Warum hört man auf Andere?

Sionnach-Me

Rare-Mob
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Liebe Leserschaft,

es gibt mich noch
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Seit einigen Wochen sind Semesterferien und ich erhole mich ein bisschen während ich noch alle paar Tage ein Praktikum für Physikalische Chemie besuche und mich täglich mit dem schlechten Gewissen herumschlage, das mir sagt, dass ich endlich für Mikrobiologie lernen sollte....was ich bis jetzt eher halbherzig mache.
In Physiologie der Pflanzen und Tiere habe ich eine 2,3 bekommen. Nach der Klausureinsicht bin ich sogar der Meinung dass ich mit Recht eine 2,0 verdient hätte. Bei den Pflanzen wurde sehr fies bewertet und ich wusste eigentlich mehr als gefordert war. Bei den Tieren hatte ich eine 1,7 und bin damit recht zufrieden.


Alle paar Tage gebe ich dann noch Nachhilfe und Fasching habe ich gar nicht mitgekriegt, ist wohl auch besser so.

Was mir aber so richtig Sorgen bereitet ist mein Liebster.(Hier besonders gut nachzulesen) Der Svenni ist ein äußerst fleißiger und gezügelter Mensch geworden. Er ist eigentlich auch ganz anders, als er damals war, als ich ihn kennenlernte. 3 Jahre sind seitdem schon ins Land gezogen, in denen eigentlich so viel passiert ist, dass wir damit für die nächsten 40 Jahre ausgesorgt haben
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Der Sven hat sein Studium hier in Darmstadt an der Hochschule angefangen und war von der ersten Vorlesung an mit großer Begeisterung und unheimlich viel Ehrgeiz dabei. In der heißen Klausurphase verbringt er Stunde um Stunde und nicht selten bis Nachts um 3 oder 4 am Schreibtisch und rechnet und rechnet.
Da ich ja auch studiere, kann ich mir so ungefähr vorstellen wie hart das ist, ich komme nicht auf so viele Lernstunden wie er. Bei mir geht es hauptsächlich darum zu verstehen und Fakten auswendig zu können. Bei ihm....tja keine Ahnung.... aber wenn ich manchmal so höre, dass er den kompletten Sonntag mit einer Aufgabe "Nummer 1.d)" verbracht hat und immernoch nicht auf die richtige Lösung gekommen ist, stelle ich mir sein Studium unendlich frustrierend vor.
Trotzdem bleibt er am Ball. Unermüdlich. Tag für Tag.

Mein Sven ist eigentlich ein echt lustiger Typ. Wenn ich daran zurückdenke, wieviel Stunden wir in unsrer "Kennenlernzeit" am Telefon verbracht haben und er mich ununterbrochen mit Witzen und sonstigen Knallern unterhalten hat und ich schon Bauchschmerzen vom vielen Lachen hatte.

Seit so einiger Zeit gibt es hier aber nicht mehr so viel zu lachen. Versteht das nicht falsch, es läuft alles super, aber über allem lastet dieser unheimlich dunkle und schwere Schatten des Studiums, der alles grau und ausgemergelt macht. Den Sven richtig lachen sehe ich nur noch selten. Warum, habe ich ihn neulich gefragt. Und ich glaube es trifft die Sache ziemlich gut auf den Punkt, wenn er sagt, er kann hier zuhause so sein, wie er sich wirklich fühlt. Denn draußen spielt er immernoch den Witzereißer der selbst über eine verbockte Klausur noch einen dummen Spruch fallen lässt, über den man lachen kann, auch wenn es in ihm drin ganz anders aussieht.

Seit Monaten sage ich auch, er soll mal kürzer treten. Diese Gespräche arten aber meist in Diskussionen aus, die kein Ende finden. Weil er der Meinung ist, er kann nicht kürzer treten, und ich der Meinung bin, er kann es.
Umso überraschender finde ich es, wenn er die ebengleiche Meinung von anderen Leuten viel ernster nimmt als von mir oO
Das soll kein Vorwurf sein - ich kenne das schon sehr gut. Die Leute, die einem am nähsten stehen, sind oft am wenigsten daran beteilgt, was man sich wirklich zu Herzen nimmt.

Oder seht ihr das anders?
Sagt mir mein Freund, ich sehe gut aus, registriere ich das zwar, aber....naja....ist ja klar, dass er das sagt oder? Wenn mir das jemand anderes sagt, bin ich gleich viel mehr beeindruckt und fühle mich geschmeichelt.

Also, sage ich meinem Freund, er macht sich total fertig, er ist total ausgebrannt, er sollte vielleicht aufpassen ob er sich mit einem 2. Nebenjob für sein BACHELOR-Semester nicht etwas überlastet (*winkmitdemZaunpfahl*) kümmert ihn das nicht so sehr. Es ist halt nicht zu ändern, sagt er. Jammern würde mit der Zeit auch nerven, sagt er. Wenn er über nix anderes mehr redet, als übers Studium, an nix anderes mehr denkt, das Haus nicht mehr verläßt und sich da nur noch mit Aufgaben und Ordnern herumquält und belastet, so sehr, dass ich es in jedem Augenblick unseres Zusammenlebens spüre, dass er einfach nur noch am Ende ist, schwach, einsam, völlig überlastet und völlig im Ehrgeiz gefesselt, nicht zu versagen - tja dann hört sich der Sven zwar an, was ich zu sagen habe, aber.... das wars.

Ich wünschte, dass ich etwas mehr Einfluß auf ihn nehmen könnte, für ihn da sein könnte. Aber den ersten Schritt dazu muss er selbst gehen. Er findet ihn aber nicht und ich denke, er wird ihn auch nicht finden, bis mal wirklich irgendwas Krasses passiert. Jetzt hat er erstmal das 6. Semester vor sich. In 2 Wochen zwei megafette Klausuren, dazu 2 Nebenjobs, den Bachelor mit Abschlussarbeit und sonstigen Kram ohne Ende.
Achja, und eine Freundin hat er auch noch, einen Haushalt und andere Bedürfnisse, die schon ewig nicht mehr befriedigt wurden - zum Beispiel hat der Sven seit nem halben Jahr keine Gitarre mehr angerührt.
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Nun, was bleibt mir da als Freundin zu sagen?
Ich hab dich lieb, Sven, egal was da noch alles kommt. Und ich bin immer da, wenn du mich brauchst. Aber irgendwas musst du ändern, auch wenn du es lieber von anderen hörst - von mir aus sag ich es deiner Mutter oder deinen Kumpels in der Hochschule, deinen Hannover Leuten oder Sonstigen, damit sie es dir klarmachen. Aber so kanns nicht weitergehen. Ich erlebe dich jeden Tag, und es kann nicht sein, dass jeden Tag nur wenige Augenblicke, vielleicht sogar nur Sekunden auftauchen, die man Leben nennen kann.
 
ähm, ohne mich zu sehr einmischen zu wollen:
Es macht keinen Sinn einen Marathon zu gewinnen um dann vor Erschöpfung zu sterben - auch wenn ganau das ja eigentlich die Tradition dieser Veranstaltung ist.
Es wäre schade wenn am der Rückblick auf einen Abschnitt nur ergibt, dass man eigentlich keine Erinnerungen hat, weil alles nur Arbeit war. Natürlich kann man ohne sich reinzuhängen nichts erreichen, doch ohne Auszeiten gibt es keinen Grund, etwas zu erreichen.
Meine Meinung.
Ach ja: Und über Komplinmete darf man sich auch freuen, wenn sie vom Freund kommen.
 
An den ganz alten Sprichworten ist viel Wahres. So auch an diesem:
Der Prophet gilt nichts im eigenen Land
 
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