Aus dem Leben... einer Grabungstechnikerin Part II

Draxna

Rare-Mob
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Jetzt wollte ich eigentlich nur auf eure Kommentare antworten und hab direkt so viel geschrieben, dass ich auch einem neuen Blogeintrag daraus machen kann *g*

Nun... was hab ich bis jetzt so gefunden? *am Kopf kratzt*
Einiges... ich habe schon während des Studiums angefangen für Grabungsfirmen zu arbeiten... insgesamt sind das also ca. 13 Jahre Ausgrabungen in NRW und der Pfalz !

Spuren des Krieges finden wir relativ oft. Meist jedoch keine großen Bomben sondern eher Schützengräben, Bombentrichter und die Reste von Stabbrandbomben. Sie laufen bei uns jedoch unter "moderner Störung", da uns viel mehr der Zeitraum von etwa 5.400 v. Chr. bis zum Mittelalter interessiert.

Also hier mal mein Zeitstellungsranking...

Auf Platz 1 stehen auf jeden Fall die Hinterlassenschaften der Bandkeramiker... Das sind die ersten Bauern in Europa, die Ersten die sich seßhaft machten und die Ersten die Gefäße aus Keramik herstellten usw.
Sie lebten etwa vor 7.400 bis 6.900 Jahren und haben sich überall niedergelassen wo sie fruchtbare Böden fanden.
Auch wenn das heute schwer vorstellbar ist, diese Menschen haben über 500 Jahre lang ihre Häuser immer gleich gebaut (bis zu 35 m lange Holzhäuser), ihre Töpfe immer gleich verziert (gestochene oder geritze Bänder... deshalb der Name Bandkeramik *g*) und ihre Steinwerkzeuge sahen auch immer gleich aus!
Von diesen ersten Bauern lassen sich hier fast überall Siedlungsspuren finden...
mein Highlight war jedoch ein Grab. Man konnte noch genau sehen wie der Tote im Grab gelegen hat und als Beigaben besaß er ein Kermikgefäß, ein geschliffenes Steinbeil und Pfeilspitzen aus Feuerstein.

Ja ich gebe zu... ich buddel am liebsten Gräber aus *g* Ich finde es extrem spannend zu sehen was den Menschen zu verschiedenen Zeiten wichtig war ins Grab bzw. ins Jenseits mitzunehmen. Christliche Gräber sind dagegen nicht ganz so interessant, da bei dem Glauben ja nur die Seele ins Jenseits rutscht und nicht das was derjenige am Körper trägt.

Aber auch aus den Abfallgruben können spannende Funde geborgen werden. Klar... das meiste sieht auf den ersten Blick nicht spektakulär aus... aber ich finde alleine die Vorstellung, das ich eine Scherbe in der Hand halte, die das letzte mal von einem Menschen vor 7.000 Jahren berührt wurde, ist schon irgendwie irre. Also... finde ich zumindest *lacht*

Nach den Bandkeramikern finden wir am meisten die Reste der Römer. Also Platz 2 geht definitiv an diese Besatzungsmacht. Ab etwa dem 2. Jahrhundert n. Chr. schießen ihre Bauernhöfe wie Pilze aus dem Boden. *g* Fundamente und Mauerreste, Brandgräber, Brunnen, Gräben und Grubenhäuser, Reste ihrer Wege und Straßen. An den Römern kommt man nicht vorbei wenn man im Rheinland gräbt.

Während der Bronzezeit war die Gegend hier anscheinend nicht allzu stark besiedelt... aber in der Eisenzeit lebten wieder mehr Menschen hier. Leider haben wir hier keine großen Fürstensitze und reich ausgestattete Hügelgräber wie in S-Deutschland, aber ich bin auch schon mit den Siedlungspuren und einfachen Gräbern zufrieden *schmunzelt* Auch wenn das meine Lieblingszeit ist... die Welt der Kelten und Germanen... hatte ich bis jetzt sehr wenige Ausgrabungen an eisenzeitlichen Fundplätzen... sehr schade! Trotzdem Platz 3.

Auf Platz 4 liegt das Mittelalter. Im moment sind wir in einem ehemaligen Kloster tätig und haben bis jetzt Mauern und Fliesenböden, sowie ein paar Gräber des Mittelalters bis zum 17. Jh. freigelegt. Das 17. Jh. fällt für mich ja schon in die Neuzeit, aber es ist doch mal interessant eine Zeitstellung auszugraben von der ich nicht so viel Ahnung habe *lacht*
Da wir direkt neben der Kirche buddeln, werden wir täglich mit Kirchenorgelmusik beschallt. Der Hausmeister des Geländes versorgt uns mit allem was wir brauchen und wir haben voll funktionsfähige sanitäre Anlagen, so richtig mit Waschbecken und fliessendem Wasser... was für ein Luxus *grinst breit*
Ich HASSE Dixi-Toiletten!!!

Auf meiner persönlichen Wunschliste steht jedoch immernoch ein fränkisches Gräberfeld... also frühmittelalterliche... nicht christliche... Gräber! Aber irgendwie kriegt meine Chefin das nicht hin... immer wenn die Möglichkeit bestand in so einem Gräberfeld zu landen... war natürlich nix da *seufzt* Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf *lächelt* Man weiß ja nie was sich so in der Erde verbirgt!

Mist, jetzt hab ich schon wieder viel mehr geschrieben als ich vorhatte... Sorry!
 
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