Die Sterne über Dalaran - Vierter Abschnitt, Teil 13 (4.13)

Melian

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Am nächsten Tag

Das erste, was Ylaria spürte, waren die Schmerzen, die stetig durch ihren Körper pulsierten. Dumpf und in wellen schlugen sie immer wieder hoch. Ylaria keuchte leise, öffnete die Augen und blickte an die Höhlendecke. Durch den Eingang der Höhe fiel Licht hinein. Sie drehte den Kopf ganz leicht in Richtung der Lichtquelle.
Ihr Mund fühlte sich fürchterlich ausgetrocknet an. „Durst“, ächzte sie, ohne zu wissen, ob sie überhaupt jemand hören würde. Dann hörte sie ein Rascheln, und drehte den Kopf wieder. Irgendetwas lag unter ihrem Nacken, und nahm dem kargen Felsenboden etwas die Härte. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, immer wieder unterbrochen durch die Schmerzen. Wo war sie? Was war passiert? Sie erhob sich, um aufrecht zu sitzen und wurde sofort von Schwindel und Schmerz begrüsst. Nicht nur ihr Bein pochte, ihr ganzer Körper fühlte sich grün und blau geschlagen an. Sie keuchte leise und kniff die Augen zusammen, versuchte langsam zu atmen und sich zu konzentrieren. Vor Anstrengung und Schmerzen wurden ihre Augen feucht, aber sie wollte nicht weinen.
Ein Teil des Lichts verschwand für einen Augenblick, dann hörte sie Schritte auf dem Höhlenboden.
„Ah, du bist wach“, drang eine ihr nur allzu bekannte Stimme in ihr Bewusstsein und sie stöhnte innerlich. Was machte der denn hier? Warum ausgerechnet.. Dairean? Sie antwortete nichts.
Dairean liess sich ihr gegenüber auf den Knien nieder und blickte sie an. Seine Lippen waren blau, und er trug keinen Umhang.
„Dairean?“, würgte sie hervor und blickte ihn an, wie sie hoffte feindselig. Warum bei allen Sonnen war sie mit ihm allein? Was war passiert? Warum hatte sie solche Schmerzen?
Dairean rollte mit den Augen. „Leg dich lieber wieder hin. Du solltest dich nicht so sehr bewegen“, sagte er.
„Was.. ist passiert?“, brachte sie hervor, und versuchte möglichst nicht panisch zu klingen.
„Wir wurden von einem Frostwyrm angegriffen. Er hat dich erwischt.“
Ylaria legte sich wieder hin, bettet den Kopf auf die Unterlage blickte ihn an.
Dairean nickte und setzte sich neben ihr. Sie blickte ihn nicht an.
„Ich hab dich aufgesammelt und hergebracht.“
„Wo.. sind die anderen? Was ist.. Wo sind wir?“, fragte sie weiter. Langsam wurden ihre Gedanken klarer.
„Keine Ahnung“, sagte er und blickte sie an. Sie erwiderte den Blick.
„Wie.. keine Ahnung? Du musst doch etwas gesehen haben? Wie wurde ich verletzt? Verdammt nochmal, sag mir, was passiert ist.“
Erneut erhob sie sich, schneller, kam ins Sitzen und blickte sich um. Sie sah nichts, ausser den kargen Felswänden und Daireans Drachenfalke, zusammengerollt in einer Ecke. Sie wusste nicht, ob das Tier tot oder lebendig war, aber eigentlich war es ihr auch egal. Sie sah niemanden. Weder Verian, noch Leireth, noch Imenia, oder die zwei Menschen.
„Wo sind die anderen?“, verlangte sie zu wissen, und nun drang die Panik wirklich in ihre Stimme.
Dairean hob die Hände. „Ylaria, hör auf dich aufzuregen. Du bist schwer verwunden. Es hat eine Menge Mühe gekostet, dich hierher zu bringen. Ich hatte dir doch gesagt, es droht ein Sturm. Der ist auch gekommen.“
„Sag endlich die Wahrheit.. Wo sind die anderen?“, sagte sie lauter, ihre Stimme klang schrill. „Ich will weg von hier“, fügte sie sofort nach, noch bevor er etwas sagen konnte. „Ich will weg.. Bring mich zurück.. Nein.. Bleib hier. Folg' mir nicht.“
Sie drehte sich um, stützte sich auf die Hände, und versuchte wegzukommen von ihm, weg zu krabbeln, aber als sie das Knie des Beines, welches so sehr schmerzte, auf den Boden drückte, schrie sie auf und drehte sich wieder um, umklammerte mit beiden Händen das Knie, wagte nicht, weiter hinabzufahren.. Der Schmerz kochte hoch, loderte in ihr.
Dairean seufzte. „Ich sagte, beweg' dich nicht“, fuhr er sie an. „Ich hatte nichts, um dein Bein zu fixieren, je mehr du dich bewegst, desto mehr machst du kaputt.“
Ylaria biss sich auf die Lippen, und unterdrückt ein Wimmern. Es tat so weh. Längst liefen ihr Tränen über die Wange, die eine warme Spur auf ihrer kühlen Haut hinterliessen.
„Und jetzt hör mir mal zu“, fuhr Dairean weiter fort. „Ich hab wirklich keine Ahnung, was mit den anderen ist. Ich hab versucht, meinen Arsch zu retten. Und deinen auch. Sei froh dass du noch lebst.“
Ylaria blickte ihn an und dann zu Boden. „Du hättest nachschauen können“, sagte sie. „Ja, natürlich.“, entgegnete er ironisch. „Ich schlepp' mich halb kaputt zu der Stelle, an der ein riesig grosser Frostwyrm gegen fünf hoffnungslos unterlegene Menschen und Elfen kämpfen, die es zufälligerweise auch noch auf mich abgesehen haben. Ich bin doch nicht blöd“, schnaubte er.
Ylaria starrte ihn wütend an. „Doch, das hättest du tun müssen, weil.. weil..“
„Weil was?“ Er zog eine Augenbraue hoch.
„Ich weiss auch nicht“, murmelte sie, und rieb sich über das Gesicht, keuchte leise, als sie eine neue Welle Schmerz traf.
Dairean seufzte und erhob sich.
„Ich hab heute morgen nachgesehen - keine Chance von hier aus etwas zu sehen. Der Sturm hat alles mit einer frischen Schneedecke überzogen, und ich sehe gar nichts mehr. Allerdings auch keinen Frostwyrm“, sagte er, während er in der Satteltasche kramte, und dann zu ihr zurückkam und sich wieder neben sie setzte. Er hatte einen kleinen Beutel in der Hand. „Ich hab keine Medizin oder so, aber nimm das. Es nimmt dir einen Moment die Schmerzen.“
„Was ist das?“, fragte Ylaria misstrauisch.
„Das willst du lieber nicht wissen“, sagte Dairean, und schüttete eine kleine Menge des Pulvers auf seinen Handrücken. „Sei froh, solange ich noch etwas davon habe. Es ist fast leer.“ Mit diesen Worten nahm er den Bändel, der den Beutel zusammenhielt, in den Mund, damit er eine Hand frei hatte, um ihren Kopf etwas hochzuheben. Fast schon zärtlich mutete die Berührung an, mit der er ihren Kopf etwas hochhob und ihr das Pulver auf dem Handrücken nahe an die Nase hielt. „Schnupf'“, befahl er.
Sie zog die Luft durch die Nase ein, und wollte sofort husten. Das Pulver brannte in ihrer Nasenschleimhaut, verstopfte ihre Atemwege und lief in ihren Rachen. Sofort wollte sie es loswerden, schnäuzen, doch Dairean hielt sie ihr zu, unnachgiebig und unerbittlich.
Erneut schossen ihr Tränen in die Augen und sie wimmerte. „Nicht.. au.. hör auf..“
„Glaub mir, 's ist besser so“, murmelte Dairean.
Es kam Ylaria wie eine Ewigkeit vor, bis er ihren Kopf losliess. Sie schniefte, und er beugte sich über sie, wischte ihr mit einem Finger eine Träne weg. „Schlaf jetzt“, sagte er. Ylaria wollte etwas erwidern, doch ihr sanken die Lider zu.

Irgendwo westlich der Front der Legion

„Immer noch keine Spur, Arkanist“, erstattete einer der ihr fremden Elfen Tyballin Bericht. Sie waren aus geschwärmt, und hatten versucht, unter dem Neuschnee des Sturms die Spuren des gestrigen Kampfes wieder zu finden. Erfolglos. Nur per Zufall waren sie auf einen der Greifenkadaver gestossen, weil sie mit dem Stab in einem der kleineren Hügel herum gestochert hatte. Imenia nahm an, es war Lorethiels, doch sicher konnte sie sich nicht sein. Die Satteltaschen waren – wie am Vortag – noch immer leer.
Sie blinzelte. Noch immer hielt sie die Müdigkeit und die Erschöpfung vom Vortage fest in ihren Krallen.
Leireth und Verian bewegten sich agiler und flinker, gerade Verian schien aus einem unerschöpflichem Vorrat Energie zu schöpfen, und durchsucht eine Schneewehe nach der anderen. Seine Haare waren zerzaust, seine Schuhe und Hosen feucht vom Neuschnee. Er rief immer wieder Ylarias Namen, doch er bekam keine Antwort. Manchmal schmelzte er den Schnee mit einem Hauch Feuermagie weg.
„Weitersuchen“, befahl Tyballin. „Versuchen wir zu rekonstruieren, wo der Frostwyrm entlang geflogen ist, so finden wir sie vielleicht. Fangen wir an bei der Front“
„Aye, Sire“, schallte es ihm entgegen.
Imenia seufzte und bestieg ihren Greifen wieder. „Auf ein weiteres“, murmelte sie. Eigentlich wollte sie nur schlafen.

Mittags in der Schlucht

Daireans Blick ruhte auf Ylaria, die mit offenen Augen da lag, ein seliges Lächeln auf dem Gesicht. Die zweite Portion Blutdistelpulver hatte sie nicht lange schlafen geschickt, allerdings war ihr Aufwachen weitaus sanfter gewesen, als die vorherigen zwei Male. Sie schwebte wohl irgendwo zwischen Illusion und der Realität, in irgendwelchen Träumen und schmerzlos. Dairean seufzte und stand auf. Es waren erst wenige Minuten vergangen, seit er sich gesetzt hatte, aber die Kälte war bereits so sehr in seine Kleidung eingedrungen, dass er sie kaum aushielt.
Er konnte in der Höhle nur ganz knapp stehen, und so nahm er seinen Pfad wieder aus. Er drehte eine Runde nach Runde in der Höhle, während er sich den Kopf über die ausweglose Situation zerbrach, in der er sich befand. Sie sich befanden.
Phönix wimmerte aus der Ecke der Höhle, bewegte sich aber kein bisschen. Dairean blickte zu seinem treuen Flugtier und es gab ihm einen Stich ins Herzen. Er hatte nichts für sein treues Reittier, nicht einmal Wasser, geschweige denn von Nahrung. In der Nacht war Phönix ein oder zweimal zum Eingang gekrochen und hatte am Schnee geleckt.
„Phönix.. Nicht einmal für uns habe ich zu essen.“ Er fluchte leise und rieb sich durch die Haare. Sein eigener gähnend leerer Magen und das brennende Gefühl in seiner Kehle erinnerten ihn, dass er selber kaum noch Nahrung hatte. Eine Ration war noch in der Satteltasche, doch Dairean wollte sie so lang wie möglich sparen.
Er hielt in seinem Schritt inne und seufzte erneut. Er musste jetzt noch einmal raus aus der Höhle, um zu sehen, wo genau er sich befand, und ob es in der Nähe irgendwie Hilfe gab.
Dairean schlüpfte aus dem Höhleneingang. Ein bisschen Schnee fiel ihm in den Nacken und sofort schlotterte er, ballte eine Faust und knurrte. Die Kälte verschaffte ihm einen Energieschub, und mit wenigen schritten erklomm er den Aufgang, und kam oben an der Schlucht zu stehen, mit schweren Atemzügen holte er tief Luft.
Dann hob er den Blick.
Vor ihm war nur weite, endlose weisse Wüste. Er konnte die Umrisse der Gebirgszüge ausmachen, er sah die Silhouette des Wyrmruhtempels, aber beide schienen so endlos weit weg. Kilometer um Kilometer unberechenbarer Neuschnee zwischen ihm und jeglicher Zivilisation.
Er tat probeweise ein paar Schritte, und versank sofort bis zu den Knien im Schnee. Jeder Schritt kostete ihn grosse Mühe, und er schaffte kaum 10 Schritt, bevor er erschöpft innehalten musste.
Er spürte neben der körperlichen Schwäche auch bereits, wie der Entzug ihn wieder langsam in seinen Griff bekam. Die Kopfschmerzen, das Zittern.. Der Entzug vom Pulver kam dieses Mal schneller, schlug härter ein, doch er verbot sich den Gedanken an die letzte Prise, die sich noch im Beutel befand. Sie war nicht für ihn. Und er war sich sicher, dass es sinnvoller wäre, sie Ylaria zu geben. Einer Frau beim Sterben zusehen war sicherlich noch unangenehmer, wenn sie dabei schreien würde wegen den Schmerzen.
< Und sie wird sterben. Ich schaffe es niemals, mit ihr auf dem Rücken so weit zu gehen. >, dachte er. Er verkrampfte sich etwas, holte tief Luft. Seine Brust wurde ihm eng. Er wusste nicht einmal, ob er es allein schaffen würde, so weit durch den Schnee zu stapfen, geschweige denn, ob er sie einfach da liegen lassen könnte. „Natürlich kann ich das“, sagte er laut, doch es war eine Lüge. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber bereits in dem Moment, als er sie mitgenommen hatte, anstatt sich selber in Sicherheit zu bringen, war ihr Schicksal enger an seines geknüpft, als er es gewollt hatte.
Erneut ballte er die Faust und blickte sich um.
Ihre einzige Hoffnung war, dass sich jemand auf der Suche nach ihm oder ihr oder dem Griff in ihre Nähe bewegte. Doch selbst dann würde man sie unten in der Höhle nicht vermuten. Allerdings konnte er nicht ständig hier oben sitzen, er würde erfrieren.
Sein Blick fiel auf einen alten, knorrigen Baum, der sich auf der anderen Seite der Schlucht, nur wenige Meter von ihm gegenüber befand. Nur noch wenige nackte kahle Äste zierten das Skelett des Baumes. Er musste längst tot sein.
Das war ihre letzte Chance. Er musste irgendetwas an diesen Baum binden, dann.. würde man sie eher finden.
Er stapfte die 10 Schritte wieder zurück, rutschte den Abhang hinunter und betrat die Höhle. Zuerst dachte er an den Umhang, dann entschied er sich anders, und griff nach Phönix Sattel, der nutzlos in einer Ecke lag. Der Umhang wärmte wenigstens. Den Sattel würde er kaum mehr brauchen.
Er verliess die Höhle mitsamt seiner Last wieder.

abends in der Feste Wintergarde

Neben Verian liess sich jemand auf die Bank fallen. Ein warmer Arm legte sich um seine Schultern. Er blickte zur Seite. Leireth hatte sich neben ihn gesetzt. „Verian“, sagte sie leise und strich mit der anderen Hand über seine Wange. „Es gibt etwas zu essen und warmen Tee“, fügte sie hinzu. „Kommst du?“
Verian seufzte. „Ich will nicht.. Hab' keinen Hunger.“
„Nun komm schon. Du hast seit gestern Abend nichts mehr gegessen. Denk bloss nicht, das ist mir entgangen.“
„Ich.. bin nicht hungrig.“
„Ist es wegen Ylaria?“, fragte Leireth. „Ich bin sicher, es geht ihr gut.“
„Wie kannst du das sagen?“, fuhr Verian sie an und stand auf. Sie tat es ihm gleich und versuchte ihm die Hand auf den Arm zu legen. „Sie ist da draussen, und es hat gestürmt, und es gibt gar keine Unterschlupfmöglichkeiten, und.. Verflucht, Leireth, sie ist ganz allein!“ Er konnte es nicht verhindern, dass seine Stimme laut klang und die Schankstube füllte. Nur wenige Soldaten hockten nach Dienstende noch in einer Ecke, hielten sich von den Silberbundlern fern, die an einem Tisch in der Mitte sassen, während Verian die Bank beim Feuer vorgezogen hatte.
„Ich weiss, Verian, es tut mir ja auch leid, aber .. es nützt niemandem etwas, wenn du nichts isst, oder?“
Verian seufzte erneut. „Na gut“, sagte er und trottete zum Tisch.
Brionna blickte ihn mitfühlend an. „Das Licht ist bei Madame Silbersang, ich bin mir sicher“, versuchte sie ihn zu trösten.
Arkanist Tyballin war nicht zugegen, wohl aber Imenia. Die fünf Silberbundler, die Tyballin mitgebracht hatte, sassen auch für sich am Tisch neben den Expeditionsmitgliedern, und verzehrten gerade ihr Abendessen. Sie hatten noch länger nach den Vermissten Ausschau gehalten.
Auf dem Tisch standen Schüsseln, ein grosser Pott Suppe war in der Mitte aufgebaut, auf einer Platte befand sich Wurst und Speck. Verian liess sich etwas Suppe in die Schüssel schöpfen, und griff widerwillig nach dem Löffel. Leireth liess sich neben ihm nieder, und lehnte sich sofort etwas an ihn.
„Connell geht es auch schon besser“, sagte Brionna und lächelte ihn an. „Das Licht ist gut und weise. Ich bin sicher, es wird auch über Madame Silbersang scheinen. Wir sollten ein Gebet sprechen.“
„Ich bin sicher, ihr meint es gut mit mir, Tallys“, entgegnete Verian. „Aber ich glaub nicht, dass mir das jetzt hilft. Meine beste Freundin ist da draussen, und ist wohl schon tot und ich kann nichts dagegen tun, ausser hier sitzen. Ich..“
„Das dürft ihr nicht denken, Himmelswispern“, fuhr ihn Imenia an. Er blickte sie an. Sie war bleich und gezeichnet von den Anstrengungen. „Das Licht bewahre, dass sie tot ist. Dann haben wir ein riesiges Problem.“
„Ach ja.. ein Problem..? Ist das die einzige Sorge, die ihr habt? Dass ihr eine weitere Leiche zu verbuchen habt?“, ätzte er. Er konnte sich nicht zurückhalten.
Imenia hob die Hände. „Wie denkt ihr nur von mir? Natürlich nicht. Ich schätze Ylaria sehr, und das wisst ihr genau. Ich habe nur etwas mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten, als ihr es habt.“
„Ich habe auch Vertrauen in ihre Fähigkeiten, aber.. der Spion ist auch noch da draussen, und..“ Er beendete den Satz nicht, schüttelte nur den Kopf und legte den Löffel beiseite. Er musste nicht laut aussprechen, was er dachte, denn alle hatten denselben Gedanken. Imenia hatte durchblicken lassen, dass jemand Lorethiels Ableben etwas beschleunigt hatte. Was, wenn dieser Jemand das auch bei Ylaria getan hatte?
„Verian, wir hätten ihre Leiche gefunden, wenn dieser dreckige Abschaum ihr etwas angetan hätte“, sagte Leireth, und strich ihm über den Oberschenkel. Es sollte wohl beruhigend wirken, aber er spürte die Berührung kaum.
„Darf ich mich zurückziehen?“, fragte er in Imenias Richtung.
„Natürlich. Geruhsamen Schlaf. Morgen suchen wir weiter.“
Verian nickte, salutierte und verliess die Gaststube dann. Leireth folgte ihm schweigend. Als er sein Zimmer betrat, schlüpfte sie ebenfalls durch die Tür, und umarmte ihn. Er wollte etwas sagen, doch sie legte ihm den Finger auf die Lippen. „Sschh“, murmelte sie und lächelte ihn an. < Noch vor wenigen Tagen wäre ich so glücklich gewesen, wenn ihr Lächeln auch nur einmal mir gegolten hatte, doch nun als es mir gilt, kann ich kaum denken vor Sorge >, dachte er, als sie ihn entkleidete und ihn dann mit sich auf das Bett zog. < Welche Ironie >, fuhr es ihm noch durch den Kopf, ehe er sich Leireth zu wandte, um in ihren Armen zumindest für ein paar Stunden zu vergessen, was ihn quälte.

abends in der Schlucht


„Verrate mir eines, Dairean.“ Ihre Stimme drang an seine Ohren, doch er öffnete die Augen nicht. Er war zu erschöpft.
„Mmh?“, murmelte er.
„Warum hast du mich gerettet?“
Einen Moment lang antwortete er nicht. Dann blickte er sie doch an, aus dunkel umrahmten Augen.
„Ich..“, setzte er an. Dann schüttelte er den Kopf.
„Was.. du hast dir also nichts dabei gedacht?“. Sie zog eine Augenbraue hoch.
„Nein, natürlich nicht“, fuhr er sie an.
„Also?“
„Ich weiss es nicht.“, murmelte er.
„Wie du weisst es nicht? Willst du mich veralbern?“
„Nein, will ich nicht. Ich will es wirklich nicht.“
Von der Ecke, aus der Phönix lag, kam ein leichtes Kreischen. „Schhh Phönix“, murmelte Dairean. „Ich weiss es nicht.. Ich schätze, ich konnte dich einfach nicht so da liegen lassen“, sagte er dann.
„Warum?“, wollte sie wissen.
„Darum“, sagte Dairean.
„Aber du musst doch eine Erklärung haben, dass du..“
Er fuhr ihr ins Wort. „Sei still und spar' dir deine Energie.“
„Sparen.. wofür denn.. Wir werden hier sterben..“
„Das werden wir nicht. Rettung wird kommen“, murmelte er. Seine Stimme klang erschöpft.
„Natürlich“, fuhr sie ihn an. „Und ich bin ein Troll. “
Dairean schmunzelte. Seine Lippen waren ausgetrocknet und rissig.
„Nein, wir werden sterben. Ich werd' hier sterben, und das letzte, was ich gesehen haben werde, wird ein blutelfischer Spion sein“, stöhnte sie.
„Als ob das etwas Schlimmes wäre.. Zählt denn nur mein Volk?“
„Du bist ein Verräter, natürlich zählt das.“
Dairean seufzte. „Wollen wir wirklich darüber diskutieren?“, fragte er.
„Nein.. nein. Nicht wirklich.“, musste sie zugeben.
„Na dann denk nicht drüber nach, schlaf' einfach.“
„Schlaf du mal bei diesen Schmerzen“, murmelte sie und blickte ihn an. „Du hast nicht noch.. von dem.. Pulver?“
Dairean entgegnete den Blick und nickte.

XXXX
 
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