Die Bahn kommt!

DarkSeppel666

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Irgendwann zumindest. Zuvor heißt es jedoch: Fahrkarten kaufen. Klingt einfach, isses aber nicht.

Der normalbegabte Mensch benötigt zum Kauf einer Fahrkarte ca. eine Minute. Wenn er sich kurz beraten lassen möchte vielleicht auch zwei.
Man kommt also planmässig 20 Minuten vor Abfahrt seines Zuges am Bahnhof an, schlendert gemütlich zur Schalterhalle (vorausgesetzt, es gibt eine) und stellt sich in die scheinbar kürzeste Reihe, die selten länger als 4-5 Personen ist.

Man zählt die vor einem Stehenden durch und rechnet kurz nach: "Hm...so in 5-10 Minuten bin ich dran...prima, hab ich noch Zeit, mir im Imbiß ein leckeres Leberwurstschnittchen zu kaufen." Tja...das Schnittchen kann man sich dahin stecken, wo die Sonne niemals scheint. Denn außer einem selbst ist niemand normalbegabt, wie man schnell (hm...eher quälend langsam) bemerken wird.
Denn egal, wo die Leute hinmöchten...sie verbringen mehr Zeit damit, sich über alternative Fahrrouten und Preissysteme unterrichten zu lassen, als sie später im Zug sitzen werden. Schon bald wird man Dialoge wie diesen zu hassen lernen:

"Wenn ich jetzt aber über Dresden fahre, und der Hund auf der BahnCard meiner Frau mitfährt, kriegt dann mein Schwippschwager dann keine Ermässigung für seine Kinder???"

"Nein"

"Aber im Internet stand, daß über Sparpreis 83b Familienmitglieder mütterlicherseits nach 16 Uhr auf Strecken zwischen 103,5 und 189,4 Kilometern kostenlos den Gepäckservice in Anspruch nehmen dürfen"

"Aber nur, wenn sie BahnCard 50 mit Reiseschutzversicherung vor dem 1.7. auf sich und ihre Großmutter abgeschlossen haben"

"Habe ich...dann nehme ich das"

"Tut mir leid, aber das ist ein reines Internetangebot, das kann ich ihnen nicht verkaufen"

"Oh...und wenn ich über Stockholm fahre und mein Einrad als Fahrrad deklariere, komme ich dann..."


Nach 10 Minuten angeregter Diskussion wird der Fahrgast dann den Tarif nehmen, der ihm als erstes angeboten wurde.

Nachdem die Bahnsicherheit die eigenen Hände mit Hilfe von wohldosierter Gewalt vom Hals des anderen Fahrgast gelöst hat, denkt man sich: "Na gut...immer noch 10 Minuten bis mein Zug kommt und nur noch 3 Leute vor mir...sollte doch hinhauen" Sollte es nicht. Die anderen vor einem sind nämlich genauso dämlich wie der erste. "Der Herr vor mir erwähnte diesen besonderen Spartarif...". Auch sie werden nach minutenlanger Diskussion das erste Angebot annehmen. Oder manchmal auch gar keine Fahrkarte kaufen.
Und während die Uhrzeit immer weiter Richtung Abreisezeit fortschreitet, wachsen Wut, aber auch tiefe Verzweiflung. Denn natürlich muss man umsteigen...und hat am Zielbahnhof nur 6:30 Minuten Zeit dafür.

Mysteriöserweise (an dieser Stelle die Akte X-Melodie pfeifen) kommt man immer ca. 90 Sekunden vor Abfahrt des eigenen Zuges an die Reihe. Also forsch den Zielbahnhof genannt, während des entnervend langen Drucks der Fahrkarte schonmal das Geld passend bereit gelegt, damit man der mehr oder weniger freundlichen Dame hinterm Schalter direkt die Fahrkarte entreissen kann und schonmal in die Sprintstellung gegangen. Von hier ab kann das weitere Schicksals auf zwei Arten seinen weiteren Verlauf nehmen:

a) Man sprintet (meist mit Rucksack und zwei Reisetaschen beladen) zum Gleis und kommt ca. 15 Sekunden vor geplanter Abfahrt dort an. In diesem Fall hat der Zug 15 Minuten Verspätung, von denen er im Laufe der Fahrt ca. 8 Minuten aufholen wird. (Wir erinnern uns unwillkürlich daran, wieviel Zeit man bei pünktlicher Einfahrt zum Umsteigen gehabt hätte...)

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Man sprintet (meist mit Rucksack und zwei Reisetaschen beladen zum Gleis und kommt ca. 15 Sekunden nach geplanter Abfahrtszeit dort an. In diesem Fall schließen sich punktgenau mit Ankunft auf dem Gleis die Türen des Zuges. Am anderen Ende sieht man den Schaffner noch mit seiner Kelle Richtung Fahrer winken und einsteigen, während der Zug langsam anrollt. Auf die Distanz glaub man undeutlich ein höhnisches Grinsen in seinem Gesicht erkennen zu können. Das höhnische Grinsen der Zuginsassen, die nun an einem vorbeifahren, erkennt man dafür umso deutlicher.

Und während man in qualvoller Agonie am Bahnsteig zusammenbricht und in Gedanken alle Bahnhöfe Deutschlands brennen sieht, bleibt nur eine Frage: Warum bitte?
 
Meine Erfahrungen mit der Bahn sind auch hinreichend in Blogs geflossen. Nur dieses Thema nicht (da ich meist eine Dauerkarte habe oder schon lang vorher organisiert habe). Aber man kennt das... -.-*

Am Ende von Absatz b) fehlt im Blick der Zuginsassen noch die unmitleidige Verachtung, der einem die Worte "junger Mann, das haben Sie nun davon, dass Sie so spät daheim losgegangen sind" signalisieren.
 
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