Ich betrachtete die Besucher skeptisch. Hätten sie uns skalpieren wollen, hätten sie es vermutlich bereits längst gemacht. Mutig wie ich war, ging ich sofort in die Offensive: „Wer seit ihr überhaupt? Beziehungsweise was geht es euch an, warum wir hinter einem Gebüsch hocken?"
Troll: „Wer wir sind? WER WIR SIND?" Die Trolle brachen in ein ein irres Gekichere aus.
Was danach folgte, wird mir vermutlich niemals jemand abkaufen. Denn die fünf Getalten begannen mit einem tip-top abgestimmten Kapoera-Tanz und stimmten dazu in eine simple „Dum-dum-dum" Musik ein. Es wurde sozusagen ein gut inszenierter Vorstellungstanz. Immer wieder sprang einer der Trolle aus der im Hintergrund tanzenden Gruppe hervor, stellte sich mit einem Vers vor, und kehrte danach mit einem gekonnten Sprung in die Gruppe zurück. Wie gesagt: Das Ganze wirkte so absurd als auch anmutig zugleich, dass man es kaum in Worte fassen konnte. Mich wundert es, dass wir keinerlei Aufmerksamkeit erregten.
Troll 1: Ich bin Venoxis, Priester von Hethiss, Beschwörer der Schlange.
Refrain: „Hu huuu. Er ist so Hip, er ist so Hep, es gibt keinen der so gut mit Schlangen rappt!"
Troll 2: „Ich bin Jeklik, Diener von Hir'eek!"
Refrain: „Hu huuu. Er ist so taff, er kennt sich aus. Er ist der Hohepriester der Fledermaus!"
Troll 3: „Ich bin Mar'li, Schamane von Shadra.
Refrain: „Hu huuu. Er ist der Meister, er dient der Spinne. Und sein Lieblingsessen ist Tüpfelteufelsfinne!"
Troll 4: „Tekal mein Name, Schutzpatron von Shirvallah."
Refrain: „Hu huuu. Ein Schlammspringer wäre ihm lieber. Doch aus mangelnder Alternative verehrt er nun den Tiger!"
Troll 5: „Ich bin Arlokk, Beschützer von Bethekk."
Refrain: „Hu huuu. Seine Katzenallergie quält ihn sein Stunden. Doch ist er durch das gemeinsame Doppel-K mit dem Panther verbunden!"
Gemeinsam:
„In Trollkreisen sind wir wohlbekannt.
Die Furchtlosen Fünf werden wir genannt.
Ein Unheil ist über diese Welt gebrochen,
ein Nebel aus Hakkar und anderen Bösewichten,
all dieses Gewürm kommt aus den Löchern gekrochen,
über das wir entschieden haben zu richten.
Wir sind bereit, euch zu lassen am Leben,
wenn ihr bereit seit, euch in unseren Dienst zu begeben."
Synchron ließen sich die Tänzer auf die Knie fallen und nahmen eine heldenhafte Siegerpose ein. Lange Zeit starrten wir sie vollkommen weggetreten an. Rexxar war der erste, der das Wort ergriff.
Rexxar: „Was genau wollen die Typen von uns?"
Ich: Soweit ich verstanden haben, wollen sie uns versklaven."
Die Trolle wirkten plötzlich sehr betroffen. Derjenige, der sich Venoxis genannt hatte, war der erste der auf unsere Feststellung reagierte."
Venoxis: „Euch versklaven? Warum sollten wir das tun? Haltet ihr uns für irgendwelche hinterwältlerischen Barbaren?"
Ich: „Ihr habt doch selbst gesagt, dass ihr uns nur am Leben lässt, wenn wir uns in >>euren Dienst begeben<<."
Venoxis grinste: „Achso deshalb. Mir ist auf die schnelle kein anderes Wort eingefallen, das sich auf „begeben" reimt. Deshalb hab ich das Ganze etwas dramatischer gestaltet."
Ich: „Aha. Und was wolltet ihr dann genau ausdrücken?"
Venoxis: „Ihr seht kräftig und kampferfahren aus. Seit ihr bereit, uns bei unserem Kampf gegen Hakkar zu unterstützen?"
Ich: „Eigentlich wollten wir hier nur einen Zwerg abholen, der hier einen... sagen wir... rosa Elefanten befreien will, den die Trolle augenscheinlich gefangen haben."
Venoxis Augen weiten sich: Sie haben bereits DEN rosa Elefanten gefangen?", er schüttelte traurig seinen Kopf, bevor er sich an seine trollischen Gefährten wandte. „Ey Mann, die Sache ist viel ernster als wir dachten Mann! Wenn die Atal'ai es schaffen, den Elefanten zu opfern, dann ist die Beschwörung von Hakkar kaum noch aufzuhalten, Mann! Wir müssen rasch handeln!"
Ich traute meinen Ohren nicht. Es gibt noch mehr Verrückte auf dieser Welt?
Ich: „Habt ihr allesamt einen Knall? Ihr glaubt auch an das Märchen, das uns bereits unzählige vor euch uns auf die Nase zu binden versucht haben?"
Arlokk mischte sich ein: „Er ist kein Märchen. Er entzieht sich nur unseren Blicken. Nur die weisesten Schamanen ist es erlaubt, das Mojo zu trinken, um ihm zu Gesicht zu bekommen. Der rosa Elefant ist sehr weise. Er darf nur in den schwierigsten Lebensfragen zu Rate gezogen werden..."
Ich sarkastisch: „Ohooo. Weise ist er auch noch! Und sprechen kann er natürlich auch! Und er wird nur sichtbar, wenn ihr verbotene Substanzen gurgelt! Wenn ihr mich fragt, wird die gesamte Geschichte immer lächerlicher!"
Die Trolle ignorierten mein Gezeter vollständig. Im Gedanken waren sie bereits wieder einen Schritt weiter. Die fünf Trolle hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und tuschelten unentwegt miteinander. Leider verstehe ich kein trollisch um das gesprochene zu verstehen. Die Stimmen klangen auf alle Fälle sehr gereizt. Ist aber nicht so schlimm. Ich wurde schon bald über ihren Plan aufgeklärt.
Venoxis wandte sich wieder uns zu: „Würdet ihr uns bei unserem Vorhaben unterstützen? Wir könnten jede helfende Hand gebrauchen. Wir brauchen ein paar Aufklärer, die für uns die Lage in Zul'Gurub auskundschaften. Bei dieser Mission könnt ihr auch gleich nach eurem zwergischen Freund Ausschau halten. Wir haben bereits vier Späher in die feindliche Stadt entsandt, aber keiner von ihnen ist zurückgekehrt. Wir vermuten bereits das Schlimmste. Wir haben sie entsandt, um einen hochrangigen Hexendoktor der Hakkari, genannt Jin'do der Hexxer, auszuschalten, der an einem verbesserten Mojo experimentiert. Wir befürchten, dass sie gefangen genommen wurden und als Testobjekte für den Mojowahnsinn, den er veranstaltet, herhalten müssen."
Ich: „Das ist aber nicht in unserem Interesse. Wir wollen nur unseren Zwerg hier herausholen und dann von hier verschwinden!"
Venoxis schüttelte den Kopf: Dann befürchte ich, dass unsere gemeinsamen Bestrebungen, die Beschwörung von Hakkar aufzuhalten, fehlschlagen werden. Wir können keinen von uns mehr für diese Mission entbehren. Wenn ihr nicht helft, dann befürchten wir, dass Azeroth den Untergang geweiht sein wird..."
Rexxar: „Wenn das stimmt, dann würde sich das ziemlich kontraproduktiv auf dein Kaffeegeschäft auswirken."
Ich seuftze: „Schon gut, schon gut, wir helfen euch. Als hätte ich nichts besseres zu tun. Und wie kann ich eure vier vermissten Späher erkennen?"
Venoxis grinste über beide Ohren, sichtlich erfreut (oder erleichtert?), dass wir ihm helfen: „Das ist einfach Mann, sie hören auf den Namen Wushoolay, Gri'lek, Renataki und Hazza'rah. Einer ist Schamane, ein anderer ein Berserker, einer ein Schurke und der Letzte ein Druide."
Ich skeptisch: „Das ist alles? Eine Beschreibung würde uns sehr helfen..."
Venoxis trocken: „Ihr werdet sie erkennen, wenn ihr sie findet..., und hütet euch vor Jammal'an dem Propheten, der Kerl hat hier das sagen. Ich weiß nicht, was er mit euch anstellen sollte, sollte er euch finden. Ach ja, und ein Haustier besitzt er auch. Eine Hydra namens Gahz'ranka, aber die sollte nicht das Problem sein. Seit trotzdem vorsichtig..."
Ich: „War das dann alles? Keine Assassinen, die uns bei der nächstbesten Gelegenheit skaplieren, keine tollwütigen Riesenaffen, die uns ans Leder wollen und keine Außerirdischen alias Naaru, die uns in den wirbelnden Nether entführen um uns in ihren kleinen Privatzoo einzugliedern?"
Venoxis: „Ich schwöre im Namen von Hethiss, dass diese Mission vollkommen ungefährlich ist."
Ich: „Und warum verkreuzt du dann die Finger hinter deinem Rücken?"
Venoxis hastig: „Ich? Tu ich doch gar nicht! Ich meine, ganz so ungefährlich ists auch nicht. Wenn ihr entdeckt werdet, kann es schon gut sein, dass es etwas unangenehm für euch werden könnte und ihr kurzerhand skalpiert werdet!"
Ich: „Also doch! Ich habs gewusst! Und wie siehts mit den tollwütign Riesenaffen aus?"
Venoxis: „Keine Riesenaffen, ich schwöre. Achtet jedoch auf blutsaugende Fledermäuse...."
Ich winkte Rexxar zu: „Komm, wir gehen. Ich will mir das nicht mehr länger anhören müssen." Wortlos verschwanden wir im Dickicht, ohne uns nochmals von unseren Gastgebern zu verabschieden. Wenn du mich fragst, haben die allesamt einen an der Waffel. Außerdem: was genau ist ihre Rolle in dieser Geschichte? Stochern sie im Voodopuppen herum, in der Hoffnung, das grausige Schicksal abwenden zu können? Oder lesen sie aus Eingeweiden? Ich wills ehrlich gesagt gar nicht wissen.
-ETWAS SPÄTER-
Ich: „Schon was neues von Geisterschwinge gehört?"
Rexxar: „Noch nicht. Du darfst nicht vergessen, dass sie zuerst den Zwerg suchen muss, und anschließend erst uns wieder finden muss."
Ich: „Eulen haben scharfe Augen. Ich vermute, sie ist einfach zu fett, um sich in angemessener Geschwindigkeit fortbewegen zu können."
Rexxar: „Nimm das wieder zurück. Sie ist bestenfalls gut genährt, aber keinesfalls fett!"
Ich: „Jaja, schon gut. Fakt ist, dass sie bereits seit Stunden unterwegs ist, und und wir noch immer keinen Hinweis auf Nesingwary gefunden haben. Etwas Hilfe wäre nicht schlecht."
Rexxar: „Der jagd bestimmt noch immer seinen Hirngespinsten nach..." Rexxar stockte. „Hörst du das?"
Ich lauschte angestrengt, schüttelte aber den Kopf: „Nein, tut mir leid, Fehlanzeige."
Rexxar deutete gen Westen: „Es kommt aus dieser Richtung. Komm mit, das sehen wir uns an."
Nach einer halben Stunde Schleicherei konnte ich das ominöse Geräusch auch hören. Oder besser gesagt, irgendeinen idiotischen Gesang. Zum Glück verstehe ich noch nicht, was hier gebrabbelt wird. So wie es sich anhört, muss der Sänger bereits ein paar Mojos zu viel intus haben. Wir pirschten uns noch näher durch das Dickicht heran. Am Wandrand angelangt, schielten wir vorsichtig auf die vor uns ausbreitende Lichtung. Vor uns offenbarte sich eine kleine Ritualstätte mit einem kleineren Altar im gotischen Baustil. Wer behauptet, dass dieser Altar trollischer Natur wäre, liegt schlichtweg falsch!
Hinter diesem Altar waren an einer steinernen Wand vier Steintafeln montiert, die soeben von einer buckligen Gestalt, sprich einem Troll, mit Hammer und Meißel bearbeitet werden. Direkt hinter dem Altar brodelte ein kleiner Kupferkessel mit einem nicht näher definierten Inhalt.
Erst jetzt bemerkte ich die vier Gestalten, die direkt vor den entsprechenden Steintafeln aufgebarrt waren. Sehr lebendig wirkten sie auf alle Fälle nicht mehr.
Rexxar: „Meinst du, das sind die vier Späher, von denen der komische Schlangenheini gesprochen hat?"
Ich: „Wäre in der Tat gut möglich, nicht war? Nur schade, dass die so tot sind..."
Rexxar: „Dann müsste dies folglich Jin'do der Hexxer sein."
Ich: „Sieht so aus. Es scheint, als wäre die Mission der Späher gescheitert."
Rexxar: „Vermutlich hast du Recht. Ubrigens: Was zum Teufel macht Jin'do da?"
Ich: „Vermutlich irgend einen esoterischen Pseudo-Schnickschnack. Was auch immer er plant, das kann doch gar nicht funktionieren!"
Vor uns hatte die Gestalt wieder in ein mysteriöses Lied eingestimmt, während er
weitere Vorbereitungen für das kommende Ritual durchführte:
Du musst verstehn!
Aus Eins mach Zehn,
und Zwei lass gehn,
und Drei mach gleich,
so bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
so sagt der Hexx,
mach Sieben und Acht,
so istґs vollbracht:
Und Neun ist Eins,
und Zehn ist Keins.
Das ist das Hexxer-Einmaleins.
Jin'do nahm nochmals einen kräftigen Zug von seiner Wasserpfeife am Altar, und vollführte danach einen Tanz, der an stark den russischen Trepak-Tanz erinnerte. Ich meinen Augen wirkte das ganze Ritual einfach nur durch und durch lächerlich.
Mit einer gekonnten Bewegung angelte Jin'do eine der zahlreichen Reagenzgläser von seinem vollgespickten Phiolengürtel und tauchte diese in die blau blubbernde Flüssigkeit die im Kessel langsam vor sich hin köchelte.
Mit dieser Flüssigkeit übergoss er zuerst die vier Späher und danach die ersten der vier Steinplatten.
Leichen, Leichen seids gewesen,
seit fortan meine Sklavenwesen.
Seit durch die Steinplatten die ich gefunden,
an meinen Willen gebunden.
Die vier Leichname begannen zu zucken. Zufrieden wendete sich Jin'do der zweiten Steintafel zu.
Dieser war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich!
Rexxar stürmte kampfbereit aus dem Gebüsch, wohlwissend wie die Sache vermutlich augehen wird. Dieser Jin'do war ein verdammter Totenbeschwörer, der seine gefallenen Feinde zu willenlosen Marionetten versklavt. Rexxar brüllte los!
Halte ein du böser Wicht,
was du hier machst, gefällt mir nicht!
Der Hexxer hielt in der Tat inne. Verblüfft starrt er zuerst auf Rexxar, danach auf seine seine drei Begleiter, die neben ihm aus der Deckung gesprungen waren.
Deinen gereimten Schmarrn braucht hier keiner,
der Dichterpreis, der ist meiner!
Wie kannst du hässlicher Oger dich dazu empören,
mich bei meinem Ritual zu stören?
Rexxar: „Weil ich es kann!", er wedelte mit der Hand herum, „Misha, Grummel, auf ihn. Leokk Fass!"
Der Rest ging übernatürlich schnell. Ich weiß nicht, wie Rexxar es fertigbrachte, dass seine Begleiter Befehle ausführten, die Rexxar in keinster Weise erwähnt hatte, aber das entstehende Tohuwabohu reichte vollkommen, um Jin'do völlig unvorbereitet zu treffen. Während Grummel begann, mit seiner klassischen „Nadelrakete" den Hexxer zu befeuern, der dadurch gezwungen war wie ein Hampelmann herumzuspringen, nutzte Leokk die Gunst der Stunde, um mit einem Hechtsprung die Phiole aus der ausgestreckten Hand des Hexxers zu reißen. Mishas Ziel war hingegen der brodelnde Kochtopf, den die Bärin mit einem kräftigen Prankenhieb von der Kochstelle schupste. Der Topf kippte nach vorne über. Die darin köchelnde Flüssigkeit versickerte, nachdem sie die halbe Ritualstätte unter Wasser gesetzt hatte, in sekundenschnelle im ausgetrockneten Sandboden. Nach getaner Arbeit kehrten Rexxars Begleiter an die Seite seines Meisters zurück. Der Ork grinste über beide Ohren. Jin'do war entsetzt. Aufgrund eines kleinen Schwächeanfalls fiel er auf die Knie.
Jin'do:
Oh nein, du böser Ork,
wie kannst du dich entsinnen,
meinen gefangenen Seelen zu helfen zu entrinnen?
Dein Hund, der glotzt mich an,
er will mich beißen.
Die neue Hose mir zerreißen.
Der Bär nutzte die Gunst der Stunde,
und schlug mir ne tiefe Wunde,
er kippte meinen wohlgefüllten Kessel,
mit dem ich des Feindes Seelen fessle.
Rexxar:
Dazu kann ich leider nur mehr eines sagen,
und mich deine Sirenen im Ohre so plagen,
nachdem ich dich nur hab Reimen gehört,
halte ich dich nun für endgültig gestört.
Auch wenn ich mich muss dazu erdrießen,
muss von deinem Gebräu noch mehr fließen.
Ich wollt die Phiole eigentlich haben,
um damit meine ungeliebten Nachbarn zu plagen.
Ich schleudere sie nun zu Boden,
in der Hoffnung, man wird mich dafür loben.
Eins, zwei, drei, jetzt ist's vorbei,
mit der Übeltäterei!
Rexxar entnahm Leokk die gefüllte Phiole, legte sie zu Boden und zerschmetterte sie unter seinen massiven Pelzstiefeln indem er einfach draufstieg. Leokk hechelte wie immer wieder fröhlich vor sich hin. Rexxar brach in ein schallendes Gelächter aus. Schadensfreude war ihm in der Tat nicht fremd. Jin'do hingegen war einem Nervenzusammenbruch nahe. Er fasste sich kurz darauf wieder und begann zu kichern.
Ihr dachtet wohl ihr könntet siegen
Ein Ass hab ich noch allemal im Arm,
denn ich kann das Schicksal noch immer biegen,
bei diesem Gedanken wird mir im Herzen warm.
Jin'do begann erneut zu tanzen und ließ die unmenschlichsten Töne von sich. Er vollführte kompliziert anmutende Bewegungen von sich, bei denen ich mir unmerklich das Genick massieren musste. Da bekam ich vom zuschauen bereits einen steifen Hals. Auch Rexxar wurde unsicher. Dieser ist bereits unmerklich einen Schritt zurückgewichen.
Jin'do: „Aufgepasst auf mein Plopp, denn Plopp heißt Stopp!"
Die Schrift in der ersten Steintafel begann mit grellem Licht zu leuchten, und begann dann von einer Schrifttafel zur nächsten zu springen.
Jin'do: „Wer es wird, oder wer nicht, sagt euch gleich das Licht!"
Langsam pendelte sich das Licht bei einer der vier Steintafeln ein und kam schließlich bei der vorletzten Tafel zum Stillstand.
Jin'do:
Eine Tafel hab ich übergossen,
bevor ihr kamt so unverdrossen,
um zu unterbrechen mein Ritual,
was werden sollte Brutal-Genial!
Eine Tafel sollte jedoch reichen,
damit du wirst vor Angst erbleichen.
Wen wirst du sehn,
wer wird es sein.
Wessen Seele ist heute mein?
Vor der hell leutenden Schrifttafel wurde der Schemen eines Trolles sichtbar. Ich schluckte. Dieser Geist sah genauso aus wie einer der hier aufgebahrten Trolleichen!
Jin'do:
Renataki solls sein, Mann,
ein Schurke, ein gnadenloser Krieger,
du hässlicher Ork, jetzt bist du dran,
(der Berserker wäre mir dennoch lieber)
Als Geist kannst du ihn nicht verletzen,
doch wird er seine Klingen mit deinem Blut benetzen.
Renataki komm herbei,
beende diese Schurkerei!
Renataki: „Ist geritzt, Boss.", leise hört man den Geist noch murmeln: „ist geritzt, hihihi, und das als Schurke, hihihi, der war gut."
Mit einem lauten Kampschrei ließ Rexxar seine beiden Äxte auf den Schädel von Renataki niedersausen – und glitt durch den Schemen hindurch wie durch Luft. Dieser Renataki war tatsächlich ein Geist. Diese Erkenntnis kam ein paar Augenblicke zu spät. Rexxars Pupillen weiteten sich vor Entzen. Kichernd packte ihn der Geist am Genick und schleuderte ihn zu Boden. Sofort stieß er mit einem seiner Dolche zu. Rexxar drehte sich zur Seite – genau dorthin, wo der zweite Dolch niedersauste. Rexxar brüllte schmerzerfüllt auf. Der geisterhafte Dolch drang mühelos in seinen Oberarm ein. Zurück blieb eine klaffende blutende Wunde. Rexxar schaffte es irgendwie wieder auf die Beine zu kommen, wusste aber sehr wohl, dass dies ein Kampf war, den er nicht gewinnen konnte. Er tat das einzige, was er in dieser Situation tun konnte. Er wandte sich zur Flucht. Ein kräftiger Faustschlag traf Rexxar an der linken Wange. Seinen Kiefer konnte ich hier im Gebüsch noch knacken hören. Jetzt war nicht der passende Moment, sich hier im Dickicht zu verkriechen. Rexxar brauchte Hilfe. Sofort!
Im Hintergrund hörte man Jin'do vergnügt kichern und seinen Champion anfeuern.
Ich sprang aus der Deckung und stürmte auf meinen Freund zu. Dieser kniete gerade am Boden und verub seine Hände im sandigen Untergrund.
Der Troll setzte zu einem weiteren Messerstreich an, den Rexxar der vollen Breitseite nach am Rücken abbekommen hätte. Der Troll hatte wohl eine eine sadistische Freude am Schmerz anderer. Der Schurke ließ seinen Dolch niedersausen – in exakt dem Moment, in dem ich bereits meinen Kameraden erreicht hatte, und konnte nichts anderes tun, als selbst diesen vermutlich tödlichen Dolchstoß abzufangen, indem ich mich einfach mit einem Hechtsprung dazwischen warf. Alles ging so schnell. Ich spürte nur noch den brennenden Schmerz, der sich durch meine linke Wange zog. Ich sah es vor meinem Auge nur noch grell aufblitzen, bevor... es vor meiner linken Gesichtshälfte schwarz wurde.
Mein Auge! Der Mistkerl hat mein Auge verletzt! Ich kann nichts mehr sehen!
Durch die Kraft des Schnittes wurde ich zu Boden geschleudert. Ich konnte nur noch spüren, wie mich eine kräftige Hand packte, und wie ich halb in Trance von dieser Kraft mitgerissen wurde. Dieser Augenblick der Ablenkung hatte gereicht, um Rexxars restlichen Kräfte zu mobilisieren um uns Beide aus dem Schlachtfeld hinauszuziehen. Hinter uns hörte ich nur noch Jin'do zetern, als er erkennen musste, dass seine Seelendiener nicht in der Lage waren uns zu folgen. Sie waren für immer an die Ritualstätte der Gurubashi gebunden, der später nur mehr als „Rand des Wahnsinns" bekannt werden wird.
Was wir durch unsere Einmischung erreicht hatten, wurde uns erst später bewusst. Als wir Jin'do's Ritual gestört hatten, verhinderten wir höchstwahrscheinlich, dass der Hexxer vier Schattenläufer beschwörte, die weit über Zul'Gurub hinaus Angst und Schrecken verbreitet hätten.
Die Aufzeichnungen über den Trank, den Rexxar so beiläufig zerstört hatte, blieben jedoch auf einer der Steintafeln erhalten. Später sollte es aufgrund dieser Aufzeichnungen möglich sein, die Schattenkämpfer erneut heraufzubeschwören – aber nur immer einer, da die vier Seelen durch das unterbrochene Ritual nur an eine Steintafel gebannt wurden. Dieser Trank sollte später von einigen Alchemisten unter dem Namen „Mojowahnsinn der Gurubashi" bekannt werden.
Wo bin ich, wie spät ist es? Ich weiß es nicht. Vor mir drehte sich alles. Ich spürte nur, dass ich relativ weich gebettet wurde, und dass irgendjemand meine Wunden versorgte. Außerdem hörte ich irgendjemanden sagen „Sieht nicht gut aus Mann, ich weiß nicht, ob er jemals wieder mit dem Auge sehen kann."
Hin und wieder vernahm ich in der Nähe Leokk winseln, der mir gelegentlich mit seiner breiten Zunge über meine Handflächen leckte. Ein anderes Mal bildete ich mir ein, das Wort „Schnaps" zu hören. Ich war nicht in der Lage darüber nachzudenken, was dies zu bedeuten hatte. Wie ich mich versah versank ich wieder in einen tiefen, unruhigen Schlaf.
Unsanft wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Meine Wange brannte plötzlich, als hätte mich jemand mit Salzsäure übergossen. Ich versuchte mich aufzusetzen, wurde aber von einer unmenschlichen Kraft wieder auf den Boden gedrückt. Ich vernahm Rexxars Stimme: „Liegen bleiben Kevin, wir müssen deine Wunde versorgen!" Dann wieder dieses brennen, das sich anfühlte, als würde jemand mit einer Nadel in meinen Gesichtsknochen herumstochern."
„So, das sollte reichen", hörte ich eine andere Person sagen. Rexxar klärte mich auf, dass es sich hier um Venoxis handelte.
Eine dritte Stimme meinte nur nüchtern dazu: „Schnaps desinfiziert." Wann beziehungsweise wo haben sie Hemet Nesingwary aufgegabelt?
Auf meine Frage hin grinste Rexxar nur schelmisch: „Ich hab dir doch gesagt, dass auf Geisterschwinge Verlass ist. Sie hat unseren Trunkenbold irgendwo zwischen einem Rudel Tiger gefunden, als dieser versuchte, dort seinen Rausch auszuschlafen. Tja... dann hat sie den guten Hemet einfach so gepackt und zum ausnüchtern hierher gebracht." Rexxar grummelte. Darf ich dir was verraten? Der Kerl hat seit zwei Tagen keinen Alkohol mehr angerührt und verhält sich noch immer wie ein Besoffener! Ich beginne langsam zu glauben, dass der Kerl die ganze Zeit über nüchtern war, aber aufgrund seiner Wesensart auf andere einfach nur so wirkt, als wäre er permanent betrunken... Hemet weigert sich, zu dieser Aussage zu äußern..."
Ich: „Zwei Tage! So lange war ich wegen einer Fleischwunde bewusstlos?"
Rexxar: „Fleischwunde? Du solltest dich selbst mal im Spiegel anschauen. Du warst im Fieberwahn. Du kannst dich glücklich schätzen, dass sich unsere trollschen Freunde hier mit dem behandeln von, sagen wir speziellen Wunden auskennen."
Ich: „Inwiefern speziell?"
Rexxar duckste herum: „Lass es mich so ausdrücken. Hätte uns Venoxis nicht mit seinem Spezialmojo behandelt, wäre die Wunde immer schlimmer geworden. Durch die spezielle Art und Weise, auf die wir die Verletzung davongetragen haben, wären unsere Wunden nicht geheilt – nenn es Hexerei oder wie auch immer."
Venoxis begann in der Zwischenzeit meinen Kopf zu heben und mit einem dichten Verband einzuwickeln. Schlussendlich war meine gesamte linke Gesichtshälfte, einschließlich Stirn und Kinn bandagiert. Lediglich das rechte Drittel meines Gesichtes blieb frei.
Vorsichtig fragte ich: „Was ist mir meinem Auge? Werde ich wirklich wie wieder sehen können?"
Rexxar und Venoxis starrten sich an: „Du hast uns gehört?"
Ich: „Ich bildete mir ein, so etwas in die Richtung gehört zu haben."
Kurzes Schweigen: „Ja, es ist gut möglich, dass dein Auge für immer verloren ist. Der Schnitt war in der oberen Gesichtsregion noch vergleichsweise tief. Venoxis ist aber dennoch vorsichtig optimistisch, dass du bald wieder sehen könntest. Aber dies kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand mit Gewissheit sagen."
Ich versuchte von dem Thema irgenwie abzulenken: „Wie geht es dir eigentlich?"
Rexxar zuckte mit den Schultern: „Im großen und Ganzen wieder blendend. Mein Arm ist bereits wieder sehr gut verheilt, nur mit meiner Kieferprellung hab ich meine liebe Müh'."er zwinkerte mir zu. „Vollkornbrot könnt ich vermutlich noch nicht zu mir nehmen." Kurze Pause: „Wärst du nicht gewesen, wäre die Sache für mich nicht so gimpflich ausgegangen. Ich danke dir."
Ich zuckte mit den Schultern: „Ach, nicht der Rede wert, sowas tut man doch gerne für Freunde."
Zu Tränen gerührt wendete sich Rexxar ab: „Verzeihe, ich glaub ich hab eine Glasscherbe von der Phiole ins Auge bekommen."
Ich: „Aber das war vor zwei Tagen!"
Rexxar explodierte: „Und wenn schon! Wenn ich sage ich hab einen Glassplitter im Auge, dann hab ich auch einen Glassplitter im Auge!"
Hinter mir hörte ich die Trolle kichern. Rexxar war ihnen einen harschen Blick zu. Sofort wurde es wieder ruhig.
Jetz war ich es, der in ein schallendes Gelächter ausbrach: „Okay, belassen wir es dabei, dass du Glas im Auge hattest. Aber ich bitte dich nur um eins."
Ich starrte Rexxar an, er starrte mich an. „Was denn Kevin?"
Ich: „Bitte erinnere mich daran, dass ich bei der Krankenkasse 50% Invalidität beantrage sobald wir wieder zurück sind."
Das Lachen, auf das alle beteiligten Personen einstimmten, hallte noch lange im Urwald nach.