19. Mission erfolgreich?
Seit Andorhal mied Gilmenel die Straße. Im Wald war sie auch ohne ihre besondere Fähigkeit für den flüchtigen Betrachter schwer auszumachen. Die Liebe zur Natur hatte ihre Mutter ihr in die Wiege gelegt, und so wusste Gilmenel ihre Naturverbundenheit instinktiv geschickt zu nutzen. Sie blieb stehen. Vor ihr stiegen schroffe Klippen in die Höhe. Sie sah wie sich die Straße weiter nördlich durch eine schmale Öffnung zwängte. Die Straße war dort durch ein Bollwerk blockiert. Sie schlich sich, soweit ihr der Wald Deckung bot, an das Bollwerk heran. Wachen patrouillierten in mehreren Zweiergruppen das Bollwerk auf und ab. Es war keine Möglichkeit für ein Durchkommen erkennbar. Die Berge auf der anderen Seite erschienen ihr allerdings weniger schroff. Sie ging ihren Weg wieder ein wenig zurück, und querte außerhalb der Sicht der Wachen die Straße vor dem Bollwerk.
Sie näherte sich den Bergen auf der anderen Seite des Durchbruchs. Die kleinen Hügel boten keine Herausforderungen. Einige Kletterpartien in den dahinter liegenden Bergwänden meisterte sie ebenfalls. Vorsichtig kroch sie auf den Grat des Bergrückens. Vor ihr lag ein Abgrund. Die Berge die auf ihrer Seite noch bezwingbar waren, fielen auf der abgewandten Seite steil ab. Es gab nun nur noch den Weg den Bergrücken weiter hinauf zu klettern, und zu hoffen, dass es irgendwo eine Abstiegsmöglichkeit gab.
Der Bergrücken führte sie weit nach Norden, bevor sie eine Möglichkeit zum Abstieg sah. Am Fuße des Berges sah sie eine große burgähnliche Anlage. Eine große Halle mit einem spitzen Turm stand in ihrem Zentrum. Auf dem Weg zu der Burg konnte sie viele Soldaten in einem Wams, auf dem eine silberne Hand prangte, sehen. Sie beschloss den Bergrücken noch weiter nach Norden zu folgen. Kurz bevor der Bergrücken in einer Steilküste zum Meer endete, fand sie einen schmalen Pfad der sie ins Tal brachte. Sie wusste allerdings, dass das Tal an dessen Ausgang von der Burg bewacht wurde. Schweren Herzens kletterte sie auf der anderen Seite des Tales den dortigen Berg wieder hinauf. Der sanfte Hang auf der anderen Seite des Berges war ihr eine willkommene Abwechslung. Schnell erreichte sie den Wald an dessen Ende. Sie beschloss auf einem der hohen Bäume die hereinbrechende Nacht zu verbringen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, erstarrte sie zu Eis. Am Fuße des Baumes hatte ein Trupp Skelettkrieger sein Lager errichtet. Sie sah auch einige Ghuls, deren bestialischen Gestank sie bis zu ihrem hochgelegenen Schlafplatz riechen konnte. Sie war der Panik nahe.
„Ausgeburten des Lichs!’, fuhr es ihr durch den Kopf.
Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust.
„Es ist ein Lebender in der Nähe!“, kreischte ein Ghul, und fing an in der Gegend herum zuschnüffeln.
„Dort auf dem Baum!“, zischte ein Skelettkrieger.
Gilmenel war entdeckt. Die herbeigeeilten Skelettkrieger zückten ihre Bogen und schickten Pfeile in ihre Richtung. Flink wie ein Eichhörnchen sprang Gilmenel von Baum zu Baum. Die Skelettkrieger folgten ihr am Boden. Vor sich sah Gilmenel den Rand des Waldes kommen. Hinter einer Wiese sah sie Äcker und einen Bauernhof. Vielleicht würde sie dort Hilfe finden, dachte sie noch, als der Ast unter ihr brach. Die Axt eines Skelettkriegers hatte ihn getroffen. Sie hatte nicht genügend Schwung, um den nächsten Ast zu erreichen. Sie fiel, rollte sich geschickt ab und rannte in Richtung Bauernhof los.
Plötzlich wurden ihre Beine von etwas getroffen. Ein geworfener Streitkolben hatte sein Ziel gefunden. Sie ging zu Boden. Als sie aufstehen wollte, spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem linken Knöchel. Die Skelettkrieger näherten sich unaufhaltsam.
‚Nun hilft mir die Verstohlenheit nichts mehr. Nun muss ich kämpfen!’, dachte sie voll Grimm, und zog ihr kleines Schwert, ‚Mal schauen, was meine Schwertübungen bei dem Schwertlehrer der Waldläufer wert sind.’
Sie robbte zu einem Baum, den sie als Schutz von hinten benützte. Der erste Skelettkrieger kam auf sie zu. Sein Schwert mindestens viermal so groß wie das ihre. Sie erzitterte. Der Skelettkrieger holte aus. Gilmenel hob ihr Schwert zur Verteidigung.
„Sonnenbrunnen gib mir Kraft!“, schrie sie.
Ein riesiger gelber Blitz traf den Skelettkrieger. Er war nur noch ein Häufchen Asche. Die anderen anstürmenden Krieger hielten inne. Sie wanden sich von Gilmenel ab und stürmten hinter einen Baum. Kampfgetümmel und Schwerterklirren war zu hören. Gelbe und orange Blitze schossen hinter dem Baum hervor. Es wurde ruhig.
„Das nenn ich gerade noch rechtzeitig.“, hörte Gilmenel eine Frauenstimme hinter einen der Bäume triumphieren, „Was für ein Spaß!“
Ein Krieger im Silberhandwams kam hinter dem Baum hervor, und nahm dem Helm ab. Es war eine Menschenfrau. Sie schüttelte ihre rotbraunen Haare aus. Gilmenel fiel die Burg wieder ein.
„Gut, dass ich gerade vorbeikam.“, sagte sie zu Gilmenel.
Mit einem enormen Kriegshammer deutete die Kriegerin auf das Schwertchen
„Ich denke, dass kannst du jetzt wegstecken. Ich tu dir nichts, Kleine.“, versuchte sie Gilmenel zu beruhigen.
Gilmenel steckte langsam ihr Schwert ein.
„Vielen Dank. Bist du eine Kriegerin aus Lordaeron?“, fragte Gilmenel.
Die Kriegerin lachte lauthals, „Nein, die hätten gegen diese Verseuchungen nicht bestanden. Ich bin ein Paladin.“
„Ein was?“, stutzte Gilmenel.
„Ein Paladin. Wir haben uns geschworen alle Schwachen zu beschützen und das Böse in jeder Form zu bekämpfen. Das Licht gibt uns die Kraft. Unser Kloster ist auf der anderen Seite des Berges. Mein Name ist Xandriana.“, erklärte die Paladin.
„Die Burg!“, entfuhr es Gilmenel.
„Wer bist du?“, stutzte Xandriana, und hob ihren Hammer, „Jeder hier kennt unser Kloster! Nimm die Kapuze ab und zeige mir dein Gesicht!“
„Haltet ein! Ich bin nur eine harmlose Wanderin.“, sagte Gilmenel und nahm ihre Kapuze ab.
„Beim…..“, rief Xandriana, „Was bist du?“
„Ich bin ein Hochelf.“, sagte Gilmenel stolz.
„Ich habe von euch gehört, aber gesehen habe ich noch keinen.“, sagte Xandriana.
„Ja, wir halten uns wenn möglich gerne im Hintergrund. Unsere Vergangenheit macht uns bei den restlichen Völkern Azeroths nicht gerade beliebt.“, seufzte Gilmenel.
„Habt ihr nicht eure Heimat weit nördlich von hier?“, rätselte der Paladin, „Ich wundere mich was du dann hier bei uns herumwanderst. Vielleicht solltest du das meinem Kommandanten erklären.“
Gilmenel versuchte aufzustehen, aber der Schmerz in ihrem Fuß lies sie wieder zu Boden gehen.
„Was hast du?“, fragte Xandriana.
„Mein Knöchel scheint gebrochen zu sein. Ein Streitkolben hat mich dort getroffen.“, seufzte Gilmenel.
„Wenn es weiter nichts ist.“, lächelte Xandriana, „Das haben wir gleich.“
Sie hob ihre Hände. Ein warmes Licht durchdrang Gilmenel. Sie fühlte wie der Schmerz verschwand.
„Das sollte reichen. Nun kannst du aufstehen.“, sagte der Paladin.
Gilmenel stand auf. Der Schmerz war verschwunden.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte sie verdutzt.
„Ich sagte schon, das Licht gibt uns Kraft.“, lächelte Xandriana.
Gilmenel beschloss mit Xandriana zu gehen. Vermutlich hätte sie wenig Chancen einen so geübten Paladin zu entkommen, dachte sie bitter.
„Erklär mir doch schon mal, warum du hier bist.“, sagte Xandriana als sie einen Weg betraten, der an einem See eine Rampe hochführte.
„Ich habe Kräuter gesucht.“, sagte Gilmenel.
„Guter Versuch, aber wo sind dann deine Kräuter?“, fragte Xandriana.
„Die habe ich auf der Flucht verloren.“, versuchte Gilmenel zu erklären.
„Nein. Das nehme ich dir nicht ab. Für ein paar Kräuter würde kein Mensch soweit reisen, und wenn würde er alles dafür tun sie dann nicht zu verlieren. Also die Wahrheit!“, drohte Xandriana, und zog ihren Kriegshammer.
Gilmenel spürte Unbehagen in sich aufsteigen. Die Wahrheit sollte so gut wie möglich verdeckt bleiben.
‚Diese Menschen haben auch Angst und sie haben große Kräfte. Vielleicht könnten sie uns helfen.’, dachte Gilmenel.
„Ja, gut. Steckt den Hammer weg, edle Paladin.“, sagte Gilmenel, „Ich bin eine Botschafterin unseres Volkes. Wir haben von einer dunklen Bedrohung gehört. Nachdem wir keine Antworten von den Menschen aus Lordaeron erhalten haben, wurde ich ausgeschickt um Neuigkeiten von dort zu bekommen.“
„Botschafterin, eh?“, rümpfte Xandriana die Nase, „Riecht mir eher nach Spionin.“
„Nein, nein. Wir haben keine bösen Absichten.“, beschwichtigte Gilmenel.
„Gut, das soll der Kommandant klären.“, sagte Xandriana, „Wir sind da.“
Vor ihnen erhob sich das Kloster. Erst jetzt wurde Gilmenel die schiere Größe der Gebäude aus grauen Steinen bewusst. Xandriana ging auf einen der Posten zu. Der salutierte.
„Gut. Kommandant Mograine übt gerade dort hinten auf dem Trainingsplatz.“, sagte Xandriana zu Gilmenel, „Komm los!“
Der Kommandant übte mit einem imposanten Streitkolben. Der Baumstamm, der ihm als Ziel diente, sah bereits ziemlich mitgenommen aus. Xandriana ging zu ihm und salutierte.
„Kommandant, das hier sollten sie sich einmal ansehen.“, sagte sie zu ihm.
Gilmenel fühlte sich ein wenig heruntergesetzt. ‚Das?’, fuhr es ihr durch den Kopf, ‚Bin ich ein Ding?’
Der Kommandant nahm ein Tuch und wischte sich den Schweiß von seinem nackten Oberkörper ab. Auch das hastig übergeworfene Hemd konnte seine enormen Muskeln nicht verbergen. Er kam auf Gilmenel zu.
„Kapitän, dann wollen wir mal sehen, was ihr…’, er stockte, „Beim Licht!“
Gilmenel wunderte sich langsam, ob hier noch nie jemand einen Hochelf gesehen hat.
„Lange her, dass ich jemanden von eurem Volk vor Augen hatte.“, fuhr der Kommandant fort, „Rasch setz deine Kapuze wieder auf. Es ist klüger, dass deine wahre Natur so wenige wie möglich hier erkennen. Es könnte sein, dass einige noch eine Rechnung mit den Hochelfen offen haben. Folgt mir beide in meine Bibliothek.“
Eine lange überdachte Treppe führte zum Kloster hinauf. Der Kommandant führte sie durch viele Gänge.
‚Nicht so elegant wie unsere Gebäude in Silbermond.’, dachte Gilmenel beeindruckt, ‚Aber sicherlich sehr wehrhaft.’
Der Kommandant blieb vor einer Tür stehen. Er nahm einen Schlüssel und schloss auf.
„Tretet ein, und nehmt Platz.“, sagte er.
Der Raum war rund. An seinen Seiten säumten Buchregale mit prächtigen Folianten die Wände. Einige Stühle standen gegenüber der Türe. Sie nahmen alle Platz.
„Gut. Nun, Kapitän gebt mir einen detaillierten Bericht wie ihr unseren Gast gefunden habt.“, forderte er Xandriana auf.
Diese berichtete von dem Kampf im Wald und ihren Weg zum Kloster. Sie zitierte wörtlich alles, was Gilmenel ihr gesagt hatte.
„Hm, solche Verseuchungen der Kultisten so nahe bei uns? Das ist bedenklich.“, raunte Mograine, „Aber nun zu dir, Elf. Es scheint mir, dass deine Absichten nicht ganz klar sind. Momentan bin ich eher geneigt dich in Ketten legen zu lassen.“
Gilmenel erschrak. Ihr bereits von Natur aus blasses Gesicht wurde noch blasser.
„Kommandant, dazu besteht keine Veranlassung.“, sagte sie geschockt, „Wir haben keine bösen Absichten. Im Gegenteil, uns plagen dieselben Sorgen um Azeroth wie euch. Doch leider bekommen wir von den anderen Völkern nur sehr schwer Informationen. Wir haben nun allerdings vernommen, dass etwas Böses in Lordaeron geschieht. Ich wurde daher geschickt, um uns hier Klarheit zu verschaffen.“
„Tja, das habt ihr arroganten Hochelfen euch selbst zuzuschreiben, dass ihr unbeliebt seid.“, sagte der Kommandant mürrisch, „Aber das spielt keine Rolle. Was mich stört ist die Heimlichtuerei. Warum sucht ihr keine offiziellen Kontakte?“
„Das haben wir versucht, Kommandant. Nur niemand gab uns Antwort.“, sagte Gilmenel resigniert.
„Wir hätten. Jeder Verbündete in Kampf gegen das Böse ist uns willkommen.“, sprach Mograine.
„Wir hatten keine Kenntnis von eurer Gemeinschaft.“, flüsterte Gilmenel.
„Nun gut. Was war dein Ziel?“, fragte sie der Kommandant.
„Ich wollte nach Lordaeron und mich dort umsehen. Vielleicht hätte ich dort ein wenig aufgeschnappt.“, antwortete Gilmenel, und hoffte die Ehrlichkeit der Antwort würde sich ihn ihrem Gesicht widerspiegeln.
Mograine lachte lauthals, „Einfältige Elfen! Nach Lordaeron, was? Niemand geht zurzeit so einfach in Lordaeron ein und aus. Der König hat alle seine Streitkräfte zur großen Heerschau dorthin bestellt. Du siehst, wir schlafen nicht. Der König verfolgt mit Argwohn die Aktivitäten des Kults der Verdammten. Es wird gesagt Kel’Thuzad ist dessen Kopf. Sie haben sich der Nercomanie verschrieben. Ihre Pläne sind uns noch unbekannt. Doch lässt dein Erlebnis vermuten, dass sie nun beginnen diese in die Tat umzusetzen. Der König ist sehr besorgt.“
„Ja, wir vermuten auch, dass Kel’Thuzad dahinter steckt. Aber wir befürchten eine weit größere Macht hinter ihm. Den Lick-König Ner’zhul selbst.“, bestätigte Gilmenel.
„Wenn das wahr ist, dann stehen wir wahrlich vor dem Abgrund, und brauchen jeden Verbündeten. Ich kann nichts versprechen, Elfe.“, sagte Kommandant Mograine, „Wie es morgen aussieht weis niemand. Ich halte es aber für wichtig, dass du in deine Heimat zurückkehrst, und euren Herrschern mitteilst, dass die Paladine der silbernen Hand an offiziellen Kontakten interessiert sind. Xandriana wird dich bis zum Bollwerk begleiten, und dafür sorgen, dass du es ohne Probleme passieren kannst.“
Xandriana hatte einen Trupp Paladine zusammengestellt. Dieser sei notwendig, da nun die Kultisten so aktiv seien, und selbst die Gegend um das Kloster wohl nicht mehr sicher sei, versicherte sie. Gilmenel hatte ihre Zweifel, dass dies der einzige Grund war.
Sie erreichten rasch das Bollwerk. Gilmenel erinnerte sich an die mühsame Kletterei auf den Bergen im Hintergrund. Xandriana wechselte einige Worte mit einem Offizier.
„Alles klar. Du kannst passieren.“, sagt sie zu Gilmenel, die sich bemühte so wenig wie möglich aufzufallen, „Hier. Diesen Brief hat mir Kommandant Mograine mitgegeben. Du sollst ihn euren Anführern überbringen. Leb wohl!“
Gilmenel verabschiedete sich und eilte durch das Tor des Bollwerks in Richtung Andorhal. Als sie den Eindruck hatte unbeobachtet zu sein, verschwand sie wieder im Wald. Sie fand die zwei Latten in Alexje’s Stall immer noch locker vor. Dieser war auch nicht weiter überrascht, sie plötzlich wieder zusehen.
„Ah, du bist zurück. Erfolg gehabt?“, fragte er.
„Ich vermute.“, antwortete Gilmenel unsicher, „Aber letztendlich kann das nur Sylvanas Windläufer beurteilen. Ich muss rasch weiter.“
„Warte bis zum Einbruch der Nacht.“, sagte der Stallmeister.
„Ich danke euch.“, sagte Gilmenel, „Seid vorsichtig. Der Kult der Verdammten beginnt seine Operationen in Lordaeron.“
„Das sind sehr schlechte Nachrichten.“, seufzte Alexje, „Aber vielen Dank für die Warnung. Ich werde versuchen zu erreichen, dass wir uns hier vorbereiten.“
Die Nacht brach ein. Alexje öffnete das Stalltor. Gilmenel stieg auf Khal’El auf, und ritt langsam zum Tor. Das Pferd stoppte bei Alexje.
„Es war schön dich wieder zu sehen, mein Mädchen. Trage nun deine Reiterin sicher und geschwind nach Silbermond.“, flüsterte er Khal’El ins Ohr, „Lebt wohl ihr beiden!“
Khal’El schüttelte ihren Kopf und ritt mit Gilmenel davon in die Nacht.
Gilmenel war froh, dass die Reise zu den Toren von Quel’Thalas ungestört blieb, und Dank Khal’Els Geschwindigkeit wie im Flug verging. Sie fand die Generalin in einem Heerlager an den Toren des Thalassischen Passes vor. Sylvanas Windläufer nickte ihr zu. Sie gingen in ihr Zelt.
„Ich bin erleichtert dich wieder zu sehen, Gilmenel.“, freute sich die Generalin, „Dein Auftrag war dadurch schon fast ein Erfolg. Sage mir hast du Neuigkeiten?“
„Ja, die habe ich.“, antwortete sie der Generalin und gab ihr einen genauen Bericht ihrer Reise. Zum Schluss händigte sie ihr den Brief von Kommandant Mograine aus.
„Das sind schlechte, aber auch gute Nachrichten.“, sagte Sylvannas Windläufer bitter, „Aber diese Paladine. Ich wusste nicht, dass sie bereits soweit sind.“
„Ihr kennt die Paladine?“, stutzte Gilmenel.
„Nein, ich habe nur von ihnen gehört. Aber ich hätte nicht gedacht, dass sie solche Fähigkeiten besitzen.“, antwortete die Generalin stirnrunzelnd.
„Nun, dann hoffe ich, dass wir sie als Verbündete gewinnen können.“, sagte Gilmenel hoffnungsvoll.
„Das bleibt abzuwarten.“, zweifelte die Generalin, „Deine Mission war ein voller Erfolg, Gilmenel. Nun ruhe dich rasch aus. Die nächste Aufgabe wartet bereits auf dich.“
Seit Andorhal mied Gilmenel die Straße. Im Wald war sie auch ohne ihre besondere Fähigkeit für den flüchtigen Betrachter schwer auszumachen. Die Liebe zur Natur hatte ihre Mutter ihr in die Wiege gelegt, und so wusste Gilmenel ihre Naturverbundenheit instinktiv geschickt zu nutzen. Sie blieb stehen. Vor ihr stiegen schroffe Klippen in die Höhe. Sie sah wie sich die Straße weiter nördlich durch eine schmale Öffnung zwängte. Die Straße war dort durch ein Bollwerk blockiert. Sie schlich sich, soweit ihr der Wald Deckung bot, an das Bollwerk heran. Wachen patrouillierten in mehreren Zweiergruppen das Bollwerk auf und ab. Es war keine Möglichkeit für ein Durchkommen erkennbar. Die Berge auf der anderen Seite erschienen ihr allerdings weniger schroff. Sie ging ihren Weg wieder ein wenig zurück, und querte außerhalb der Sicht der Wachen die Straße vor dem Bollwerk.
Sie näherte sich den Bergen auf der anderen Seite des Durchbruchs. Die kleinen Hügel boten keine Herausforderungen. Einige Kletterpartien in den dahinter liegenden Bergwänden meisterte sie ebenfalls. Vorsichtig kroch sie auf den Grat des Bergrückens. Vor ihr lag ein Abgrund. Die Berge die auf ihrer Seite noch bezwingbar waren, fielen auf der abgewandten Seite steil ab. Es gab nun nur noch den Weg den Bergrücken weiter hinauf zu klettern, und zu hoffen, dass es irgendwo eine Abstiegsmöglichkeit gab.
Der Bergrücken führte sie weit nach Norden, bevor sie eine Möglichkeit zum Abstieg sah. Am Fuße des Berges sah sie eine große burgähnliche Anlage. Eine große Halle mit einem spitzen Turm stand in ihrem Zentrum. Auf dem Weg zu der Burg konnte sie viele Soldaten in einem Wams, auf dem eine silberne Hand prangte, sehen. Sie beschloss den Bergrücken noch weiter nach Norden zu folgen. Kurz bevor der Bergrücken in einer Steilküste zum Meer endete, fand sie einen schmalen Pfad der sie ins Tal brachte. Sie wusste allerdings, dass das Tal an dessen Ausgang von der Burg bewacht wurde. Schweren Herzens kletterte sie auf der anderen Seite des Tales den dortigen Berg wieder hinauf. Der sanfte Hang auf der anderen Seite des Berges war ihr eine willkommene Abwechslung. Schnell erreichte sie den Wald an dessen Ende. Sie beschloss auf einem der hohen Bäume die hereinbrechende Nacht zu verbringen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, erstarrte sie zu Eis. Am Fuße des Baumes hatte ein Trupp Skelettkrieger sein Lager errichtet. Sie sah auch einige Ghuls, deren bestialischen Gestank sie bis zu ihrem hochgelegenen Schlafplatz riechen konnte. Sie war der Panik nahe.
„Ausgeburten des Lichs!’, fuhr es ihr durch den Kopf.
Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust.
„Es ist ein Lebender in der Nähe!“, kreischte ein Ghul, und fing an in der Gegend herum zuschnüffeln.
„Dort auf dem Baum!“, zischte ein Skelettkrieger.
Gilmenel war entdeckt. Die herbeigeeilten Skelettkrieger zückten ihre Bogen und schickten Pfeile in ihre Richtung. Flink wie ein Eichhörnchen sprang Gilmenel von Baum zu Baum. Die Skelettkrieger folgten ihr am Boden. Vor sich sah Gilmenel den Rand des Waldes kommen. Hinter einer Wiese sah sie Äcker und einen Bauernhof. Vielleicht würde sie dort Hilfe finden, dachte sie noch, als der Ast unter ihr brach. Die Axt eines Skelettkriegers hatte ihn getroffen. Sie hatte nicht genügend Schwung, um den nächsten Ast zu erreichen. Sie fiel, rollte sich geschickt ab und rannte in Richtung Bauernhof los.
Plötzlich wurden ihre Beine von etwas getroffen. Ein geworfener Streitkolben hatte sein Ziel gefunden. Sie ging zu Boden. Als sie aufstehen wollte, spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem linken Knöchel. Die Skelettkrieger näherten sich unaufhaltsam.
‚Nun hilft mir die Verstohlenheit nichts mehr. Nun muss ich kämpfen!’, dachte sie voll Grimm, und zog ihr kleines Schwert, ‚Mal schauen, was meine Schwertübungen bei dem Schwertlehrer der Waldläufer wert sind.’
Sie robbte zu einem Baum, den sie als Schutz von hinten benützte. Der erste Skelettkrieger kam auf sie zu. Sein Schwert mindestens viermal so groß wie das ihre. Sie erzitterte. Der Skelettkrieger holte aus. Gilmenel hob ihr Schwert zur Verteidigung.
„Sonnenbrunnen gib mir Kraft!“, schrie sie.
Ein riesiger gelber Blitz traf den Skelettkrieger. Er war nur noch ein Häufchen Asche. Die anderen anstürmenden Krieger hielten inne. Sie wanden sich von Gilmenel ab und stürmten hinter einen Baum. Kampfgetümmel und Schwerterklirren war zu hören. Gelbe und orange Blitze schossen hinter dem Baum hervor. Es wurde ruhig.
„Das nenn ich gerade noch rechtzeitig.“, hörte Gilmenel eine Frauenstimme hinter einen der Bäume triumphieren, „Was für ein Spaß!“
Ein Krieger im Silberhandwams kam hinter dem Baum hervor, und nahm dem Helm ab. Es war eine Menschenfrau. Sie schüttelte ihre rotbraunen Haare aus. Gilmenel fiel die Burg wieder ein.
„Gut, dass ich gerade vorbeikam.“, sagte sie zu Gilmenel.
Mit einem enormen Kriegshammer deutete die Kriegerin auf das Schwertchen
„Ich denke, dass kannst du jetzt wegstecken. Ich tu dir nichts, Kleine.“, versuchte sie Gilmenel zu beruhigen.
Gilmenel steckte langsam ihr Schwert ein.
„Vielen Dank. Bist du eine Kriegerin aus Lordaeron?“, fragte Gilmenel.
Die Kriegerin lachte lauthals, „Nein, die hätten gegen diese Verseuchungen nicht bestanden. Ich bin ein Paladin.“
„Ein was?“, stutzte Gilmenel.
„Ein Paladin. Wir haben uns geschworen alle Schwachen zu beschützen und das Böse in jeder Form zu bekämpfen. Das Licht gibt uns die Kraft. Unser Kloster ist auf der anderen Seite des Berges. Mein Name ist Xandriana.“, erklärte die Paladin.
„Die Burg!“, entfuhr es Gilmenel.
„Wer bist du?“, stutzte Xandriana, und hob ihren Hammer, „Jeder hier kennt unser Kloster! Nimm die Kapuze ab und zeige mir dein Gesicht!“
„Haltet ein! Ich bin nur eine harmlose Wanderin.“, sagte Gilmenel und nahm ihre Kapuze ab.
„Beim…..“, rief Xandriana, „Was bist du?“
„Ich bin ein Hochelf.“, sagte Gilmenel stolz.
„Ich habe von euch gehört, aber gesehen habe ich noch keinen.“, sagte Xandriana.
„Ja, wir halten uns wenn möglich gerne im Hintergrund. Unsere Vergangenheit macht uns bei den restlichen Völkern Azeroths nicht gerade beliebt.“, seufzte Gilmenel.
„Habt ihr nicht eure Heimat weit nördlich von hier?“, rätselte der Paladin, „Ich wundere mich was du dann hier bei uns herumwanderst. Vielleicht solltest du das meinem Kommandanten erklären.“
Gilmenel versuchte aufzustehen, aber der Schmerz in ihrem Fuß lies sie wieder zu Boden gehen.
„Was hast du?“, fragte Xandriana.
„Mein Knöchel scheint gebrochen zu sein. Ein Streitkolben hat mich dort getroffen.“, seufzte Gilmenel.
„Wenn es weiter nichts ist.“, lächelte Xandriana, „Das haben wir gleich.“
Sie hob ihre Hände. Ein warmes Licht durchdrang Gilmenel. Sie fühlte wie der Schmerz verschwand.
„Das sollte reichen. Nun kannst du aufstehen.“, sagte der Paladin.
Gilmenel stand auf. Der Schmerz war verschwunden.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte sie verdutzt.
„Ich sagte schon, das Licht gibt uns Kraft.“, lächelte Xandriana.
Gilmenel beschloss mit Xandriana zu gehen. Vermutlich hätte sie wenig Chancen einen so geübten Paladin zu entkommen, dachte sie bitter.
„Erklär mir doch schon mal, warum du hier bist.“, sagte Xandriana als sie einen Weg betraten, der an einem See eine Rampe hochführte.
„Ich habe Kräuter gesucht.“, sagte Gilmenel.
„Guter Versuch, aber wo sind dann deine Kräuter?“, fragte Xandriana.
„Die habe ich auf der Flucht verloren.“, versuchte Gilmenel zu erklären.
„Nein. Das nehme ich dir nicht ab. Für ein paar Kräuter würde kein Mensch soweit reisen, und wenn würde er alles dafür tun sie dann nicht zu verlieren. Also die Wahrheit!“, drohte Xandriana, und zog ihren Kriegshammer.
Gilmenel spürte Unbehagen in sich aufsteigen. Die Wahrheit sollte so gut wie möglich verdeckt bleiben.
‚Diese Menschen haben auch Angst und sie haben große Kräfte. Vielleicht könnten sie uns helfen.’, dachte Gilmenel.
„Ja, gut. Steckt den Hammer weg, edle Paladin.“, sagte Gilmenel, „Ich bin eine Botschafterin unseres Volkes. Wir haben von einer dunklen Bedrohung gehört. Nachdem wir keine Antworten von den Menschen aus Lordaeron erhalten haben, wurde ich ausgeschickt um Neuigkeiten von dort zu bekommen.“
„Botschafterin, eh?“, rümpfte Xandriana die Nase, „Riecht mir eher nach Spionin.“
„Nein, nein. Wir haben keine bösen Absichten.“, beschwichtigte Gilmenel.
„Gut, das soll der Kommandant klären.“, sagte Xandriana, „Wir sind da.“
Vor ihnen erhob sich das Kloster. Erst jetzt wurde Gilmenel die schiere Größe der Gebäude aus grauen Steinen bewusst. Xandriana ging auf einen der Posten zu. Der salutierte.
„Gut. Kommandant Mograine übt gerade dort hinten auf dem Trainingsplatz.“, sagte Xandriana zu Gilmenel, „Komm los!“
Der Kommandant übte mit einem imposanten Streitkolben. Der Baumstamm, der ihm als Ziel diente, sah bereits ziemlich mitgenommen aus. Xandriana ging zu ihm und salutierte.
„Kommandant, das hier sollten sie sich einmal ansehen.“, sagte sie zu ihm.
Gilmenel fühlte sich ein wenig heruntergesetzt. ‚Das?’, fuhr es ihr durch den Kopf, ‚Bin ich ein Ding?’
Der Kommandant nahm ein Tuch und wischte sich den Schweiß von seinem nackten Oberkörper ab. Auch das hastig übergeworfene Hemd konnte seine enormen Muskeln nicht verbergen. Er kam auf Gilmenel zu.
„Kapitän, dann wollen wir mal sehen, was ihr…’, er stockte, „Beim Licht!“
Gilmenel wunderte sich langsam, ob hier noch nie jemand einen Hochelf gesehen hat.
„Lange her, dass ich jemanden von eurem Volk vor Augen hatte.“, fuhr der Kommandant fort, „Rasch setz deine Kapuze wieder auf. Es ist klüger, dass deine wahre Natur so wenige wie möglich hier erkennen. Es könnte sein, dass einige noch eine Rechnung mit den Hochelfen offen haben. Folgt mir beide in meine Bibliothek.“
Eine lange überdachte Treppe führte zum Kloster hinauf. Der Kommandant führte sie durch viele Gänge.
‚Nicht so elegant wie unsere Gebäude in Silbermond.’, dachte Gilmenel beeindruckt, ‚Aber sicherlich sehr wehrhaft.’
Der Kommandant blieb vor einer Tür stehen. Er nahm einen Schlüssel und schloss auf.
„Tretet ein, und nehmt Platz.“, sagte er.
Der Raum war rund. An seinen Seiten säumten Buchregale mit prächtigen Folianten die Wände. Einige Stühle standen gegenüber der Türe. Sie nahmen alle Platz.
„Gut. Nun, Kapitän gebt mir einen detaillierten Bericht wie ihr unseren Gast gefunden habt.“, forderte er Xandriana auf.
Diese berichtete von dem Kampf im Wald und ihren Weg zum Kloster. Sie zitierte wörtlich alles, was Gilmenel ihr gesagt hatte.
„Hm, solche Verseuchungen der Kultisten so nahe bei uns? Das ist bedenklich.“, raunte Mograine, „Aber nun zu dir, Elf. Es scheint mir, dass deine Absichten nicht ganz klar sind. Momentan bin ich eher geneigt dich in Ketten legen zu lassen.“
Gilmenel erschrak. Ihr bereits von Natur aus blasses Gesicht wurde noch blasser.
„Kommandant, dazu besteht keine Veranlassung.“, sagte sie geschockt, „Wir haben keine bösen Absichten. Im Gegenteil, uns plagen dieselben Sorgen um Azeroth wie euch. Doch leider bekommen wir von den anderen Völkern nur sehr schwer Informationen. Wir haben nun allerdings vernommen, dass etwas Böses in Lordaeron geschieht. Ich wurde daher geschickt, um uns hier Klarheit zu verschaffen.“
„Tja, das habt ihr arroganten Hochelfen euch selbst zuzuschreiben, dass ihr unbeliebt seid.“, sagte der Kommandant mürrisch, „Aber das spielt keine Rolle. Was mich stört ist die Heimlichtuerei. Warum sucht ihr keine offiziellen Kontakte?“
„Das haben wir versucht, Kommandant. Nur niemand gab uns Antwort.“, sagte Gilmenel resigniert.
„Wir hätten. Jeder Verbündete in Kampf gegen das Böse ist uns willkommen.“, sprach Mograine.
„Wir hatten keine Kenntnis von eurer Gemeinschaft.“, flüsterte Gilmenel.
„Nun gut. Was war dein Ziel?“, fragte sie der Kommandant.
„Ich wollte nach Lordaeron und mich dort umsehen. Vielleicht hätte ich dort ein wenig aufgeschnappt.“, antwortete Gilmenel, und hoffte die Ehrlichkeit der Antwort würde sich ihn ihrem Gesicht widerspiegeln.
Mograine lachte lauthals, „Einfältige Elfen! Nach Lordaeron, was? Niemand geht zurzeit so einfach in Lordaeron ein und aus. Der König hat alle seine Streitkräfte zur großen Heerschau dorthin bestellt. Du siehst, wir schlafen nicht. Der König verfolgt mit Argwohn die Aktivitäten des Kults der Verdammten. Es wird gesagt Kel’Thuzad ist dessen Kopf. Sie haben sich der Nercomanie verschrieben. Ihre Pläne sind uns noch unbekannt. Doch lässt dein Erlebnis vermuten, dass sie nun beginnen diese in die Tat umzusetzen. Der König ist sehr besorgt.“
„Ja, wir vermuten auch, dass Kel’Thuzad dahinter steckt. Aber wir befürchten eine weit größere Macht hinter ihm. Den Lick-König Ner’zhul selbst.“, bestätigte Gilmenel.
„Wenn das wahr ist, dann stehen wir wahrlich vor dem Abgrund, und brauchen jeden Verbündeten. Ich kann nichts versprechen, Elfe.“, sagte Kommandant Mograine, „Wie es morgen aussieht weis niemand. Ich halte es aber für wichtig, dass du in deine Heimat zurückkehrst, und euren Herrschern mitteilst, dass die Paladine der silbernen Hand an offiziellen Kontakten interessiert sind. Xandriana wird dich bis zum Bollwerk begleiten, und dafür sorgen, dass du es ohne Probleme passieren kannst.“
Xandriana hatte einen Trupp Paladine zusammengestellt. Dieser sei notwendig, da nun die Kultisten so aktiv seien, und selbst die Gegend um das Kloster wohl nicht mehr sicher sei, versicherte sie. Gilmenel hatte ihre Zweifel, dass dies der einzige Grund war.
Sie erreichten rasch das Bollwerk. Gilmenel erinnerte sich an die mühsame Kletterei auf den Bergen im Hintergrund. Xandriana wechselte einige Worte mit einem Offizier.
„Alles klar. Du kannst passieren.“, sagt sie zu Gilmenel, die sich bemühte so wenig wie möglich aufzufallen, „Hier. Diesen Brief hat mir Kommandant Mograine mitgegeben. Du sollst ihn euren Anführern überbringen. Leb wohl!“
Gilmenel verabschiedete sich und eilte durch das Tor des Bollwerks in Richtung Andorhal. Als sie den Eindruck hatte unbeobachtet zu sein, verschwand sie wieder im Wald. Sie fand die zwei Latten in Alexje’s Stall immer noch locker vor. Dieser war auch nicht weiter überrascht, sie plötzlich wieder zusehen.
„Ah, du bist zurück. Erfolg gehabt?“, fragte er.
„Ich vermute.“, antwortete Gilmenel unsicher, „Aber letztendlich kann das nur Sylvanas Windläufer beurteilen. Ich muss rasch weiter.“
„Warte bis zum Einbruch der Nacht.“, sagte der Stallmeister.
„Ich danke euch.“, sagte Gilmenel, „Seid vorsichtig. Der Kult der Verdammten beginnt seine Operationen in Lordaeron.“
„Das sind sehr schlechte Nachrichten.“, seufzte Alexje, „Aber vielen Dank für die Warnung. Ich werde versuchen zu erreichen, dass wir uns hier vorbereiten.“
Die Nacht brach ein. Alexje öffnete das Stalltor. Gilmenel stieg auf Khal’El auf, und ritt langsam zum Tor. Das Pferd stoppte bei Alexje.
„Es war schön dich wieder zu sehen, mein Mädchen. Trage nun deine Reiterin sicher und geschwind nach Silbermond.“, flüsterte er Khal’El ins Ohr, „Lebt wohl ihr beiden!“
Khal’El schüttelte ihren Kopf und ritt mit Gilmenel davon in die Nacht.
Gilmenel war froh, dass die Reise zu den Toren von Quel’Thalas ungestört blieb, und Dank Khal’Els Geschwindigkeit wie im Flug verging. Sie fand die Generalin in einem Heerlager an den Toren des Thalassischen Passes vor. Sylvanas Windläufer nickte ihr zu. Sie gingen in ihr Zelt.
„Ich bin erleichtert dich wieder zu sehen, Gilmenel.“, freute sich die Generalin, „Dein Auftrag war dadurch schon fast ein Erfolg. Sage mir hast du Neuigkeiten?“
„Ja, die habe ich.“, antwortete sie der Generalin und gab ihr einen genauen Bericht ihrer Reise. Zum Schluss händigte sie ihr den Brief von Kommandant Mograine aus.
„Das sind schlechte, aber auch gute Nachrichten.“, sagte Sylvannas Windläufer bitter, „Aber diese Paladine. Ich wusste nicht, dass sie bereits soweit sind.“
„Ihr kennt die Paladine?“, stutzte Gilmenel.
„Nein, ich habe nur von ihnen gehört. Aber ich hätte nicht gedacht, dass sie solche Fähigkeiten besitzen.“, antwortete die Generalin stirnrunzelnd.
„Nun, dann hoffe ich, dass wir sie als Verbündete gewinnen können.“, sagte Gilmenel hoffnungsvoll.
„Das bleibt abzuwarten.“, zweifelte die Generalin, „Deine Mission war ein voller Erfolg, Gilmenel. Nun ruhe dich rasch aus. Die nächste Aufgabe wartet bereits auf dich.“