Kapitel 47

Evilslyn

Rare-Mob
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Arled hätte schreien können.
Das durfte doch alles nicht wahr sein. Erst der Untote, und nun auch noch dass!? Es war keine Vollmondnacht, dessen war er sich sicher, denn wäre es so gewesen, hätte er längst in seiner Worgenform die Gegend um Dämmerungszuflucht nach seinem Vater abgesucht.
Und doch, was da ist Zimmer kam, war eine Worg. Eine Worgin um genau zu sein.
Den Kleidern nach zu Urteilen, war es Merrith.
Merrith?! Eine Worgin?
Arleds Verstand kreiste. Konnte es nicht verstehen. Wie konnte all das sein.
Was ihn noch zusätzlich verwirrte, war die Art und Weise „wie“ sie den Raum betrat.
Sie schien ruhig, zurückhaltend, ebenso wie er sie in ihrer menschlichen Form kennen gelernt hatte.
Es sah beinahe lustig aus, wie diese große Worgin auf Zehenspitzen ins Zimmer schlich, in Hausmädchendress, mit weißer Schürze. Offenbar bemühte sie sich, ihn auf keinen Fall zu wecken. Vorsichtig die Kerze balancierend, kam sie näher.
Arled brachte all seine Selbstbeherrschung auf um seinen Atem und Herzschlag gleichmäßig zu halten. Merrith blieb neben seinem Bett stehen und blickte auf ihn herab. Arled schloss seine Augen komplett, zu groß war die Gefahr, dass sie Aufgrund ihrer geschärften Sinne seine Scharade durchschaue. Aber er spürte ihren Blick auf sich.
Unvermittelt berührte ihn etwas oberhalb der Schläfe und um ein Haar hätte er aufgeschrien.
Doch er schaffte es sich zu beherrschen.
Die Berührung war sanft, fast zärtlich, ganz anders als er es erwartet hatte. Langsam glitt sie mit einer Ihrer Klauen durch sein Haar. Strich es ihm hinters Ohr.
Was ging hier nur vor?
„Armer Mensch. Ich wünschte ich könnte dir das alles ersparen.“ Ihre Stimmbänder durch die Verwandlung verändert, gaben ihrer Stimme einen rauchigen Klang, doch lag Mitgefühl in ihren Worten. „Aber Hespa sagt wir brauchen dich. Kind von Sonne und Mond nennt sie dich.“ Arled begann sich zu fragen ob sie sein Schauspiel längst durchschaut hatte, und mit ihm sprach, statt nur auf ihn ein. Schritte auf dem Gang, kündeten in diesem Moment die Ankunft einer weiteren Person an. Merrith Hand zuckte von ihm weg.
Hespas Stimme erklang von der Tür her: „Merrith! Merrith, mach dass du da raus kommst. Ich habe dir gesagt du sollst seine Hände von ihm lassen. Wir müssen in einer Stunde in der Kirche sein, die Versammlung beginnt bald. Und du weist das ich noch bei Knacker vorbei muss.“ Arleds Verstand sprühte Funken. Hespas Stimme, ließ keine Zweifel zu, auch sie wies die klassischen Worgencharakteristika auf.
Aber auch mit ihrer Worgenstimme, schaffte es Hespa so zu klingen, dass klar wurde, Widerworte würden nicht geduldet.
„Ja Ehrwürdige. Ich wollte nur prüfen ob er seine Medizin auch getrunken hat. Ich komme sofort.“, mit diesen Worten eilte sie auf die Tür zu.
Arled öffnete sein Auge wieder einen Spalt und schaute ihr nach.
Er verstand gar nichts mehr.

Nachdem sich die Tür hinter Merrith leise knarrend geschlossen hatte, lag er noch einige Minuten regungslos da, und horchte bis die Schritte auf dem Flur verklungen waren.
Dann schwang er sich aus dem Bett und eilte ans Fenster.
Sein erster Blick galt dem Mond, doch wie erwartet hatte dieser gerade einmal zur Hälfte sichtbar. Wie konnte es dann sein, dass hier Worgen in Dämmerungszuflucht Worgen herumstreiften. Arled schaute nach Unten, wo nach kurzer Zeit Merrith und Hespa erschienen. Arled bemerkte das Merrith ihre Dienstkleidung gegen ein Kleid getauscht hatte.
Ein Worgin die Situationsbezogen die Kleidung wechselte?
Auf der Straße vor dem Haus wurden die Beiden bereits erwartet. Von zwei weiteren Worgen.
Arled erkannte Ragi und Hun auf den ersten Blick. Ragi, auch für einen Worg nicht besonders groß, wirkte mit seinem schmalen Kopf und den zuckenden Ohren noch verschlagener denn als Mensch. Hun, als Mensch schon ein Riese, war der mit Abstand größte Worg, den Arled bisher zu Gesicht bekommen hatte.
Arled fragte sich wie viele Worgen es wohl noch in Dämmerungszuflucht gab. Er stand neben dem Fenster, so dass er von der Strasse nicht zu sehen war, und beobachtete.
Hespa richtete einige Worte an Ragi und Hun, und rauschte dann mit wehendem Rock davon. Merrith und die Beiden folgten ihr.
Als sie um eine Häuserecke verschwunden waren, lehnte sich Arled mit dem Rücken an die Wand neben dem Fenster und schnaufte tief durch. Als er und Flugur hier her gekommen waren, hatten sie ja keine Ahnung gehabt, auf was sie hier stoßen würden, aber damit, hatte wohl keiner von ihnen gerechnet. Arled hoffte, dass es Flugur gut ging, wo immer er auch gerade sein würde.
Vier Worgen, in einer Stadt. Die ein für Worgen mehr als seltsames Verhalten an den Tag legten. Und sie bewegten sich frei durch die Stadt. Arled hielt das für mehr als gewagt. Wenn nicht alle Bewohner mit dem gleichen Schlaftrunk wie er abgespeist wurden, bestand jederzeit die Gefahr einer Entdeckung. Arled bezweifelte, dass die Menschen Dämmerungszufluchts sich so von allen anderen Menschen unterschieden, das sie beim Anblick von vier durch die Straßen ziehenden Worgen, nicht in blanke Hysterie ausbrechen würden.
Arled beschloss ihnen zu folgen. Sie schienen zu einem Treffen unterwegs zu sein, und Arled würde nachsehen mit wem.

Arled öffnete vorsichtig die Tür und schlich die Gänge entlang. Das Haus lag völlig ruhig. Jedes Knarren der Dielen unter seinen Füßen, ließ ihn in der Bewegung innehalten und angespannt in die Stille horchen, doch nichts regte sich.
Auch als er auf die Straße hinaus trat, war keine Menschenseele zu sehen. Die Fenster lagen alle in Dunkelheit. Vielleicht hatten sie wirklich einen Weg gefunden, allen das Schlafmittel einzuflößen, überlegt Arled. Sein Herz schien, in der Stille der Nacht, direkt zwischen seinen Ohren zu schlagen. So lautlos wie möglich bewegte er sich durch die nächtlichen Gassen, immer damit rechnend, hinter der nächsten Häuserecke einem Worgen in die Arme zu laufen.
Doch es geschah nicht. Alles war still, nichts regte sich.
Bald erreichte er eine Gasse, von der aus er zur Kirche blicken konnte.
Das Erscheinungsbild der Kirche stand in krassem Widerspruch zum Rest des Dorfes.
Das Kirchenschiff war hell erleuchtet. Stimmen drangen durch die Buntglasscheiben. Teils gesprochene, teils gesungene Worte. War es denn möglich, dass ein Gottesdienst darin abgehalten wurde? Bei Nacht?
Er duckte sich im Schatten der Gasse und beobachtet. Es waren keine Personen zu sehen.
Er würde hinüber schleichen müssen, um entweder durch eines der Fenster zu blicken, oder…
In diesem Moment spürte er, wie sich ihm eine klauenbewehrte Pranke auf die Schulter legte.

…to be continued

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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