Diese Ethikdiskussionen sind doch völliger Hickmeck. Wie vor mir schon gesagt wurde: Der Mensch hat schon immer versucht, sein Leben zu verlängern und/oder angenehmer zu gestalten.
Ewig leben? Nein, das möchte ich definitiv nicht. Aber stellt euch mal vor, ihr müsstet dreimal die Woche zur Dialyse, die dauert fünf Stunden, ihr seid danach meistens so am Sack, dass der Tag gelaufen ist, könnt nicht arbeiten gehen, werdet im Sommer angestarrt, weil euer Arm so komisch aussieht (Shunt), müsst ständig Medikamente nehmen, eure Flüssigkeitszufuhr (und damit meine ich nicht Alkohol, sondern schlicht Wasser) ist extrem begrenzt, ihr müsst auf alles aufpassen, was ihr esst und trinkt - würdet ihr nicht auch lieber ein künstlich "angezüchtetes" Organ nehmen, als noch mehr Jahre auf eine Niere zu warten?
Anderes Beispiel: Das Herz. Stellt euch vor, ihr wisst, dass euer Herz viel zu schwach ist, um euch noch lange das Blut durch den Körper zu pumpen. Jeden Tag könnte es versagen. Ihr dürft keinen Sport treiben, euch nicht aufregen, am besten den lieben langen Tag entweder in eurem Zimmer oder sogar in einem Krankenhauszimmer verbringen, müsst eventuell ständig mit einem Sauerstoffgerät rumlaufen und habt noch dazu Schmerzen. Würdet ihr da nicht auch lieber ein künstlich "angezüchtetes" Organ nehmen, als relativ schnell ohne vernünftig gelebt zu haben zu sterben?
Noch ein Beispiel: Die Lunge. Stellt euch vor, ihr bekommt die Diagnose Lungenkrebs gestellt, obwohl ihr in eurem Leben nie geraucht habt und auch nicht als Bergbauer im Kohlebergwerk gearbeitet habt. Ein Lungenflügel wird sofort entfernt, doch auch im zweiten sind Tumore, die nicht einfach so operiert werden können. Glücklicherweise hat der Krebs noch nicht gestreut, aber nach Chemotherapie und Bestrahlung, einer langen Tortur, steht fest, dass eure einzige Chance auf Heilung und somit ein halbwegs normales Leben ohne Sauerstoffgerät und ohne ständige Schmerzen eine Transplantationslunge ist. Leider weiß man, wie so häufig, nicht, wann denn jemand stirbt, der einen Organspendeausweis und noch dazu die passenden Merkmale besitzt. Bis dahin muss man allerdings die Schmerzen aushalten, wird vermutlich weiterhin bestrahlt oder mit einer Chemotherapie behandelt, um den Tumor wenigstens in Schach zu halten, hat Schmerzen, läuft ständig mit Sauerstoff rum etc. Würdet ihr da nicht auch lieber ein künstlich "angezüchtetes" Organ nehmen, als jeden Tag zu hoffen, dass es bald eine Spenderlunge gibt, dass der Krebs bis dahin dank der ganzen Bemühungen immer noch nicht gestreut hat und natürlich dass ihr bis dahin noch am Leben seid?
Das waren jetzt nur mal drei Beispiele für eine solche Organtransplantation. Mit ewigem Leben hat das nichts zu tun, deswegen muss ich Kitten auch beipflichten, wenn er sagt, dass der Titel extrem blöd gewählt ist.
Neuerungen in der Medizin werden immer skeptisch betrachtet, heutzutage ist fast jede medizinische Entdeckung ein Garant für eine Welle an Ethikdiskussionen. Doch man sollte sich auch bewusst sein, dass weder Stammzellentherapie noch "herangezüchtete" Organe etc. eine Entdeckung oder Erfindung sind, um das Leben von gesunden Menschen weiter zu verlängern, sondern um kranken Menschen Erleichterung oder gar Heilung zu verschaffen. Alleine jedes Jahr erkranken nach Statistiken und Schätzungen zufolge ca. 12000 Menschen in Deutschland an Leukämie, 200 davon sind Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren. Ich möchte nicht wissen, wie viele davon ohne die DKMS und ihre großflächige Datenbank an potentiellen Knochenmark- und somit Stammzellspendern sterben würden.
-> Übrigens kann ich nur jedem empfehlen, sich dort registrieren zu lassen. Sich mit zwei Wattestäbchen eine halbe Minute im Mund rumreiben ist nun wirklich kein großer Akt und vollkommen schmerzfrei -> www.dkms.de
Wenn man diese Neuerungen in der Medizin schon als verwerflich betrachtet, kann man auch direkt sagen, dass die meisten neurochirurgischen Kenntnisse in die Tonne zu stampfen sind. Wie viele von euch wissen denn, woher die Medizin heute weiß, wo im Gehirn das Sehzentrum, das Hörzentrum, das sensorische oder motorische Sprachzentrum etc. etc. liegt? Ich erzähl es gerne: Zu Zeiten, in denen die Swastika die deutsche Flagge "schmückte", wurden Juden, geistig Behinderte Menschen und andere diverse Minderheiten nicht einfach umgebracht. Ein Teil dieser Menschen musste deutlich schlimmere Torturen über sich ergehen lassen - Operationen im Wachzustand am offenen Gehirn. Da wurde fröhlich versuchsweise rumgeschnibbelt und festgestellt, wenn der Patient nun nicht mehr sprechen, nicht mehr verstehen, nicht mehr sehen und nicht mehr hören konnte. So wurden die einzelnen Zentren im Gehirn lokalisiert. Sehr viel Wissen der heutigen Neurochirurgie basiert auf Entdeckungen durch bestialische Methoden. Bis heute fordern manche, dieses Wissen heute nicht mehr anzuwenden. Doch wäre damit irgendjemandem geholfen, der damals diese schrecklichen Versuche durchmachen musste? Würden diese Menschen nicht eher wollen, dass das Wissen, was aus ihrem Leiden gewonnen wurde, nicht lieber dazu genutzt wird, Menschen das Leben zu retten?
Übrigens besitze auch ich einen ordentlich ausgefüllten Organspendeausweis. Nach meinem Ableben brauch ich die doch sowieso nicht mehr. Um ehrlich zu sein, find ich die Methode hier in Deutschland sowieso nicht so pralle. Ich bin mir nicht sicher, ob es in Großbritannien oder anderswo war, aber in einem europäischen Land gilt so lange jeder als Organspender, bis er eine Erklärung ausfüllt, dass er gerade das nicht möchte. So muss sich jeder mit diesem Thema auseinandersetzen, der es will, und jeder, dem es egal ist, spendet automatisch nach seinem Tod seine Organe, falls diese zu gebrauchen sind. Sollte man hier auch mal einführen.