Millijana
Rare-Mob
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Hier denn dann Kapitel 2.
Viel Spaß beim Lesen
Befehle
Zwei Monate später war es Shepard, die James Vernunft eintrichterte. Und das in wesentlich lauterem Tonfall. Aber so wütend, wie er war und sich vor ihr aufbaute, konnte sie ihn nur beeindrucken, wenn sie bedrohlicher war als er.
Nein, es gefiel ihr nicht, dass sie sich gerade auf dem Weg, zur Citadel befanden. Und ja, auch sie wollte die Erde nicht verlassen. Es fühlte sich an, als würde sie jeden einzelnen dort im Stich lassen. Anderson allen voran. Er war nicht nur ihr Vorgesetzter und ihr Mentor, sondern auch ein guter Freund. Aber an dem was er gesagt hatte, war etwas dran. Sie würde mehr erreichen, wenn sie Hilfe holte, als wenn sie auf der Erde Husks und anderes Reaper-Getier zermatschte.
James ließ sie wieder stehen. Jedoch war er diesmal derjenige, der nicht weiter mit ihr sprechen wollte. Und sie diejenige die ihm nachsah bis Joker sie auf eine Nachricht von Hackett hinwies.
Die Mars-Archive. Was gab es dort, das ihnen helfen sollte? Sie verstand es nicht, aber sie verstand, dass sie Hacketts Befehlen folgen sollte. Dass es im Moment das Einzige war, was in dem Chaos Sinn machte und ihr ein gewisses Maß an Sicherheit gab.
So sehr sie sich hier Mühe gab ihre Rolle zu erfüllen und ihr altes Ich wieder aufzunehmen, so sehr verbarg sie auch, dass sie keine Ahnung hatte, was sie tun sollte. Den Rat überzeugen. JA sicher, weil sich das in der Vergangenheit als so einfach erwiesen hatte. Der gute Rat und seine imaginären Gänsefüßchen und der Rat und seine freundlichen Hilfsangebote. Sicher, das war ein richtig guter Plan. Leider Gottes war es im Moment der Einzige, den sie hatten. Abgesehen vom Mars. Es gab ihr ein wenig Zeit Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Sie konnte sich auf anderes Konzentrieren, als diese seltsame Crew-Situation in der sie sich befand.
Kaidan, der nun ihr Vorgesetzter war, aber im Grunde doch unter ihrem Kommando diente. Sie hatten nie die Gelegenheit erhalten ihren Zwist zu begraben, oder aber Klarheit in ihre Freundschaft zu bringen. Waren sie noch Freunde? War er noch der Loyale Waffengefährte? Oder war das Misstrauen zu groß? Er hatte sich nicht bei ihr gemeldet, als sie in Gewahrsam gewesen war. Gekonnt hätte er es sicherlich. Er hatte damals auch die Sicherheit von Cerberus überwunden. Sie sah auf ihre Rüstung, die hier auf der Werkbank lag.
Mars? Warum Mars?
Sie drehte sich kaum um als sie ihm antwortete. Ich weiß es nicht. Aber wenn Hackett uns dorthin schickt, wird es einen Grund geben. Seht zu, dass ihr euch fertig macht.
Als sie das wohlig vertraute Gefühl ihrer Rüstung fühlte, die Waffen in ihren Holstern, fühlte sie sich wieder vollständig. Es gab nun nur noch eines, was sie gerade gedanklich ablenkte. Sie musste das aus der Welt schaffen, ehe sie auf dem Mars ankamen. Sie musste sich auf die beiden vollkommen verlassen können.
Von Kaidan wusste sie, dass er ein Profi war, sie kannte ihn zu lange, hatte zu eng mit ihm zusammengearbeitet, als dass sie befürchten musste, dass die Sache die zwischen ihnen stand ihre Arbeit beeinflussen würde. Sie mussten das klären, aber das konnte warten. Auf dem Weg zur Citadel hatten sie genug Zeit.
Lieutenant Vega?
Jep?
Mitkommen. Ihr Tonfall war ein Befehl. Klar und deutlich, kompromisslos. Ja, sie war wieder sie selbst. Kaidan warf ihr einen Blick von der Arbeitsbank aus zu. Er wusste, dass ihr Tonfall nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er hatte ihn nicht nur einmal gehört und war jedes Mal froh gewesen, es nicht am eigenen Leib erfahren zu müssen, wie es war so von ihr angesprochen zu werden.
Sie wartete am Aufzug auf ihn und deute ihn einzutreten, ehe sie ihm folgte.
EDI? Den Aufzug sperren.
Jawohl, Shepard, erklang die körperlose Stimme der Schiffs-KI.
Erst dann drehte sie sich zu Vega um und funkelte ihn mit ihren dunklen Augen an. Was sollte das?
Er sah sie abwägend an, sagte aber nichts.
Falls es nicht zu deinem Schädel durchgedrungen ist, so helfe ich dir gerne dabei: Es war ein Befehl die Erde zu verlassen und uns auf den Weg zur Citadel zu machen. Genauso, wie es ein Befehl von Hackett war, dass wir Kurs auf den Mars nehmen. Sie machte eine Pause und einen drohenden Schritt auf ihn zu. Und nun gebe ich dir einen Befehl, denn es steht wieder in meiner Macht das zu tun: Reiß dich verdammt nochmal zusammen, Vega! Niemandem hier fällt es leicht zu gehen, aber es ist ein verdammter Befehl, der, so schwer zu begreifen es im Moment auch sein mag, Sinn macht.
Commander , setzte er an, wurde von ihr aber unterbrochen.
Spar es dir! Ich habe keine Ahnung, was uns da auf dem Mars erwartet, aber Hackett würde uns nicht dort hinschicken, wenn nicht mit einem Haufen Ärger zu rechnen wäre. Und da brauche ich dich bei Verstand und konzentriert. Ich muss mich auf dich verlassen können und nicht befürchten müssen, dass dich deine Wut übermannt. Konzentrier dich auf die Mission!
Sie hob einen drohenden Finger, den sie auf ihn richtete. Ich erwarte Professionalität von dir und kein Rumgeheule, weil dir ein Befehl nicht gefallen hat. Dafür bist du zu sehr Marine, als dass du dich so verhalten solltest. Ich bin dein kommandierender Offizier und wenn dir das nicht passt kannst du dich beschweren. Fang beim Major an, der wird dir sagen können, dass ich keine Geduld für sowas habe. Er wird dir auch erklären können, dass wir voneinander abhängig sind und jeder von uns bei der Sache sein muss. Du willst zurück zur Erde? Fein, wie ich bereits sagte, steht es dir frei die Normandy auf der Citadel zu verlassen und zu sehen, dass du einen Rückflug findest. Aber bis dahin, will ich so etwas wie eben nicht noch einmal sehen. Wir haben Befehle von Admirals erhalten, und ich bin Commander und du Lieutenant; wenn dir die Befehlskette etwas sagt, so wird dir klar sein, was wir zu tun haben. Verstanden?
Er nickte einmal. Zur Hölle, er hatte verstanden. Aye.
Dann sieh zu, dass du da raus gehst und dich fertig machst, James. EDI? Aufzug wieder freigeben. Sie warf James noch einen Blick zu, als er hinaus ging und blieb selbst wo sie war.
Sie wartete, bis die Türen sich schlossen und lehnte sich dann gegen eine der Wände und schloss ihre Augen für einen Moment und atmete tief durch.
Sie war harscher gewesen, als sie gewollt hatte. Aber sie wollte nicht die Leben der beiden Männer riskieren, weil James nicht bei der Sache war. Sie konnte seinen Rücken sicher decken, aber wer achtete auf Kaidan? Es war nicht oft nötig für ihn einzuspringen und sie ging davon aus, dass es mehr als nur einen Grund gab, dass er befördert worden war, dennoch, war es ihre Aufgabe auf ihr Team zu achten. Sie hatte das Kommando und sie hatte nicht vor zuzulassen, dass sie draufgingen.
Sicher verstand sie ihn, sie fühlte sich genauso, wie er sich gerade dargestellt hatte im Shuttle Bay. Aber sie musste ein Vorbild sein. Es war ihre Aufgabe dieses kleine Team zusammen zu halten.
Und von all dem abgesehen hatte Hackett gesagt Liara würde in den Mars Archiven sein. Liara war alles andere als Hilflos und ihre Position als Shadow Broker hatte ihr auch die nötige Härte gegeben um alles zu nutzen, was ihr zur Verfügung stand, aber sie blieb dennoch eine einzelne Person, gegen Gott weiß was für eine Übermacht. Sie war eine Freundin, die es zu retten galt; mal wieder. Sie musste etwas darüber grinsen, zwang das aber wieder zurück, ehe sie den Aufzug verließ.
Sie war so angepisst, als sie diesem dämlichen Mech hinterher rannte. Ein Mech, oder eine KI, weiß der Geier, der ihre Daten gestohlen hatte. Wichtige Daten, die sie brauchen würde. Sie musste sicherstellen, dass Cerberus sie nicht bekam. Sie wich immer wieder den Plasma-Projektilen dieses Dinges aus.
Daten, nach denen Liara über Monate gesucht hatte, um irgendwelche Entwürfe der Protheaner aus dem Hut zu zaubern, die ihnen dabei helfen sollten die Reaper zu zerstören. Und Cerberus durfte sie unter keinen Umständen bekommen. Darum war Liara hier auf dem Mars gewesen, darum hatte Hackett sie hierher geschickt um Liara einzusammeln und zu beschützen. Damit es unter keinen Umständen in die falschen Hände fiel oder es zerstört werden konnte, bevor, die Alliance eine Kopie davon besaß.
Und diese besagten Daten rannten nun vor ihr auf der beschissenen Landeplattform dieser noch beschisseneren Forschungsstation davon
Sie schrie in ihr Headset als der Mech von einem Shuttle eingesammelt wurde und sie auf dem Weg waren den Mars und die Archive zu verlassen.
Sie sah ihren eigenen Kodiac angeflogen kommen war sich aber sicher, dass es zu spät war. Doch James überraschte sie, in dem er mit voller Kraft auf das andere Shuttle zuhielt, dass gerade weitere vier Meter zwischen sich und die Landeplattform brachte.
Als sie erkannte, was James vorhatte und dass sie, Kaidan und Liara in Gefahr waren rief sie noch in ihr Headset, doch durch den Sturm war sie sich nicht sicher, ob sie gehört worden war. Sie fluchte, doch sie hörte James plötzlich über ihr Headset, dass er die Sache im Griffe hatte. Unter Dinge im Griff haben verstand sie etwas anderes, aber die Daten würden den Mars nicht verlassen; Kaidan hatte den Upload verhindert und James hinderte das Shuttle vom Verlassen des Planeten.
Sie wichen den abstürzenden Shuttles aus und Shepard versuchte sofort festzustellen ob es Verletzte in ihrem Team gab, aber Kaidan war schon wieder auf den Beinen und winkte ab, als Shepard auf ihn zukam und helfen wollte. Es war alles in Ordnung und er würde sich um Liara kümmern, die auf der anderen Seite des Crashs in Deckung gegangen war.
Shepard selbst ging dann zur Türe des Shuttles und sah dass James bereits auf dem Weg nach draußen war. Sie sah ihn durch den Visor im Helm grinsen und sie konnte nicht anders als das zu erwidern. Er war wohl auf und er hatte ihrem Hilferuf folgegeleistet. Sie war sich nicht sicher, ob sie wütend über die Waghalsigkeit seiner Aktion war, oder einfach nur froh ihn gesund zu sehen.
Sie klopfte ihm gerade auf dem Oberarm, als sie ein lautes Scheppern ertönte und sie Fetzen von Kaidans Stimme über das Headset hörte.
Shepard hechtete um den Kodiak herum und sah, wie der Mech Kaidan an seinem Helm ergriffen hatte und ihn immer wieder gegen das brennende Cerberus Shuttle schlug.
Sie hörte sich selbst, wusste aber nicht, was sie sagte. Ihre Gedanken setzen aus und sie handelte, sie musste den Mech ausschalten.
Der Mech reagierte auf ihre Schüsse, ließ Kaidan auf den Boden sinken und kam auf sie zu gerannt, bis es schließlich vor Shepard auf dem Boden fiel. Sie steckte sofort ihre Waffe weg und deutete James das Ding aufzuheben. Sie sagte ihm das auch, aber sie war sich nicht sicher, wie gut die Kommunikation bei dem noch immer schlimmer werdenden Sturm funktionierte. James schien sie aber verstanden zu haben, was Shepard dazu veranlasste sich wieder auf Kaidan zu konzentrieren. Sie sah, wie sich seine Nasenflügel aufblähten, als sie ihn herumdrehte. Sie konnte auch ein leichtes Stöhnen über das Headset hören, als sie ihn aufhob.
Sie fühlte die Panik am Rande ihres Bewusstseins. Ihr erster Einsatz und dann wurde ausgerechnet Kaidan verletzt. Sie hatten kein ausgebildetes medizinisches Personal an Board.
Wie hatte sie das nur zulassen können. Auf dem Weg zum Med Bay rotierten ihre Gedanken. Sie sagte sich immer wieder, dass sie Soldaten waren, dass sie wussten, dass so etwas passieren konnte, aber das ließ sie sich nicht besser fühlen. Im Gegensatz. Es war ihre Aufgabe gewesen ihr Team zu beschützen.
Sie war wütend. Hätte James nicht.. nein, sie hatte ihm den Befehl gegeben, zu handeln und das zu tun, wozu er ausgebildet worden war; wozu sie alle ausgebildet worden waren: Den Job erledigen. Sie hatte über ihr Headset fast darum gefleht, dass jemand irgendetwas unternehmen würde. Und genau das hatte er getan. Sie alle hatten gedacht, dass der Mech bei dem Absturz zerstört worden war.
Es war ihre Aufgabe gewesen, sich selbst davon zu überzeugen und nicht James für ein waghalsiges Unternehmen zu gratulieren. Sie hatte sich gehen lassen und war unkonzentriert gewesen. Und das Ergebnis dessen lag nun vor ihr auf dem Untersuchungstisch. Bewusstlos. Hämatome bildeten sich bereits um seine Augenlieder. Vermutlich Frakturen im Bereich des Schädels.
Sie tat dies nicht oft, aber sie betete, dass er das überstehen würde. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt ihm zu beweisen, dass er ihr vertrauen konnte. Sie wollte nicht, dass er starb. Wäre sie schneller bei ihm gewesen, hätte James ignoriert und sich um ihn und Liara gekümmert Dann hätte sie nicht mitbekommen, falls James verletzt gewesen war.
Sie konnte nicht alle retten. Egal, wie sehr sie das wollte. Sie hatte es satt Tot und Verderben zu sehen. Sie sie hatte vor allem egoistische Gründe so zu denken. Sie wollte selbst nicht mit dem Wissen leben, dass Kaidan ihr nicht vertraute. Sie wollte ihren Freund am Leben wissen, damit sie sich besser fühlte. Er hatte es nicht verdient zu sterben. Es war ihre Schuld, wenn er seinen etwas romantischen aber begründeten Traum von einer Frau, die ihn liebte und schätzte nicht in die Tat umsetzen konnte.
Sie hätte ihm gerne bewiesen, dass seine Zweifel an ihr unbegründet waren. Dass er ihr vertrauen konnte. Dass sie noch immer sie selbst war. Der Stich, den ihr seine Anschuldigungen versetzt hatten war noch immer zu spüren. Und er hatte nicht Unrecht. Es war ein auffälliger Zufall, dass sie ausgerechnet hier auf Cerberus trafen. Okay, ja er hatte Unrecht, aber sein Misstrauen war begründet und zu einem gewissen Teil nachvollziehbar. Er konnte nicht so einfach nachvollziehen wie man die Seiten wechseln konnte. Er hatte noch immer nicht verstanden, dass sie nie auf Seiten von Cerberus war, sondern sie boykottiert hatte, wo sie konnte.
Sie hatte einen Moment darüber nachgedacht, als sie den misshandelten Soldaten gefunden hatten und er angewidert gefragt hatte, ob Cerberus das auch mit ihr gemacht hatte. War es Sorge um sie? Oder um die Alliance?
Liara riss sie aus ihren Gedanken und Ella gab den Befehl die Citadel anzureisen. Ihr ursprünglicher Plan, Liara einsammeln und den Rat über das neue Wissen informieren.
Hackett erwartete sie bereits im Comm-Raum. Er erinnerte sie auch noch einmal daran, dass Kaidan ein Marine war. Ja, ging es ihr durch den Kopf, das macht diese ganze Scheiße auch nicht besser.
Liara wirkte besorgt, als die beiden miteinander sprachen. Ella war abweisend. Sie wollte nicht mehr hören, dass sie nichts dafür konnte. Verdammt es war ihre Aufgabe gewesen. Und sie hatte wieder einmal eine Entscheidung getroffen, die Folgen für ein Crewmitglied hatte.
Sie hatten das Sol-System bereits verlassen, als sie zurück in ihre Kabine ging und versuchte ein wenig zu schlafen. Liara hatte anklingen lassen, dass es günstiger wäre, wenn sie dem Rat etwas ausgeschlafener entgegentreten würde.
Und sie hatte nicht ganz Unrecht. Schlecht gelaunt, war sie noch unerträglicher als gewöhnlich.
Sie träumte. Ebenso düster und trostlos, wie ihre Gedanken gewesen waren, als sie sich so wie sie war auf der Bett gelegt hatte.
Als sie aufwachte fühlte sie sich erschlagener als zuvor und bereute, dass sie stattdessen nicht anderes getan hatte. Zum Beispiel an Kaidans Liege sitzen. Alles wäre sinnvoller gewesen, als ein Traum in dem sie einem Hirngespinst und ihren Entscheidungen hinterherrannte, die sie bereute und mit denen sie nie wieder in ihrem Leben Frieden schließen würde. Sie war sich nicht sicher, ob das nicht die ersten Anzeichen dafür waren, dass sie den Verstand verlor, schob das aber beiseite und beschloss hinunter ins Med Bay zu gehen und nach Kaidan zu sehen.
Sie kam nicht weit, weil sie noch vor dem Aufzug erst von Liara und dann von Specialist Traynor abgefangen wurde.
Erstere versuchte sie noch einmal zu beruhigen und Ella lenkte diesmal auch ein und gab zu, dass sie nicht gut geschlafen hatte.
Traynor hingegen informierte sie über all den irrelevanten Mist, der an der Normandy im vergangenen halben Jahr verändert worden war. Shepard tat interessiert und sah sich alles an, versuchte aber nicht einmal sich auch nur einen Teil davon zu merken. Wenn sie sich auf ihrem Schiff verlief, würde sie sicher bald jemand suchen kommen.
Trynor selbst war nett und Shepard war freundlich, auch wenn ihr nicht danach zumute war. Es war fast niedlich, wie sie über EDIs wirklicher Identität überrascht war und sich für ihre Aussage über EDIs Stimme entschuldigte. Shepard stimmte Traynor im Stilen jedoch zu. Cerberus hatte tatsächlich eine attraktive Stimme für die AI ausgesucht gehabt.
Shepard ging in die leere Messe und setzte sich dort an den Tisch. Es war seltsam, wenn hier kein Betrieb herrschte. Sicher die Normandy war kein besonders großes Schiff, aber dennoch fand man gewöhnlich immer ein oder zwei Leute der Crew hier. Sie konnte Kaidan von hier aus sehen und seufzte. Sie hatten oft hier gesessen und sich unterhalten. Liara war jetzt wieder bei ihm und überwachte seine Vitalwerte. Sie lächelte Shepard zu, als sich ihre Blicke kreuzten. Und Shepard bemühte sich das zu erwidern. Liara wollte ihr Mut machen. Doch auch der Asari gelang es nicht, die Sorge völlig aus ihrem Gesicht zu verbannen. Es hatte sich offenbar nichts verändert.
Shepard schreckte auf, als jemand eine Tasse Kaffee vor ihr abstellte.
Siehst aus, als könntest du das gut gebrauchen, kommentierte James ihren Blick.
Sie sah noch einmal zu der Tasse und dann wieder zu James, der neben ihr stehen blieb. Danke. Ja, schaden kann er jedenfalls nicht.
Er hat ordentlich was abgekriegt, der Major.
Sie nickte und seufzte. Ja. Ich hoffe er ist so zäh, wie ich ihn in Erinnerung habe.
James nickte und schlürfte einen Schluck aus seiner Tasse. Ella merkte, dass er zögerte etwas zu fragen. Er sah sie mehrmals aus dem Augenwinkel an und sah dann wieder weg, zum Med Bay.
Frag, wenn du es wissen willst. Sie sah ihn direkt an, als er seinen Kopf zu ihr drehte.
Warum glaubt er dir nicht?
Ihr entging nicht, dass er weiter über Kaidan in der Gegenwart sprach und sie wusste es zu schätzen. Die Sache mit Cerberus?
James nickte.
Sie schnaubte lächelnd. Nicht, weil es witzig war, sondern, weil sie es verstand und ein Außenstehender nicht. Sie musste lächeln, weil es James interessierte. Es ging ihn nichts an, und doch hatte er den Arsch in der Hose zu fragen. Es geht nicht darum, ob er mir glaubt. Ich bin mir sehr sicher dass er das tut. Er glaubt, dass ich es glaube. Ihm geht es aber um vertrauen. Ich glaube, dass ich auch noch ich selbst bin; meistens zumindest. Er kann das nicht so einfach. Wir haben damals zusammen gesehen, was Cerberus tut, haben sie erschossen, sie festgenommen, ohne Reue. Weil es richtig war. Sie machte eine Pause. Für Kaidan sind viele Dinge schwarz und weiß. Cerberus ist eine Sache davon. Sie experimentieren an Menschen und vor allem an Kindern. Er hätte sich selbst aus der Luftschleuse geworfen, ehe er mit ihnen gearbeitet hätte.
James schnaubte ungläubig.
Er kann mir nicht vertrauen, weil er dachte, dass ich es ähnlich sehe. Scheiße, ich hatte es selbst gedacht, bevor ich von den Toten auferstanden bin. Sie schüttelte ihren Kopf. Aber so einfach ist das nicht. Auch für ihn. Wenn man gesehen hat, wie ein Mensch stirbt, ein Freund, und er dann zwei Jahre später vor einem steht, ist es nicht so einfach zu glauben, dass er es wirklich ist und nicht nur irgendein Klon.
Er hätte dich einfach etwas fragen können, dass nur ihr beide wisst.
Sie lächelte wieder, humorlos. Cerberus ist ähnlich gruselig, wie der Shadow Broker. Nur, dass sie es immer für persönliche Vorteile nutzen. Sie wissen alles und was sie nicht wissen bekommen sie in der Regel schnell ras. Sie haben Agenten in allen Position und Ämtern.
Ja, allerdings, antwortete er grimmig. Er schien seine Erfahrungen mit ihnen zu haben.
Rückblickend ist es wahrscheinlich, dass jemand von ihnen am Bau der ersten Normandy beteiligt war und sie verwanzt hat. Somit hätten sie alles gewusst, jedes Detail, jedes Gespräch. Ich glaube, das einzige, was sie nicht über mich wissen, sind meine Jahre auf der Erde. Also alles was vor der Alliance kam. Und ich glaube er hätte es damals auf Horizon eh nicht geglaubt. Ich wollte es jetzt, auf dem Weg zur Citadel mit ihm klären.
Dann machst du das eben später, wenn er wieder auf dem Damm ist.
Sie lächelte ihn halbherzig an. Ja, ich werde mich wohl gedulden müssen.
James sah sie noch einen Moment nachdenklich an ehe er noch einen Schluck von seinem Kaffee nahm.
Auch Ella nahm nun ihre Tasse hoch und sah hinein. Schwarz. Er hatte nicht mal gefragt, wie sie ihn trank. Vermutlich gut geraten.
Sie verzog ihr Gesicht nach dem ersten Schluck und erinnerte sich daran, dass der Kaffee auf Schiffen gewöhnungsbedürftig war. Und nachdem sie auf der Erde zuletzt vergleichsweise guten Kaffee getrunken hatte, würde es wieder eine Weile dauern, bis sie den Kaffee zu schätzen wissen würde. Oder aber noch ein wenig mehr Stress, dann war es ihr scheißegal, was sie trank, Hauptsache es enthielt Koffein; ihr wurde nachgesagt, sie würde auch Teer trinken.
Shepard, ETA T-30, kam Jokers Stimme über die Lautsprecher über ihnen in der Decke.
Ella erhob sich aus dem Stuhl und hob die Tasse zu James, als würde sie ihm zuprosten. Danke für den Kaffee, James.
Jederzeit.
Sie lächelte und ging dann zum Aufzug um sich umzuziehen und bereit zu sein, wenn sie die Citadel erreichten. Auch, wenn die ruhige Stimmung auf dem Schiff einem etwas anderes vorgaukelte, so waren sie in Zeitdruck. Aber sie hatte sich abgewöhnt wie ein aufgescheuchtes Huhn über die Decks zu laufen und sich und ihre Crew verrückt zu machen.
Das half ihr nicht und auch sonst niemandem. Ruhe bewahren. Immer. Kontrolle über die Situation, war ihr Schlüssel. Und die musste sie zurück gewinnen.
Viel Spaß beim Lesen
Befehle
Zwei Monate später war es Shepard, die James Vernunft eintrichterte. Und das in wesentlich lauterem Tonfall. Aber so wütend, wie er war und sich vor ihr aufbaute, konnte sie ihn nur beeindrucken, wenn sie bedrohlicher war als er.
Nein, es gefiel ihr nicht, dass sie sich gerade auf dem Weg, zur Citadel befanden. Und ja, auch sie wollte die Erde nicht verlassen. Es fühlte sich an, als würde sie jeden einzelnen dort im Stich lassen. Anderson allen voran. Er war nicht nur ihr Vorgesetzter und ihr Mentor, sondern auch ein guter Freund. Aber an dem was er gesagt hatte, war etwas dran. Sie würde mehr erreichen, wenn sie Hilfe holte, als wenn sie auf der Erde Husks und anderes Reaper-Getier zermatschte.
James ließ sie wieder stehen. Jedoch war er diesmal derjenige, der nicht weiter mit ihr sprechen wollte. Und sie diejenige die ihm nachsah bis Joker sie auf eine Nachricht von Hackett hinwies.
Die Mars-Archive. Was gab es dort, das ihnen helfen sollte? Sie verstand es nicht, aber sie verstand, dass sie Hacketts Befehlen folgen sollte. Dass es im Moment das Einzige war, was in dem Chaos Sinn machte und ihr ein gewisses Maß an Sicherheit gab.
So sehr sie sich hier Mühe gab ihre Rolle zu erfüllen und ihr altes Ich wieder aufzunehmen, so sehr verbarg sie auch, dass sie keine Ahnung hatte, was sie tun sollte. Den Rat überzeugen. JA sicher, weil sich das in der Vergangenheit als so einfach erwiesen hatte. Der gute Rat und seine imaginären Gänsefüßchen und der Rat und seine freundlichen Hilfsangebote. Sicher, das war ein richtig guter Plan. Leider Gottes war es im Moment der Einzige, den sie hatten. Abgesehen vom Mars. Es gab ihr ein wenig Zeit Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Sie konnte sich auf anderes Konzentrieren, als diese seltsame Crew-Situation in der sie sich befand.
Kaidan, der nun ihr Vorgesetzter war, aber im Grunde doch unter ihrem Kommando diente. Sie hatten nie die Gelegenheit erhalten ihren Zwist zu begraben, oder aber Klarheit in ihre Freundschaft zu bringen. Waren sie noch Freunde? War er noch der Loyale Waffengefährte? Oder war das Misstrauen zu groß? Er hatte sich nicht bei ihr gemeldet, als sie in Gewahrsam gewesen war. Gekonnt hätte er es sicherlich. Er hatte damals auch die Sicherheit von Cerberus überwunden. Sie sah auf ihre Rüstung, die hier auf der Werkbank lag.
Mars? Warum Mars?
Sie drehte sich kaum um als sie ihm antwortete. Ich weiß es nicht. Aber wenn Hackett uns dorthin schickt, wird es einen Grund geben. Seht zu, dass ihr euch fertig macht.
Als sie das wohlig vertraute Gefühl ihrer Rüstung fühlte, die Waffen in ihren Holstern, fühlte sie sich wieder vollständig. Es gab nun nur noch eines, was sie gerade gedanklich ablenkte. Sie musste das aus der Welt schaffen, ehe sie auf dem Mars ankamen. Sie musste sich auf die beiden vollkommen verlassen können.
Von Kaidan wusste sie, dass er ein Profi war, sie kannte ihn zu lange, hatte zu eng mit ihm zusammengearbeitet, als dass sie befürchten musste, dass die Sache die zwischen ihnen stand ihre Arbeit beeinflussen würde. Sie mussten das klären, aber das konnte warten. Auf dem Weg zur Citadel hatten sie genug Zeit.
Lieutenant Vega?
Jep?
Mitkommen. Ihr Tonfall war ein Befehl. Klar und deutlich, kompromisslos. Ja, sie war wieder sie selbst. Kaidan warf ihr einen Blick von der Arbeitsbank aus zu. Er wusste, dass ihr Tonfall nichts Gutes zu bedeuten hatte. Er hatte ihn nicht nur einmal gehört und war jedes Mal froh gewesen, es nicht am eigenen Leib erfahren zu müssen, wie es war so von ihr angesprochen zu werden.
Sie wartete am Aufzug auf ihn und deute ihn einzutreten, ehe sie ihm folgte.
EDI? Den Aufzug sperren.
Jawohl, Shepard, erklang die körperlose Stimme der Schiffs-KI.
Erst dann drehte sie sich zu Vega um und funkelte ihn mit ihren dunklen Augen an. Was sollte das?
Er sah sie abwägend an, sagte aber nichts.
Falls es nicht zu deinem Schädel durchgedrungen ist, so helfe ich dir gerne dabei: Es war ein Befehl die Erde zu verlassen und uns auf den Weg zur Citadel zu machen. Genauso, wie es ein Befehl von Hackett war, dass wir Kurs auf den Mars nehmen. Sie machte eine Pause und einen drohenden Schritt auf ihn zu. Und nun gebe ich dir einen Befehl, denn es steht wieder in meiner Macht das zu tun: Reiß dich verdammt nochmal zusammen, Vega! Niemandem hier fällt es leicht zu gehen, aber es ist ein verdammter Befehl, der, so schwer zu begreifen es im Moment auch sein mag, Sinn macht.
Commander , setzte er an, wurde von ihr aber unterbrochen.
Spar es dir! Ich habe keine Ahnung, was uns da auf dem Mars erwartet, aber Hackett würde uns nicht dort hinschicken, wenn nicht mit einem Haufen Ärger zu rechnen wäre. Und da brauche ich dich bei Verstand und konzentriert. Ich muss mich auf dich verlassen können und nicht befürchten müssen, dass dich deine Wut übermannt. Konzentrier dich auf die Mission!
Sie hob einen drohenden Finger, den sie auf ihn richtete. Ich erwarte Professionalität von dir und kein Rumgeheule, weil dir ein Befehl nicht gefallen hat. Dafür bist du zu sehr Marine, als dass du dich so verhalten solltest. Ich bin dein kommandierender Offizier und wenn dir das nicht passt kannst du dich beschweren. Fang beim Major an, der wird dir sagen können, dass ich keine Geduld für sowas habe. Er wird dir auch erklären können, dass wir voneinander abhängig sind und jeder von uns bei der Sache sein muss. Du willst zurück zur Erde? Fein, wie ich bereits sagte, steht es dir frei die Normandy auf der Citadel zu verlassen und zu sehen, dass du einen Rückflug findest. Aber bis dahin, will ich so etwas wie eben nicht noch einmal sehen. Wir haben Befehle von Admirals erhalten, und ich bin Commander und du Lieutenant; wenn dir die Befehlskette etwas sagt, so wird dir klar sein, was wir zu tun haben. Verstanden?
Er nickte einmal. Zur Hölle, er hatte verstanden. Aye.
Dann sieh zu, dass du da raus gehst und dich fertig machst, James. EDI? Aufzug wieder freigeben. Sie warf James noch einen Blick zu, als er hinaus ging und blieb selbst wo sie war.
Sie wartete, bis die Türen sich schlossen und lehnte sich dann gegen eine der Wände und schloss ihre Augen für einen Moment und atmete tief durch.
Sie war harscher gewesen, als sie gewollt hatte. Aber sie wollte nicht die Leben der beiden Männer riskieren, weil James nicht bei der Sache war. Sie konnte seinen Rücken sicher decken, aber wer achtete auf Kaidan? Es war nicht oft nötig für ihn einzuspringen und sie ging davon aus, dass es mehr als nur einen Grund gab, dass er befördert worden war, dennoch, war es ihre Aufgabe auf ihr Team zu achten. Sie hatte das Kommando und sie hatte nicht vor zuzulassen, dass sie draufgingen.
Sicher verstand sie ihn, sie fühlte sich genauso, wie er sich gerade dargestellt hatte im Shuttle Bay. Aber sie musste ein Vorbild sein. Es war ihre Aufgabe dieses kleine Team zusammen zu halten.
Und von all dem abgesehen hatte Hackett gesagt Liara würde in den Mars Archiven sein. Liara war alles andere als Hilflos und ihre Position als Shadow Broker hatte ihr auch die nötige Härte gegeben um alles zu nutzen, was ihr zur Verfügung stand, aber sie blieb dennoch eine einzelne Person, gegen Gott weiß was für eine Übermacht. Sie war eine Freundin, die es zu retten galt; mal wieder. Sie musste etwas darüber grinsen, zwang das aber wieder zurück, ehe sie den Aufzug verließ.
Sie war so angepisst, als sie diesem dämlichen Mech hinterher rannte. Ein Mech, oder eine KI, weiß der Geier, der ihre Daten gestohlen hatte. Wichtige Daten, die sie brauchen würde. Sie musste sicherstellen, dass Cerberus sie nicht bekam. Sie wich immer wieder den Plasma-Projektilen dieses Dinges aus.
Daten, nach denen Liara über Monate gesucht hatte, um irgendwelche Entwürfe der Protheaner aus dem Hut zu zaubern, die ihnen dabei helfen sollten die Reaper zu zerstören. Und Cerberus durfte sie unter keinen Umständen bekommen. Darum war Liara hier auf dem Mars gewesen, darum hatte Hackett sie hierher geschickt um Liara einzusammeln und zu beschützen. Damit es unter keinen Umständen in die falschen Hände fiel oder es zerstört werden konnte, bevor, die Alliance eine Kopie davon besaß.
Und diese besagten Daten rannten nun vor ihr auf der beschissenen Landeplattform dieser noch beschisseneren Forschungsstation davon
Sie schrie in ihr Headset als der Mech von einem Shuttle eingesammelt wurde und sie auf dem Weg waren den Mars und die Archive zu verlassen.
Sie sah ihren eigenen Kodiac angeflogen kommen war sich aber sicher, dass es zu spät war. Doch James überraschte sie, in dem er mit voller Kraft auf das andere Shuttle zuhielt, dass gerade weitere vier Meter zwischen sich und die Landeplattform brachte.
Als sie erkannte, was James vorhatte und dass sie, Kaidan und Liara in Gefahr waren rief sie noch in ihr Headset, doch durch den Sturm war sie sich nicht sicher, ob sie gehört worden war. Sie fluchte, doch sie hörte James plötzlich über ihr Headset, dass er die Sache im Griffe hatte. Unter Dinge im Griff haben verstand sie etwas anderes, aber die Daten würden den Mars nicht verlassen; Kaidan hatte den Upload verhindert und James hinderte das Shuttle vom Verlassen des Planeten.
Sie wichen den abstürzenden Shuttles aus und Shepard versuchte sofort festzustellen ob es Verletzte in ihrem Team gab, aber Kaidan war schon wieder auf den Beinen und winkte ab, als Shepard auf ihn zukam und helfen wollte. Es war alles in Ordnung und er würde sich um Liara kümmern, die auf der anderen Seite des Crashs in Deckung gegangen war.
Shepard selbst ging dann zur Türe des Shuttles und sah dass James bereits auf dem Weg nach draußen war. Sie sah ihn durch den Visor im Helm grinsen und sie konnte nicht anders als das zu erwidern. Er war wohl auf und er hatte ihrem Hilferuf folgegeleistet. Sie war sich nicht sicher, ob sie wütend über die Waghalsigkeit seiner Aktion war, oder einfach nur froh ihn gesund zu sehen.
Sie klopfte ihm gerade auf dem Oberarm, als sie ein lautes Scheppern ertönte und sie Fetzen von Kaidans Stimme über das Headset hörte.
Shepard hechtete um den Kodiak herum und sah, wie der Mech Kaidan an seinem Helm ergriffen hatte und ihn immer wieder gegen das brennende Cerberus Shuttle schlug.
Sie hörte sich selbst, wusste aber nicht, was sie sagte. Ihre Gedanken setzen aus und sie handelte, sie musste den Mech ausschalten.
Der Mech reagierte auf ihre Schüsse, ließ Kaidan auf den Boden sinken und kam auf sie zu gerannt, bis es schließlich vor Shepard auf dem Boden fiel. Sie steckte sofort ihre Waffe weg und deutete James das Ding aufzuheben. Sie sagte ihm das auch, aber sie war sich nicht sicher, wie gut die Kommunikation bei dem noch immer schlimmer werdenden Sturm funktionierte. James schien sie aber verstanden zu haben, was Shepard dazu veranlasste sich wieder auf Kaidan zu konzentrieren. Sie sah, wie sich seine Nasenflügel aufblähten, als sie ihn herumdrehte. Sie konnte auch ein leichtes Stöhnen über das Headset hören, als sie ihn aufhob.
Sie fühlte die Panik am Rande ihres Bewusstseins. Ihr erster Einsatz und dann wurde ausgerechnet Kaidan verletzt. Sie hatten kein ausgebildetes medizinisches Personal an Board.
Wie hatte sie das nur zulassen können. Auf dem Weg zum Med Bay rotierten ihre Gedanken. Sie sagte sich immer wieder, dass sie Soldaten waren, dass sie wussten, dass so etwas passieren konnte, aber das ließ sie sich nicht besser fühlen. Im Gegensatz. Es war ihre Aufgabe gewesen ihr Team zu beschützen.
Sie war wütend. Hätte James nicht.. nein, sie hatte ihm den Befehl gegeben, zu handeln und das zu tun, wozu er ausgebildet worden war; wozu sie alle ausgebildet worden waren: Den Job erledigen. Sie hatte über ihr Headset fast darum gefleht, dass jemand irgendetwas unternehmen würde. Und genau das hatte er getan. Sie alle hatten gedacht, dass der Mech bei dem Absturz zerstört worden war.
Es war ihre Aufgabe gewesen, sich selbst davon zu überzeugen und nicht James für ein waghalsiges Unternehmen zu gratulieren. Sie hatte sich gehen lassen und war unkonzentriert gewesen. Und das Ergebnis dessen lag nun vor ihr auf dem Untersuchungstisch. Bewusstlos. Hämatome bildeten sich bereits um seine Augenlieder. Vermutlich Frakturen im Bereich des Schädels.
Sie tat dies nicht oft, aber sie betete, dass er das überstehen würde. Sie hatte keine Gelegenheit gehabt ihm zu beweisen, dass er ihr vertrauen konnte. Sie wollte nicht, dass er starb. Wäre sie schneller bei ihm gewesen, hätte James ignoriert und sich um ihn und Liara gekümmert Dann hätte sie nicht mitbekommen, falls James verletzt gewesen war.
Sie konnte nicht alle retten. Egal, wie sehr sie das wollte. Sie hatte es satt Tot und Verderben zu sehen. Sie sie hatte vor allem egoistische Gründe so zu denken. Sie wollte selbst nicht mit dem Wissen leben, dass Kaidan ihr nicht vertraute. Sie wollte ihren Freund am Leben wissen, damit sie sich besser fühlte. Er hatte es nicht verdient zu sterben. Es war ihre Schuld, wenn er seinen etwas romantischen aber begründeten Traum von einer Frau, die ihn liebte und schätzte nicht in die Tat umsetzen konnte.
Sie hätte ihm gerne bewiesen, dass seine Zweifel an ihr unbegründet waren. Dass er ihr vertrauen konnte. Dass sie noch immer sie selbst war. Der Stich, den ihr seine Anschuldigungen versetzt hatten war noch immer zu spüren. Und er hatte nicht Unrecht. Es war ein auffälliger Zufall, dass sie ausgerechnet hier auf Cerberus trafen. Okay, ja er hatte Unrecht, aber sein Misstrauen war begründet und zu einem gewissen Teil nachvollziehbar. Er konnte nicht so einfach nachvollziehen wie man die Seiten wechseln konnte. Er hatte noch immer nicht verstanden, dass sie nie auf Seiten von Cerberus war, sondern sie boykottiert hatte, wo sie konnte.
Sie hatte einen Moment darüber nachgedacht, als sie den misshandelten Soldaten gefunden hatten und er angewidert gefragt hatte, ob Cerberus das auch mit ihr gemacht hatte. War es Sorge um sie? Oder um die Alliance?
Liara riss sie aus ihren Gedanken und Ella gab den Befehl die Citadel anzureisen. Ihr ursprünglicher Plan, Liara einsammeln und den Rat über das neue Wissen informieren.
Hackett erwartete sie bereits im Comm-Raum. Er erinnerte sie auch noch einmal daran, dass Kaidan ein Marine war. Ja, ging es ihr durch den Kopf, das macht diese ganze Scheiße auch nicht besser.
Liara wirkte besorgt, als die beiden miteinander sprachen. Ella war abweisend. Sie wollte nicht mehr hören, dass sie nichts dafür konnte. Verdammt es war ihre Aufgabe gewesen. Und sie hatte wieder einmal eine Entscheidung getroffen, die Folgen für ein Crewmitglied hatte.
Sie hatten das Sol-System bereits verlassen, als sie zurück in ihre Kabine ging und versuchte ein wenig zu schlafen. Liara hatte anklingen lassen, dass es günstiger wäre, wenn sie dem Rat etwas ausgeschlafener entgegentreten würde.
Und sie hatte nicht ganz Unrecht. Schlecht gelaunt, war sie noch unerträglicher als gewöhnlich.
Sie träumte. Ebenso düster und trostlos, wie ihre Gedanken gewesen waren, als sie sich so wie sie war auf der Bett gelegt hatte.
Als sie aufwachte fühlte sie sich erschlagener als zuvor und bereute, dass sie stattdessen nicht anderes getan hatte. Zum Beispiel an Kaidans Liege sitzen. Alles wäre sinnvoller gewesen, als ein Traum in dem sie einem Hirngespinst und ihren Entscheidungen hinterherrannte, die sie bereute und mit denen sie nie wieder in ihrem Leben Frieden schließen würde. Sie war sich nicht sicher, ob das nicht die ersten Anzeichen dafür waren, dass sie den Verstand verlor, schob das aber beiseite und beschloss hinunter ins Med Bay zu gehen und nach Kaidan zu sehen.
Sie kam nicht weit, weil sie noch vor dem Aufzug erst von Liara und dann von Specialist Traynor abgefangen wurde.
Erstere versuchte sie noch einmal zu beruhigen und Ella lenkte diesmal auch ein und gab zu, dass sie nicht gut geschlafen hatte.
Traynor hingegen informierte sie über all den irrelevanten Mist, der an der Normandy im vergangenen halben Jahr verändert worden war. Shepard tat interessiert und sah sich alles an, versuchte aber nicht einmal sich auch nur einen Teil davon zu merken. Wenn sie sich auf ihrem Schiff verlief, würde sie sicher bald jemand suchen kommen.
Trynor selbst war nett und Shepard war freundlich, auch wenn ihr nicht danach zumute war. Es war fast niedlich, wie sie über EDIs wirklicher Identität überrascht war und sich für ihre Aussage über EDIs Stimme entschuldigte. Shepard stimmte Traynor im Stilen jedoch zu. Cerberus hatte tatsächlich eine attraktive Stimme für die AI ausgesucht gehabt.
Shepard ging in die leere Messe und setzte sich dort an den Tisch. Es war seltsam, wenn hier kein Betrieb herrschte. Sicher die Normandy war kein besonders großes Schiff, aber dennoch fand man gewöhnlich immer ein oder zwei Leute der Crew hier. Sie konnte Kaidan von hier aus sehen und seufzte. Sie hatten oft hier gesessen und sich unterhalten. Liara war jetzt wieder bei ihm und überwachte seine Vitalwerte. Sie lächelte Shepard zu, als sich ihre Blicke kreuzten. Und Shepard bemühte sich das zu erwidern. Liara wollte ihr Mut machen. Doch auch der Asari gelang es nicht, die Sorge völlig aus ihrem Gesicht zu verbannen. Es hatte sich offenbar nichts verändert.
Shepard schreckte auf, als jemand eine Tasse Kaffee vor ihr abstellte.
Siehst aus, als könntest du das gut gebrauchen, kommentierte James ihren Blick.
Sie sah noch einmal zu der Tasse und dann wieder zu James, der neben ihr stehen blieb. Danke. Ja, schaden kann er jedenfalls nicht.
Er hat ordentlich was abgekriegt, der Major.
Sie nickte und seufzte. Ja. Ich hoffe er ist so zäh, wie ich ihn in Erinnerung habe.
James nickte und schlürfte einen Schluck aus seiner Tasse. Ella merkte, dass er zögerte etwas zu fragen. Er sah sie mehrmals aus dem Augenwinkel an und sah dann wieder weg, zum Med Bay.
Frag, wenn du es wissen willst. Sie sah ihn direkt an, als er seinen Kopf zu ihr drehte.
Warum glaubt er dir nicht?
Ihr entging nicht, dass er weiter über Kaidan in der Gegenwart sprach und sie wusste es zu schätzen. Die Sache mit Cerberus?
James nickte.
Sie schnaubte lächelnd. Nicht, weil es witzig war, sondern, weil sie es verstand und ein Außenstehender nicht. Sie musste lächeln, weil es James interessierte. Es ging ihn nichts an, und doch hatte er den Arsch in der Hose zu fragen. Es geht nicht darum, ob er mir glaubt. Ich bin mir sehr sicher dass er das tut. Er glaubt, dass ich es glaube. Ihm geht es aber um vertrauen. Ich glaube, dass ich auch noch ich selbst bin; meistens zumindest. Er kann das nicht so einfach. Wir haben damals zusammen gesehen, was Cerberus tut, haben sie erschossen, sie festgenommen, ohne Reue. Weil es richtig war. Sie machte eine Pause. Für Kaidan sind viele Dinge schwarz und weiß. Cerberus ist eine Sache davon. Sie experimentieren an Menschen und vor allem an Kindern. Er hätte sich selbst aus der Luftschleuse geworfen, ehe er mit ihnen gearbeitet hätte.
James schnaubte ungläubig.
Er kann mir nicht vertrauen, weil er dachte, dass ich es ähnlich sehe. Scheiße, ich hatte es selbst gedacht, bevor ich von den Toten auferstanden bin. Sie schüttelte ihren Kopf. Aber so einfach ist das nicht. Auch für ihn. Wenn man gesehen hat, wie ein Mensch stirbt, ein Freund, und er dann zwei Jahre später vor einem steht, ist es nicht so einfach zu glauben, dass er es wirklich ist und nicht nur irgendein Klon.
Er hätte dich einfach etwas fragen können, dass nur ihr beide wisst.
Sie lächelte wieder, humorlos. Cerberus ist ähnlich gruselig, wie der Shadow Broker. Nur, dass sie es immer für persönliche Vorteile nutzen. Sie wissen alles und was sie nicht wissen bekommen sie in der Regel schnell ras. Sie haben Agenten in allen Position und Ämtern.
Ja, allerdings, antwortete er grimmig. Er schien seine Erfahrungen mit ihnen zu haben.
Rückblickend ist es wahrscheinlich, dass jemand von ihnen am Bau der ersten Normandy beteiligt war und sie verwanzt hat. Somit hätten sie alles gewusst, jedes Detail, jedes Gespräch. Ich glaube, das einzige, was sie nicht über mich wissen, sind meine Jahre auf der Erde. Also alles was vor der Alliance kam. Und ich glaube er hätte es damals auf Horizon eh nicht geglaubt. Ich wollte es jetzt, auf dem Weg zur Citadel mit ihm klären.
Dann machst du das eben später, wenn er wieder auf dem Damm ist.
Sie lächelte ihn halbherzig an. Ja, ich werde mich wohl gedulden müssen.
James sah sie noch einen Moment nachdenklich an ehe er noch einen Schluck von seinem Kaffee nahm.
Auch Ella nahm nun ihre Tasse hoch und sah hinein. Schwarz. Er hatte nicht mal gefragt, wie sie ihn trank. Vermutlich gut geraten.
Sie verzog ihr Gesicht nach dem ersten Schluck und erinnerte sich daran, dass der Kaffee auf Schiffen gewöhnungsbedürftig war. Und nachdem sie auf der Erde zuletzt vergleichsweise guten Kaffee getrunken hatte, würde es wieder eine Weile dauern, bis sie den Kaffee zu schätzen wissen würde. Oder aber noch ein wenig mehr Stress, dann war es ihr scheißegal, was sie trank, Hauptsache es enthielt Koffein; ihr wurde nachgesagt, sie würde auch Teer trinken.
Shepard, ETA T-30, kam Jokers Stimme über die Lautsprecher über ihnen in der Decke.
Ella erhob sich aus dem Stuhl und hob die Tasse zu James, als würde sie ihm zuprosten. Danke für den Kaffee, James.
Jederzeit.
Sie lächelte und ging dann zum Aufzug um sich umzuziehen und bereit zu sein, wenn sie die Citadel erreichten. Auch, wenn die ruhige Stimmung auf dem Schiff einem etwas anderes vorgaukelte, so waren sie in Zeitdruck. Aber sie hatte sich abgewöhnt wie ein aufgescheuchtes Huhn über die Decks zu laufen und sich und ihre Crew verrückt zu machen.
Das half ihr nicht und auch sonst niemandem. Ruhe bewahren. Immer. Kontrolle über die Situation, war ihr Schlüssel. Und die musste sie zurück gewinnen.