Ich würde zu dem Thema auch gerne mal was sagen, da ich auch ein "Ex-Spieler" bin, der eben genau die sagt "WoW is absolute Zeitverschwendung". Ich kann es auch gerne begründen und vielleicht werdet ihr es ähnlich sehen.
Erstmal zu mir: Ich habe von Anfang BC bis etwa Weihnachten WoTlk gespielt. Ich hatte 3 80er (Priester, Schamane, DK) und habe sowohl Raids, als auch PvP und Arena gespielt. Als "Pro-Gamer" würde ich mich nicht bezeichnen, sondern eher als normalen Spieler. Ich war in mehreren kleinen Raidgilden mit 2-3 Raidtagen die Woche organisiert und habe nebenbei eben PvP gemacht und ein bißchen getwinkt. Also wirklich kein "Suchtspieler", der 5 Tage die Woche raiden geht etc.
Trotzdem hat sich mein Leben in diesen 2 Jahren stark verändert. WoW, bzw. die Zeit, die ich mit WoW verbracht habe, hat mich entscheidend geprägt. Während ich noch aktiver Spieler gewesen bin, hatte ich genau die gleichen Argumente, wie ihr hier:
"WoW ist ein Hobby und macht Spaß. Wenn ich es in der Freizeit spiele, ist das einzig und allein meine Sache.". Wieso sollte ich Samstags abends auf Party gehen, wenn ich doch zocken kann? Wieso sollte ich ein Buch lesen, was für die Uni tun, mich mit Freunden treffen, wenn ich doch nur zocken kann? Alles Andere, wirklich ALLEs, tritt irgend wie in den Hintergrund, wenn man spielt. Natürlich passiert das nicht von heute auf morgen, sondern immer in kleinen Schritten. Wo man sich am Anfang noch locker mal 1-2 Tage mit was anderem beschäftigen konnte, ging das nachher nicht mehr. Das Spiel war allgegenwärtig, vor allem in den Gedanken. Man denkt immer an das Spiel. wenn man in der Vorlesung sitzt, wenn man mit seiner Freundin zusammen ist, wenn man mit dem Fahrrad nach hause fährt. IMMER hat man dieses Spiel im Kopf.
Es kann mir keiner von euch erzählen, dass das nicht so wäre. Je länger und öfter man spielt, desto mehr denkt man natürlich darüber nach, ist doch klar. Ich bin sogar teilweise Nachts aufgestanden, weil ich nicht schlafen konnte, um zu zocken. Es war ja irgend wie normal. Warum schlafen, wenn man zocken kann, nä?
Das ist eben das große Problem bei solchen Sachen. Die eigene Wahrnehmung verändert sich total. Man beginnt neue Prioriäten zu setzen und es fällt einem überhaupt gar nicht mehr auf, was man für einen Wahnsinn lebt.
Das ist übrigens bei fast allen Suchtkrankheiten so!
Und ja, ich sage es ganz offen: WoW macht süchtig! Da brauch mir niemand was zu erzählen, da ich es am eigenen Leib erfahren habe. Ich weiß, dass es nicht nur mir so geht, sondern den meisten Leuten, die spielen. Kaum einer kann doch ehrlich von sich sagen, dass er alle 2-3 Tage mal 1-2 Stunden spielt. Wieviele Leute kennt ihr, die so sind? Opfert ihr für andere Hobbies täglich 5-8 Stunden (oder am WE sogar meh)? Nein, WoW ist einfach mehr als ein Hobby. WoW ist eine Sucht.
Wirklich klar wurde mir das, als ich selbst eine Arbeit an der Uni zu diesem Thema geschrieben habe (studiere Psychologie) und ich erkannt habe, welche Mechanismen das Spiel benutzt, um uns abhängig zu machen. Ich habe jetzt keine Lust die ganze Arbeit zu zitieren, will aber nur mal ein paar Punkte nennen:
Das Spiel spricht unser Dopamin (Glückshormon) System an. Dopamin wird frei, wenn wir belohnt werden. Belohnt werden wir im Spiel für ALLES. Jeder Mob bringt ein bißchen Gold, bzw. die Möglichkeit auf einen Rnd-Drop. Jede Ini eine Marke, jeder Raid ein Drop oder Marken, Erfahrung, PvP Punkte, Rezepte etc. etc. Nichts, was man in WoW macht, wird nicht auf irgend eine Art und Weise belohnt.
Jede Belohnung schüttet also eine kleine Menge Dopamin aus. Leider ist dieses System sehr adaptiv. Das heisst, das wir uns daran gewöhnen und mir mehr Belohnungen brauchen, um eine größere Menge Dopamin ausschütten zu können, da wir uns sonst nicht gut fühlen.
Das ist der typische Gewöhnungseffekt bei jeglichen Suchtmitteln. Man braucht immer mehr, um den gleichen Kick zu spühren.
Das Spiel bietet uns jetzt eine unendlichen Vorrat an "Stoff" an, um uns high zu machen. Man kann 24/7 zocken, mit so vielen Chars wie man will. Es wäre quasi so, wie wenn man einem H-Junky unbegrenzt Schore zur Verfügung stellt.
Dadurch gerät eben unser Leben ins Wanken und unsere Perspektive verändert sich. Der Körper will nur noch diesen Dopaminkick erhalten und stellt alles andere hinten an. Deshalb denken wir, dass alles andere irgend wie nicht so geil ist, wie WoW zu zocken. Weil wir süchtig nach dem Dopamin sind.
Aber jetzt mal ehrlich: Schaut doch mal auf eure Zeit in WoW zurück. Was habt ihr denn erreicht? Ein T9 Set und Gladiatortitel für 10 Chars? Was bringt das euch? Damit ihr in Dalaran rumposen könnt? Ihr hattet euren Spaß, klar. Den hatte ich auch. Aber lohnt sich das? Wenn ihr in 3-4 Jahren auf die Zeit zurückblickt, werdet ihr euch totärgern! Ihr werdet es bereuen, dass ihr mit eurem Leben und vor allem eurer JUGEND, nichts besseres angefangen habt, als den ganzen Tag vor diesem Spiel zu sitzen.
Seit ich kein WoW mehr spiele, hat sich mein Leben deutlich verbessert. Ich gehe wieder regelmäßig ins Fitnessstudio und habe beachtliche Erfolge. Ich verbringe viel mehr Zeit mit meinen Freunden, unternehme in meiner Freizeit wieder mehr Sachen, beschäftige mich wieder viel mehr mit Politik und Geschichte, auf der Uni läufts viel besser und vor allem: Meine Gedanken sind frei! Ich denke nicht ständig an dieses Spiel, bekomme kein Kribbeln mehr im Bauch, wenn ich nicht zocke und kann das tun, wonach mir ist.