Die Sterne über Dalaran - Part 1

Melian

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Die Sterne über Dalaran

Erster Abschnitt.

Es war unüblich, dass die Sonne derart auf Dalaran niederbrannte, und die Temperaturen auf ein erträgliches Mass hochheizte. Seit die Magier der Kirin Tor unter der Aufsicht des obersten Magiers Rhonin die Stadt in den eisigen Norden Nordens überführt hatten, und sie dort über dem Kristallsangwald thronte, waren die Tage meistens eher frostig und die Nächste eiskalt. Selten schien die Sonne, doch wenn sie es tat, wärmte sie die Umgebung auf angenehme Temperaturen.
Die hochgewachsene Quel´dorei Ylaria Silbersang blickte in den Himmel, als sie wie üblich von der zweiten Nachmittagsstunde bis in den späten Abend Wachdienst schob. Neben ihr stand Verian Himmelswispern, der es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, die Kunden zu mustern, die das Gasthaus „Zum gefeierten Helden“ in der Silberbundzuflucht in Dalaran besuchten. Sie musste schmunzeln, als sie ihn dabei ertappte, wie er einen offensichtlich betrunkenen Menschen dabei beobachtete, wie der von seinem zwergischen Gefährten noch mehr besoffen gemacht wurde, und der ihm gleichzeitig mit immer abstruseren, halblegalen Wetten das Geld aus der Tasche zog. Allerlei Gestalten zogen während einem dieser belebten Nachmittage auf der Strasse vor ihnen vorbei, und sie hatten einfach die Aufgabe, zu sehen, dass niemand unbefugtes die Räumlichkeiten betrat, allen voran die Hordischen Geschöpfe. Sie schüttelte kurz den Kopf. Zum Glück waren diese gut zu enttarnen, denn ihre Körpergestalt und ihr teilweise arg strenger Geruch liessen kaum eine Tarnung je glücken. Selbst magische Tarnungen konnte die Quel´dorei gut durchschauen.
Sie zupfte ihren Wams zurecht, der das Zeichen des Silberbunds trug, und straffte sich. Es würde noch ein langer Nachmittag werden. „Verian“, sagte sie zu dem Elfen, der neben ihr stand, und dessen silbrig-blonde Haare in der Nachmittagssonne schienen. „Hör auf, Leireth anzustarren und konzentrier dich“. Links neben ihnen, vor dem Portalraum der Allianz, standen ebenfalls noch einmal zwei Wachen, eine davon war die hübsche Leireth, und Verian war hoffnungslos in sie verschossen, obwohl sie sein Werben deutlich, aber höflich zurückwies. Verian rollte mit den Augen, und blickte sie kurz an, dann wanderten seine Augen wieder über die Strasse, und er seufzte tief und etwas theatralisch. Ylaria seufzte ebenfalls. Das würde ein langer Nachmittag werden. Lang und nervenaufreibend. Sie konnte nur hoffen, dass Verian heute seine Schweige-Phase hatte, und sie nicht die ganze Zeit seinem Gequatsche zuhören musste.
Sie straffte sich etwas, und stellte den Stab, den sie trug, aufrecht vor sich hin.


„Herr Sonnenhoffnung, seid Ihr endlich soweit?“
Energisches Klopfen riss ihn aus seinen Gedanken. Natürlich. Die Dienstmagd. „Gleich, gleich, Lady.. Ich bin noch am Packen“, rief er und hoffte, man hörte es gut durch die Tür. Es war nicht einmal gelogen. Dairean liess seinen Blick durch den Raum schweifen. Auf dem etwas zu prunkvollen Himmelbett lagen seine wenigen Habseligkeiten, die er mit sich führte, zu einem Bündel geschnürt. Er würde es später bei Arille Azurlicht in Verwahrung geben, dem Verwalter des Zauberkastens, dem neutralen Gasthaus der Magierstadt Dalaran. Erneut blickte er kurz in den Spiegel, und strich sich über das Gesicht und belegte sein Gesicht mit einer kleinen magischen Illusion. Er grinste, als er sich selber nun aus strahlend blauen anstatt den üblichen, felgrünen Augen anschaute, dann durchquerte den Raum mit einem grossen Schritt. Er hörte, wie die Dienstmagd noch einmal an der Tür rüttelte, die – natürlich – versperrt war, und dann mit einem ziemlich wüsten Fluchwort ihr Aufgeben Kund tat. Dairean verzog sein Gesicht zu einem Grinsen, während er die diversen Waffen sorgfältig in diversen Teilen seiner Rüstung verstaute, die aus einfachem Leder und zweimal verstärktem und gefüttertem Stoff bestand. Er prüfte jede einzelne Schnürung doppelt, ebenso wie den Sitz der Waffen. Heute musste alles perfekt laufen. Den letzten Dolch schob er in eine dafür vorgesehene Halterung am Fussknöchel, die in den ledernen Stiefel hineinreichte. Von aussen kaum zu sehen, und eine perfekte Waffe, vor allem, da sie mit dem Gift einer Riesenspinne aus den Wäldern von Lordaeron eingeschmiert war. Lordaeron, murmelte er leise. Er korrigierte sich. „Silberwald“. Als auch diese Waffe verstaut war, griff er zu seinem Meisterstück, einem magiegewobenen Umhang, der ihm einmal um den ganzen Körper reichte, wenn er wollte. Von einfachem, unscheinbarem Braun bedeckte er den Träger, und die Magie machte ihn zwar nicht unsichtbar, aber unscheinbar. Er war perfekt für sein Vorhaben. Die Kapuze konnte man tief ins Gesicht ziehen, und dennoch liessen sich zwei Aussparungen für die langen, elfischen Ohren öffnen, womit man ihn immer noch als Elf identifizieren könnte. Oder in seinem Fall als Quel´dorei. Er blickte auf das Bündel, welches immer noch auf dem Bett lag, und hob es hoch, schulterte es, und verliess endlich den Raum, den er sich für eine Nacht gemietet hatte. Als er es bei Arille Azurlicht abgegeben hatte, und versprach, später wiederzukommen, um es zu holen, dem weisshaarigen Elfen mehrere Goldstücke in die Hand drückte, trat er schliesslich aus dem Zauberkasten.
Er blickte hoch in die Sonne, und zog einen kleinen Beutel hervor, den er für diese Zwecke am Gürtelbund befestigt hatte, als eines der wenigen Dinge, die lose hinunter hingen, und nicht unbedingt einen festen Platz hatten. Er wanderte langsam und gemächlich, wie es die Bürger Dalarans taten, die Strassen hinunter und kurz vor dem Springbrunnen in der Mitte der Stadt hielt er inne, und rieb sich etwas von dem getrockneten Pulver aus dem Beutel auf das Zahnfleisch. Sofort tat seine Spezialmischung aus Blutdisteln und diversen anderen Kräutern seine Wirkung, und er fühlte sich berauscht, aber er hatte die Dosis sehr genau abgestimmt. Er war kein Distelsüchtiger, doch in manchen Situationen half ihm eine kleine Dosis des Krauts, klarer zu denken.
Er straffte sich, und dann führten ihn seine Schritte in die Richtung, in die er zu gehen hatte, um seinen Auftrag auszuführen. Die Sonne schien ihm in den Rücken, und er deutete es als gutes Omen. Die Sonne war ihm gnädig.
Er lächelte.
 
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