Die Sterne über Dalaran - Zweiter Abschnitt, Teil 9 (2.9)

Melian

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Zweiter Abend der Reise

Dalaran

Dämmerpfeil hatte nur einen halben Tag gebraucht, um die kurze Strecke zum Turnierplatz zurückzulegen, eine Antwort abzuholen, und wieder zurück nach Dalaran zu fliegen. Tyballin fing ihn höchstpersönlich auf dem Landeplatz Dalarans ab und sah ihm zu, wie er von seinem schon sehr erschöpft aussehenden Drachenfalken stieg. Sie nickten sich zu, verstanden sich wortlos. Nachdem Dämmerpfeil den Falken in die Obhut eines Stalljungen gegeben hatte, eilten sie beide durch die abendlichen Strassen Dalarans auf das Quartier des Silberbunds zu, stiegen die Treppen hoch zu Tyballins Privatgemächern.
Dämmerpfeil reichte ihm das gesiegelte Pergament, nachdem er die Türe hinter sich geschlossen hatte, und setzte sich auf einen Stuhl vor Tyballins Pult. Tyballin siegelte die Türe mit einem Wink magisch, so dass keine Lauscher das Gespräch, das eventuell noch folgte, mitbekommen konnten. Dann riss er das Siegel vom Pergament.

„Ehrwürdiger Arkanist, Bruder und Freund.
Ich bestätige die letzten drei wöchentlichen Berichte, ebenso die ausserordentlichen Berichte über die Aktivitäten der Horde und des Silberbundes am Turnier. Das wären deren zwei Berichte. Das Empfehlungsschreiben an die junge Priesterin Telra stammt ebenso aus meiner Feder. Von einem Empfehlungsschreiben für einen Kurier ist mir nichts bekannt.
Mit ehrerbietigen Grüssen und mit den besten Wünschen, dass die Sonne euch behüten möge,
Arkanist Nyleth Taelis
Gesandter des Silberbunds am Argentumturnier“

Tyballin stöhnte. Dämmerpfeil verzog das Gesicht. „Schlechte Neuigkeiten, Arkanist?“ „Und was für welche.. Verflucht..“ Langsam begriff er die Tragweite der Erkenntnisse, die sich ihm gerade boten. Im schlimmsten Falle hatte er Feuerblüte einen Spion mit auf den Weg gegeben, möglicherweise ein Attentäter oder ein Dieb.
„Sie müssen unmittelbar unterrichtet werden“, murmelte er, klingelte nach seiner Bediensteten und wies sie an, sofort weitere hochrangige Berater des Silberbunds zu holen.
Wenige Minuten später betrat Kampfmagier Braedin seine Gemächer. Er war noch in Dalaran, hatte eigentlich am nächsten Tage aufbrechen wollen. Als er Tyballins sorgenvolle Miene sah, zog er eine Augenbraue hoch. „Was gibt es, Tyballin?“.
„Wir haben ein Problem.“, sagte dieser, hob den Brief hoch. Braedin ergriff ihn, las ihn durch, doch schüttelte verständnislos den Kopf.
Gleichzeitig versuchte Tyballin erfolglos einen magischen Kontakt mit dem Kommunikationskristall herzustellen, den er Feuerblüte mitgegeben hatte. Doch er erreichte sie nicht. „Beim gütigen Licht“, murmelte er.
„Das verstehe ich nicht. Soll das heissen jemand hat einen Brief gefälscht?“ Braedin betonte die Worte langsam, und blickte Tyballlin an. „Ja, genau das. Aber das Schlimme daran ist, dass ich diesen Hochstapler mit Feuerblüte losgeschickt habe.“ „Und das bedeutet.. was?“ „Hochverrat, mögliche Spionage, Mord.. Diebstahl eines sehr wertvollen Artefakts.“
Braedin strich sich über das schön gepflegte Bärtchen. „Also sind die Gerüchte wahr? Warum wurde niemand eingeweiht?“
„Weil dies geheim bleiben sollte. Niemand sollte es wissen, ausser unsere verehrte Anführerin, ich und Feuerblüte. Niemand.. ach.. Es ist zu schwer zu erklären. Bist du unterrichtet über die stationierten Truppen im Süden?“ Tyballin legte den Kommunikationskristall weg, richtete den Blick, auf Braedin.
„Mehr oder weniger, ja. Was müsst ihr wissen?“. Braedin verschränkte die Arme udn wirkte leicht beleidigt.
„Wen haben wir in der Nähe des Wyrmruhtempels stationiert?“
„Der Wyrmruhtempel?“ Braedin zog eine überrascht eine Augenbraue hoch.
Gleichzeitig kamen einige weitere Hochelfen in Tyballins Quartier gestürmt, und noch bevor der Kampfmagier dies ausführen konnte, hatte Tyballin alle Hände voll zu tun, vor einem Spion in einer Kampftruppe zu warnen. Die Emotionen kochten hoch, obwohl er nicht alle Einzelheiten verriet, wussten die Anwesenden doch, dass eine wichtige Mission auf dem Spiel stand, eventuell sogar das Leben einiger Silberbundler.
Braedin war dem ganzen Trubel etwas entflohen, trat zum Tisch, auf dem die Karte Nordens ausgebreitet war. „Ruhe“, sprach er dann. Alle Augen richteten sich auf ihn.
„Wir haben keinen Vertreter in der unmittelbaren Nähe. Einige Kampfmagier der 7. Legion dürften in Wintergarde stationiert sein, aber sie fühlen sich dem Silberbund nicht zugehörig, und stehen deswegen auch nicht in magischem Kontakt mit uns.“ Er tippte auf den Bereich der Karte, der Tausendwinter markierte. „Wir sind hier dem Tempel am nächsten. Das macht kaum einen Unterschied. Verzeiht, Arkanist Tyballin, ich schätze, wir können nicht wirklich von Hilfe sein“, beendete er seine Ausführungen entschuldigend.
Betretenes Schweigen machte sich bereit.
Tyballin wandte sich an Dämmerpfeil. Der stand sofort auf und salutierte. „Sire, ich bin bereit, die Reise auf mich zu nehmen.“
„Es bleibt uns kaum etwas anderes übrig“, sprach Tyballin. „Stärkt euch, und fliegt dann sofort los, möglichst direkt in Richtung des Tempels. Ihr müsst Feuerblüte auf jeden Fall diskret unterrichten, so dass sie die Möglichkeit hat, den Verräter ausser Gefecht zu setzen. Ich werde euch ein schreiben mitgeben.“ Dämmerpfeil salutierte erneut und stürmte aus dem Raum.
„Ihr könnt gehen“, sagte Tyballin zum Rest der Quel'dorei, die noch im Raum herumstanden. Auch Braedin nickte er zu. „Ich muss nun allein sein, und mir eine Strategie überlegen.“

Nachdem der letzte Elf die Privatgemächer des Arkanisten verlassen hatte und seine Bedienstete sorgfältig die Tür hinter sich geschlossen hatte, liess sich Tyballin auf seinem Schreibtischstuhl nieder, stützte den Kopf auf das Kinn. Nein, sie hatten keinen Vertreter im Wyrmruhtempel. Das Drachenvolk liess überhaupt nur wenige Sterbliche dauerhaft in ihren Hallen weilen, und obwohl sie gerne die Gestalt der Quel'dorei annahmen, wenn sie auf ihre humanoide Form zurückgreifen mussten, war die Wahl der Allianz damals auf eine andere Vertreterin gefallen, die die Interessen der Fraktion im Wyrmruhtempel vertreten würde.
Schildwache Lauriel Wahrklinge.
Direkte Untergebene von Aela Sturmfeder.
Eine Kaldorei.

Der Hochelf seufzte, hüllte sich in seinen Umhang und bereitete sich darauf vor, der Nachtelfe einen Besuch abzustatten.
 
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