Das Zeitalter der Drachen

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15.05.2011
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Diese Geschichte spielt nach den Ereignissen von Dragon Age 2. Wer das Spiel nicht gespielt hat, wird einige Spoiler finden. Viel Spaß beim Lesen!

Kapitel 1: Ein Sturm zieht auf

Kirkwall, Festung des Vicomte

"Es ist ein Desaster, Eure Exzellenz. Trotz Eures großartigen Sieges gibt es weiterhin Spannungen zwischen den Templern und den Magiern. Der Kommandant, Ser Cullen, macht es der Ersten Verzauberin Elija nicht leicht. Und die Bevölkerung ist sich immer noch unsicher, wem sie trauen soll und wem nicht. Euer Hauptmann der Garde, Aveline Vallen, ist sich sicher, dass diese Krise auch auf die restlichen Zirkel übergehen wird. Niemand in Thedas wird hiervon verschont werden. Es ist wichtig, dass Kirkwall einen starken Vicomte hat. Versteht Ihr, Eure Exzellenz?" Truchsess Bran blickte den neuen Herrscher über die Stadt der Ketten mit fragender Miene an. Nate Hawke musst das Gebrabbel von Bran erst einige Sekunden verarbeiten, bis er eine Antwort gab: "Ach, Ihr dürft Aveline nicht zu ernst nehmen. Sie war schon immer eine Schwarzmalerin. Ich bin mir sicher, dass die Templer und Magier bald wieder fröhlich und Hand in Hand über die grünen Wipfel des Sunderhügels trollen." Ein Lächeln legte sich auf Hawkes Gesicht. Der Mann war immer für einen Scherz zu haben, selbst im Angesicht der Katastrophe. Sein Truchsess dagegen war das komplette Gegenstück: "Eure Exzellenz! Das ist nicht witzig! Die Sache ist von größter Wichtigkeit! Was gedenkt Ihr zu tun?" Ein Seufzer entfuhr Hawkes Kehle. Vor wenigen Tagen war er "nur" der Champion von Kirkwall, dann hatte er Orsino und Meredith erschlagen und war zum Vicomte aufgestiegen. Jetzt war er im Vollbesitz der Macht über die Stadt, was schon eine gewaltige Veränderung für Hawke war. Er war nun verantwortlich für das WOhl von Tausenden Menschen. "Was ich tun werde? Hmmm. Wie wäre es, wenn ich Euch die Regierungsgeschäfte übertrage und von hier verschwinde?"

Für diese Bemerkung erntete Vicomte Hawke finstere Blicke von Bran. "Schon gut, schon gut", verteidigte sich Hawke mit erhobenen Händen, "schickt nach Aveline. Ich werde mit ihr die weitere Vorgehensweise besprechen. Und verständigt außerdem meinen Schatzmeister. Ich möchte wissen, wie es mit unseren Kassen aussieht." Nun war es Bran, der lächelte. Der Truchsess schien sich zu freuen, dass der neue Vicomte auch ernsthafte Seiten hatte. "Wie Ihr wünscht." Mit einer Verbeugung verabschiedete sich Bran aus dem Thronraum. Zurück blieb ein leicht genervter Hawke. Er fuhr mit seiner Hand über die nach hinten gegelten Haare und rieb sich dann seine blauen Augen. "Beim Atem des Erbauer", sagte er zu sich selbst, "fast möchte ich Dumar für seinen Tod beneiden. Seine Arbeit ist wirklich unglaublich anstrengen. Und Bran..." Hawke schüttelte den Kopf. Als sich die Tür öffnete, blickte er auf. Augenblicklich hellte sich seine Miene auf, als Hawke das bekannte Gesicht seines Hauptmannes der Wache erblickte. "Aveline! O, beim Erbauer! Ich habe mich noch nie mehr gefreut, Euch zu sehen." Aveline schnitt eine säuerliche Grimasse, fiel dann aber dennoch vor ihrem Freund auf die Knie. "Ihr habt mich rufen lasse, Eure Exzellenz." Vicomte Hawke musste breit grinsen. Er und Aveline waren sich nie besonders nahe gestanden, deshalb erfreut der Anblick von ihr auf Knien Hawke ungemein. "Hauptmann", begann er feierlich, als er die Treppe vom Thron hinab schritt, "Truchsess Bran hat mich informiert, dass Ihr fürchtet, unsere kleine Magier-Templer-Problematik könnte sich auf den Rest von Thedas ausbreiten. Stimmt das?" Aveline nickte als Antwort stumm.

"Gut. Dann möchte ich, dass sich die Wache voll und ganz dieses Problems widmet. Stock die Ränge auf. Wir brauchen jeden Mann und jede Frau, die mit einer Waffe umgehen kann. Rekrutiert die fereldischen Flüchtliche. Dann können wir gleiche auch die Arbeitslosigkeit senken. Unterstützt Kommandant Cullen dabei, jedes Rebellennest auszuräuchern. Egal ob Magier oder Templer. Wenn unsere Leute nicht ausreiche, verständigt den Prinzen von Starkhaven. Sebastian ist mir noch einige Gefallen schuldig. Habt Ihr das verstanden?" "Ja, Eure Exzellenz." Hawke nickte bedächtig. "Schön, dass bedeutet, Eure Ohren funktionieren. Nun mach Euch daran, dass meinen Anweisungen Folge getragen wird." Aveline stand auf, verneigte sich und machte sich dann an die Arbeit. Als sie den Thronraum verließ, kam Ihr der Schatzmeister Varric Tethras entgegen. Der Zwerg war eine ausgezeichnete Wahl für dieses Amt gewesen, da er sowohl mit Geld umgehen als auch schwierige Schuldner überzeugen konnte, ihre Schulden zu begleichen. "Hawke. Du hast mich rufen lassen." Grinsend blickte Hawke auf seinen kleinen Freund herab. Er hatte Varric schon immer für seine offene Art geschätzt. "Ja. Und du bist gekommen. Wie zuvorkommend. Hör zu Varric. Du weißt, unsere Kassen sind leer. Was können wir dagegen tun?" Der Schatzmeister zuckte mit den Achseln. "Da kommt einiges in Betracht", erklärte Varric, "wir könnten die Steuern erhöhen, wir könnten Kredite aufnehmen oder wir könnten einige Betriebe der Stadt verstaatlichen. Die Entscheidung liegt beim Vicomte." "Wo auch sonst. Ich werde mir etwas einfallen lassen." Betrübt blickte Hawke aus dem Fenster. Was konnte denn noch auf diese verdammte Stadt zukommen?

Anderfels, Festung Weißhaupt


"Mehr könnt Ihr mir nicht berichten?" Die Stimme des Ersten Wächters erhielt sowohl Enttäuschung als auch Ärger. Es war die Aufgabe des Kommandanten eines jeden Landes, immer über alle Dinge Bescheid zu wissen, die eine Bedrohung für den Frieden darstellten. "Es tut mir leid, Erster Wächter. Aber Kirkwall zählt nicht zum Einflussgebiet der Wächter von Fereldan. Wir wissen nicht, was dort vor sich geht." Der Erste Wächer, ein älterer Krieger mit weißen Haaren und langem Bart, erhob sich von seinem Thron. Er führte den Orden jetzt schon vierzig Jahre, war aber nie besonders interessiert in die Geschäfte der Wächter gewesen. In Anderfels waren die Grauen Wächter de facto die Herrscher den Landes. Und der Erste Wächter war somit der König. Es bleib ihm nie viel Zeit, sich mit den Belangen seiner Getreuen und den lokalen Kommandanten herumzuschlagen. Nur zur Zeiten einer Verdammnis war der Orden wirklich gefragt. Doch dass sollte sich in diesem Zeitalter ändern. Die Grauen Wächter haben mit dem Arltum Amaranthine die ersten Besitzungen außerhalb Anderfels erhoben. Der Erste Wächter wollte, dass der Orden auch in Nicht-Verdammnis-Zeiten für die Sicherheit eines Landes zuständig war. Und jetzt war in Kirkwall ein Krieg zwischen Templern und Magiern ausgebrochen, der den ganzen Kontinent in den Abgrund stürzen konnte.

"Wie Ihr meint, Kommandant Tabris. Dann übertrage ich Euch folgende Mission: Brecht nach Kirkwall auf. Ihr werdet dort einen Vorposten der Grauen Wächter aufbauen. Findet heraus, wie ernst die Lage ist und wie der neue Vicomte sie lösen will. Scheut weder Kosten noch Mühen. Haben wir uns verstanden?" Andras Tabris, ein Elf aus dem Gesindeviertel von Denerim, der zum Helden von Ferelden und Arl von Amaranthine aufgestiegen war, erhob sich von seinen Knien und blickte den Ersten Wächter tief in die Augen. "Wir haben uns verstanden. Ich werde noch heute aufbrechen. Ich werde dem Orden keine Schande machen, Erster Wächter." Der Alte nickte. "Möge der Erbauer über Euch Wachen, Tabris." Andras verbeugte sich und verließ dann den Thronraum der Festung Weisshaupt. "Nathaniel", sagte er zu seiner rechten Hand, die neben ihm herschritt, "Ihr werdet mich nach Kirkwall begleiten. Und ich möchte auch Bethany Hawke an meiner Seite haben. Vielleicht lässt ihr Bruder leichter mit sich reden, wenn er seine Schwester sieht. Wo ist das Mädchen?" "Sie wollte heute noch mit Stroud aufbrechen. Eine weitere Untersuchung." Kommandant Tabris verschnellerte seine Schritte noch ein wenig. Er wollte Bethany noch abfangen, bevor sie aufbrach. Als er und Nathaniel um eine Ecke bogen, erblickte der Kommandant von Fereldan das junge Mädchen. "Hawke!", rief Tabris durch den halben Gang.

Erschrocken fuhr Bethany herum. Sie hatte bereits die Hand an ihrem Stab, als sie den Elfen erblickte. "Oh", machte sie erleichtert, "Ihr seid es, Kommandant. Ich wollte gerade mit Stroud gehen. Wir..." Andras schnitt ihr mit einer harschen Geste das Wort ab. "Ihr kommt mit mir. Der Erste Wächter hat die Errichtung eines Vorpostens in den Freien Marschen angeordnet. Da Euer Bruder Vicomte ist, wäre es sinnvoll, dass Ihr mit ihm redet." Bethany war sprachlos. "Ich...weiß nicht so recht..." Mit kalten schwarzen Augen funkelte Andras sie an. "Das", flüsterte er drohend, "war keine Bitte, sondern ein Befehl vom Kommandant der Grauen Wächter in Fereldan und den Freien Marschen. Und Ihr habt diesem Befehl Folge zu leisten, Hawke." Die Magierin nickt schließlich: "Wie Ihr wünscht. Wann brechen wir auf." "Sofort!" Und so machten sich Andras, Nathaniel und Bethany auf den Weg nach Kirkwall.
 
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Kapitel 2: Blutroter Schnee

Kirkwall, Hawke-Anwesen

Nate spürte etwas Weiches auf seiner Brust, dann kitzelte ihm plötzlich die Nase. Er schlug seine Augen auf und blickte in das Gesicht von Merrill. "Guten Morgen, Geliebter", flüsterte die Elfin und sah Hawke mit ihren großen grünen Augen an. Jetzt wusste dieser auch, was das Weiche und was das Kitzeln war. Merrill lag nackt auf ihn, ihre Brüste schmiegten sich an seinen behaarten Oberleib und sie hatte seine Nase geküsst. Licht fiel durch die zugezogenen Vorhänge des Anwesens. "Morgen", murmelte Hawke. Liebevoll erwiderte er die Zärtlichkeiten seiner Gefährtin. Seit seinem großen Sieg in der Galgenburg war Hawkes und Merrills Leben wesentlich angenehmer geworden. Keine Dämonen, keine Blutmagie, keine Spiegel. Die Nachbarn der Beiden beschwerten sich zwar immer noch, dass die Elfin barfüßig in die Blumenbeete lief und dort preisgekrönte Rosen pflückte, aber das war Hawke wirklich egal. Er war jetzt immerhin Vicomte. "Was hast du heute vor?" Nate konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Jeden Morgen stellte Merrill die gleiche Frage. Sie war einfach zuckersüß. "Ich werde heute das Training der Stadtwache begutachten", erklärte Hawke, während er aufstand und ans Fenster trat, "Dann muss ich mich mit Bann Teagan treffen. Er ist der Onkel von König Alistair von Ferelden. Ich hoffe, eine freundschaftliche Beziehung mit meinem Heimatland aufzubauen." Ein Seufzer entfuhr Merrills Kehle: "Ach! Ferelden. Ich vermisse es. Jetzt, wo alle wieder Freunde sind, können wir doch einmal dorthin reisen, oder nicht?" Lächelnd drehte sich Hawke zu seiner Elfen-Gefährtin um. Er kehrte ins Bett zurück und gab ihr einen langen Kuss. "Liebling, noch sind nicht alle Freunde. Die bösen, bösen Templer jagen immer noch die bösen, bösen Magier. Und zwischen all den bösen, bösen Leuten steht der arme, arme Vicomte. Und der ist wer nochmal? Ach ja! Ich."

Merrill kicherte. Sie liebte ihren Nate für dessen schier grenzenlosen Humor. Doch manchmal ging er selbst ihr auf die Nerven. Aber sie war froh, Hawke kennen- und lieben gelernt zu haben. Merrill erwiderte seinen Kuss, sagte dann: "Bevor du gehst, könnten wir dann noch mal..." Schamesröte stieg der Elfin ins Gesicht. Nates Lächeln wurde zu einem Grinsen. "Nanana. Die kleine unschuldige Merrill hat schmutzige Gedanken. Das muss die Kirche im Kalender vermerken. Vielleicht können sie sogar einen Feiertag daraus machen." Beschämt schlug die Magierin die Hände vors Gesicht: "Bei den Schöpfern! Hoffentlich nicht!" Statt einer weiteren Bemerkung, begann Nate lieber, seine Geliebte zu liebkosen. Zunächst küsste er sie auf die Stirn, dann auf die Nase, auf den Mund. Langsam wanderten Hawkes Lippen immer weiter an Merrills Körper hinab, bis er schlussendlich zwischen ihren Beinen angekommen war und ihre Weiblichkeit verwöhnte. "Ohhh....ohhhh...Ohhh!" Merrill war ziemlich überrascht, als sie auf einmal seine Zunge dort unten spürte. Es war ihr zunächst furchtbar peinlich, doch dann gab sie sich ihrer Lust hin. Merrill grub ihre Hände in Nates Haar. Ihr zierlicher Körper begann zu beben, als er dann in sie eindrang. Langsam begann Nate, seine Hüften zu bewegen. Merrill stöhnte immer lauter, bis sie mit einem letzten, lang gezogenen Seufzer ihren Orgasmus erlebte. Auch Nate war nun fertig, deshalb gab er der Elfin noch einen letzten Kuss und stand dann endgültig aus dem Bett auf. Der Vicomte trug die selbe Robe, die schon sein Amtsvorgänger trug. Nate setzte sich die Krone auf und wandte sich dann zum gehen. Im Türrahmen drehte sich Hawke dann noch ein letztes Mal zu Merrill um: "Wenn du Lust und Laune hast, besuche mich doch einmal in der Festung. Ich würde mich über deinen Gesellschaft sicherlich freuen." Mit diesen Worten ließ Hawke Merrill alleine,

In den Weiten von Anderfels

"Ho!" Mit einem Ruck an den Zügeln brachte Andras seinen schwarzen Hengst abrupt zum Stehen. Der Kommandant blickte in die verschneiten Weiten von Anderfels. Das Land war ziemlich unwirtlich. Das ganze Jahr über fiel Schnee, im Winter weniger als im Sommer, aber es gab keinen Tag, an dem die Temperaturen weit über den Gefrierpunkt kamen. Auch an diesem - zu Andras' Überraschung - sonnigem Tag war es bitter kalt. Andras und seine beiden Gefährten, Nathaniel Howe und Bethany Hawke, waren deshalb ziemlich warm angezogen. Der Kommandant trug eine Rüstung aus leichtem Metall, darüber einen feinen Pelzumhang. Ein gewöhnlicher Kommandant konnte sich diesen Luxus wohl nicht leisten, aber Andras war zeitgleich auch der Teyrn von Gwaren und Arl von Amaranthine. Geld spielte für den Elfen schon lang keine Rolle mehr. Da Andras ein ausgezeichneter Bogenschütze war, ließ er sich vom Meister Wade einen Bogen aus Eisenborke anfertigen. In das Holz waren die Wappen von Gwaren, Amaranthine und das der Grauen Wächter geschnitzt. Die Bürger des Landes sagten, dass der Kommandant der Grauen Wächter nach dem König der mächtigste Mann in Ferelden war. Viele Adlige fürchteten, dass Andras irgendwann eine Rebellion vom Zaun brechen würde, doch so etwas hatte dieser nicht im Sinn. Ein ruhiges Leben mit Macht und Reichtum genügte ihm vollkommen.

Wiehernd blieben die Pferde von Nathaniel und Bethany neben dem Hengst des Kommandanten stehen. "Warum halten wir?", wollte Howe wissen. "Wir machen hier Rast", erklärte Andras. Bethany blickte sich ein wenig verwundert um. "Hier?" Die Magierin konnte es kaum fassen. "Aber wir sind hier doch mitten im Nirgendwo. Hier ist weit und breit kein Leben. Außerdem ist es hundekalt. Wieso sollten wir hier rasten?“ Für diese Anmerkung erntete die junge Magierin finstere Blicke vom Kommandanten. „Wieso?“, zischte Andras gereizt, „Weil ich es befehle! Und wenn ich etwas befehle, ist das ohne Wiederworte auszuführen. Haben wir uns verstanden, kleine Hawke?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, schwang sich der Kommandant von seinem Pferd. „Wir machen hier Rast“, wiederholte Andras. Der Elf ging zu einem nahen Felsen und ließ sich darauf nieder. Bethany blickte Nathaniel fragend an. Dieser zuckte nur mit den Schultern und stieg dann ebenfalls ab. Die Magierin seufzte, bevor sie ebenfalls von ihrem Pferd glitt.

Die Gruppe befand sich wirklich mitten im Nirgendwo, so wie es Bethany ausgedrückt hatte. Bis auf den Stein, auf dem nun Kommandant Tabris saß, war weit und breit nichts außer Schnee zu sehen. „Ähm, Kommandant?“ Howe war ein wenig verunsichert, als er den Elfen ansprach. War sein Kommandant wahnsinnig geworden? Würde er ihn töten müssen? Andras blickte von dem Buch auf, dass er las. „Keine Angst, Nathaniel“, beruhigte er seinen Vizekommandanten, „wir ziehen bald weiter. Aber ich möchte unseren Feinden nicht unvorbereitet begegnen.“ Jetzt war Nathaniel noch verwirrter. Der Bogenschütze blickte in die verschneite Landschaft Anderfels. Langsam glaubte er wirklich, dass Andras den Verstand verlor. Feinde? Außer den drei Grauen Wächtern gab es hier niemanden. Doch der Kommandant schien anders zu denken. Sah er etwas, dass Nathaniel nicht sah. Jetzt erhob sich Andras wieder, steckte sein Buch weg und zog dafür seinen Bogen. „Macht Euch für den Kampf bereit.“ Bevor Nathaniel noch etwas sagen konnte, brach um die Wächter die Hölle los.

Aus dem Schnee stiegen auf einmal ein Dutzend Gestalten hervor. Allesamt waren es Zwerge. Gut gerüstet und schwer bewaffnet. „Beim Erbauer!“ Bethany zog ebenfalls ihren Stab und machte sich für das Gefecht bereit. „Wie konnten die uns nur folgen!“, fluchte Nathaniel. „Ganz einfach.“ Seelenruhig legte Andras einen Pfeil an die Sehne seines Bogens. „Unter dieser Strecke verläuft ein Ausläufer der Tiefen Wege. Sie folgen uns seit unserer Abreise.“ Bethany war verblüfft: „A...aber, wenn sie unter der Erde hinter uns her waren, woher wusstet Ihr dann...“ „Späher.“ „Späher?“ Andras nickte. „Ja, Späher. Sie überprüften bei jedem Zugang zu den Tiefen Wegen unsere Position, damit sie uns folgen konnten.“ Einer der Zwerge, ein älterer Mann mit langem, schwarzen Bart, trat vor und klatschte in die Hände. „Bravo“, brummte er mit tiefer Stimme, „Ihr seid wahrlich der Held von Ferelden. Mir war klar, dass Ihr früher oder später unsere Anwesenheit bemerken würdet. Allerdings ward Ihr schneller, als ich dachte, Serah Tabris.“

Der Kommandant ging nicht weiter auf die Worte des Zwerges ein, sondern kam ohne Umschweife zu der einen Frage, die auch Bethany und Nathaniel beschäftigte: „Was wollt Ihr von uns, Zwerg?“ Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Anführers. „Was wir wollen? Wir wollen Rache. Dafür, dass Ihr dem rechtmäßigem König von Orzammar den Thron geraubt und ihm des Todes geweiht habt.“ Nun wusste Andras natürlich, aus welcher Richtung der Wind wehte. Sie sprachen von Lord Harromont, der beim Kampf um den Zwergenthron nicht nur die Gunst der Wächter, sondern auch sein Leben verloren hatte. „Wenn man das Spiel um Throne spielt, gewinnt man oder stirbt“, war der zynische Gegenschlag des Elfen. „Wie könnt Ihr nur wagen, so hochmütig daher zu reden, dreckiger Elf!“ Der Zwergen-Anführer war außer sich vor Wut. Bethany schluckte schwer. Was hatte der Kommandant nur vor? Wollte er den Feind in Rage reden? Was sollte das bringen?

Ein Zischen erfüllte die kalte Luft von Anderfels. Bevor irgendjemand reagieren konnte, hatte Kommandant Tabris einen der Zwerge mit einen Pfeil erlegt. Das Geschoss hatte sich präzise durch den Helmschlitz in den Kopf gebohrt. Ohne ein Geräusch sackte der Kämpfer zusammen. Geschockt blickten seinen Kameraden den Toten an, doch für Trauer war keine Zeit. Schon hatte Andras den nächsten Pfeil in der Sehne. „Attacke!“, brüllte der Zwerg, der bisher als Anführer aufgetreten war. Die Zwergenkrieger rissen sich aus ihrer lethargischen Schockstarre und rannten nun brüllend auf die Wächter zu.
„Bethany“, raunte Andras der Magierin zu. „Ja?“ „Wenn die Zwerge näher als fünf Fuß sind, beschwört eine Feuerwand um uns. Ich und Nathaniel erledigen dann den Rest.“ Bethany nickte nervös. Sie hatte es bisher meist mit Dunkler Brut zu tun gehabt, unorganisiert und schlecht ausgerüstet. Aber diese Zwerge sahen aus, als würden sie ihr blutiges Handwerk verstehen. Ganz ruhig, dachte sich Bethany und konzentrierte sich dann auf die Feind und die von Andras genannte Entfernungsangabe.

Während die Zwerge sich bedrohlich schnell näherten, ließen Andras und Nathaniel Pfeile auf sie nieder regnen. Meist prallten die Geschosse an den Stahlrüstungen ab, doch der ein oder andere Pfeil fand seinen Weg zwischen den Helmen oder an den schwachen Gelenkstellen in das Fleisch der Feinde. Ein Zwerg überlebte einen Schuss von Andras nicht und fiel mitten im Lauf in den Schnee.
Jetzt waren die Angreifer fast genau fünf Fuß an den Wächtern heran gekommen. Bethany bündelte ihre Gedanken und ließ kreisrund um sich und die beiden Männer einen Ring aus Feuer entstehen. Da das Feuer so plötzlich entstand, konnten die ersten Zwerg nicht mehr rechtzeitig anhalten. Kreischend rannten sie in die Flammen und begannen zu brennen. Andras streckte drei weitere Angreifer mit dem Bogen nieder, auch Nathaniel erlegte zwei Zwerge.
„Ihr könnt nicht ewig dort bleiben“, brüllte der Anführer von der anderen Seite der Flammenwand. An dem Gesichtsausdruck des Kommandant konnte Bethany erkennen, dass dieser gar nicht vorhatte, sich lange zu verstecken. Und sie behielt recht. Andras löste die Spange, die seinen Umhang hielten. Der feine Pelz fiel nun achtlos in den Schnee. Zum Vorschein kamen zwei Dolche aus antivianischer Herstellung, die sich der Kommandant auf den Rücken geschnallt hatte.

„Wenn ich bis drei gezählt habe“, flüsterte Andras seinen Gefährten zu, „löscht Ihr die Flammen wieder. Nathaniel, du gibst mir Deckung. Ich werde die Bastarde von Angesicht zu Angesicht erledigen.“ Die beiden Wächter nickten. Zufrieden wandte sich der Kommandant wieder in die Richtung, wo er die Zwerge vermutete. „Eins.“ Nathaniel legte einen Pfeil in die Sehen seines Bogens. „Zwei.“ Andras nahm ein kleines Fläschchen aus seinem Gürtel. „Drei!“ Bethany ließ die Flammen vergehen.
Kommandant Tabris schleuderte den verdutzt drein blickenden Zwergen das Fläschchen entgegen. Als es an der Rüstung eines der Angreifer zerschellte, breitete sich eine Rauchwolke aus. Ohne ein weiteres Wort zog Andras seine Dolch und stürzte sich ebenfalls in den Nebel.

Bethany hielt den Atem an. Auch Nathaniel begann zu schwitzen. Wie sollte er seinem Kommandanten Deckung geben, wenn er ihn nicht sah. Aus dem Rauch drangen Todesschreie an die Ohren der beiden Wächter. Nervös wechselten sie einige Blicke. Nun sah Nathaniel, wie eine Gestalt aus dem Nebel heraus gestolpert kam. Für den Kommandanten war sie zu klein, deshalb zielte er mit dem Bogen darauf. Einen Schuss brauchte er nicht abzugeben, denn der Zwerg fiel schon vorher in den Schnee und blieb dort auch liegen.
Einige qualvoll lange Sekunden vergingen, dann lichtete sich der Nebel wieder. Was Nathaniel und Bethany sahen, ließ sie erleichtert aufatmen: Die restlichen Zwerg lagen alle tot auf dem schneebedeckten Boden. Andras stand triumphierend in der Mitte seiner Feinde. „Beim Erbauer! Ihr lebt noch.“ Bethany legte die Hände auf ihr schnell schlagendes Herz. Erleichterung überkam die Magierin. Sie wollte etwas zu Nathaniel sagen, doch verstummte sie, als sie dessen Gesicht sah. Der Adlige war ganz blass und starrte entsetzt in die Richtung des Kommandant. Verwirrt blickte Bethany Andras nun auch wieder an. Als sie sah, was Nathaniel sah, schlug sie erschrocken die Hände vor ihren Mund.

Kommandant Andras Tabris stand zwar siegreich über seinen Feinden, doch wankte er wie ein Baum in Wind hin und her. Die Ursache dafür war ein Zwergendolch, der in seiner Brust steckte. Blut quoll in Strömen aus der Wunde. Es war nur ein Frage der Zeit, bis der Held von Ferelden verblutete. Konnten Bethany und Nathaniel ihn noch rechtzeitig retten?
 
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Kapitel 3: Eine alte Bekannte

In den Weiten Anderfels


„Beim Erbauer!“ Nathaniel zog sofort seine Hand von dem Zwergendolch weg, als Andras aufschrie. Der Bogenschütze hatte versucht, die Klinge aus der Brust des Kommandanten zu ziehen, denn dessen Zustand war alles anderes als gut. Nur wenn sie den Dolch entfernen konnten, hätte Andras eine Überlebenschance. Der Elf hatte schon eine beträchtliche Menge Blut verloren. Um die drei Wächter herum war der Schnee rot gefärbt worden. „Haltet still“, redete Nathaniel auf Andras ein, „der Dolch muss raus. Wenn Ihr nicht so zappeln würdet, wäre es schon längst geschehen.“ Die schwarzen Augen des Kommandanten blitzen vor Zorn über Nathaniels Bemerkung, doch hatte Andras nicht die Kraft, einen Streit anzufangen.
Während ihr Gefährte versuchte, dem Helden von Ferelden das Leben zu retten, stand Bethany geschockt abseits und hatte sogar vergessen, dass sie eine Magierin war. Sie hatte schon viele Leute sterben sehen, doch der Todeskampf von Andras erinnerte sie an den Tod Carvers vor vielen Jahre. Ihr Bruder war während ihrer Flucht aus Ferelden von einem Oger getötet worden. Tränen liefen über Bethanys Gesicht, als die Bilder von damals noch einmal an ihrem geistigen Auge vorüber zogen. Andras hätte sie jetzt voll konzentriert gebraucht, doch Bethany war in eine Schockstarre verfallen. So konnte sie niemanden helfen.

„Bethany!“ Nathaniels Stimme riss die Magierin aus ihrer Lethargie. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ließ sich dann neben Andras auf die Knie fallen. „Was kann ich tun?“, fragte sie schließlich Nathaniel. Dieser blickte zunächst Andras an, der immer blasser wurde. „Hört zu. Ich werde jetzt den Dolch heraus ziehen. Wenn er draußen ist, müsst Ihr die Wunde mit Eurer Magie so gut es geht verschließen. Ihr beherrscht doch Heilzauber, nicht wahr?“ Bethany nickte. Ihr älterer Bruder Nate hatte vor der schicksalhaften Expedition in die Tiefen Wege darauf bestanden, dass sie sich mit den heilenden Kräften der Magie vertraut machte. „Wenn wir von Dunkler Brut erschlagen werden“, hatte er damals mit seinem typischen Grinsen gesagt, „will ich wiederbelebt werden, damit ich es den Bastarden zeigen kann.“
Nathaniel nickte Bethany zu, dann gab er letzte Anweisungen: „Bei Drei ziehe ich den Dolch raus und Ihr verschließt die Wunde.“ Bethany machte sich bereit. Von ihr hing nun das Leben des Kommandanten der Grauen Wächter in Ferelden ab. Sie durfte Nathaniel nicht enttäusche. „Eins...Zwei...DREI!“ Mit einem Ruck riss er den Dolch aus Andras' Brust. Der Elf unterdrückte einen Schrei und knurrte stattdessen nur grimmig. Blut schoss ungehindert aus der Wunde. Die Klinge war bis in die Lunge eingedrungen. Bethany legte nun ihre Hände auf die Verletzung und begann einen Zauberspruch zu rezitieren.
Ihre Hände begannen zu leuchten und ein grüner Schleier ging auf die Wunde nieder. Augenblicklich begann das zerstörte Fleisch wieder zusammen zuwachsen. Hätte Bethany einige Lyriumtränke gehabt, hätte sie Andras vollständig heilen können. So konnte sie nur die Verletzung der Lunge heilen und die Blutung einigermaßen stoppen. Erschöpft ließ die Magierin ihre Hände sinken. „Mehr kann ich leider nicht tun“, sagte sie dann Richtung Nathaniel.

Nathaniel nickte und betrachtete dann den Kommandanten. Andras atmete wieder gleichmäßig, was als gutes Zeichen zu deuten war. Der beträchtliche Blutverlust war jedoch nicht einfach so an dem Elfen vorbeigegangen: Seine Haut war ziemlich blass und er war der Ohnmacht nahe. Nathaniel trug eine Salbe auf die Verletzung auf und verband Andras dann mit einem Wundumschlag. „Das sollte bis zur nächsten Siedlung reichen.“ Bethany sah sich um. Sie konnte meilenweit nur Schnee sehen. Wie weit würde es wohl bis zum nächsten Dorf oder zur nächsten Stadt sein? Stunden? Tage? Sie machte sich Sorgen, ob es der Kommandant leben schaffen würde, jedoch behielt sie diese Gedanken für sich.
Andras wurde von Nathaniel auf sein Pferd gehievt, wo er sich mit Mühen halten konnte. Als sie dann los ritten, schwankte der Elf bedrohlich im Sattel hin und her, fiel aber nicht ab.

Kirkwall, Festung des Vicomte

„Und deshalb ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, dass zwischen Ferelden und den Freien Marschen ein freundschaftliches Verhältnis besteht. Es gibt so viele Bedrohungen, denen wir uns nur gemeinsam stellen können.“ Zustimmendes Klatschen und Gemurmel kam aus der Menge, als Bann Teagan Guerrin seine Ansprache beendet hatte. Der Onkel von König Alistair war der erste Staatsgast, den der neue Vicomte empfing. Teagan sprach das aus, an das auch Nate dachte: eine freundschaftliche Beziehung. Unter Federführung Kirwalls und Starkhavens hatten die Herrscher der Freien Marschen einem Militärbündnis mit dem Königreich Ferelden zugestimmt. Die Bedrohung durch die Magier und Templer war für das Staatenbündnis zu groß, um es alleine zu lösen.
Mit dem wieder erstarkten fereldaner Militär sollte es allerdings gelingen, das Problem einzudämmen. Das glaubten zumindest Nate und Sebastian Vael, der Prinz von Starkhaven. Die beiden Herrscher waren es auch, die das Treffen mit Bann Teagan arrangiert hatten. Eigentlich wollte der König persönlich kommen, doch ein Staatsbesuch in Orlais hielt ihn davon ab. Solange das Bündnis zustande kam, war es Nate sowieso egal, wer anwesend war.
Der Vicomte erhob sich nun von seinem Thron, um selbst einige Worte an die versammelten Adligen und Bürger der Stadt zu richten: „Volk von Kirkwall! Wie mein Vorredner in einer außergewöhnlich äh...langen Rede geschildert hat, gibt es Gefahren, die für unsere Stadt und die Freien Marschen zu groß sind. Zu aller erst denke ich zur zeit an das Magier-Templer-Problem. Vereint können wir dieser Bedrohung Einhalt gebieten.“ Jubel brach aus, den Nate mit einem Grinsen und einer Handbewegung abflauen ließ. „Kirkwall hat jetzt einen starken Vicomte und so wird es sich auch nach außen zeigen. Ich...“

Das Knallen von Türen ließ Nate mitten im Satz verstummen. Jemand war in den Thronsaal gekommen. Die Menge teilte sich und ließ den Neuankömmling dorthin, wo er hin wollte: zu Nate. Es war ein junger Elf, der vor dem Vicomte auf die Knie fiel. „Eure Exzellenz“, keuchte er atemlos, „vergebt mir, dass ich Euch auf solch unhöfliche Weise störe, doch soeben ist ein Rabe aus der Weißhaupt-Festung eingetroffen. Er hatte eine an Euch adressierte Nachricht bei sich. Sie ist von äußerster Wichtigkeit und soll sofort zu Euch gebracht werden.“ Aufgeregtes Murmeln ging durch die Menge. Weißhaupt? Das war doch das Hauptquartier der Wächter? Was wollten sie vom Vicomte?
Auch Nate war ratlos. Sollte es eine Nachricht von Bethany sein? Nein. Sie kommuniziert nicht über offizielle Kanäle mit ihm. „Was steht in diesem Brief?“, wollte er von dem elfischen Boten wissen. Dieser zog das Pergament hervor und überflog den Text, dann richtete er sein Wort an den Vicomte: „Der Erste Wächter überbringt Seiner Exzellenz freundliche Grüße und gratuliert Euch zu Eurem triumphalen Sieg über Kommandantin Meredith und den Ersten Verzauberer Orsino. Weiterhin würde er es begrüßen, wenn Ihr zu einem Besuch nach Anderfels kommen würdet. Und...“ Jetzt brach der Elf ab. Nate wurde ungeduldig: „Und? Und was? Haben sie es geschafft, Griffons zu züchten? Haben sie den Ober-Erzdämon gefunden? Beim Erbauer! Sagt uns schon, was die Wächter wollen!“
Der Elf zuckte kurz zusammen, verbeugte sich dann und berichtete weiter: „Der Erste Wächter beabsichtigt, in Kirkwall einen Außenposten der Grauen Wächter zu errichten. Es wäre der ersten in den Freien Marschen. Zu diesem Zweck wird der Kommandant der Grauen Wächter von Ferelden, Seine Gnaden, der Teryn von Gwaren und Arl von Amaranthine, Andras Tabris, nach Kirkwall kommen. Ihm wird das Kommando über die neuen Grauen Wächter in den Freien Marschen unterstellt.“

Als der Elf seinen Bericht geendet hatte, herrschte Stille im Thronsaal. Der Held von Ferelden, Bezwinger der Fünften Verdammnis wird Kirkwall besuchen und einen neuen Außenposten aufbauen. Niemand wusste so recht, ob es ein Grund zum Feiern oder nicht war. Es war schließlich Vicomte Hawke, der die Stille durchbrach: „Bürger von Kirkwall, verlasst bitte den Thronsaal. Ich habe einiges mit Bann Teagan zu besprechen.“ Teagan schaute Nate überrascht an, aber dieser gab seinen Wachen Befehl, den Saal zu räumen. So geschah es dann auch. Einige Adlige protestierten zwar lautstark und forderten Aufklärung, doch auch sie wurden von den Soldaten vor die Tür gedrängt.
Als nur noch Nate und Bann Teagan anwesend waren, redete der Vicomte auf seinen Gast ein: „Beim Erbauer! Wusstet Ihr, dass Tabris hierher kommt?“ „Nein. Das wusste ich nicht, Eure Exzellenz. Die Grauen Wächter unterstehen immerhin nicht der Krone.“ Seufzend sank Nate in seinen Thron. Wenn die Wächter kamen, war das kein gutes Zeichen.

Weiler in Anderfels

Nach einem mehrstündigem Ritt waren die drei Wächter endlich auf eine Ansiedlung gestoßen. Der kleine Weiler – einige Häuser und ein Gasthof – befand sich hinter einer Anhöhe und war erst zu sehen, wenn man den Hügel bestiegen hatte. Nathaniel vermutete, dass es sich um eine Jägergemeinschaft handelte, die mit den Durchreisenden Handel trieb und sich sonst selbst versorgte. Als Bethany die Einwohner erblickte, musste sie dem Bogenschützen Recht geben: die Männer trugen Bögen, die Frauen kochten. Die Menschen hier waren es wohl gewohnt, dass Graue Wächter hier durchkamen, denn sofort trat eine ältere Dame mit schneeweißem Haar an die Pferde der drei heran.
„Seid gegrüßt, edle Wächter. Ich bin Ariane und das hier ist Schneespitz. Seid Ihr hier, um Eure Vorräte aufzustocken?“ Nathaniel ergriff als dienstältester Wächter – der noch ansprechbar war – das Wort: „Erfreut Euch kennen zu lernen, Ariane. Mein Name ist Nathaniel Howe und ich bin der Vize-Kommandant der Wächter von Ferelden. Meine Gefährtin heißt Bethany Hawke. Wir brauchen eine medizinische Unterstützung für den Kommandanten Tabris.“ Nathaniel deutete über seinen Schulter auf den Elfen, der mittlerweile mehr auf seinem Pferd lag als saß. „Er wurdet durch eine Dolch an der Brust verwundet. Habt Ihr vielleicht einen Kräuterkundigen, der uns helfen könnte?“
Die Alte ging um Nathaniels Pferd herum und näherte sich dem Hengst des Kommandanten. Sie zog den Pelzumhang ein Stück zurück und sah dann Andras an. Der sowieso schon sehr blasse Elf glich jetzt schon einem Toten. Auf der Brust breitete sich ein Blutfleck aus, was das erneute Aufbrechen der Wunde bedeutete. Müde öffnete Andras seine schwarze Augen und sah Ariane an. Dann fiel er wieder in Ohnmacht.
„Kommt“, sagte Arianne schließlich und führte die Wächter zu dem Gasthaus von Schneespitz. „Wir haben zwar Kräuterkundige, aber was Ihr braucht ist ein Heiler, der die arkanen Künste beherrscht. Ihr könnt Euch glücklich schätzen, dass wir so jemanden haben.“ Bethany wusste, was das bedeutete: „Ihr versteckt hier einen Abtrünnigen?“ Ariane nickte. „Ja, dass tun wir. Sie hat uns geholfen, also helfen wir ihr. Sie hat bisher nicht viel über sich erzählt, aber wir glauben, sie ist aus dem Zirkel in Hossberg geflohen.“ Nathaniel unterbrach die beiden Frauen: „Mir ist egal, wer den Kommandanten heilt und woher er kommt, Hauptsache ist, dass er nicht verblutet.“ Mit diesen Worten hievte er den leichten Elfen von seinem Pferd und trug in in das Gebäude.

Den Wächtern schlug eine mollige Wärme entgegen, dass von einem prasselndem Kaminfeuer ausging. „Nach oben“, sagte Ariane und stieg sogleich die Treppe hinauf. Ihr folgte zunächst Bethany, dann machte sich auch Nathaniel auf den Weg. Die Alte führte die Wächter in ein Zimmer am Ende des Gange. „Legt ihn auf das Bett. Die Heilerin wird gleich hier sein.“ Bethany bemerkt, dass sich Nathaniel angespannt umsah. Er traute der Sache nicht ganz. Ihr ging es ähnlich. Aus ihrer Zeit in Kirkwall wusste sie, dass die meisten Abtrünnigen gefährliche Magier sind, die sich oft aus Verzweiflung der Blutmagie zuwenden. „Verlasst nun bitte das Zimmer.“ Ariane deutete auf die Tür. „Wieso?“, fragte Nathaniel barsch. Das verunsicherte die alte Dame aber nicht im Geringsten: „Die Heilerin will nicht, dass jeder ihr Gesicht sieht. Habt keine Furcht. Sie wird Euren Freund nichts antun. Sie will ihm nur helfen.“
Nathaniel kniff misstrauisch die Augen zusammen, ging dann aber letztendlich doch nach draußen. Auch Bethany verließ den Raum, obwohl sie sich fast noch mehr Sorgen als Nathaniel machte. Ariane ging als Letzte nach draußen und schloss dann die Tür. „Kommt. Ihr habt doch bestimmt Hunger und Durst.“ Die Wächter gingen also wieder nach unten und ließen Andras alleine zurück.

Als sich die Tür hinter den Wächter und Ariane schloss, trat eine verhüllte Gestalt aus den Schatten des Zimmers und näherte sich Andras, der schwer atmend aus seiner Ohnmacht erwacht war. „Wer seid Ihr?“, fragte er die fremde Person. „Immer wenn wir uns begegnen, läuft es darauf hin, dass ich Euer Leben rette.“ Die weibliche Stimme kam Andras seltsam bekannt vor, doch konnte er sie im Moment nicht so recht einordnen. Mit großer Anstrengung setze sich der Elf in dem Bett auf, um einen besseren Blick zu haben. Die Fremde hatte ein grünes Gewand mit Kapuze auf, dass Andras ebenfalls schon einmal gesehen hatte. Wer war sie bloß?
Die Frau näherte sich und begann, Andras' Wunde zu versorgen. Zunächst entfernte sie die Verbände, dann murmelte sie einige Zauberformeln. Im nu war die Verletzung bis auf eine lange Narbe verschwunden. Dann strich die Heilerin mit ihren Fingern über die Wunden, die Andras damals auf dem Turm von Ishal davon getragen hatte. „Sie sind gut verheilt. Es ist ja jetzt auch schon eine Zeit lang her“, bemerkte sie beiläufig. Doch diese Bemerkung reichte Andras aus, um zu wissen, wer sie war. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Elf sie an: „Fl...Flemeth? Seid Ihr das?“
Die Heilerin zog ihre Kapuze zurück, um Andras Gewissheit zu verschaffen. Es war Flemeth, doch sie sah jünger aus, als Andras sie in Erinnerung hatte. Was wollte sie von ihm? Ihn töten? Nein, sonst hätte sie ihn nicht geheilt. Wollte sie wissen, wo Morrigan und das Kind war? Tausende Gedanken rasten durch Andras' Gehirn.
 
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