Kapitel 73

Evilslyn

Rare-Mob
Mitglied seit
26.06.2007
Beiträge
454
Reaktionspunkte
2
Kommentare
111
Buffs erhalten
80
Arled versuchte all seine Wissenfetzen zukombinieren, doch er konnte sich einfach keinen Reim auf all das machen. Von ihren Beschreibungen her, hatte die Worgen Lohenscheits nichts von seiner eigenen, oder der Hun oder Ragis unterschieden. Außnahmslos, schien die Verwandlung in einen Worgen in einem Zuwachs an Größe und Agilität zu münden.

Sein verwirrter Blick, führte bei Hun offenbar zu dem Gefühl helfen zu müssen.

„Komm schon Arled, komm ich dir denn so vor, wie einer dieser von Ellenora beschriebenen Worgen?", weiter kam er nicht bevor ihm eine Blick Ragis das Wort abschnitt. „Lass den Jungen mit seinem eigenen Kopf nachdenken. Es gibt schon viel zu viele Menschen die den ihren nur zum tragen eines Huts zu benutzen scheinen.", und mit einem Nicken zu Arled meinte er, „Na komm schon kleiner. Ich weis dass du die Bruchstücke zusammensetzen kannst. Ich wusste es schon seit dem Tag, an dem du mir diesen Blick zuwarfst, nachdem du unseren Hühnen hier geheilt hattest." Dabei knuffte er freundschaftlich Huns Schulter.

Arled Kopf kribbelte. All die Denkansätze die in ihm aufgestiegen waren während ihrer Reisen, und von wichtigeren Problemen in den Hintergrund gedrückt wurden, brachen sich wieder Bahn. Da waren die Erinnerungen an Dämmerungszuflucht. Diesem Örtchen in dem er nach dem großen Zwischenfall erwacht war. Rege erinnerte er sich an die Nacht, in der er auf seine Medizin verzichtet, und die wahre Natur seiner Gastgeber entdeckt hatte. Die Erinnerungen schienen von einer lang zurück liegenden Zeit zu stammen. So viel war seither passiert. Die Nacht in der Kirche, seine Flucht, Ragis und Huns eingreifen. Das Zusammentreffen mit Vodan, kurz schweiften Arleds Gedanken zu dem Tauren ab, welcher sich zur Zeit wohl irgendwo in den Wälder nahe des Flüchtlingslagers versteckt hielt. Nach der Entdeckung des Lagers hatten sie beschlossen sich den Fremden lieber als Dreimanngesellschaft zu offenbaren. Obwohl Arled den dicken Halbbullen mittlerweile ins Herz geschlossen hatten, kannten die meisten Menschen Tauren nur als Anhänger der Horde. Man erzählte sich, ihr Kampfschrei bringe Ohren zum Bluten, und ihre Totems konnten Knochen zerbersten wie Mühlsteine das Korn. Wenn Vodan, Arled auch stets freundlich begegnet war, so ahnte Arled das auch in ihm das Wesen eines wilden Kriegers vergraben lag, und so machte er sich keine Sorgen um Vodan.

„Vodan der Wilde" huschte es durch Arled Verstand, und sorgen für ein Grinsen um seine Mundwinkel. „Vodan der wilde Tauren", er versucht sich Vodan bildlich vorzustellen wie er wutschnaubend inmitten einer Horde von Angreifern stand, und sie mit Feuer in den Augen anstarrte. Schaum stand vor seinem Flotzmaul. Die Tasche mit seinen Wertvollen Büchern über die Schulter geschwungen, würde er kämpfen. Die Schriftstücke schützen, bis zum Sieg oder seinem letzten Atemzug. Ja dachte sich Arled. Wenn Vodan je so kämpfen würde, dann nur für zwei Dinge. Seine Bücher, oder sein Bier.

Doch er schweifte ab.

Was war anders an den Worgen? Er versuchte das Bild Vodans zu verdrängen, welcher noch immer wild brüllend, eine halben Baum - einer Keule gleich schwingend, seine Angreifer auf Abstand haltend, durch seine Synapsen geisterte. Da geschah es. Statt Vodan auszublenden, morphte sich der Tauren plötzlich. Seine Ohren wurden lang und Spitz. Seine Nase schmal und lang. Seine Hufe bildeten sich zu Klauen aus. Während Arled da stand, und in seiner Vorstellung Vodan immer weniger Vodan, und immer mehr zum Abbild eines namenlosen Worgen wurde, begann er zu begreifen. Das lag nicht an der Art der Verwandlung, auch nicht im Aussehen des Worgen. Nein, es war der Wahnsinn, der in seinen Augen brannte. Was bei Vodan noch wie edle Entschlossenheit gewirkt hatte, wirkte an dem Worgen hasserfüllt und verschlagen. Statt weißem Schaum, stand ihm der Schaum rötlich vor dem Maul. Aus seinen Lefzen lief der Speichel, den Blutreste rot färbten. Entsetzt stellte Arled fest, dass sich auch die Baumstammkeule gewandelt hatte. Statt der Holzkeule, hielt der Worgen ein Handgelenk umfasst, und schwenkte den daran hängenden Arm über seinem Kopf.

„Der Blutrausch…", stieß er hervor. Ihm fiel keine bessere Bezeichnung ein.

„Siehst du Hun", nickte Ragi zufrieden, „ich sagte doch der Kleine findet es alleine heraus."

„Naja, ist das als Erklärung nicht etwas dünn? Ich meine, offenbar sind die Worgen Arugals Anhänger eines kriegerischen Stammes, wahrscheinlich die wildesten die sie zu bieten hatten. Immerhin erklärten sie sich bereit gegen Untote in die Schlacht zuziehen. Ich denke dieses Verhalten lässt sich kaum mit Worgen vergleichen die in einer geregelten Gemeinschaft in einem Dorf zusammenleben." Arled verzog abwägend den Mund.

„Das mag auf den ersten Blick stimmen.", nickte Ragi bevor er zögerlich fortfuhr. „Aber wie du dir sicher denken kannst, Dämmerungszuflucht war nicht immer ein Worgendorf. Viel mehr, wurde der Ort seinem Namen erst über die Zeit gerecht, eine Zuflucht zu sein. Im Grunde reagierten die ersten Bewohner genauso wie es wohl jeder andere Bewohner Azeroths getan hätten, wenn er einem Worgen begegnet wären." Was sein Schweigen nach diesem Satz andeutete, wurde von Huns gemurmeltem „Armer Ganwald" noch unterstrichen.

„Ja, Ganwald." Fuhr Ragi nun fort. „Ich erinnere mich noch gut an ihn. Er ein lebensfroher junger Kerl. Überall beliebt, besonders bei den Mädchen des Dorfes. Er hatte stets ein freundliches Lächeln für jeden übrig gehabt. Bis zu dem Tag als er von einem seiner Ausritte mit einer tiefen Verletzung zurück kehrte. Obwohl er sofort in heilkundinge Hände übergeben wurde, galt sein Überleben als ungewiss. Obwohl er sich nach wenigen Tagen wieder zu erholen schien, war etwas mit ihm geschehen. Er war nicht mehr der Ganwald, den man kannte. Sein Lächeln war von einem nachdenklich, fast bitteren Zug um seine Mundwinkel ersetzt worden. Er zog sich mehr und mehr zurück, wirkte stets angespannt. Es war nicht so als hätten wir das alles nicht bemerkt, doch ein jeder redete sich ein es sei das Trauma mit dem er zu kämpfen habe. Das die Zeit seine Wunden erst heilen müssen, bevor er zu seinem Alltag zurück kehren könne." In Arleds ergänzte sich Ragis, und seine eigene Geschichte, zu einem Mosaik, was ihm klarer und klarer vor Augen führte was sich in Dämmerungszuflucht ereignet haben musste. Er wollte sich gar nicht ausmahlen, was geschehen wäre hätte er nicht Flugur gehabt, der ihn bei der Hand nahm, und ihm half mit dieser Veränderung die ihn völlig überrollt hatte, klarzukommen. Hätte seine erste Verwandlung direkt in seinem Zimmer stattgefunden, er hätte nicht gewusst was in dieser Nacht geschehen wäre, hielt es jedoch nicht für unwahrscheinlich, dass er als Waise erwacht wäre.

Ragi hatte weiter gesprochen, war auf die Veränderungen eingegangen, welche den Bewohnern Dämmerungszufluchts zwar an Ganwald aufgefallen waren, die sie jedoch nicht zu deuten gewusst hatten. Arled konnte es ihnen nicht verübeln, er hatte selbst langen nicht begriffen was mit ihm selbst vorgegangen war.

Die sich nun entspinnenden Vorgänge faste Ragi kurz zusammen. Menschen verschwanden, und Sichtungen wolfähnlicher Wesen häuften sich. Das wahre Ausmaß der sich verbreitenden Seuche, erkannte man erst wenn man selbst infiziert war. Ragi berichtete begleitet von heftigem, bestätigendem Nicken Huns, von dem Tag als er zum Worgen geworden war. Wie ihn die Verwandlung vollkommen überraschte. Er hatte geglaubt zu sterben, so Ragi weiter. Doch dann war etwas anderes Geschehen. Er hatte sich verwandelt. Er konnte sich nur noch schemenhaft an das Erinnern was danach noch in dieser Nacht geschehen war, doch eine Erinnerung hatte er immer noch präsent. Und das war was er gerochen hatte. Sein erster Atemzug als Worgen. Diese fülle an Gerüchen. Es hatte ihn überwältigt. Doch am meisten hatten ihn die Duftmarken von hunderten anderen Worgen geschockt, die das Dorf offenbar umstreiften. Es dauerte nicht mehr lange, und auch der letzte Bewohner Dämmerungszufluchts war infiziert. Dadurch ergaben sich etliche Probleme. Die Nahrungsversorgung wurde knapp. Keiner kümmerte sich mehr um die Vorgänge die zuvor Alltag waren. Boten, oder Händler fielen in der Regel „Raubtierangriffen" zum Opfer statt wie gewohnt Handel zu treiben. Herrschte unter den Worgen selbst, zu Anfang noch eine Art Waffenstillstand, kam es immer häufiger zu ernsthaften Auseinandersetzungen auch unterhalb der Worgen. Durch diese entstand mit der Zeit eine Art Hackordnung, was kurzfristig für Ruhe sorgte. Dann wurden die Verhaltensweisen jedoch immer roher und roher. Waren die Menschen am nächsten Morgen auch schockiert von ihren Taten, in Worgenform kannten sie keine Schranken mehr. Es war nur eine Frage der Zeit, bis das verschwinden der Reisenden, die Pfotenspuren in den umliegenden Wäldern, oder die Kadaver gerissenen Wildes irgendjemanden hätten aufmerken lassen und die Armee auf den Plan gerufen hätte. „Das dies das Ende Dämmerungszufluchts zu bedeuten gehabt hätte, muss ich wohl nicht extra erwähnen.", raunte Ragi. „Machen wir uns nichts vor, es liegt in unserer Natur die Dinge erst zu töten bevor wir sie untersuchen. Sicherlich hätte König Graumähne sich nicht die Mühe Gemacht eine Wagenladung Dompteure in unser kleines Kaff zu schicken. Und dessen hätte es wirklich bedurft. Wir waren meiner Meinung nach vom Mensch sein, soweit entfernt wie es nur möglich war, bedachte man das wir bei Sonnenaufgang immer in unsere menschliche Form zurück kehrten." Ragi machte eine Pause und schaute Arled offen an, als versuche er ab zu wegen ob Arled ihm alles bisher glauben konnte. Doch dieser nickte ihm nur ermunternd zu, bitte fortzufahren.

„Nun ja, das dann etwas geschah was die Lage änderte ist wohl offensichtlich. Hätte sich nichts Grundlegendes ereignet, denke ich wir würden hier nicht zusammen sitzen, und wer weis, vielleicht wäre unser Geist mittlerweile komplett auf den eines Worgen zurück gegangen. Hun wie sieht es aus, magst du den Rest erzählen? Ich habe einen tierischen Brand.", bei diesen Worten griff sich Ragi eine kleine Flasche die neben ihm stand, öffnete sie und trank in langen Zügen.

Hun der offenbar Erinnerungen nachhängend ins Feuer gestarrt hatte, blinzelte als sei er gerade erst erwacht. „Ich, äh ja klar. Tja, da bleibt für mich wohl nur der Teil an dem der Tod nach Dämmerungszuflucht kam."

Arled fragte sich was er damit wohl meinen konnte. Aus seiner Erinnerung stiegen Fetzen nach oben, und es formten sich Bilder eines kleinen Kellerfensters, in einer kleinen dunklen Gasse Dämmerungszufluchts. Aber natürlich … der Untote. Alred hatte soviel um die Ohren gehabt seit dem, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Und seit damals hatte er mit niemandem gesprochen. War es den möglich, dass dieser wandelnde Leichnam etwas mit den Vorgängen in dem kleinen Ort zu schaffen hatte? Alred blickte Hun erwartungsvoll an, dessen tief gefurchte Stirn offen zu Schau stellte, dass er noch dabei war, sich einen groben Storyverlauf zurechtzulegen. Als er begann, war offensichtlich das er versuchte Ragis eloquenten Erzählstiel zu kopieren, was bei ihm unweigerlich unbeholfen wirkte.

„Wie ich schon sagte:", Hun räusperte sich bedacht „es war der Tag gewesen, als der Tod in die Stadt kam." Ein zufriedenes Lächeln, das sich umgehend über seine ganzes Gesicht ausbreitete, zeigte wie zufrieden er mit seiner Eröffnung war.

Er wartete kurz, und fuhr dann, als die scheinbar von ihm erwarteten „Uhhh!´s" und „Ohhh!´s" aufblieben, fort. Er begann von dem Verwesungsgeruch zu berichten, der die Luft um Dämmerungszuflucht immer mehr bestimmt hatte. Und dass keiner sich dabei etwas dachte, da ja die halb gefressenen Kuhkadaver, auf den Kuhweiden verwesten. Und wegen den Lebensmitteln um die sich keiner kümmerte, die waren dann auch am verwesen gewesen – an der Stelle machte er wieder eine Pause um die anderen Breit anzugrinsen – als keiner reagierte wiederholte er „verwesen, gewesen…". Da auch nun keiner auf seine exorbitantes Wortspiel einging wollte er ansetzen weiterzureden, und wahrscheinlich hätte Arled so jede Position gelistet bekommen, wo genau auch nur ein Apfel verfault war, hätte Ragi Hun nicht das Wort abgeschnitten. „Ja, ja, ja, wir habe es verstanden! Es hat zum Himmel gestunken! Und daher haben wir die Ankunft unseres neuen Gastes erst gar nicht bemerkt. Komm endlich zum Punkt. Die Sonne wird nicht mehr lang am Himmel stehen. Die Zeit läuft uns davon!"

Huns Mundwinkel sanken nach unten. Es hatte ihm so Spaß gemacht, dass einmal alle an seinen Lippen hingen – wann kam so etwas schon mal vor – und dann so was.

„Ja, unseren Gast. Erschreckt jetzt nicht, aber seid ihr schon einmal einem lebenden Toten begegnet.", fragte Hun und machte große Augen um die Schaurigkeit die er in seine Worte legte noch zu unterstreichen.

„Ihr meint sicher diesen … wie hieß er doch gleich? Knaak?", versucht Arled sich zuerinnern.

„Fast" stutzte Hun, „woher kennst du den Knacker?"



…to be continued



Mit freundlichen Grüßen

Eure Endule
 
Zurück