Ich kann Corado nur zustimmen. In diesem Zusammenhang wird oft und viel zu schnell das Ende der Demokratie beschrien ohne sich vernünftig mit dem tatsächlichen Sachverhalt oder der Funktionsweise einer Demokratie auseinanderzusetzen.
Was ist hier eigentlich genau passiert. Eine Bürgermeister hat zusammen mit seiner Gemeindeverwaltung die Veranstalter der Lan darauf hingewiesen, dass bei der Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Gemeinde nur unter bestimmten Vorraussetzungen statt finden dürfen. Das ist zum einen kein Verbot und zum anderen macht die gemeinde nur von ihrem Hausrecht gebrauch. Das ist erst einmal nichts undemokratisches. Jeder Kneipenbesitzer kann einen Gast vor die Tür setzen, wenn er unerwünscht ist. Zudem gab es zwischen der Gemeinde und dem Veranstalter noch keinen schriftlichen Vertrag sondern nur eine mündliche Vereinbarung. Inwieweit diese dennoch bindend ist, lässt sich schlecht beurteilen, da weder ich noch andere Außenstehende den genauen Inhalt dieser Absprache kennen.
Im Zusammenhang mit den Forderungen einzelner Politiker (wohlgemerkt einzelne Politiker, nicht deren Partei) zum Thema Verbot von "Killerspielen" zeigt die Spielercommunitiy immer wieder mit dem Finger auf Schützenvereine und Sportschützen und verhält sich damit auch nicht besser als die viel gescholtenen Politiker, denen man wilden Aktionismus, Populismus und Blindheit vorwirft. Wer von Euch war denn schon einmal in einem traditionellen Schützenverein und kann ernsthaft behaupten er kennt sich mit dieser Thematik aus? Ich nehme an die wenigsten. Das heisst aber, Ihr wisst ebenso wenig darüber wie Politiker über Computerspiele. Dennoch maaßt man sich an ein Urteil darüber fällen zu können. Im Schützenverein wird man ebenso wenig zum Amokläufer wie bei der täglichen CS - Session. Also bleibt doch bitte auf dem Teppich, wie ihr es von anderen fordert, wenn es um die geliebten PC-Spiele geht.
Aber es wäre mal interessant zu hinterfragen, warum z.B. Schützenvereine eher ihre Interessen wahren können. Das liegt meines Erachtens nicht an einer großen Waffenlobby, die in diesem Zusammenhang immer wieder angeführt wird. Es liegt einfach daran, dass sich Sportschützen in Verbänden und Vereinen organisiert haben und so auch in der Gesellschaft eine höhere Akzeptanz genießen. In vielen Sportarten der Sportschützen sind die Deutschen recht erfolgreich (z.B. Biathlon) Die Spielercommunity ist in sich aber sehr zersplittert und zum Teil auch sehr zerstritten. Sie haben keine Lobby, weil sie sich selbst nicht organisieren sondern zum Teil ihre Energien dafür verschwenden sich in Foren an die "virtuelle Gurgel" zu gehen. Zudem ist ihre Sprache für den Großteil der Bevölkerung fremd. Man wird einfach nicht verstanden.
So nun zum Thema Demokratie: Demokratie bedeutet nicht automatisch Freiheit für alles und jeden. Demokratie zunächst bedeutet nur, dass die Mehrheit des Volkes bestimmt. Und das tut sie. Sicher es gibt einige Grundvoraussetzungen damit Demokratie funktioniert, und die somit mit Demokratie gleichzusetzen sind. Aber dazu zählen leider die meisten Freizeitgestaltungen nicht. Zudem ist die Spielercommunity eher eine Randgruppe, so bitter das für den ein oder anderen auch sein mag
Selbstverständlich geht es zurzeit nur um Wählerstimmen. Die Bundestagwahlen stehen vor der Tür. Und ohne Mehrheit oder ausreichend Stimmen kann man nicht regieren. Den Politiker vorzuwerden, sie seinen Teil des Systems ist mehr als schwierig. Vielmerh ist doch die Bevölkerung zu kritisieren, dass sie sich zu sehr von Wahlversprechen blenden lässt, als langfristik handelnde Politiker zu wählen. Aber daraus ergibt sich wieder eine ganz andere Problematik. In der Politik beschäftigt man sich zunehmend mehr mit dem Abarbeiten von Randthemen, was wiederum eine vernünftige Politik verhindert. Aber woran liegt das? Würden sich die meisten in Verhältnismäßigkeit üben, würden diese Debatten nicht so zahlreich aufkommen. Aber dem ist nicht so und darauf springt oft die Presse allen voraus die Bildzeitung an. Es wird aus einem Einzelfall oder Einzelfällen eine allgemeine Bedrohung konstruiert. Durch diese "gefühlte" Bedrohung sieht sich die Politik oft genötigt, auf diese schnellst möglich zu reagieren. Bestimmte Gruppen oder Gegebenheiten werden verantwortlich gemacht, ohne den gesamtgesellschaftlichen Kontex zu berücksichtigen.
Das lässt sich an der Debatte rund um die sogenannte "Internetsperre" und dem angeblich drohenden "Killerspielverbot" wunderbar festmachen. Der Großteil der Bevölkerung fühlt sich von Kinderpornographie und Killerspielen bedroht und begrüßt die Vorstöße einiger Politiker. Auf der anderen Seite die Internetcommunity. Sie fühlen sich bedroht und rennen Scharenweise zur Piratenpartei, dem Heilsbringer der modernen Gesellschaft (vorsicht Ironie). Beide Seiten machen es sich aber viel zu einfach und reduzieren das Thema auf eigene Interessensbereiche. Nimmt man das Thema Internetsperre für Seiten mit kinderpornographischen Inhalt. Das Gesetz ist von der Intention richtig. Es sollen Seiten gesperrt werden, die nicht in angemessener Zeit gelöscht werden können. Was ist daran so falsch? In meinen Augen ersteinmal nichts. Und was wird zensiert? Inhalte die zurecht strafrechtlich verfolgt werden und die in Form von Printmedien schon seit vielen Jahren zensiert werden. Das Gesetz hat zu dem einen klar definierten Handlungsrahmen und eine klar definierten Zweck, der sich bereits aus dem Titel des Gesetzes ergibt. In dem Zusammenhang wird auch oft kritisiert, man würde an dem eigentlichen Missbrauch nichts tun. Aber wo steht das? Die Strafverfolgung dieser Verbrechen muss durch das neue Gesetz nicht geregelt werden. Ihre Legimitation ergibt sich aus dem Strafgesetzbuch. Dies ist jetzt nur ein Beispiel. Die Internetcommunity diskutiert nur die drohende "Sperre". Nicht aber den weiteren Hintergrund. Auf der anderen Seite wird der geringen Wirksamkeit dieser Sperrseiten und eine eventuell drohenden Ausweitung zu wenig Rechnung getragen.
Beide Seiten konstruieren vollkommen vorschnell eine aus ihrer Sicht allgemeine Bedrohung. Die Internetcommunity sieht "Stasi 2.0" schon kommen und die andere Seite sieht sich durch die Möglichkeiten des internets zu sehr bedroht. Aber beide Seiten erfassen nicht die Gesamtheit der eigentlichen Problematik.
Um noch einmal abschließend auf die aktuelle Diskussion zurück zu kommen. Die Spielercommunity ist allerdings auch nicht ganz unbeteiligt. Nicht weil die Schädlichkeit von gewissen Spielen nachgewiesen ist sondern wegen ihres Auftretens. Hier ein Ausschnitt eines Artikels: "
Besonders glücklich ist Weigt mit dem bisherigen Ergebnis in seiner Gemeinde nicht: "Ich will keinen Hehl daraus machen, dass das bisher eine einseitige Diskussion ist", sagte er. Er will sie aber nach der jetzigen Absage fortsetzen, auch und vor allem mit den Spielern. Von den E-Mails, die ihn seit der Absage der LAN-Party erreicht hätten, müsse er aber "99 Prozent wegwerfen", weil sich die aufgebrachten Gamer grob im Ton vergriffen hätte."
Quelle: LAN-Party wegen Killerspiele-Diskussion abgesagt - Golem.de
Dies deckt sich mit dem, was man auch in den meisten Foren liest. Die meisten Beiträge geben den Sachverhalt oft falsch oder nur unvollständig wieder. Zudem vergreift man sich so oft im Ton, dass es nicht verwunderlich ist, warum die Spieler in der Öffentlichkeit nicht allzu beliebt sind.
Ich habe der Gemeindeverwaltung selbst eine E-Mail geschrieben und meinen Unmut bzw. meine Bedenken geäußert. Dennoch kann man dabei sachlich und höflich bleiben:
"Sehr geehrter Herr Weight,
mit Bedauern musst ich lesen, dass Sie sich zusammen mit dem Gemeinderat gegen die Austragung der 14. Convention - X - Treme ausgesprochen haben und den Verein „Computerfreunde Karlsdorf-Neuthard e.V.“ durch dieses Handeln in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten bringen. Dieser Verein finanziert sich durch die Einnahmen aus dieser Veranstaltung.
Ich kann verstehen, dass man sich nach dem Drama von Winnenden verantwortlich fühlt und alle Möglichkeiten der Prävention ausschöpfen möchte. Diese Tat hat jeden schockiert. Dennoch ist es der falsche Weg, übereilt einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von sogenannten Ego-Shootern und dem Amoklauf von Winnenden zu sehen. Dies lässt sich durch keine wissenschaftliche Studie belegen.
Die Täter der "Amokläufe" haben sich aber nicht nur mit PC-Spielen beschäftigt, sondern hatten auch Kontakte zu Schützenvereinen. Es wäre mit sicherheit falsch, auch hier vorschnell einen Zusammenhang zu sehen, da sich dieser ebenso wenig wissenschaftlich belgen lässt, wie der Konsum von Ego-Shootern. I
Ich muss allerdings erstaunt feststellen, dass Sie mit ihrer Entscheidung die Veranstaltung des Schützenvereins zuzulassen und die Austragung der 14. Convention - X - Treme zu untersagen, scheinbar mit zweierlei "Maß messen.
Bei der Austragung dieser Veranstaltung werden keine Spiele gespielt, die in Deutschland verboten sind oder indiziert wurden. Das Mindestalter für die Teilnahme beträgt 18 Jahre wodurch auch der Jugendschutz mehr als ausreichend berücksichtigt wird. Zumal die von ihnen beanstandeten Spiele in Deutschland ab 12 Jahren bzw. ab 16 Jahren frei in jedem Fachhandel erhältlich sind.
Der Verein „Computerfreunde Karlsdorf-Neuthard e.V.“ beschäftigt sich nicht mit strafrechtlich relevanten Inhalten. Computerspiele sind für viele Jugendliche aber auch Erwachsene ein Möglichkeit der Freizeitgestaltung. Zu diesem Zweck organisiert man sich in Vereinen und Trägt Veranstaltungen aus, wie es andere Vereine auch tun. Daran können Sie mit Sicherheit nichts auszusetzen haben, zumal es weder ein Sicherheitsrisiko mit sich bringt noch in irgendeiner Form die öffentliche Ordnung gefährdet.
Ich kann daher nicht nachvollziehen, wie sich Ihre Entscheidung rational begründen lässt. Allein die vage Möglichkeit, es könnte schädlich für kinder und Jugendliche sein reicht meines erachtens nicht aus. Zudem ist die Veranstaltung nicht für Kinder und Jugendliche sondern Personen, die bereits die Volljährigkeit erreicht haben.
Wenn Sie sich dennoch weiterhin gegen diese Veranstaltung aussprechen sollten, wäre mit Sicherheit ein Kompromiss möglich. Sie könnten die Veranstalung in diesem Jahr noch statt finden lassen, damit der Verein „Computerfreunde Karlsdorf-Neuthard e.V.“ die Möglichkeit erhält, sich ohne finanzielle Einbußen für das nächste Jahr eine Alternative zu Ihren Räumlichkeiten zu suchen.
Mit freundlichen Grüßen"