Das kommt noch, das negative Feedback. Ich habe mehrmals gehört, daß sie mich nehmen würden, wenn ich mir die langen Haare abschneide - und das in Jobs _ohne_ Kundenverkehr etc. und auch erst zwei Jahre her. Mit Tattoos wird es gerade im fortschreitenden Alter schwerer und schwerer (öffentlicher Dienst dann eh nicht).
Und "ich weiß, was ich tu" nehme ich Dir in Deinem Alter nicht mal für 5 cm ab. Meiner Ansicht nach sollte man mit Tattoos sich recht lange Zeit lassen - eigene Standpunkte etc. können sich in ein paar Jahren rasant verändern. Gut, ich kenne Deine wahrscheinliche Antwort ("Ich nicht!" bzw. "Ich bin da nicht so wie andere!"). Wie man in 5 oder 10 Jahren tatsächlich ist bzw. darüber eine Auskunft zu geben ist ungefähr so sinnvoll wie die Lottozahlen vorhersagen. Das weiß man eben nie!
Mit solchen Aussagen wäre ich vorsichtig. Es kommt immer auf die Branche an, in der man sich bewegt. Vorallem in pädagogischen und kreativen Berufsfeldern stellen Tattoos mittlerweile kein großes Problem mehr dar. Dass man mit zugehacktem Hals nicht unbedingt gute Chancen bei Banken oder Versicherungen hat, dürfte allerdings jedem klar sein.
Mal ein paar Worte aus meinem persönlichen Erlebnisbereich:
Ich habe lange Lehramt studiert, diverse Praktika hinter mich gebraucht und selbst unterrichtet. Unter anderem an einer katholischen Mädchenschule. Meine Tattoos (Unterarme und Oberarm) haben niemanden gestört, allerdings musste ich sie mit langen Blusen abdecken oder überschminken. Dennoch waren alle Lehrer und die Schulleitung informiert und die Reaktionen waren eher interessiert, als ablehnend. Auch im Gespräch mit Eltern war die Resonanz durchgehend positiv. Viele vbehaupten gerne, dass man mit Tattoos nicht verbeamtet wird, aber das ist absoluter Mist. Ich habe bereits einen Besuch beim Amtsarzt hinter mir und mit 10 Kilo Übergewicht hat man weitaus schlechtere Chancen.
Mittlerweile habe ich die Ausrichtung gewechselt und mache meinen Master. Auch hier gibt es niemanden, den meine Tattoos stören. Selbst die ultra-konservativen Professoren interessieren sich eher für meine Leistung, als für meinen Körperschmuck. Ich leite ein Tutorium für Erstsemester und unterrichte dort teilweise im T-Shirt, ohne dass sich jemand beschwert. Wenn die Noten weiterhin stimmen, habe ich eine Doktorandenstelle sicher und das liegt nicht an meinem Äußeren, sondern an dem was ich inhaltlich und menschlich leiste. Meine Professorin für Alte Geschichte hat übrigens ein sehr auffälliges Stacheldraht-Tattoo am Oberarm, trotzdem ist sie an der Uni eine sehr geachtete Person und würde aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen auch überall unterkommen.
Allerdings halten sich meine Tattoos in Grenzen, sind nicht großflächig und lassen sich abdecken bzw. überschminken. Mit Tattoos am Hals oder auf den Händen wäre ich sehr vorsichtig. Ein guter Tättowierer sticht sowas auch keinem jungen Menschen, dessen Berufsplanung noch nicht abgeschlossen ist. Tunnel und Piercings wird man fast immer rausnehmen müssen, das sieht einfach störend aus. Ich habe meine mittlerweile alle entfernt und verdecke meine gedehnten Ohrlöcher mit dezenten Ohr-Clips.
Mit 27 Jahren bereue ich meine Tattoos nicht. Ich würde mir heute sicherlich andere Motive stechen lassen, aber sie gehören zu mir und stehen für verschiedene Phasen meines Lebens. Ich erinnere mich gerne daran zurück.
@ Sozialinkompatibel:
Ich bin selbst tättowiert, habe also keinerlei Vorurteile und weiß, wovon ich spreche. Trotzdem würde ich dir raten, dir das mit dem Hals-Tattoo noch einmal zu überlegen. Einen tättowierten Arm und selbst ein Sleeve kann man immer irgendwie verdecken, aber deinen Hals sieht man sofort. Hals-Tattoos sind nicht sehr verbreitet und daher weniger akzeptiert, als andere Stellen. Du wirst definitiv Schwierigkeiten bekommen und das nicht nur im Beruf. Vermieter zB. sehen sowas auch nicht wirklich gerne. Insofern du keinen festen Job hast, den du auch die nächsten Jahre ausüben kannst, solltest du dir das wirklich, wirklich gut überlegen.