Ich glaube, dass hier zwei Diskussionen nebeneinander geführt werden.
Zum einen die, ob Herr S. nun recht hat oder nicht. Die finde ich persönlich eher müßig, da solche Diskussionen immer im Sande gegenläufiger Statistiken und Zahlenbelege zu versanden pflegen.
Die Diskussion ist eben deshalb müßig, weil mittlerweile kaum mehr mit Argumenten eine Diskussion geführt, sondern rein emotional an Themen herangegangen wird.
Fange eine Diskussion über Briefmarkensammeln damit an, daß auch ein berüchtigter Kinderschänder eine Marke in seinem Besitz hatte. Völlig wurscht, ob von 20.000 Wörtern und Argumenten der eigentliche Ausgangspunkt das Briefmarkensammeln war - die Meute dreht ab und wird Todestrafe fordern, ohne auch nur mit einem Wort auf das Ausgangspostings abseits davon einzugehen! Und sollte tatsächlich jemand auf den tatsächlichen Diskussionspunkt zurückkommen, schreit der nächste Teilnehmer - der eh nix liest, was vor seinem Post war - direkt wieder "Die armen Kinder!"
Deshalb:
Das heisst unanhängig davon, ob das Problem in der Realität existiert, ist es wohl ein erhebliches gefühltes Problem.
Und denjenigen die sich dort wiederfinden nur mit der Grundthese: "Ihr seid doof und habt keine Ahnung also haltet den Mund" zu begegenen halte ich für gefährlich.
Egal, welche Argumente man auffährt, wird man mit den üblichen Totschlagargumenten wie "Gutmensch", "Leb doch selbst mal in diesen Gegenden" (wobei es völlig egal ist, ob man tatsächlich dort aufgewachsen und in eben diesen Gegenden wohnt - dann ist man nämlich ein "Lügner, weil das kann gar nicht sein") oder einem "ich erlebe das aber anders" abgewatscht.
Ein Herr Sarrazin, der in seinem Elfenbeinturm über Hartz-IV-Empfänger ("Pulli anziehen, wenn euch kalt ist, weil ihr die Stromrechnung nicht bezahlen könnt!") und Ausländerintegration urteilt, ohne überhaupt die geringste tatsächliche Lebenserfahrung in einem dieser Bereiche vorweisen zu können, glaubt man nicht wegen seiner an den Haaren herbeigezogenen "Argumenten", sondern wegen des reinen Appells an die Emotion, die man eben mal so richtig ausleben kann.
Würde man Passagen der Aussagen von Herrn S. mit denen eines gewissen Herrn H. austauschen, würde das doch bis auf einen kleinen Teil, der das berüchtigte Buch des letzteren Herrns tatsächlich gelesen hat, keinem auffallen (ich erinnere da an Aussagen über Frankreich: "Würde sich die Entwicklung Frankreichs im heutigen Stile noch dreihundert Jahre fortsetzen, so wären die letzten fränkischen Blutreste in dem sich bildenden europa-afrikanischen Mulattenstaat untergegangen. Ein gewaltiges, geschlossenes Siedlungsgebiet vom Rhein bis zum Kongo, erfüllt von einer aus dauernder Bastardisierung langsam sich bildenden niederen Rasse." A. H., "Mein Scheiss", S. 730. Mit ein wenig zeitgenössischer Umformulierung passt das wunderbar in die verquere Welt des Herrn S. - und da muß man sich noch nicht mal sonderliche Mühe geben).
Die werden nämlich bei nächst bester Gelegenheit von einem echten Verführer (Herr S. hat ja gottseidank eher den Charme eines Aktenschrankes) abgeholt und dann qualmt es wirklich.
Wäre es nicht mit viel Leid, von Unschuldigen bezahlt, verbunden: Das Volk bekommt das, was es verdient! Aber bitte erst dann, wenn ich eine Stelle im Ausland gefunden habe.