"Elite Squad" und "Elite Squad 2"
Beide Filme sind völlig an mir vorbeigegangen - und hätte ich sie in der Videothek gesehen, wäre ich des Titels wegen wohl daran vorbeigelaufen; klingt es doch nach billigstem B-Movie.
Tatsächlich setzt "Elite Squad" quasi dort ein, wo "City of God" aufhört; nur wird diesmal die "andere Seite" - nämlich die Polizei; in der Hauptsache das "Elite-Einsatzkommando" namens "BOPE" - belichtet.
Und die Jungs haben es in sich: Es fällt schwer, diese Truppe von den Verbrechern zu unterscheiden. Sie foltern Informationen aus den Leuten; schießen erst und fragen später nicht mal. Gegen sich haben sie schwerbewaffnete und völlig skrupellose Gangs und korrupte Polizisten, die kräftig am Drogensumpf Rio de Janeiros mitverdienen.
Erzählt wird der Film von Beto, einem Captain der "Elite Squad". Seine Aufgabe ist es, in einem Slum für Ruhe zu sorgen, denn immerhin möchte der Papst direkt dort angrenzend bei seinem Besuch übernachten - und er soll ja nicht durch das Geräusch von Schüssen geweckt werden. Gegen Beto ist ein "Dirty Harry" eine linksliberale Gestalt: Ob Dealer oder korrupter Polizist; Beto will sie alle tot sehen. Dabei ist er selbst ein psychisches Wrack mit Panikattacken, der die Einheit verlassen möchte, um seine Ehe zu retten. Parallel dazu wird die Geschichte zweier junger Cops berichtet, die sich schließlich der "Squad" nach einem absolut inhumanen "Training" anschließen.
So großartig der Film teilweise erzählt ist, so anstrengend ist er auch: In der Originalfassung muß man sich schon sehr konzentrieren, um bei den sehr stilisierten, im Dogma-Stil gedrehten Bildern noch den Überblick zu behalten. Anders als bei "City of God" nützt hier die deutsche Fassung nicht viel: Man hat zwar den Off-Erzähler synchronisiert; nicht jedoch die Dialoge.
Dennoch lohnt die Mühe: Man wird mit einem kontroversen, ultrarealistischen Polizeithriller belohnt, der eine "zivilisierte" Großstadt völlig aus den Fugen zeigt. Dabei bekommen sowohl "rechts" auch "links" ihr Fett weg, weil sie sich letztendlich nur als Teil des Problems zeigen - weder die eskalierende Gewalt Betos noch die "liberalen" Ansichten einiger naiver Studenten (die sich durch eigenen Drogenkonsum als Unterstützer der Dealer erweisen) ändern die aussichtslose Lage.
"Elite Squad 2" spielt 13 Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils. Beto wird nach einem eigentlich mißlungenem Gefangenenaufstand erst von der Bevölkerung gefeiert und dann aus politischen Gründen befördert. In seiner neuen Position stärkt er die Position der "BOPE" und lässt sie in den Slums aufräumen - nur stellt sich die gewünschte Wirkung nicht ein: Zwar bringt er den Drogenhandel zum Erliegen, die korrupten Polizisten, die ihrer Einnahmequellen beraubt werden, springen jedoch sofort in die Bresche. Und nicht nur die: Diesmal wird auch die Verflechtung der Politik bis in die höchsten Kreise mit einbezogen. Beto muß erkennen, daß er mit seiner "Keine-Toleranz-Politik" nur jenen zu noch mehr Macht verholfen hat, die er eigentlich bekämpfen wollte.
Heidewitzka - was hier abgefeiert wird, geht auf kein Schiff mehr! Nicht nur hat ein größeres Budget zur Verfügung gestanden, was sich spürbar bemerkbar macht, was Action-Szenen und Inszenierung betrifft, sondern der Film holt auch noch zu einem Rundumschlag gegen ein korruptes System aus; so daß es einen wundert, wie er überhaupt entstehen konnte. Es ist der seltene Fall, daß eine Fortsetzung sogar einen sehr guten Erstling noch übertrifft. Da die Kameraarbeit diesmal eine ganze Ecke ruhiger ist und das Geschehen in der Erzählweise weniger komplex präsentiert wird, obwohl die Thematik erweitert wurde, kommt man mit der Untertitelung auch wesentlich besser zurecht.
Wer auf knallharte, realistische Polizeithriller steht, sollte sich umgehend beide Filme ansehen; ebenso alle Fans des hervorragenden "City of God"! Jedoch nix für schwache Gemüter oder Leute, die eine "schwarz/weiß"-Zeichnung der Charaktere benötigen: Hier ist alles grau... bis auf die knalligen Farben von Brasiliens Großstadt, die hier wie eine Hölle anmutet (wenn man sich vorstellt, daß in Brasilien ganze Todesschwadronen, die sich teilweise aus Polizisten zusammensetzen, ungestraft Jagd nach "unliebsamen Subjekten" wie Strassenkindern macht, muß man sich schon fragen, ob das hier gezeigte nicht schon "harmlos" ist).
Nach den Filmen fühlt man sich, als könnte man eine Dusche gebrauchen...