Durch Drill antrainierte Reflexe beziehen sich sozusagen nur auf die "Arbeitshandlungen" eines Soldaten. Wie bereits gesagt zielt der Drill darauf ab eine Handlung vollkommen zu automatisieren, sie aber während ihrer Ausführung bewußt abbrechen zu können, ohne das man darüber nachdenken muß.
Manche dieser Handlungen werden außerdem so trainiert, das sie erst mit einem Auslösereiz ausgeführt werden. Bestimmte Kommandos oder Licht und Tonsignale z.b.
Das Ziel dieses Drills ist es, die Handlungsfähigkeit der Soldaten kurz vor, während oder auch nach Kampfhandlungen auf den maximalen Stand zu bringen und zu halten. Und um gewisse der Disziplin dienlichen Handlungen auszuführen.
Das Beispiel mit der Waffe wurde ja genannt. Um unter Todesgefahr effektiv handeln zu können darf man nicht nachdenken. Wenn eine Gruppe Soldaten z.b. plötzlich beschossen wird ist keine Zeit zum nachdenken. Die Handlungen "Stellung", "Feuerbereitschaft", "in Anschlag gehen", "Feuer erwidern" müssen automatisch und innerhalb von Sekunden ablaufen, sonst sind alle tot.
Um eine Waffe auch zielgenau abfeuern zu können, mit ihr feuerbereit zu laufen, allgemein sich soldatisch im Gelände zu bewegen, seine Ausrüstung zu reinigen etc. Dazu Bedarf es dieser autmatisierten Handlungen, deren Art auf maximale Schnelligkeit und Effektivität ausgerichtet sind.
Auf gar keinen Fall darf dieser Drill von, neudeutsch gesprochen, "Prozessen", mit dem Bild eines hirnlosen Soldaten der stumpf Befehle, oder "Arbeitansweisungen" entgegennimmt verwechselt werden.
Der Anteil derjenigen, der freiheitlich-demokratisch denkt, politisch aktiv ist, die Verfassung verteidigt usw, ist unter den Soldaten der Bundeswehr weit größer als im Rest der Bevölkerung.
Staatskunde, Förderung von kritischem Denken, Teamfähigkeit, hinterfragen von Anweisungen, die Lehre des Staatsbürgers in Uniform, der inneren Führung und die Ermutigung zur Mitarbeit, das sind Dinge die die Bundeswehr explizit lehrt.
Und zwar so intensiv lehrt das man für stumpfe und tumbe Verhaltensweisen bestraft wird, in seinem Fortkommen gehemmt wird und gemieden wird.
Es wurde uns eingehämmert das es unsere verdammte Pflicht ist einen nicht rechtmäßigen Befehl zu verweigern. Die Bundeswehr hat als eine von verdammt wenigen Armeen der Welt eigene Stellen, wo ein einzelner Soldat rechtlich gegen Vorgesetzte vorgehen kann. Die Bundeswehr kennt den Rechtsweg für Soldaten, auch das ist beinahe einzigartig.
Den wichtigsten Unterschied der Bundeswehr zu Armeen der Vergangenheit und auch vielen heutigen Armeen findet man im Gelöbnis und Eid der Bundeswehr:
„Ich schwöre, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe."
– §9 Soldatengesetz, Eidesformel für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit
„Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen."
– §9 Soldatengesetz, Gelöbnisformel für Wehrpflichtige Soldaten
Man sieht ganz klar, das die Bundeswehr NICHT auf eine bestimmte Regierung oder eine Einzelperson eingeschworen wird, sondern explizit darauf, das deutsche Volk zu schützen, die Freiheit und Demokratie dieses Volkes zu verteidigen.
Das mag banal klingen, es hat aber weitreichende Folgen.
Weitere Gesetze untermauern das.
Keine Regierung Deutschlands kann die Armee ohne den Bundestag, die gewählte Volksvertretung entsenden. Selbst der Kriegszustand im Angriffsfall muß,selbst wenn er offensichtlich ist, vom Bundestag beschlossen werden. Diese Regelung ist einzigartig in der Welt.
In den USA ist der Präsident in Krieg und Frieden Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Bei uns wird der Bundeskanzler erst im Angriffsfall Oberbefehlshaber. Davor ist es der Verteidigungsminister und der Bundestag. Ein himmelweiter Unterschied.
Bundeswehrsoldaten nehmen sehr genau wahr was um sie herum vorgeht. Fragt mal Soldaten, was sie z.b. vom Einsatz im Inneren halten? Sie werden fluchen, scharf kritisieren und vehemment ablehnen, eben weil sie sich als Staatsbürger in Uniform sehen, die das Volk schützen sollen, nicht die Regierung.
Es ist eine bodenlose Schande das die öffentliche Wahrnehmung des Bundeswehr global ablehnend gegenüber steht. Dadurch sind unsere Gefallenen der NATO und UNO Einsätze kaum eine Randnotiz in der Zeitung, sie werden beinahe klammheimlich nach Hause gebracht und beerdigt. Weil sich durch diese Stimmung kaum Wählerstimmen für Budgeterhöhungen finden lassen, müssen traumatisierte Soldaten ohne genügende Betreuung weiterleben.
Ein sehr guter Freund von mir mußte das Attentat auf den Bundeswehrbus in Kabul vor einigen Jahren von seinem Patrouillenfahrzeug aus mit ansehen. Er wacht heute noch manchmal schreiend auf, oder greift bei einem lauten Knall (z.b. Flugzeug) reflexartig zur imaginären Waffe.
Das ist unmenschlich!
Ich bin verdammt stolz darauf das wir es unterdessen schaffen, die Sicherheit dieses Landes aktiv innerhalb der UNO und NATO zu gewährleisten. Jedes afghanische Kind das sicher zur Schule kann wird uns morgen nicht wegbomben wollen, jede afghanische Frau die lesen lernt kann Einfluß ausüben. Und jeder Terrorist der in in deren Rückzugsgebieten gefaßt oder getötet wird, tötet nicht Dutzende Zivilisten.
Fragt euch mal warum trotz allem die Bundeswehr in Bosnien, Kroatien, Serbien, Kosovo, Afghanistan und Somalia nicht als Besatzungsmacht, mindestens aber als kleinstes Übel angesehen wurde, im Gegensatz zu anderen Armeen der Einsatzkräfte? Das hat seine Gründe.
Es ist nicht alles Gold was glänzt, Idioten und Deppen gibts es überall. Aber generell ist die Bundeswehr eine Armee auf die man zu recht stolz sein kann.
Ob Armeen und Kriege sinvoll sind oder nicht, wir brauchen sie. Einem Taliban, Warlord oder sonstigem Deppen kann man nicht mit Blümchen entgegentreten, ganz zu schweigen davon das wir z.b. als Exportnation stark an einer sicheren und stabilen Region X interessiert sind.
Ich bin zur Zeit Reservist, und werde, falls ich gebraucht werde und der Einsatz verfassungsgemäß, völkerrechtlich korrekt und im Einklang mit Haager Landkriegsordnung und Genfer Konvention steht, jederzeit die Uniform wieder anziehen.
Wie sagte mal mein Leutnant zu mir? "Wir sind diejenigen die dafür sorgen das die Anderen aus einem sicheren und reichen Leben heraus uns schief anlabern dürfen."