Magierbedarf, oder die Schwierigkeit ein Fabelwesen zu sein - Eine Kurzgeschichte

Mitglied seit
06.07.2007
Beiträge
286
Reaktionspunkte
0
Kommentare
95
Buffs erhalten
197
Der Rauch aus Hasils Pfeife kräuselte sich im Wind. Er hatte es sich in den frühen Abendstunden vor seiner Hütte auf einem Schaukelstuhl bequem gemacht und betrachtete den Horizont. Hasil war alt. Sein langer weisser Bart reichte ihm bis zum Gürtel und seine Magierrobe war zerschlissen. Er lebte schon seit mehreren Jahrzehnten alleine in den Toraq-Hügeln. Doch heute, er spürte es in seinen Knochen, würde er Besuch bekommen. Und tatsächlich sah er am Horizont drei Gestalten auftauchen. Geduldig wartete Hasil bis die Fremden näher kamen. Soweit er es erkennen konnte, handelte es sich um zwei Menschen und einen Zwerg. Erstere, ein Mann und eine Frau, trugen jeweils ein Schwert und einen Bogen, der Zwerg klassischerweise eine Axt über der Schulter. Als die Gruppe Hasils Hütte erreichten begann die Frau zu winken und setzte zu einer Begrüssung an.
"Seit gegrüsst, oh erhabener Zauberer, welcher in seiner Weisheit und Güte unsere .."
"Jaja, schon gut.", unterbrach sie Hasil forsch, "Was beschert mir eure störende Anwesendheit?"

Die Frau reagierte verwirrt. Ihre dunkelbraunen, glänzenden Augen wanderten hektisch von der Gestalt des Zauberers zu ihren Gefährten und zurück. Das schwarze, schulterlange Haar fiel ihr in Stränen ins Gesicht. Eigentlich eine reizende Gestalt, dachte Hasil bei sich.

"Wir sind im Auftrag des Herzogs unterwegs.", riss der Zwerg das Gespräch an sich. Er hatte seine Axt auf den Boden abgestellt und lehnte sich auf das Stahlblatt. "Dieser hat den Wunsch eine Jagdtrophäe für seinen Kamin zu erwerben."

"Redet nicht weiter.", erwiderte der Zauberer und zog genüsslich an seiner Pfeife, "Ihr sucht Arandal, das mystische Einhorn, welches angeblich in diesen Hügeln leben soll, ist es nicht so?"

Der Jagdtruppe blieb der Mund vor Erstaunen offen stehen.

"Woher wisst ihr das, weiser Mann?", fragte der Mann.

"Ich bin ein Zauberer, reicht das nicht?", antwortete Hasil leicht ungehalten.

"Dann könnt ihr uns doch bestimmt den Aufenthaltsort des Tieres nennen?", die Stimme der Frau klang hoffnungsvoll und ein erwartendes Lächeln umspiel ihre Lippen.

"Ich könnte, wenn ich wollte. Doch bitte ich euch zurück zu kehren, denn hier gibt es nichts für euch zu jagen. Die Zeit des Einhorns war abgelaufen und so ging es in den ewigen Kreis allen Irdischens ein."

"Äh?", machte der Zwerg.

Hasil hob entnervt eine Augenbraue. "Es ist tot.", sagte er missmutig.

Die Drei liessen die Schultern sacken.

"Und dafür sind wir nun vier Wochen durch die Wildniss gestreift nur um zu erfahren, dass es nichts am Ziel gibt.", die Entäuschung war dem Mann deutlich anzuhören.

"In der Tat, eure Zeit war vertan. Und nun verlasst mein Grundstück.", Hasil hatte sich erhoben und wie aus dem Nichts erschien ein Schwert in seiner Rechten.

Der Zwerg und die beiden Menschen wandten sich zum Gehen und Hasil schaute ihnen nach, bis sie am Horizont verschwunden waren.

"Du kannst jetzt rauskommen.", wandte er sich an die Luft neben ihn und Sekunden später erschien ein prächtiges weisses Ross mit einem goldenen, gewundenen Horn auf der Stirn an seiner Seite.

"Vielen Dank, verehrter Magus.", sprach das Einhorn mit sanfter Stimme.

"Ich hasse Jagdgesellschaften. Es ist ein Akt der Feigheit sich in der Überzahl einem wehrlosen Tier des Waldes gegenüber zu stellen.", die Stimme des Magiers brachte Verachtung zum Ausdruck.

"Wohl war, doch du bist ein ehrenhafter Mann, mein Freund.", Arandal blickte Hasil tief in die Augen und wandte dann seinen Blick über die Hügel, hinter denen gerade die Sonne sich anschickte unterzugehen.

"Doch eins frage ich mich.", fuhr Das Einhorn fort: "Warum habt ihr die Lüge verbreitet ich wäre tot?"

"Nun ich habe nicht gelogen, ich habe lediglich deinem Schicksal vorgegriffen."

Mit einem schnellen und kräftigen Schlag lies Hasil das Schwert herniedersausen und trennte den Kopf des Fabelwesens von den Schultern. In einer Lache aus blau schimmernden Blutes brach das Tier zusammen und rührte sich nicht mehr.

Hasil seufzte. Er mochte die Tiere und die Natur, doch leider war auch er abhängig vom Geld. Die Geisel der Zivilisation, dachte er bei sich, während er den Kopf des toten Tieres in einen Leinensack tat und sich auf den Weg zum Herzogsschloss machte.
 
Zurück