Die Sterne über Dalaran - Fünfter Abschnitt, Teil 1 (5.1)

Melian

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Nachspiel(e)

Wenige Tage später. Dalaran. Quartier des Magister Tyballin.

Melodir Tyballins Blick ruhte auf ihr, doch Imenia wich ihm aus. Die Rückkehr nach Dalaran war bereits einige Tage her, der Kampf gegen den Frostwyrm noch länger, und doch fühlte sie sich müde. Eine durchdringende, sie auffressende Müdigkeit liess sie nicht aus den Klauen.
„Wir müssen los“, durchbrach Melodir die Stille. Imenia blickte hoch. Zwei tiefe Falten zeigten sich auf seiner Nasenwurzel.
Die Expedition war vor vier Tagen in Dalaran angekommen. Heute war der erste Tag, an dem Tyballin und Imenia überhaupt zusammensitzen konnten. Soviel hatte es zu erledigen gegeben. Die Verwundeten mussten gepflegt, Greifen versorgt, Berichte geschrieben werden.
Imenia war Melodir ausgewichen. Sie wusste, dass er es wusste. Obwohl er nichts sagte, worüber sie dankbar war, spürte sie seine Missbilligung. Er hatte zuerst mit ihr sprechen wollen, doch dann hatte sich jemand eingemischt, dem man sich nicht widersetzen konnte.
„Komm. Wir sollten Windläufer nicht warten lassen.“
Imenia schluckte und blickte wieder weg. Sie schob das Glas Wein, welches sie in ihren klammen Fingern hin und her gedreht hatte, ohne daraus zu trinken, in die Tischmitte.
„Kannst du nicht..“, versuchte sie zu sagen, dann brach sie ab.
„Nein. Sie will uns sehen. Jetzt sofort.“
Imenia nickte ergeben und erhob sich.
„Was will sie wissen?“, versuchte sie mit möglichst sicher klingenden Stimme zu fragen.
Melodir öffnete die Tür, um Imenia zuerst passieren zu lassen.
„Wärst du mir nicht aus dem Weg gegangen, hätten wir das ausführlicher besprechen können“, sagte er, und schloss die Tür hinter sich, als sie beide durch den Türrahmen in den schlecht geheizten und noch schlechter beleuchteten Flur der Silberbundquartiere getreten waren. Imenia fröstelte sofort, als ein kühler Lufthauch um ihren Körper strich. In den Quartieren ihres Vorgesetzten war es deutlich wärmer gewesen.
„Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen.“
„Natürlich bist du das. Wenn du aufhören würdest, dich zu benehmen wie ein Kind, hätte ich dich vorbereiten können.“, sagte Melodir scharf, und setzte sich in Bewegung. Imenia folgte ihm, und musste den Drang unterdrücken, auf den Boden zu schauen wie ein beim Diebstahl von Süssigkeiten erwischtes Kind.
„Entschuldige“, murmelte sie. „Die ganze Sache hat mich.. etwas mitgenommen. Ich weiss wirklich nicht..“ Sie brach mitten im Satz ab und straffte sich. Was war bloss mit ihr los? Es war nicht ihre erste fehlgeschlagene Mission, die sie zu bewältigen hatte. Es war ihre erste mit Toten, aber das war nicht ihre Schuld. < Das wird aber niemand begreifen, wenn du dich benimmst, wie wenn es deine Schuld wäre>, sprach sie selber zu sich. Sie hob den Kopf etwas, und beschleunigte ihre Schritte, um mit Melodir gleich auf zu gehen.
„Ich werde Rede und Antwort stehen“, sagte sie, und gab ihrer Stimme einen entschlossenen Klang, „und meine Strafe akzeptieren. Ich habe nach bestem Gewissen gehandelt.“
„Übst du jetzt für Windläufer, oder willst du mich überzeugen?“, giftete Melodir.
Imenia entfuhr ein Schnauben, woraufhin Melodirs Lippen ein schmunzeln umspielte. Das erste seit vielen Tagen.
„Ich werde versuchen, für dich zu sprechen“, sagte er dann ernster, und blickte kurz zu ihr, während sie rechts abbogen, um die Quartiere in Richtung der violetten Zitadelle zu verlassen, wo Windläufer mit ihrem Gatten residierte. „Aber ich kann für nichts garantieren. Windläufer will natürlich wissen, warum alles derart schief gelaufen ist. Und ich warne dich, sie ist wirklich sauer.“
Imenia nickte und sagte „Verständlich.“
„Aber vielleicht will sie auch wissen, wie wir gedenken, das Problem zu lösen.“
„Welches Problem?“
„Der Griff, Imenia. Was sonst?“
Imenia blickte Melodir fragend an.
Dieser seufzte. „Der Griff ist nicht einfach von der Welt, Imenia. Er ist noch irgendwo, und es wird meine – und natürlich auch deine Aufgabe sein – ihn wiederzubeschaffen. Du hast es vermasselt, du wirst mir dabei helfen. Zumindest gehe ich davon aus, dass sie dir das befehlen wird.“
Imenia schluckte ihren Ärger herunter, und sagte erneut „Verständlich“, während sie beide die Treppen erklommen.
Vor dem Quartier der Windläuferfamilie hielt Melodir noch einmal inne und fixierte sie mit seinem Blick. „ Lass mich sprechen. Ich richte es. Aber nur damit eines klar ist: Das hier vergesse ich nicht so schnell“, sprach er mit deutlich kühler Stimme. „Nach aussen hin – und somit auch gegen Windläufer – bin ich verantwortlich, aber ich werde nicht vergessen, warum ich mich rechtfertigen muss. Du wirst mir in der Erfüllung unseres Auftrages beistehen, egal wie es dir geht und wie du dich fühlst. Selbst wenn es das letzte ist, was du tust. Verstanden?“
Imenia nickte und Melodir klopfte an die Tür.

Es dauerte nur wenige Momente, bis ein Lakai die Tür öffnete und sie beide mit dem Hinweis, Lady Windläufer warte bereits, hinein bat, und sie in einen edel wirkenden Salon führte.
Auf einem kleinen Tischchen vor einem prunkvollen Diwan war ein Teeservice aufgestellt. Aus der Kanne dampfte es. Kekse waren in einer kleinen Schale angerichtet, ein kleiner Porzellanbehälter beinhaltete kleine kegelförmige Zuckerstücke. Auf dem Diwan sass Vereesa Windläufer, in der Hand eine Tasse Tee und musterte Imenia und Melodir, als sie den Salon betraten.
„Danke, Janias, das ist alles. Ihr könnt gehen“, sagte sie zu dem Lakai, der sich verbeugte, und den Salon verliess. Windläufer stellte die Tasse auf die dazu passende Untertasse und legte ihre Hände in den Schoss.
Imenia musterte sie verstohlen, während sie ergeben einen Knicks machte und den Blick senkte, so wie es sich gehörte. Die Anführerin des Silberbunds trug für einmal keine lederne Rüstung, sondern war in eine reich verzierte, prunkvolle Robe gekleidet. Diesen Anblick war Imenia sich nicht gewohnt. Bisher hatte sie Windläufer nur in deren Waldläufertracht gesehen. Selbst an der Feier, an der sie den Spion das erste Mal gesehen hatte und mit ihm gesprochen hatte, war Waldläufer in Hosen erschienen. Die Feier schien eine halbes Jahrzehnt zurückzuliegen, selbst wenn Imenia wusste, dass es kaum zwei oder drei Wochen her war.
„Seid gegrüsst, Arkanisten Tyballin und Feuerblüte. Vielen Dank, dass ihr meiner Einladung so schnell gefolgt seid“, begrüsste Windläufer sie.
Imenia tauschte einen kurzen Blick mit Melodir, der mit neutraler Miene erwiderte: „Das ist eine Selbstverständlichkeit, Lady Windläufer. Wir stehen euch zu Diensten.“
Die Lady lächelte und griff wieder nach ihrem Tee. „Setzt euch, Tyballin, und nehmt euch Tee, während ich etwas mit Arkanistin Feuerblüte plaudere“, forderte Windläufer Tyballin mit einem Lächeln auf, das keinen Zweifel daran liess, dass die Einladung explizit nur Melodir gegolten hatte und dass Imenia gefälligst zu stehen hatte. „Ihr wart ja so nett, und habt mir einen groben Überblick über die Ereignisse zukommen lassen“, sagte sie zu Tyballin, und deutete mit einer Hand nach einer halb ausgerollten Pergamentrolle auf dem Tisch.
„Natürlich, Madame“, murmelte Melodir und setzte sich gehorsam auf den Sessel , der seitlich am Tischchen stand. Er blickte Imenia nicht an, schenkte sich aber auch keinen Tee ein.
< Feigling >, durchfuhr es Imenias Gedanken. Einen Moment lang spürte sie Zorn in sich auflodern, doch sie bat sich selbst zur Raison. Melodir konnte nichts dafür. Er wusste, was er tat, und er war viel besser in diesem gelecktem Umgang mit Windläufer als sie.
„Wunderbar“, sagte Windläufer. Imenia blickte die Lady an und musste den Drang unterdrücken, ihr ins Gesicht zu spucken. Das falsche Lächeln, dass deren Lippen zierte, konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie beabsichtigte, Imenia zu zerfleischen. Oder so ähnlich.
„Dann wollen wir mal. Seht, Madame Feuerblüte“, fuhr sie fort und betonte das „Madame“ abfällig, „ich bin etwas besorgt über die Art und Weise, wie diese Expedition zu ihrem Ende gekommen ist. Aber es könnte sein, dass ich etwas missverstanden habe und ich hoffe, dass ihr meine Fragen beantworten könnt.“
„Nach bestem Willen, Lady Windläufer“, sagte Imenia gerade laut genug, dass Windläufer es noch hörte.
„Dann erklärt mir, was falsch gelaufen ist“, forderte Windläufer Imenia auf in einem bereits etwas harscherem Tonfall auf. Doch noch ehe diese etwas erwidern konnte, fuhr Windläufer fort „Ihr hattet klare Befehle. Einfache Befehle. Und ihr kommt zurück mit einem Toten, zwei Verletzten, zwei toten Greifen, ohne den Griff und ihr habt obendrein noch zusätzlich sieben weitere Silberbundler für eure Expedition gebraucht, da ihr es offensichtlich nicht allein geschafft habt! Wie bei der kärglichen Sonne Nordends habt ihr das angestellt? Ich dachte, ihr hättet Erfahrung“, spuckte sie das letzte Wort fast schon hervor.
Imenia schluckte, und zwang sich, neutral zu blicken. Einen Moment überlegte sie, was sie sagen sollte, und dabei blickte sie kurz zu Melodir.
Tyballin öffnete den Mund und sagte, „Verzeiht, M'lady, aber vielleicht sollte ich kurz erklären, dass..“
„Nein, nicht ihr. Ich will es von IHR hören“, fuhr Windläufer ihm ins Wort. Ihre Augen funkelten Imenia an. Offene Feindseligkeit sprach aus ihnen.
Imenia straffte sich erneut und erwiderte den Blick. Sie wagte es nicht, freundlich zu lächeln, um die Situation etwas zu entspannen. Ihr Magen spielte verrückt, aber sie liess sich nichts anmerken. Sie musste hier einfach durch. Danach würde alles besser, da war sie sich sicher.
„Lady Windläufer, es trug sich folgendermassen zu: Vor wenigen Tagen brachen wir hier in Dalaran auf, eine siebenköpfige Expedition, bestehend aus mehreren Silberbundlern, zwei Menschen und einem ortskundigen Kurierreiter, der uns begleiten sollte, da niemand von uns sich in der Drachenöde auskannte“, begann sie. Sie hoffte zumindest, das es danach besser würde. Sie war bereit, alles zu tun, um ihre Fehler zu korrigieren.
„Wir hatten keine Ahnung, dass sein Empfehlungsschreiben eine Fälschung war. Es war raffiniert eingefädelt. Ich entschied mich, ihn mitzunehmen, da auf die Schnelle niemand sonst aufzutreiben war, und wir in eile waren.“ Imenia holte kurz Luft.
Windläufer nickte und deutete Imenia, fortzufahren.
„Dämmerpfeil machte den ersten Fehler, doch konnte er dies nicht wissen. Er erstattete mir Magierwache Himmelsflamme Bericht über den Spion in unseren Reihen. Sie griff ihn an.“
„Einfach so?“
Imenia nickte. „Ich wusste, dass Himmelsflamme einen Hass gegen Blutelfen hegte, aber nicht, dass er derart stark sein würde. Es war, wie wenn etwas Besitz von ihr ergriffen hätte.“ Sie holte tief Luft, und senkte den Blick. Es war besser, Demut zu zeigen. „Dies war mein Fehler. Ich wusste nicht, dass sie zu so etwas imstande sein konnte. Ich habe sie falsch eingeschätzt. Dies ist unentschuldbar für einen Anführer einer Expedition.“
„Wohl wahr“, bestätigte Windläufer. „Fahrt fort.“
„Ich habe getan, was ich in der Situation als das Beste erachtete.“, sagte Imnenia, und blickte Windläufer direkt an. „Es war nicht vernünftig, den Spion im Wyrmruhtempel zu lassen, also beschloss ich, dass wir ihn mitnehmen, und sofort aufbrechen würden“
„Warum?“, fragte Windläufer und nippte an ihrem Tee. Die dunkel umrandeten Augen bohrten sich in Imenia, doch sie hielt dem Blick stand.
„Ich war der Meinung, dass es von Vorteil wäre.- Wir mussten zu diesem Zeitpunkt vermuten, dass die Sonnenhäscher bereits Bescheid wussten, dass ihr Spion enttarnt war. Der Spion würde uns als Druckmittel dienen können, nahm ich an, sollten wir tatsächlich auf die Sonnenhäscher treffen. Es war sicherer, ihn mitzunehmen.“
Windläufer setzte die Tasse wieder ab, und sagte nichts. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden, offenbar missfiel ihr die Antwort, aber sie konnte nichts entgegensetzen. Imenia fühlte sich sofort etwas weniger verwundbar.
„Ich kann bestätigen, dass Magierin Feuerblüte in diesem Fall richtig entschieden hat“, wagte Melodir zu bestätigen.
„Hrm.. Und was ist mit dem Griff? Ihr hättet ihn nicht aus euren Augen lassen können! Das war töricht“, fuhr Windläufer weiter fort, und blickte Imenia wieder an.
„Auch hier musste ich eine Entscheidung treffen, Lady Windrunner. Ich konnte mich entscheiden, den Griff zu behalten, damit er in meiner Obhut gewesen wäre. Ich hatte mich allerdings anders entschieden.“ Imenia hielt inne und sortierte einen Moment die Gedanken, fragte sich, wie sie ihre Entscheidung am besten ausdrücken sollte.
„Wie ich Arkanist Tyballin bereits gesagt habe: Ich musste annehmen, dass die Sonnenhäscher bereits wussten, dass wir ihren Spion enttarnt hatten.“ Sie sah Windläufer ungeduldig nicken. „Also teilte ich Dämmerpfeil im vertraulichen mit, dass ich beabsichtigte, ihm den Griff zu geben und erteilte ihm den Befehl, bei Feindkontakt sofort auszuscheren, und den Griff in Sicherheit zu bringen.“
„Warum tatet ihr das?“, fragte Windläufer. „Was macht das für einen Sinn?“
„Ich.. nahm an, dass die Sonnenhäscher den Griff sofort gefunden hätten, wäre er bei mir gewesen und wären wir auf sie gestossen. Sie wussten, dass ich die Anführerin war, und so ging ich davon aus, dass sie einem fliehenden Hochelfen nicht nachstellen würden, wenn sie nur mich und ihren Spion in den Händen hätten.“ Sie blickte kurz zu Melodir, der ihr zunickte. „Dämmerpfeil hätte einen grossen Vorsprung gehabt, bevor sie realisiert hätten, dass der Griff bei ihm wäre.“
„Und dennoch ist alles schief gelaufen, und wir haben den Griff nicht!“, sagte Windläufer scharf.
„Mit Verlaub, M'lady Windläufer, dies ist nicht die Schuld von Magierin Feuerblüte“, sagte Melodir, und stand auf, trat neben Imenia. „Sie hat das getan, was jeder in ihrer Situation tun würde. Sie hat nicht töricht gehandelt, jede ihrer Entscheidungen war motiviert, den Griff und somit die Expedition nicht zu gefährden, selbst wenn das ihre eigene Gefahr bedeutet hat.“
Imenia blickte kurz zu Melodir, Dankbarkeit durchflutete sie bis in ihre weichen Knie. „Ich würde dem Silberbund niemals schaden zufügen, M'lady“, murmelte sie.
Windläufer schnaubte, und stellte die Tasse zurück auf den Tisch. Melodir fuhr fort zu sprechen. „Ihr einziger Fehler war, dass sie Leireth nicht genügend gekannt hat, um vorauszusehen, dass sie eine derartige Reaktion zeigt. Dass sie Dämmerpfeil nicht abgehalten hat, vertrauliche Informationen vor jemandem anderen als ihr selber auszuplaudern. Das war ihr Fehler.“
„Ein grosser Fehler.“ Windläufers Augen funkelten immer noch wütend.
„Ein marginaler Fehler, nach einer anstrengenden, tagelangen Reise durch die Eiswüste.“ Melodir hielt ihrem Blick stand.
„Verzeihung, M'lady. Ich sehe meine Verfehlungen ein, und erwarte euren Urteilsspruch. Ich werde alles tun, um meine Fehler wieder gut zu machen, und in euren Augen Gnade zu finden“, sagte Imenia, und versuchte, möglichst schuldbewusst zu klingen.
„Ihr steht hinter ihr?“ Windläufer stand ebenfalls auf, und blickte Melodir Tyballin direkt an.
„Das tue ich. Sie hat in Bezug auf die Unterbringung des Griffes sowie der Mitführung des Spiones keine Fehler gemacht. Und selbst unter diesen Voraussetzungen hätte die Expedition noch glücken können, wäre der Frostwyrm nicht dazwischen gekommen. Mit Verlaub, M'lady, das hat Magierin Feuerblüte nicht voraussehen können. Ihre Fehler waren marginal, und im Angesicht der Umstände und dem Zeitdruck ausgereift und gut.“
Einen Moment lang herrschte. Imenia wagte es nicht zu Melodir zu blicken.
Es raschelte kurz, als Windläufer sich wieder setzte, und sich einen Keks nahm, die beiden Elfen vor sich musterte.
„Ihr seid von eurem Rang enthoben, Madame Feuerblüte“, sprach sie nach einer Weile Schweigen. „Diese Fehler sind unentschuldbar, aber ich gebe euch die Gelegenheit, euch wieder empor zu arbeiten. Ihr werdet die nächsten Wochen Arkanist Tyballin zu Hand gehen. Danach werdet ihr auf den Turnierplatz strafversetzt, wo ihr Wach- und Ordnungsdienst leistet.“
Imenia nickte gehorsam. „Ja, Madame Windläufer.“
„Arkanist Tyballin, ihr werdet mir diesen Griff finden, und wenn es das letzte ist, was ihr tut. Ihr habt Zeit bis zur Feier der Eröffnung dieses lächerlichen Argentumturnierplatzes. Ich will, dass der Silberbund an diesem Tag über diese elenden Hunde der Sonnenhäscher triumphiert. Ihr habt alle Mittel zur Verfügung, die ihr braucht.“
Tyballin nickte ebenso gehorsam. „Ja, M'lady Windläufer“. Das hatte er erwartet. Die darauffolgenden Worte jedoch nicht.
„Und dass wir uns richtig verstehen: Wenn ihr es bis zu diesem Zeitpunkt nicht schafft, dieses Artefakt zu beschaffen, könnt ihr Madame Feuerblüte sogleich folgen. Ich finde sicherlich Ersatz für euch. Jemand, der Informationen besser sortieren und beschaffen kann, und sich nicht übertölpeln lässt von einem lächerlichen kleinen Würmchen von Spion.“
Tyballin zögerte einen Moment. Imenia blickte zu ihm. Erneut zeigten sich die tiefen Furchen über der Nasenwurzel. „Natürlich, M'lady Windläufer“, presste Melodir hervor, sichtlich bemüht, die Fassung zu wahren.
Er war für sie eingestanden, hatte sie verteidigt – und wurde für solidarisch mit ihr zusammen bestraft. Imenia wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Denn dass er bestraft wurde, schien ihr unausweichlich – das Artefakt war doch so gut wie verloren für sie.
Windläufer zog an einem kleinen Strang, der neben dem Diwan von der Decke hinab ging. Ein Glöckchen erklang irgendwo im Flur, und sogleich betrat der Lakai den Salon, verbeugte sich tief. „Ihr könnt gehen. Janias, geleitet die beiden zum Ausgang.“ Mit einer Handbewegung deutete Vereesa Windläufer, Waldläufergeneral des Silberbunds, Gefährtin von Rhonin, Mutter von zwei Halbelfen, den beiden Silberbundlern an, das sie sich zu entfernen hatten.

XXXX
 
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