zuletzt die Tiere mit Zwang im Himmel halten müssen. Einzig Leyans Drachenfalke schien sich – ebenso wie der Reiter – erstaunlich gut vom Sturz erholt zu haben.
Erneut blickte sie zu Leyan. Im selben Moment liess auch er seinen Blick schweifen und prompt verfing sich sein Blick in ihrem. Er lächelte.
Sie wurde erneut rot, und wandte ihre Augen ab, drehte sich abrupt mit dem ganzen Körper weg, tat so, als ob sie der Streitdiskussion der beiden Menschen am Tisch nebenan über die Auslegung des Lichts und den Gebrauch von Waffen im Krieg.
< Du stellst dich dämlich an>, schoss es ihr durch die Gedanken. Sie seufzte, hob die Hand und fuhr damit durch ihre blonden kurzen Haare. Erneut blickte sie aus den Augenwinkeln zu Leyan, der ihre Bewegung offensichtlich gebannt verfolgte. Sie musste leicht schmunzeln, und behielt die Hand noch etwas in den Haaren, fuhr damit dann herunter zu ihrem Hals, ehe sie sich selber dabei ertappte. < Beim gütigen Licht, flirtest du etwa, Ylaria Silbersang?> Abrupt liess sie die Hand fallen, seufzte, und durchquerte den Gastraum. Sie brauchte frische Luft.

Eine halbe Stunde später hatten sich erstaunlicherweise alle um einen Tisch versammelt. Ylaria schüttelte sich etwas Schnee von ihren Haaren, ehe sie sich näherte.
„Ah, da bist du ja endlich. Wir dachten, wir müssten einen Suchtrupp losschicken“, neckte Verian sie. Offensichtlich war das Essen serviert worden, zumindest bestätigten dies halb leer gegessene Platten mit Wurst, Käse und Brot und Tassen heissen Gewürzweins, die herumstanden. Leyan schenkte ihr ein Lächeln, rutschte etwas zur Seite und klopfte neben sich auf die Bank. „Hier. Ich habe dir einen Platz freigehalten“, sprach er.
Zögerlich nahm Ylaria Platz, nuschelte ein „Dankeschön“, und griff nun selber nach etwas zu Essen, hörte mit einem Ohr der Unterhaltung zu, die sich gerade um Ressourcen, Truppenbewegungen und so weiter drehten.
Innerlich verdrehte Ylaria die Augen, äusserlich seufzte sie. Nicht schon wieder. Das schien das Lieblingsthema fast aller Anwesenden zu sein. Lustlos kaute sie an einem Stück Brot herum, der Ellbogen sehr undamenhaft auf den grob gearbeiteten Holztisch gestützt, die andere Hand auf ihrem Knie.
„.. dürfen die Vorherrschaft nicht aufgeben. Die Ressourcen sind sehr wichtig..“. Nur halb bekam sie Verians Satz mit, als sie erneut Leyans Blick auf ihr spürte. Er hatte ihr den Kopf leicht zugewandt, und lächelte. Sie schluckte das Stück Brot herunter, bekam es in den falschen Hals und hustete. Als sie seine Hand an ihrem Rücken spürte, wie er leicht darauf klopfte, spürte sie erneut die Hitze in ihr aufsteigen.
< Verflucht, Ylaria, benimm dich nicht wie ein Jungelf!>, flehte sie sich selber innerlich an.
„.. Kampf gegen den Lichkönig ist immer noch das wichtigste“.. Am Rande ihres Bewusstseins hörte sie die sanfte Stimme der Menschenfrau, richtete bemüht ihren Blick auf sie. Dieser Mann neben ihr brachte sie konstant durcheinander. Innerlich fluchte sie, während sie nach einem Stück Käse griff, daran herum knabberte.
„.. Natürlich, das ist möglich. Aber dieses Turnier, ist das nicht alles sowieso..“ Den letzten Einwand Leireths bekam sie nicht mit, denn in diesem Moment spürte sie auf ihrer Hand, die auf ihrem Knie gelegen hatte, eine zweite. Leyan blickte kurz zu ihr, lächelte, dann richtete er den Blick wieder weg, wohl zur Ablenkung.
Ylaria schluckte. Diese Berührung, so vorsichtig und unschuldig sie sein mochte, die Finger, die langsam zwischen ihre glitten, und ihre beiden Hände somit verflochten, liessen ihren Puls hochschnellen und ihr Blut in ihren Adern pochen.
Niemand sah, dass ihre Hände ineinander lagen. Es gab auch nicht viel zu sehen, obwohl sich Ylaria in einem Winkel ihrer Gedanken wünschte, Leyan würde etwas forscher vorgehen. Doch aus offensichtlichen Gründen war dies nicht möglich. Sie versuchte dem Gespräch zu folgen, so gut es ging.

Bald verabschiedeten sich alle zur Nachtruhe, und als Leyans Hand schliesslich von ihrer glitt, eine merkwürdige Leere hinterliess, schlich sich ein Gefühl der Enttäuschung in ihren Geist. < Jetzt stell dich nicht so blöd an. Was hast du erwartet.. Dass er über dich herfällt? Ihr seid auf einem Einsatz>, flüsterte die innere Stimme weiter. Sie stützte den Kopf auf die Hände, und seufzte.
Dann erhob sie sich, und steuerte ebenfalls ihr Quartier an.

Sie sah nicht, woher der Schatten kam, der sie in eine dunkle Ecke des Flurs zog und die Arme um sie legte. Erschrocken keuchte sie auf, und wollte schon einen Verteidigungszauber wirken, als eine bekannte Stimme an ihrem Ohr hörte. „Scht.. Ich bin es doch, Leyan.“
„Leyan“, zischte sie ärgerlich, versuchte sich seiner Umarmung zu entwinden. „Was beim gütigen Licht soll das?“ Dieser lächelte spitzbübisch-entschuldigend. „Tut mir leid. Das war wohl zu viel des Überfalls“, flüsterte er. „Und ob es das war. Was soll dieses Benehmen? Hast du den Verstand ver..“ Sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn er hatte sich ihr wieder genähert, und einen Finger auf ihre Lippen gelegt, immer noch mit dem leichten Grinsen auf den Lippen. „Schsch..“, murmelte er, dann legte er erneut die Arme um sie und im selben Moment küsste er sie.
Sie keuchte auf, wollte sich wehren. Aber es war vergebens. Denn sie wollte diesen Kuss. Ihre Arme schlangen sich wie selbstverständlich um seinen Körper, sie drückte sich an ihn und erwiderte den Kuss, hungrig und intensiv. Jegliche Gedanken schienen zu verfliegen, nur noch die sanften Lippen auf den ihren waren wichtig.

Sie wusste nicht, wie viel Zeit sie so eng umschlungen in dieser dunklen Ecke des Flurs zugebracht hatten. Es konnten Minuten gewesen sein, oder aber auch nur Sekunden. Als sich seine Lippen schliesslich von ihr lösten, und er ihr nur ein „Schlaft gut, M'lady“ in die Ohrmuschel hauchte, blieb sie einen Moment benommen stehen.
Da war er schon weg.

XXXX
 
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