Ematra
Dungeon-Boss
- Mitglied seit
- 01.05.2007
- Beiträge
- 554
- Reaktionspunkte
- 2
- Kommentare
- 65
- Buffs erhalten
- 180
Ich glaube zwar nicht an Gott, aber ich glaube zum Beispiel an die Existenz von Atlantis.
Es hilft mir nicht, macht mir keinen Mut und auf rationaler Ebene darf ich wohl auch nicht daran glauben. Trotzdem glaube ich dass es vor 11000 Jahren eine Insel im Atlantik gab. Warum ? Keine Ahnung. Ich tu es halt einfach. Ist das jetzt auch Schwäche meinerseits?
Nein. Du bist lediglich - wie so viele andere - Opfer einer Textungenauigkeit in Platons Dialogen Kritias und Timaias. Wenn man diese Dialoge liest, wird eigentlich recht deutlich, was Platon im Sinn hatte. Er wollte den idealen Staat beschreiben, wie er es ja auch in anderen seiner Schriften getan hat. Da es keinen idealen Staat gibt, hat er eben einen erfunden und ihn mit den Eigenschaften versehen, die er dem idealen Staat zugeschrieben hat. Natürlich geprägt von den damals herrschenden philosophischen Strömungen, seiner eigenen Philosophie und dem Denken seiner Zeit. Vieles davon lässt sich dem heutigen Verständnis von Demokratie und Rechtsstaat sicherlich nicht vereinbaren.
Die Crux an der Sache liegt darin: Platon hat nicht explizit in den Text reingeschrieben, dass er hier lediglich ein Gedankenexperiment durchexerziert. So, wie das bei den meisten Büchern der Fall ist. Nehmen wir als einfaches Beispiel den Herrn der Ringe - Tolkien tut ja auch die ganze Zeit so, als würde er die wirkliche Geschichte der Erde erzählen anstelle von einer, die er selbst erfunden hat. Damit hat Platon für den heutigen Leser, der den damaligen Kontext natürlich nicht in allen Details kennen kann, die Möglichkeit offen gelassen, dass Atlantis tatsächlich existiert hat. Mit dem bekannten Ergebnis: Es gibt jede Menge Wirrköpfe, aber auch durchaus seriöse Wissenschaftler, die sich auf die Suche nach diesem Staat begeben, der mit größter Wahrscheinlichkeit niemals exisitert hat. Es gibt keinen archäologischen Fund, der auch nur in Ansätzen darauf hindeuten würde, dass zu der genannten Zeit irgendwo auf der Welt eine derartig weit entwickelte Hochkultur bestanden hätte. Es ist auch nicht auszuschließen, dass sich in 3.000 Jahren Archäologen auf die Suche nach Mittelerde begeben.
Die Bibel funktioniert auf die gleiche Weise. Man kennt den damaligen Kontext nicht in allen Details - vieles ist verloren gegangen, vieles auch bewusst verschleiert worden. Die Schriften lassen die Möglichkeit offen, dass sich alles tatsächlich so abgespielt hat, wie es dort beschrieben wird. Also gibt es Menschen, die daran glauben. Was auch kaum verwundert - die Verfasser der Evangelien haben schließlich ganz gezielt solche Geschichten geschrieben, von denen sie wussten, dass die Menschen sie zu glauben bereit sein würden.
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: