Die ersten Ergebnisse sind heute schon zu sehen: Kaum noch kleine Platten- bzw. Musikläden, kaum noch kleine Videotheken etc.. Ich weiß das meine Kinder nicht in den Plattenladen um die Ecke pilgern können, da dort keiner mehr ist.
Dieses Problem ist hausgemacht von der lieben Film- als auch Musikindustrie.
Zur genauen Auflistung und Analyse der Musik-Industrie empfehle ich das Buch
"Dirty little secrets of the record business - why so much music you hear sucks" von Hank Bordowitz.
Es ist nun mal kein Wunder, das Platten-Verkäufe zurückgehen, wenn man als Maßstab die Hochzeit nimmt, als die Leute zwischen Vinyl und CD wechselten - mehr als 60 % der Verkäufe gingen damals auf das Konto des sog. "Back-Katalogues"; ergo Alt-Material, das auf CD neugekauft wurde.
Zudem muß man bedenken, daß die Zielgruppe (eben das Jungzeuch zwischen 16 - 24) ihr Geld kaum anders als in LPs oder Party oder Auto/Klamotten anlegen konnte. Das hat sich heute nun mal dramatisch geändert: Heute hat man Handys, Konsolen (früher ein reines Nerd-Produkt), PC-Spiele und -Hardware, MP3-Player etc. pp.
Während früher die Stereo-Anlage nebst Klangträgern eine Art Status-Symbol war (wobei der Klang der Komponenten heute sträflichst vernachlässigt wird), so hat dies heute kaum mehr eine Bedeutung.
Im Musik-Bereich gilt weiter die Devise, daß die Zielgruppe eben das Jungvolk zwischen 16 - 24 zu sein hat - eine Zielgruppe, für die es heute selbstverständlich ist, lieber ein paar Trendprodukte zu erwerben als CDs zu kaufen - und nicht zu vergessen: Die CD hat heute auch eine Konkurrenz in der DVD bzw. BluRay, die es früher nicht gab!
Die "Älteren" sind fast völlig aus dem Marketing-Bereich verschwunden, obwohl sie es gewöhnt sind, Platten zu kaufen; aber gar nicht umworben werden.
Marketing-technisch macht das durchaus Sinn: Je älter die Leute werden, desto weiter wird ihr musikalischer Horizont und löst sich aus den strikten und einfachen "Genres" heraus. Die Umwerbung wird schwieriger als bei genre-gerecht ausgerichtetem Marketing, weswegen eine Ausrichtung auf potentiell kaufkräftigere "ältere" Käufer gar nicht stattfindet!
Weiterhin ist die Musikindustrie heute nur noch auf "Erfolgskünstler" eingestellt. 100.000 Exemplare eines Albums sind das Minimum, das eine Band verkaufen muß - vorher sieht sie keinen Cent an Gewinn; fast jede Band, die unter dieses Limit fällt, wird fallengelassen! Das sind übrigens nicht mal 0,5 % der gesamten CDs, die heute auf den Markt geschmissen werden, die dieses Ziel erreichen.
Nur als Beispiel: Ein Megastar wie Bruce Springsteen brauchte drei Alben, um diese Grenze zu knacken - heute hätte dieser sichere Garant für Millionen-Gewinne keine Chance mehr (und eine Ikone wie Bob Dylan, der zu Recht als Klassiker der Moderne gilt, überhaupt nicht)!
Bei steigenden Mietkosten ist es für die meisten Plattenläden unmöglich, das Kontingent von mehr als 40.000 jährlichen Neuerscheinungen alleine der Major-Label (die sich an eine Zielgruppe richten, die es eh nicht gewöhnt ist, CDs zu kaufen) als auch den Backkatalogue (der auch heute noch mehr als 50 % der Einnahmen ausmacht) vorrätig zu haben. Elektronik-Ketten, die besondere Vergünstigen alleine nur aufgrund der Werbeflächen und natürlich der Absatzmenge bekommen, haben es den kleinen Plattenläden unmöglich gemacht, weiter zu existieren.
Ausnahmen sind selbstverständlich die Indie-Läden: Nicht nur, daß ein Künstler, der gerade mal 60.000 Einheiten absetzt, auf diesen Labels mehr verdient als ein "Major-Star" mit knapp 200.000 Exemplaren; das Publikum hält sogar diesen "Einzelläden" die Treue. Die Zukunft liegt höchstwahrscheinlich in Sites wie
Jamendo, wo Künstler ihre eigene Musik völlig umsonst veröffentlichen und jede "Spende" direkt an die Künstler selbst geht. Übrigens teilweise soundtechnisch sehr gute Aufnahmen, während die Musik-Industrie dank
Loudness-War sich die letzten "audiophilen" Käufer vollends vergrault: Warum ein Album kaufen, daß sich auch auf wirklich guten Anlagen immer noch genauso beschissen von CD anhört wie auf einem schlechten MP3 (lustigerweise auf Vinyl zumindest teilweise besser, weil dank der Restriktionen der schwarzen Scheibe auch eine spezielle Abmischung erforderlich ist. Was wiederum dem unsinnigen Mythos, Vinyl klänge besser als CD, neue Nahrung gibt)?
Warum überhaupt für wesentlich mehr/selbes Geld eine CD von ein paar Hampelmännern kaufen, wenn ich für dasselbe Geld DVDs/BDs von 300 Mio. Blockbustern erhältlich sind? Diese Diskrepanz des Aufwands bzw. der Qualität scheint bis heute nicht in das Bewußtsein der Macher gehämmert zu sein. Warum kostet eine simple Musik-Aufnahme mehr als das weitaus aufwendiger produzierte Gegenstück Film?
Wie bei der CD sind auch bei den Film-Aufnahmen (gerade beim letzteren) keinerlei Umsatzeinbußen seit 2000 feststellbar (wer gegenteilige Quellen hat, bitte posten) - ganz im Gegenteil. Jene, die viel herunterladen, sind auch meist beste Kunden der Filmindustrie.
Das Internet ist erwünscht - und auch der Download -, wenn er den Umsatz in die Höhe treibt. Sechs Monate hat es gedauert, bis "Sin City" nach dem US-Start in Europa in die Kinos kam. Man sollte annehmen, das habe jeden Erfolg des Films zunichte gemacht, weil jeder, der an dem Film interessiert war, längst den illegalen Download in Anspruch genommen hat. Das Gegenteil war der Fall: So ziemlich jeder, der ihn auf dem heimischen TV sah, erzählte alsbald seinen Freunden und Bekannten davon, daß er diesen Film unbedingt sehen müsse: Das europäische Einspielergebnis übertraf dann trotz Spätstart alle Erwartungen; machte aus dem Flop einen Erfolg!
Selbstverständlich ist ein Film immer ein Wagnis. Im Gegensatz zu früher richten heute leider BWL-Experten (wer mag, kann das in diesem
Wälzer zur Genüge belegt und geschildert nachlesen) die Filme aus; lassen sie "stromlinienförmig" nach neuesten Marketing-Aspekten designen (irgendwer "Stealth" gesehen?) und wundern sich dann, wenn es in die Binsen geht - zwei Jahrzehnte Erfahrung mit diesem "Instrument" hat ihnen genau gar nichts beigegracht (die "Klassiker", die Hollywood in den letzten beiden Jahrzehnten hervorgebracht hat, kann man an einer Hand abzählen).
Wie erklärt sich der Erfolg von "Sin City" mit der angeblich geschäftsschädigenden Haltung der Downloads? Könnte es sein, daß da eine Industrie genauso wie bei mp3 (mittlerweile nach dem Napster-Krieg ein von dem Aussenseiter Steve Jobs gegen den Willen der Musikindustrie fast völlig akzeptiertes Medium) einfach nur die Scheuklappen aufhat? Könnte es sein, daß dank der "marketing-technischen Blockbuster", zu denen diese BWL-Hirnies den Hollywood-Film an sich erst gemacht haben, ein simples und schnelles (und schnell vergessenes; außer man ist 16 und unbedarft) Konsumprodukt ohne Nährwert geworden ist?