Ich bring dich um... den Verstand.

Khanor

Dungeon-Boss
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Ihr Stimme ist höflich, doch bin ich mir im ersten Moment nicht sicher ob sympatisch oder nicht, während sie mir einen guten Abend wünscht. Mir wird bewusst, dass sie ihren Namen genannt hat und aus einer anerzogenen Höflichkeit - und gewiss auch Notwendigkeit - nenne ich den meinen ebenso, was allerdings unweigerlich zur Folge hat, dass ich zwei Gedankengänge gleichzeitig ausführe und den ersten davon vergesse.

Ihren Namen.

Seitdem ich denken kann plagt mich dieses Problem, ich kann mir Namen schlecht merken, auch wenn es irgendwann einmal wichtig sein könnte. Früher schon.

Mama: "Svenni, hat jemand angerufen?"
Sven: "Oh, ja, hatte ich vergessen. Gestern schon, und heute nochmal."
Mama: "Aha, und was sollst du mir ausrichten?"
Sven: "Weiß nich mehr."
Mama: "Und wer war es?"
Sven: "Hab ich vergessen."

Während sie nun also einen erneuten, nicht ganz so standardisierten Gruß inklusive meinem Namen ausspricht und ich den ihrigen bereits vollkommen vergessen habe und mich schon frage ob sie überhaupt einen besitzt höre ich im Hintergrund des Gesprächs ein Klimpern und schaue mich nach der Quelle um.

Ist das hier?

Nein, nicht im Wohnzimmer.

In der Küche kann es auch nicht sein.

Es muss wohl bei ihr bimmeln.

Nein, auch nicht.

Hm...


Die Erinnerung kommt schnell und resigniert lasse ich es klimpern, klingen und rieseln - ich kann es sowieso nicht ändern.

Wenige Sekunden zuvor habe ich, einem Schauspieler gleich, den kürzlich auswendig gelernten Text halblaut mitgesprochen und versucht mir zu der Stimme ein Gesicht vorzustellen, etwas Mimik und Gestik hineinzulegen. Wie bei Ansagen am Bahnhof fällt es mir aber auch hier schwer der Bandstimme der Telekom-Hotline a),
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oder c) zuzuordnen. Ich habe wohl versagt.

Das mich erst irritierende Geräusch ist nichts anderes als ein hämisch grinsendes Geldstück nach dem anderen, was aus meiner nicht ganz so prall gefüllten Tasche in den Geldspeicher meines Mobilfunknetzbetreibers kullert der sich wohl auch denk: "Für jemanden, der mich als Netzbetreiber mies findet und dessen Vertrag bereits vor Monaten im Vorraus gekündigt worden ist gibst du mir aber reichlich Taler, kleiner Mann."

Recht hat er, aber eine andere Möglichkeit habe ich nicht.

Ich will nicht sagen, die Telekom sei mieserabel in Preis und Leistung, allerdings finde ich es schon seltsam innerhalb von vier Tagen täglich mit einem Vertreter dieses Anbieters in Verbindung zu treten.

Bereits vor drei oder vier Wochen wunderte ich mich darüber keine Internetverbindung herstellen zu können, telefonierte mit einem namenlosen Servicetechniker, der die üblichen Schritte einleitete. Letztendlich von Erfolg gekrönt, allerdings wunderte sich dieser darüber, dass der Vorgang nicht wie normal zwei sondern gute zwölf Minuten dauerte.

Seit Sonntag allerdings sitzt in der Leitung ein Wurm, der am DSL und meinen Nerven frisst, was unweigerlich zur Folge hatte, dass ich die Lichterkette für die Weihnachtszeit wieder in einer Kiste verstauen konnte und statt dessen die herrlich wechselnden Blinkdioden meines Routers in den Weihnachtsbaum hängte.

Mal blinkt die Status-LED, dann die für DSL, gestern abend die DSL-LED langsam und die Online-LED schnell, dann mal wieder gar nichts, manchmal die die eine durchgehend und die andere nicht - im Grunde genommen kann ich täglich auf ein neues Morsemuster blicken und mich daran erfreuen.

Sonntag, kein DSL. Bereits mit derlei Dingen vertraut trennt Sven den Router vom Netz und wartet ein Minütchen. Danach keine Besserung. Die Prozedur wiederholt er dreißig Minuten später, dennoch erfolglos. So telefoniert Sven mit einer weiteren Dame die keinen Namen trägt, diese weist ihn darauf hin, dass jede Handlung, die ab jetzt getan werden würde für mich Kosten birgt, sofern der Fehler nicht auf Seiten der Telekom liegt.

Klar, ich habs ja...

Sie schaut, sie tippt, sie redet etwas von schönem Wetter während bei mir vor dem Fenster Sturm und Hagel sichtbar sind, Smalltalk war aber sowieso nie weder begeisternd für mich noch eine meiner besonderen Stärken, so tippt sie wieder, fragt etwas, tippt und klickt, fragt wieder, gibt mir stillefüllende Informationen über ihre Arbeitsschritte und erklärt mir, dass sie die Leitung jetzt resetten würde und danach alles funktioniert und bittet mich - falls dem doch nicht so sein sollte - folgende Schritte durchzuführen:

1. Zehn Minuten warten.
2. (Sofern noch immer kein DSL verfügbar) Stecker für weitere dreißig Minuten ziehen und einen Neustart versuchen.
3. (Sofern noch immer kein DSL verfügbar) Zwanzig Minuten warten.
4. (Sofern noch immer kein DSL verfügbar) Die Einwahloptionen noch einige male überprüfen.
5. (Sofern noch immer kein DSL verfügbar) Erneut anrufen.

Nachdem ich mich bis zu Punkt 5 durchgearbeitet hatte teilte ich einem Herrn ohne Namen mit, was bisher geschehen ist - weil er danach fragte - und er stimmte jedes mal bejahend zu, da er diese Informationen ebenso auf seinem Monitor aus den Protokollen ablesen konnte.

Wieso lesen, wenn man es sich auch erzählen lassen kann?

"Tja, dann haben Sie ja wirklich alles getan, was Ihnen als Kunde möglich ist. Ich werde eine Störungsmeldung rausgeben, ein Techniker wird sich morgen mit Ihnen in Verbindung setzen."

Nicht sonderlich begeistert aber verständnisvoll nahm ich diese Meldung entgegen und werde seither den Werbespruch "Telekom - Die machen das" nicht mehr aus meinem inneren Gehör los.

Ca. 60 Minuten später erstarb allerdings die Lightshow meines Routers und es stellte sich ein gemächlich, durchgehendes Leuchten der gewünschten Dioden ein. Abgesehen von unberechenbaren Latenzen zwischen 80 und 3900 Millisekunden und gelegentlichen Verbindungsabbrüchen - von Blitzleuchten untermalt - konnte ich das www allerdings diesen Abend nutzen.

Seltsam, was sag ich denn morgen dem Techniker...?

Montag morgen, Lichtorgelsymphonie an der Wohnzimmerwand, kein DSL verfügbar. Montag nachmittag - Antwort: Ich sage ihm nichts, denn er ruft nicht an. Vielleicht, weil er sich schämt durch seine Eltern keinen Namen bekommen zu haben.

Wie dem auch sei, als ich heim komme lächelt mich das Bild des Morgens noch immer in Form von zuckenden Leuchtkörpern an und besagter Techniker meldet sich nicht. Pech gehabt, denk ich mir, ich wär bestimmt ausnahmsweise mal ein netter Kunde gewesen.

Zwischen 17 und 18 Uhr allerdings scheinen die Finanzen des Showbetreibers erschöpft, die Party vorbei oder einfach die Relais zur Steuerung der Dioden festgebrannt und sie erstrahlen nun wieder in gewünschtem, durchgängigem Glanze - sehr zu meiner Freude. Die Latenzen sind angenehm, keine Abbrüche bis ich schlafen gehe.

Dienstag morgen - Es funkelt und zuckt so schön und gekonnt, dass ich mich beinahe Frage ob ich einen Router mit Glasfaserübertragung erstanden habe und einfach ein optisches Kabel vor die Lämpchen halten muss, um Internet zu haben. Habe leider kein solches Kabel zur Hand, schade drum.

Während ich gegen halb eins in einer halbwegs langweiligen Vorlesung sitze surfe ich Richtung Telekom-Internetpräsenz und wühle mich zum Service-Teil, fülle alle Angaben wie gewünscht aus und gebe - wie erforderlich - die Zeiten meiner Erreichbarkeit an genanntem Tag ein: 16 - 23 Uhr.

Zehn Minuten später stimuliert irgendjemand (bestimmt ohne Namen) aus dem Hause Telekom den Vibrationsalarm meines Mobilfunkgerätes ohne einen Blick auf die Uhr geworfen zu haben und festzustellen, dass er 3,5 bis 10,5 Stunden zu früh den Hörer in die Hand nahm um mich zu erreichen.

Er versucht es allerdings auch nicht später noch einmal.

Gegen 17 Uhr komme ich heim und verwerfe die Planung einigen Mitstudenten Scans der Unterlagen zu schicken sofort, als ich die Laufbeleuchtungsimmitation des Frankfurter Flughafens im LED-Feld meines Routers erblicke.

Solche Praktikanten!

Ich werf mich in den Kampf der Essensmacherei und bemerke irgendwann beiläufig, ca. gegen 18 Uhr, dass alle Flüge für diesen Tag abgesagt sind und somit anderer Verkehr über dieses Gerät wieder möglich erscheint.

Trotzdem Praktikanten.

Mittwoch - Ratespielchen an dieser Stelle erlaubt, allerdings wohl vorhersehbares Ergebnis: kein Internet zwischen 5.20 Uhr und 7 Uhr, danach verliert sich meine Beobachtung bis 20 Uhr, als ich heim kam und mir ein "das kanns doch nicht sein, Leute" entfährt.

Sekunden später bewege ich meine Lippen im Rhythmus zu besagtem Text auf Band.

"Worum handelt es sich? Fragen zu unserem Angebot, zu Ihrer Rechnung oder um eine Störung?"

Genervt entfährt mir, wie schon mehrfach zuvor die letzten Tage, ein Störung und ich bin wie immer fasziniert davon, dass mich die tatsächlich namensfreie Dame darauf hinweist, dass ich das ebenso im Internet melden könnte. An dieser Stelle würde würde den Betreiber gern darauf hinweisen, dass es ebenso sinnfrei wäre einem Blinden zu sagen, dass es Menschen mit funktionierendem Augenlicht gibt - man weiß, dass es da ist, aber man hat gar nichts davon.

Endlich erreiche ich die teuer erkaufte, minutengetaktete Warteschleifenmusik und erfreue mich daran, dass es noch andere Wege als kostenpflichtige Downloads und CD-Käufe gibt um an überteuerte Musik zu gelangen, bis nach ca. zwei Minuten ein Platz bei eingangs erwähnter Unbekannten für mich frei ist, die sich nach der Schilderung meines Problems doch als recht sympatisch erweist.

Sie studiert das Protokoll meines Anschlusses während ich dem recht beruhigenden, nahezu schlürfenden Geräusch meines sich entleerenden Geldbeutels lausche. Ich beginne mir eine Melodie im Rascheln und Klimpern vorzustellen und höre hin und wieder ihre Stimme, wie sie ein Störung behoben aus dem Protokoll zitiert. Meine Gedanken an Reichtum werden wach, als ich gedanklich unter das Klimpern und die mageren Textstellen ihrerseits und die erdachte Melodie einen epischen Schlagzeugbeat lege und ein Demo-Tape davon an Blind Guardian schicke - ich erhoffe mir einen Platz auf dem nächsten Album mit dem Titel A Telekom Tale.

Die angeblich behobenen Störungen kann ich blinkend sehen und schildere ihr auch das mehrfach, bis ich letztendlich eine weitere Runde der Geschichte einläuten höre als sie mir für morgen oder Freitag einen Termin bei einem Techniker einräumt. Wieder notiert sie Zeiten und ich bin gespannt ob dieser Mitarbeiter die Uhr lesen kann. Unser Gespräch endet nach 15 Minuten.

Ob er mir helfen kann?

Ob es länger als einen Abend hält?

Ob er einen Namen hat?



Edit:
Donnerstag - Gegen acht Uhr werde ich vom trügerischen, beruhigenden und gleichmäßigem Leuchten einiger Lichtchen in Sicherheit gewogen. Blöd nur, dass ich bald los muss.



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P.S.: Es gibt immer wieder so tolle Geschichten. Während Yvonne eine atemberaubend spannende Story über 1&1 zu erzählen weiß ist einer meiner Mitstudenten begeistert von den Leistungen des Anbieters Freenet: Zum ersten Termin tauchte niemand auf, ebenso zum zweiten Termin zwei Wochen später und auch der dritte Termin platzte aufgrund des Nichterscheinens. Hierbei spannend: jeder von Seiten Freenet nicht wahrgenommene Termin wurde mit einer SMS an ihn mit dem Inhalt "Ihre Störung wurde erfolgreich behoben" kommentiert.

Wie wollen sie die Störung - eine nicht verdrahtete Telefondose - beheben, wenn niemand auftaucht?



Danke an nichtlustig.de
 
Ich drück dir alle Daumen, dass es bald wieder geht - sowas nervt extrem, ich weiß das sehr gut nachzuvollziehen.
 
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