Halloween

Veyilla016

Quest-Mob
Mitglied seit
08.12.2006
Beiträge
60
Reaktionspunkte
0
Kommentare
76
"Rachel, komm schon, Elis wartet draußen vor der Tür!" rief meine Mum ungeduldig. Ich griff nach meinem Zauberhut und betrachtete mich ein letztes mal gründlich im Spiegel. Ich hatte mein dunkles, etwas krauses Haar elegant hochgesteckt. Mit dem langen schwarzen Kleid sah ich genauso aus, wie eine richtige schwarze Hexe. Dann flitzte ich schnell die Treppen hinunter, wo meine beste Freundin Elis schon auf mich wartete, um mit mir Halloween zu feiern und Süßigkeiten zu sammeln. Sie hatte ihr dunkelblondes Haar grün gefärbt, und mit Haarspray zu Berge stehen lassen. Sie trug einen langen schwarzen Umhang, denn auch sie ging, genau wie ich, als schwarze Hexe. Wir holten noch eine Menge anderer Kinder aus unserer Klasse ab, um mit ihnen herum zu ziehen. Da fiel mir plötzlich ein sehr blasser Junge auf, der schweigend zwischen den lachenden und plappernden Kindern stand. Von ihm ging ein merkwürdiger Geruch aus. Irgendwie verwesen, stinkend.

Nach und nach verschwanden immer mehr Kinder, ohne sich zu verabschieden. Das sah den Kindern aus unserer Klasse gar nicht ähnlich. Das ging so weiter, bis nur noch ich, Elis und der merkwürdige Junge da waren.

Um Punkt zwölf stellte sich der Junge uns in den Weg und rief bösartig lachend: "Jetzt seid ihr an der Reihe!" " W-w-w-womit?", fragte ich ängstlich und völlig verunsichert. Ich blickte mich suchend nach Elis um, doch konnte sie nirgends entdecken. Elis war weg!

Völlig panisch drehte ich mich um und wollte weglaufen. Doch eine unsichtbare Macht hielt mich zurück. "Was hast du mit Elis gemacht? Und wer bist du?", schrie ich wütend. "Deine Freundin ist klugerweise abgehauen, und jetzt bleibst nur noch du!" "Wofür?" , fragte ich angsterfüllt.

"Wollen wir es mal vorsichtig ausdrücken", begann der Geisterjunge mit einer Grabesstimme, die nach Tod und Verwesung klang, zu sprechen. "Ich bin, genau wie du, einem körperlosem Geist zum Opfer gefallen. Er raubte mir meinen wirklichen Körper, aber alle zehn Jahre darf ich mein Grab verlassen und mir ein neues Opfer aussuchen, in dessen Körper ich dann für einige Zeit hausen werde. Ich werde mein Opfer solange in meinem Grab einschließen, bis es den richtigen Weg hinaus in die Freiheit gefunden hat und mir drei Aufgaben gelöst hat. Dann bekommt es seinen Körper zurück. Und wenn nicht, muss es genau wie ich jedes Halloween alle zehn Jahre ein neues Opfer suchen. Und nun ja, dieses Opfer bist dieses Halloween DU!", lachte der Geisterjunge böse.

"Wie lauten die drei Aufgaben?", fragte ich mutig. "Die erste Aufgabe lautet Steine sammeln, die zweite basteln, und die dritte schwimmen." Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Das war doch nur ein dummer Scherzkeks. Wie konnte ich nur auf ihn reinfallen. Das waren ja die totalen Babyaufgaben!

"Wähle die erste Aufgabe!", befahl der Junge. "Sag mal, hast du sie nicht mehr alle? Ich werde doch nicht wegen einem dummen Scherzkeks mitten in der Nacht schwimmen, basteln und Steine sammeln. Ich bin müde und will nach Hause", sagte ich gereizt. Drohend hob er seine Hand. Ich traute meinen Augen nicht, er hob vom Boden ab! Er machte eine entscheidende Geste in Richtung Friedhof und sagte: "Na gut, geh nach Hause, da liegt der Friedhof, da kannst du in Frieden ruhen."

Er ist wirklich ein Geist schoss es mir durch den Kopf. Ich wollte auf gar keinen Fall für immer ein Geist sein, also musste ich die drei Aufgaben lösen. Aber das war zum Glück ja kein Problem, denn sie schienen mir nicht sehr schwer zu sein. "Ich werde die Aufgaben lösen", sagte ich entschlossen. "Ich möchte als erstes Steine sammeln." Schweigend führte mich der Junge auf eine Lichtung in dem nah gelegenen Wald. Er deutete auf ein paar große Steine und sagte barsch: "Sammle sie in diesen Beutel." Und er reichte mir einen großen Stoffbeutel. "Du hast fünf Minuten Zeit." Mit diesen Worten verschwand er und seine Stoppuhr piepte.

Zuerst versuchte ich wegzurennen, aber um die Lichtung war eine unsichtbare Wand. Also musste ich die Steine einsammeln. Ich griff nach dem ersten, doch dann erschrak ich, er war glühend heiß! Ich versuchte es noch einmal, aber der Stein war so heiß wie eine Herdplatte. Wütend kickte ich ihn hoch in die Luft, zu meiner Verwunderung war der Stein ziemlich leicht. Da kam mir eine Idee, ich kickte die Steine mit dem einen Fuß in die Luft und fing sie mit dem Beutel auf. So ging es besser. Ich war gerade fertig, als der Geisterjunge auf die Lichtung kam und sagte: "Deine Zeit ist um."

Er zählte die Steine im Beutel nach und führte mich zu einem Tisch, auf dem lauter Pappstreifen lagen. Er sagte, dass ich die Pappstreifen zu einer Kette machen sollte. Dann verschwand er wieder. Ich machte mich an die Arbeit. Doch sobald ich einen Streifen in die Hand nahm, wurde er zu einem ekelhaften, sich windenden Wurm. Doch schließlich hatte ich den Dreh raus, wie ich die Würmer zu einer Kette flechten konnte. Als ich endlich alle verarbeitet hatte rief ich erleichtert: "Fertig!" Der Geisterjunge trat aus dem Schatten hervor und sagte, ich solle sie mir umlegen. Von Eckel gepackt nahm ich die Wurmkette und legte sie mir um den Hals. Da schlossen sich die Würmer immer enger um meinen Hals und wollten mich erwürgen. Mit letzter Kraft riss ich sie auseinander. Die Aufgabe war geschafft.

Nun bracht er mich zu einem reißenden Fluss. "Schwimme auf die andere Seite!", befahl er. Ich war immer schon eine ziemlich gute Schwimmerin, deswegen glaubte ich nicht, dass diese Aufgabe ein Problem für mich darstellen würde. Langsam ließ ich mich in das eiskalte Wasser gleiten. Nach ein paar Zügen stellte ich überrascht fest, dass ich mich kaum noch bewegen konnte. Das Wasser war so kalt, dass es mich lähmte! Doch schließlich schaffte ich es, mich auf die andere Seite zu quälen. Ein Gefühl von Freude durchströmte mich. Ich hatte alle Aufgaben bestanden! Ich kletterte aus dem Wasser und sah den Geisterjungen triumphierend an.

Dieser schrie: "Neiiiiiiiiin! Du hast mich besiegt!" dann verschwand er. Ich rannte so schnell wie möglich nach Hause. Ich ließ mich erschöpft in mein warmes Bett fallen und blickte noch einmal zum Fenster.

Von dort aus grinste mir ein bleiches Gesicht entgegen ...
 
Zurück