Wer hat an der Uhr gedreht...?

Khanor

Dungeon-Boss
Mitglied seit
09.01.2008
Beiträge
674
Reaktionspunkte
0
Kommentare
1.795
Buffs erhalten
162
Nach hause gekommen bin ich etwa um 15:00 Uhr, dann habe ich noch Kleinigkeiten im Haushalt erledigt (Wäsche zusammen gelegt, ein Regalbrett angeschraubt) und mich schätzungsweise gegen 16:00 Uhr an die aktuelle Hausübung in Statik 2 begeben.

Um Beleuchtungs- und Heizenergie zu sparen habe ich mich dazu in "Yvonnes Zimmer" (das Schlafzimmer, wo ihr Schreibtisch steht - meiner steht im Wohnzimmer) begeben, samt Laptop und Unterlagen. Das hat auch nebenbei noch den praktischen Vorteil, dass man sich trotzdem noch irgendwie in der Beziehung miteinander beschäftigt, auch wenn man nicht miteinander spricht und sich auf grundlegend unterschiedliche Dinge konzentriert.

Für mich ist es zwar nicht bei allen Fächern möglich mich aufs Bett zu setzen, da es auf Dauer auch nicht unbegrenzt gemütlich ist (und ich mich abends nicht mehr aufs Ausstrecken der Glieder freuen kann, wenn ich schon 6+ Stunden eine Mulde hinein gesessen habe), aber wenn es machbar ist kann ich diese Lösung der Zweisamkeit nur jedem weiterempfehlen. Es verbreitet ein viel wohligeres Gefühl, wenn die bessere Hälfte in der Nähe ist :happy:

Ich wollte "mal eben" das Ding durchrechnen und mir heute abend vielleicht noch eine Stunde am Schlagzeug oder an der Wii gönnen, doch der Blick auf die Uhr zerstört dieses Trugbild meines Abends doch gewaltig. Es ist tatsächlich schon 20:00 Uhr und ich habe vielleicht die Hälfte geschafft...

Im Studium lernen wir, wie man all die schönen Dinge von Hand rechnet - nur um im Betrieb später nicht viel davon zu haben. Wenn man ein Haus von Hand durchrechnet ist man Wochen damit beschäftigt, die gängigen Computerprogramme benötigen aber "nur" alle Maße des Hauses und spucken kurz darauf alles aus, was man wissen muss.

Woran ich derzeit arbeite ist folgendes:

23186237.png


Was das ist? Nun... sagen wir mal es könnte z.B. ein Deckenbalken einer Halle sein. Die Halle hat an der Stelle drei Stützen und draußen ist noch ein Vordach dran.

Sieht wahnsinnig simpel aus, gebe ich zu. Gefragt sind die größten Stützenlasten, sowie die größten Momente (also Kraft * Hebelarm, Physikunterricht 8. Klasse lässt grüßen) zwischen und an den Stützen. Wenn man das heraus bekommt kann man den passenden Baustoff aussuchen. Beispielsweise.

Würde ich die Aufgabe in Stab2D (übrigens kostenlose Software von der Uni Hannover
biggrin.png
) eingeben hätte ich alle Lösungen für alle verschiedenen Lastmöglichkeiten wohl nach spätestens 15 Minuten, wobei die meiste Zeit noch die Eingabe der Maße und die Veränderung der Belastungen sein würde, das Rechnen dauert nur Sekundenbruchteile.

Aber das wäre ja zu einfach.

Mittlerweile dürfte es im Partykeller bei meinem Schlagzeug noch kälter sein als ohnehin schon, sodass ich mit Erfrierungen rechnen müsste. Im Wohnzimmer sind die Temperaturen derzeit auch nicht so berauschend, außerdem wollte ich das heute noch fertig machen, damit ich morgen oder Sonntag nur noch die dazugehörige Ausarbeitung schreiben muss.

Damit war es das dann wohl mit dem Abend.

Nein, ich will mich nicht beschweren, ich bin zufrieden damit
smile.png
Und mal ehrlich: wenn ich dafür eine Exceltabelle schreibe, die mir das gleich von den Ergebnissen der Musterlösung auf meine Ergebnisse umrechnet, nur weil ich drei Faktoren ändere und dann sogar andere damit nachvollziehen können, wie man so etwas rechnet ist das fast genauso geil wie spielen.
victory.gif


Trotzdem ein komisches Gefühl irgendwie... Es ist Freitag. Also nicht nur irgendein Abend, sondern einer an dem man feiern geht, fern sieht, zockt, liest oder sonst irgend etwas. Aber das gehört schon lang nicht mehr in den gängigen Standard bei mir, es ergibt sich einfach nicht.

Heute abend ist z.B. auch Erstsemester Party in der Fachschaft. Aus den letzten Jahren weiß ich... nichts. Ich war nicht da, denn es hat sich nicht ergeben. Diejenigen, die dort gewesen sind erinnern sich zwar daran, dass sie viel Spaß hatten, aber können ansonsten nichts berichten, da der Alkohol wohl doch zu sehr geflossen ist.

Abgesehen davon, dass ich hier zu tun habe und mich auch nicht unbedingt in Darmstadt abschießen möchte kommt noch ein kleiner, dummer Faktor mit dazu: ich habe morgen wieder ettliche Stunden Vorlesung.

Für viele junge Studenten, z.B. den Frisch-Abiturienten, ist das kein Hinderniss. Aber ich bin nicht mehr jung, zweitens sehe ich das alles etwas ernster und drittens ist es in Baurecht sowieso schon schwer genug wach zu bleiben, da passt mir Restalkohol und (noch mehr) Schlafmangel gar nicht.

Und ich habe einen entscheidenden Nachteil gegenüber den meisten meiner Konstruktiv-Kommilitonen: ich bin von Natur aus nicht mit sonderlich übermäßiger Intelligenz gesegnet. Ich bin nicht dumm, aber alles was ich bisher geschafft habe ist auf Engagement und Durchhaltevermögen zurück zu führen. Und das "Wissen", welches ich mir angeeignet habe, bleibt leider nur so lang in meinem Kopf, wie ich es regelmäßig brauche, danach ist es sofort weg und ich muss es mir neu anlernen.

Das klingt übertrieben? Nein, leider nicht, es ist die reine Wahrheit. Yvonne setzt großes Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten und ich werde mich weiterhin brauchbar durchbeißen, aber glücklicherweise hat sie mich noch mit keinem meiner aktuellen Beisitzer diskutieren sehen... Egal ob es um aktuell behandelte, frisch abgehandelte oder lang vergangene Themen geht: ich stehe da und werfe mit Halbwissen um mich, was auch noch halb falsch ist, während ich mein Gegenüber schlicht für Leistung und Wissen bestaunen muss.

Dementsprechend muss ich auch mehr tun als andere um das Wissen wenigstens für die Dauer des Semesters halbwegs abrufbereit zu halten.

Aber, hey, jetzt red ich schon wieder so komisches Zeugs, was keiner hören will und worüber ich mich auch gar nicht auslassen wollte :stop:

Der Abend schreitet weiter voran und wenn ich noch etwas schaffen will, egal in welcher Richtung, muss ich mich wohl etwas ran halten. Schließlich ist ein Open End heute nicht unbedingt angebracht und ich muss für morgen etwas Schlaf einholen.

Nächsten Samstag ist endlich mal keine Vorlesung... allerdings darf ich dafür dann nach Frankfurt und arbeiten. Für das erwähnte Bauwerksgutachten sind einige Probenentnahmen und Prüfungen vor Ort durchzuführen, die leider etwas laut sind. Da die Örtlichkeit noch mit Büros besetzt ist kann das nur, wie mir gestern mitgeteilt wurde, am Wochenende geschehen.

Oho-ho, ich wurde mittlerweile übrigens offiziell als "Tutor" bezeichnet. Mein Arbeitsvertrag läuft zwar schon seit fast einem Jahr auf dieser Bezeichnung, allerdings haben sich nun die Professoren doch mal dafür entschieden, mich auch so vorzustellen. In der Mail an die Stahlbau-Professoren erwähnte der Übungsleiter Dr. Schmidt mich mit diesem Titel, da ich ja dort die Übungen kontrolliere, der Statik-Prof stellte mich auch so vor.

Nunja, ich gebe keine Tutorien... Ich habe das für Tragwerklehre abgelehnt, da ich weiß, dass ich dafür doch nicht fit genug bin. Ich weiß, wo es klemmt, habe aber nicht die Zeit, das auszubessern. Also überlasse ich das lieber denjenigen, die zwar nicht vernünftig sprechen und erklären können und sozial für die Tonne sind, aber es wenigstens fachlich drauf haben.

Aber mein Ego freut sich trotzdem darüber
tongue.png
 
Irgendwann mal saß ich in Omas Küche, habe mich mit Muttern unterhalten. Ich weiß noch exakt, welche meiner kurzlebigen Spielideen ich in TurboPascal programmiert habe. Ich hatte meine erste PC Games damals, die mit Age of Empires auf dem Cover, das war... 1999? 1997? Und ich wollte die Spielidee fertigbasteln und dann als Leser-Game auf eine der PC Games beiliegenden CDs gebrannt wissen; und äußerte Muttern, im Beisein von Oma, meine Zweifel, ob das gut genug ist.

Und da mischte sich Oma ein, mit erhobenem Zeigefinger (und ich schätze, du kennst den erhobenen Zeigefinger immer noch und genauso gut wie ich):

"Hör mal, du musst dir immer sagen: Was die können, kann ich schon lange."

Und dasselbe sage ich dir jetzt:

Hör mal, du musst dir immer sagen: Was die können, kann ich schon lange. Das hat schon damals deine Oma zu mir gesagt!
 
Respekt vor so viel Ehrgeiz, denke den Lohn wirst Du trotzdem ernten. Auch wenn vorerst nicht mit Geld. ;-)
 
Zurück