Kapitel 27

Evilslyn

Rare-Mob
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Es war ein wundervoller Tag. Die Sonne prangte am blauen Himmel, tauchte den Tag in ihr helles Licht. Bienen summten zwischen dem reichhaltigen Angebot an Blütenkelchen umher, und stritten mit den Schmetterlingen um den Nektar. Die zwitschernden Vögel untermahlten die Situation mit ihren Liedern.
Arlando saß zufrieden pfeifend auf seinem Kutschbock, und hielt die Zügel locker in Händen. Seine Mulies trotteten gemächlichen Schrittes dahin, dankbar das Tempo selbst bestimmen zu können.
Hinter ihm, auf der Ladefläche türmten sich allerlei Güter.
Die Jahre hatten ihn gelehrt, dass man als fahrender Händler für alle Kundenwünsche gewappnet sein musste. So war sein Angebot stetig angewachsen. Da waren Holzschemel, Messersets, Netze, Nähgarn, Stoffe, Felle, kunstvoll gestaltete Truhen zum Aufbewahren von Wertsachen -mit den neusten Schlössern versehen – Gnomenarbeit versteht sich.
Ebenso eine große Auswahl an Waffen. Von Schwertern, Äxten, Dolchen über Bögen und Pfeilen, zu Wurfäxten und -Messern. Aber auch Werkzeuge wie Hämmer, Dreschflegel, Sägen, Scheren.
Von den Außenseiten seines Wagens hingen Töpfe, Pfannen, und Krüge herab welche bei jeder Bodenwelle gegeneinander klirrten, und sein Ankommen schon frühzeitig ankündigten.

So taten sie es auch, als er die Tore von Lohenscheit passierte. Der erwartete Strom von Menschen, welche für Gewöhnlich seinen Wagen umringten und nach der neusten Ware schaute, blieb aus.
Er traf auch auf dem Weg zum Dorfplatz auf nur wenige Passanten. Wenn er sie freundlich grüßte, senkten sie nach knappem Nicken ihre Köpfe, und gingen weiter ihrer Arbeit nach.
Als Arlando seinen angestammten Platz erreicht hatte, begann er seinen Wagen abzuladen, und seine Verkaufstische aufzustellen.
Spätestens jetzt, hätte er einen Kundenauflauf erwartet, denn wenn er auch versuchte ein breit gefächertes Sortiment feil zu bieten, so war doch bekannt, dass er die Ware nicht in unbegrenzter Anzahl zur Verfügung hatte. Was bedeutete, dass meist schon beim Abladen, heftige Diskussionen um seine Ware entbrannten, die nicht selten sogar in Schlägereien endeten.
Doch heute war offenbar nicht sein Tag. Die Passanten schienen so in ihre eigenen Gedanken versunken, dass sie ihn gar nicht bemerkten. Wenn er dann, in bester Markschreiermanier, versuchte ihre Aufmerksamkeit mit einem Spruch auf sich zu lenken, schraken sie sogar zusammen, und gingen nur noch schneller vorbei.

Nach drei Stunden hatte er gerade einmal ein Topf und zwei Messer verkauft.
Das war mehr als bescheiden.
Da sich keine Veränderung abzeichnete, beschloss Arlando heute seinen Laden früher als geplant zu schließen. Er räumte die Tische ab. Verstaute alles wieder auf seinem Wagen, und parkte diesen dann neben dem Wirtshaus „Zum durstigen Wanderer“. Die Mulis gab er in die Obhut des Stallburschen und warf ihm zwei Silberstücke aus seinem Beutel zu, die jener mit breitem Grinsen in einer Tasche seiner dreckigen Hosen verschwinden ließ.
Arlando hoffte, dass er sich dafür gut um die Tiere kümmern würde, auch wenn diese sich bockig gegeben hatten. Silber, so wusste Arlando, war das beste Motivationsmittel für junge Burschen wie diesen.

Als Arlando den Schankraum betrat, schlug ihm abgestandene Luft entgegen. Schaler Tabakqualm vom Vorabend, vermischt mit dem Geruch nach Bier und Wein, in jedweder Ausführung. Der verheißungsvolle Duft der den Fässern entströmte, die vergorenen Reste die auf Boden und Bar klebten, sowie die Ausdünstungen der Trinker selbst.
Arlando fühlte sich sofort heimisch. Genau so mochte er es am liebsten.

Er ging zum Tresen, hinter dem der Wirt des Hauses gerade dabei war die Humpen auszuspülen.
Der Wirt, ein Fassrunder Gesell, mit dickem Schnauzbart, und roter Trinkernase, hatte bei Arlandos eintreten aufgeschaut, und schien noch nicht recht zu wissen was er von dessen eintreten halten sollte.
Als Arlando jedoch in den Beutel an seiner Seite griff und kurz darauf ein blitzendes Silberstück auf den Tresen legte, gefolgt von der Bitte nach einem Humpen Bier, zeigte sich unter dem Schnauzer ein breites Grinsen.
Das erste Bier trank Arlando schweigend mit nur zwei Zügen leer, und bestellte Nachschub.
Wenn er hier schon nicht richtig seine Waren absetzten konnte, würde er sich wenigstens einen anständigen Rausch gönnen.

„Was führt euch in diese Gegend? Ihr seid Händler, was?“, brach der Wirt das Schweigen als Arlando gerade bei seinem dritten Bier angelangt war.
„Ja, so sagt man. Allerdings seid ihr mit der Einzige der mich heute so behandelt. Der Rest eures Dorfes hat mich kaum eines Blickes gewürdigt. Schienen irgendwie abwesend fast verängstigt.“, erwiderte Arlando.
„Tja, Verängstigt. Das dürfte es wohl am Besten beschreiben. Was aber wohl kaum verwunderlich ist, nachdem was wir durchgemacht haben.“, der Wirt lachte derb, wirkte auf Arlando allerdings nicht wirklich amüsiert.
„Wieso? Es ist doch hoffentlich nicht die Seuche bei euch ausgebrochen?“. Arlando hoffte dies weniger für den Ort, denn für sich selbst. Erstens hatte er keine Lust als untoter Zombie zu enden, und andererseits war nur wenig schlechter für das Geschäft als das Auftauchen der Geißel.
„Nein, die Geißel lässt sich hier so gut wie nie Blicken. Der Greymanewall scheint sie fern zu halten. Allerdings war unser Besuch auch nicht viel besser. Ihr kommt doch weit herum, habt ihr noch nichts von den Worgen gehört?“, beim letzten Satz beugte er sich ein Stück zu Arlando vor und senkte die Stimme.

Er hatte von den Worgen gehört.
Nun ja, er hatte von Worgen gehört. Es ging das Gerücht um, dass eine Armee auf dem Weg nach Lorderon sei, angeführt von einem Magier aus Dalaran, der mit ihrer Hilfe die alte Hauptstadt von der Geißel befreien wolle. Hatte es jedoch kurzerhand als Dorfgeschwätz abgetan und sich nicht näher damit beschäftigt.
Doch was der Wirt dann begann ihm zu berichten, klang nach mehr als einer aufgebauschten Kindergeschichte.

Er behauptete Worgen seien nach Lohenscheit gekommen, hatten aber keinen Einlass erhalten. Seien erst abgezogen, dann jedoch in der Nacht wieder gekehrt und hatten ein schreckliches Gemetzel unter der Bevölkerung angerichtet. Wen sie am Leben ließen trieben sie auf dem Dorfplatz zusammen, und dann waren sie über die Wehrlosen hergefallen.
Arlandos Einwand, wie es möglich war, dass Brega – mittlerweile waren sie beim Du angelangt - behauptete selbst dabei gewesen zu sein, und nun hier stehen und ihm berichten konnte, entkräftete dieser in dem er sein Hemd anhob und eine vernarbte Bisswunde an seiner Schulter enthüllte.
„Wir dachten diese Bestien würden uns töten!“, berichtete Brega dessen Augen reges Zeugnis ablegten, dass er innerlich die Vorgänge noch einmal durchlebte. „Und dann, als wir dachten alles sei verloren, zogen sie plötzlich ab. Ließen uns in unserem Blut zurück. Viele hatten weit schlimmere Verletzungen als ich davon getragen.“, missmutig verzog er den Mund als er sich zurück erinnerte. „Aber wir starben nicht! Keiner derer die noch lebten, als die Worgen abzogen erlag seinen Verletzungen. Zuerst glaubten wir, wir hätten uns die Seuche eingefangen, die uns zu Monstern machte. Zu Guhlen oder Zombies. Doch anders als bei diesen, heilten unsere Wunden. Keiner kann es verstehen. Es ist wie ein fauler Zauber. Doch wer würde sich beschweren, wenn doch als Alternative nur der Tod bleibt?“
Brega blickte Arlando erwartungsvoll an, als er geendet hatte.
Hoffnung stand in seinen Augen.
Hoffnung das Arlando ihm glauben würde.
Hoffnung, dass er ihm alles erklären könnte, worauf er selbst keine Antworten hatte.
Doch Arlando konnte es nicht.
Während Bregas Ausführungen war er stets zwischen Verwunderung und Unglaube geschwankt.
Worgen, wilde Bestien aus Kindergeschichten. Die erst angriffen und dann verschwanden. Es klang einfach zu verrückt. Es wäre immer noch genug Zeit daran zu glauben wenn er es mit eigenen Augen gesehen hätte, und darauf konnte Arlando gerne verzichten.

Ein Blick durchs Kneipenfenster zeigte ihm, dass die Dämmerung bereits herein gebrochen war. Er beschloss die Nacht hier zu verbringen und erst am nächsten Tag weiter zu ziehen.
Auch in relativ hellen Vollmondnächten war es nicht ratsam einen beladenen Wagen über die schlecht ausgebauten Straßen der Außenbezirke zu lenken.
Schon gar nicht, wenn die, wenn auch kleine Wahrscheinlichkeit bestand, dass Worgen die dichten Wälder seitens der Wege durchstreiften.

Er ließ sich von Brega die Rechnung für Zimmer und Getränke machen, zahlte etwas über Gebühr als dank für die Unterhaltung und begab sich dann, Bregas Anweisungen folgende, die Treppe nach oben in seine Kammer.

Er hatte gerade seine Kleidung bis auf die Unterhose abgelegt und begonnen sich an einem Waschzuber, den eine Magd gebracht hatte, frisch zu machen, als ein langgezogenes Heulen durch die Nacht hallte.

To be continued…

Mit freundlichen Grüßen
Eure Evi
 
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