[Geschichte] Die Sterne über Dalaran

Vierter Abschnitt der Reise

Die Nacht nach der Erkenntnis

Dairean findet sich in einem abgedunkelten Raum wieder, vor sich eine Tür. Er verengt die Augen, tastet mit seinen Fingern nach seinem Kopf und zieht die Hand sofort wieder zurück. Seine Haare sind nicht mehr da, glatt spürt er die Kopfhaut unter seinen Fingern, nicht einmal Stoppeln sind zu fühlen. Seine Finger wandern weiter und ertasten eine Vertiefung. Etwas Nasses breitet sich unter seinen Fingerspitzen aus, aber als er die Hand anblickt, sieht er nichts, denn es ist dunkel.

Als er aufblickt, steht vor ihm eine Tür. Er öffnet sie, und findet sich in Hathorels Arbeitszimmer wieder.

Hathorel sitzt da, und trägt unüblich für ihn eine Robe. Er setzt an, etwas zu sagen, und mit den ersten Worten verschwimmt sein Gesicht und seine Gestalt, vermischt sich mit den Zügen des Erzmagisters Sonnenhäscher. Die Stimme erklingt bald doppelt, das dunkle Timbre von Hathorel gemischt mit Sonnenhäschers angenehmen Bass. „Wir sind sehr enttäuscht", spricht die Gestalt, ehe sie sich erhebt und geradezu etwas auf ihn zu schwebt.

„Was ist das Wichtigste als Spion, als verdeckter Agent, als Schläfer?" Die Sonnenhäscher-Hathorel-Gestalt bekommt die Züge seines ehemaligen Lehrmeisters, an dessen Name er sich gerade nicht mehr erinnern kann, und wiederholt dessen Worte.

Dairean kneift die Augen zusammen, versucht sich zu erinnern. Er weiss, wenn er nicht antwortet, wird er bestraft, die Schläge hält er nicht aus, sein Kopf schmerzt.

Sein Blick wird von eine Elfe gefangen, die in einem Stuhl hinter der Gestalt sitzt, hinter Hathorels Schreibtisch. War sie schon die ganze Zeit da? Hell erklingt ihr Lachen, während die sonore Bassstimme Sonnenhäschers überhand nimmt. „Was ist es? Antworte, Dairean, antworte, du Nichtsnutziger Bengel."

„F..Fokus", murmelt er mühsam. Er spürt, wie sein Blick von der Elfe gefangen wird, die ihn entfernt an jemanden erinnert. Er kennt sie, aber er kann sich nicht mehr erinnern. „Niemals.. den.. Fokus.. verlier.. en..", Die letzte Silbe haucht er nur noch, seine Stimme scheint zu versagen, als die Elfe aufsteht, auf ihn zukommt, und...




Ruckartig öffnete Dairean die Augen, wurde aus seinem Traum gerissen. Er versuchte sich zu erheben, aber stöhnte schmerzerfüllt auf, als ihm ein stechender Schmerz durch den Kopf schoss. „Fokus", murmelte er verwirrt und schloss wieder die Augen, die Helligkeit schien sich nur in dem kurzen Moment, als er die Augen geöffnet hatte, durch die Pupillen bis ans hintere Ende der Schädeldecke gefressen zu haben. Als er den Kopf zurück ins Kissen legte, durchzuckte ihn ein weiterer Schmerz, aber weiter aussen, an seiner Kopfhaut. Er wollte danach tasten, spüren, was los war. Seine Hand bewegte sich kein bisschen. Er zog mit dem Handgelenk an etwas, was ihn festhielt. Er war durstig, sehr durstig.

„Sscht.. Ganz ruhig", sprach eine Stimme neben ihm. Mühsam öffnete er erneut die Augen, während er weiter panisch versuchte, seine Hand aus dem zu befreien, was ihn da festhielt. Er erkannte schemenhafte Umrisse. Während sich seine Augen versuchten an die Helligkeit zu gewöhnen, registrierte er, dass ihn niemand festhielt, sondern dass seine Hände zusammengebunden waren. Das Seil grub sich in seine Handgelenke und bereits schabte es an der Haut. „Nicht", sprach die Stimme erneut, und Dairean konnte sie endlich zuordnen. Brionna Tallys, die Menschenfrau, sie sass neben ihm und sprach. Aber warum waren seine Hände gebunden, was war.. „Was ist.. passiert?", stiess er mühsam hervor. Sie blickte ihn nur verständnislos an. Er begriff nicht, dass er Thalassisch geredet hatte.

Dairean versuchte sich an die richtigen Worte zu erinnern, um ihr begreiflich zu machen, dass seine Kehle ausgetrocknet war wie ein Flussbett im Ödland. Er krächzte „Durst", und hoffte, dass dies das richtige Wort gewesen war.

Sie blickte ihn mit neutraler Miene an. „Schlaft, ihr habt euch noch nicht erholt", sprach sie, und griff zu einer Tasse, stützte seinen Kopf und half ihm, etwas zu trinken.

Er schloss die Augen wieder und sank in den Schlaf zurück.




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„Ihr habt euch noch nicht erholt", murmelte die Priesterin erneut, ehe sie seufzte.

Nur wenige Minuten später trat Imenia zu ihr und verlangte zu wissen, wie es um den Elfen stand.

„Nein, er ist noch nicht aufgewacht", sprach Brionna, als Imenia auf sie herabblickte. Sie stand auf und richtete sich die Robe. Der Tee würde dafür sorgen, dass der unruhige Schlaf des Elfen vorerst ein Ende fand. Er war mit starken Schlafmitteln versetzt, die ihm noch einige Stunden Ruhe ermöglichten.

„Und selbst wenn würde ich ihn noch einmal schlafen schicken", erwiderte sie trotzig. Sie war kleiner als die Elfe, aber als sie die Hände in die Hüften stemmte, wirkte sie entschlossen.

„Ach ja? Ihr könnt mir sicher erklären, warum dem so ist?"

„Hört zu, Elfe, ich weiss, dass ihr hier die Aufsicht habt und dass unsere Mission wichtig ist und so weiter", holte sie tief Luft, „Aber wenn es in eurem Volk wirklich Brauch ist, jemanden auf einen blossen Verdacht hin so zu behandeln, dann.. muss ich entschieden Protest einlegen." Das war der Grund gewesen, warum sie gerade gelogen hatte über seinen Zustand. Es war erst eine Stunde vergangen seit den Ereignissen, aber sie hatte ihren Tribut gefordert. Die Behandlung Leyans hatte sie eine grosse Menge Kraft gekostet. Währenddessen waren Imenia und Lorethiel damit beschäftigt gewesen, Leireth zur Ruhe und vor allem zur Vernunft zu bringen, nachdem sie von Connells sanftem Hieb wieder aufgewacht war. Körperlichen Schaden hatte sie keinen davongetragen. Aber hätte Brionna nicht mit eigenen Augen gesehen, wie die Elfe auf Leyan losgegangen wäre, hätte sie vermutet, dass ihr Auftreten nach dem aufwachen definitiv auf den Hieb zurückzuführen gewesen war. Immerhin waren die Worte ihrer Befehlshaberin irgendwann zu ihr vorgedrungen und sie hatte aufgehört, die ganze Gruppe als 'Feindespaktierer' und 'Hochverräter' der Allianz, der Sonne und der Hochelfen zu beschimpfen, immer abwechselnd.

„Er braucht noch Ruhe, um sich von seiner Verletzung zu erholen, ihr könnt von Glück reden, dass er überhaupt noch lebt. Und ihr könnt nur hoffen, dass sein Geist keinen Schaden davongetragen hat. Das ist nicht unüblich bei so starken Kopfverletzungen." Brionna stützte auch noch die zweite Hand in die Hüfte und blickte Imenia herausfordernd an.

Diese antworte eine Weile nichts, dann seufzte sie, sehr zu Brionnas Überraschung.

„Setzt euch, Miss Tallys. Ihr seid sicherlich müde." Sie setzte sich selber hin, ohne abzuwarten, ob Brionna diesem Befehl auch gehorchen würde.

Das magische Feuer war immer noch am Brennen, Connell sass auf einer Wolldecke und schnitzte schweigend an einem Stück Holz herum. Einzig die besorgten Furchen zwischen seinen Augenbrauen erweckten den Anschein, dass er intensiv nachdachte. Brionna musste unwillkürlich lächeln und setzte sich dann ebenfalls hin. Nur wenige Meter von ihnen befand sich das provisorische Lager, auf dem Leyan nun schlief.

„Das ist definitiv nicht unser Verhalten, Miss Tallys. Ich hatte gehofft, dass ihr euch dessen bewusst wärt. Im Gegenteil: Leireth Himmelsflamme wird dafür auch noch ihre Strafe bekommen, diese Vorgehensweise ist inakzeptabel. Nicht einmal in Anbetracht der Tatsache, dass wir tiefen Verrat unserer ehemaligen Brüder und Schwester fühlen. Nicht einmal dann."

Sie fuhr sich durch die Hände und sprach dann weitere Worte, die Brionna niemals zu hören erwartet hatte. „Ich muss euch danken."

„Mir danken?", antwortete Brionna verwundert.

„Natürlich. Nur dank eures beherzten Eingreifens konnte Schlimmeres verhindert werden. Dank eurem übrigens auch." Die letzten Worte richtete Imenia an Connell und nickte ihm höflich zu. Der salutierte nur angedeutet und widmete sich wieder dem Stück Holz.

Brionna griff nach eine Wasserflasche und trank einen Schluck.

„Wie steht es um ihn?", fragte Imenia.

„Ihr fragt nicht aus einem freundschaftlichen Interesse heraus, nicht?"

Imenia durchbohrte sie mit einem Blick.

„Natürlich nicht. Ich will wissen, ob und wann ich ihn verhören kann. Wann er reisefertig ist."

Als Imenia diese Worte sprach, setzte sich im selben Moment der Elf zu ihnen ans Feuer, der die Nachricht erst überbracht hatte. Brionna wusste immer noch nicht, wie er hiess.

„Euer Urteil ist also gefallen, noch bevor.. wie könnt ihr..", ereiferte sie sich erneut und biss sich dann auf die Unterlippe. Sie hoffte zumindest, dass ihr die Elfe sogleich über das Wort fahren würde, dass sie ihr sagen würde, dass dem nicht so wäre, dass sie natürlich wüssten, was sie tat. Elfen konnten nicht so sein. Das war nicht möglich, dass sich Elfen derartig benahmen, wie Leireth Himmelsflamme es heute getan hatte. Das durfte gar nicht sein.

Imenia seufzte erneut. „Ich verstehe euer Unrechtsbewusstsein, Brionna. Ihr seid eine wahre Dienerin des Lichts. Aber in diesem Falle muss ich euch sagen, dass ihr im Unrecht seid. Dieser Mann ist mit ziemlich grosser Sicherheit ein Spion der Sonnenhäscher. Wenn ihr wünscht, kann euch Lorethiel Dämmerpfeil hier in die groben Details einweihen."

Gleichzeitig erleichtert und angespannt entliess Brionna die Luft in ihrer Lunge mit einem Seufzer. Es war also wahr. Einerseits war sie froh, dass Imenia dem Bild entsprach, das sie von den edlen Quel'dorei hatte und auf dass Leireth mit ihrer Tat so empfindlich eingeprügelt hatte, andererseits wusste sie nun nicht, wie sie sich gegenüber dem Spion verraten sollte. Sie hasste Spionage. „Aber.. dennoch hätte man.. nicht so.."

„Natürlich nicht. Nicht auszudenken, wenn er gestorben wäre. Dann hätten wir keine Bestätigung."

„Habt ihr denn nun eine Bestätigung?"

„Nein, aber ich hoffe, dass sein Gepäck Fragen beantwortet, ebenso sowie er selber. Seht zu, dass er möglichst schnell aufwacht und fähig ist, mir Rede und Antwort zu stehen." Der übliche Befehlston klang wieder in Imenias Stimme mit. Brionna nickte nur gehorsam.

„Natürlich, Madame Feuerblüte. Nichts anderes käme mir in den Sinn, wenn er wirklich ein Verräter ist.."

„Gut, dann hätten wir das ja geklärt." Sie stand auf. „Dämmerpfeil, nun können wir endlich um das Gepäck kümmern." Der Angesprochene nickte und erhob sie ebenfalls.

„Eine Frage noch", wagte Brionna die Stimme zu erheben.

„Ja?"

„Ist es.. gewährleistet, dass Miss Himmelsflamme nicht auf.. nun ja.. Dumme Ideen kommt? Ich kann mich, wenn nötig, nicht so gut verteidigen."

Imenia blickte sie an. „Miss Himmelsflamme wird euch nicht belästigen. Ich lasse euch zudem Hammerschmied hier. Eigentlich sollte nichts passieren, ich habe Leireth eingeschärft, dass sie den hier", sie deutete auf den regungslosen Leyan, „in Ruhe lassen soll, wenn sie nicht ihren Tod finden will. Das hat sie überzeugt." Trocken erklangen die Worte, und erneut wunderte sich Brionna über die scheinbar nicht vorhandene Emotionalität der Magierin, über die spröde vorgebrachten Worte. Doch sie wagte nicht, etwas zu sagen, nickte nur und blickte zu Connell.

Mittlerweile hatte die Schnitzarbeit die grobe Form einer Raubkatze erhalten. Brionna blickte ihm eine Weile zu, wie er die Details herausarbeitete, während sie ihren Gedanken nachhing. Sie wusste nicht, ob sie richtig gehandelt hatte, indem sie sich so vehement für den Elfen ausgesprochen hatte. Obwohl er ein Verräter war. Aber sie hatte ja nicht ahnen können, dass dem so war. Ihr Blick fiel auf den Elfen und sie seufzte.

„Mach dir keine Gedanken, Brionna", erklang plötzlich Connells Stimme. „Du hast schon das Richtige getan, würd' ich sag'n. Wenn's auf meine Meinung ankommt."

„Was..? Woher.." Brionna blickte ihn irritiert an.

„Man sieht's dir an der Nas'nspitze an." schmunzelte Connell.

Brionna verzog das Gesicht, wollte schon etwas erwidern, dann liess sie es sein.

Stattdessen lächelte sie ihn kurz an.




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Wie immer wieder gut geschrieben .
 
aua er kann einem ja schon fast leid tun
 
Naja, dass ist halt das Restrisiko als Spion, dass immer bleibt.
 
„Nein.. geh.. Es ist schon in Ordnung. Ich schaff das schon." Ylaria nickte Verian zu, der sie besorgt ansah. „Komm schon, du hast ihre Anweisungen gehört. Immer nur zwei Stunden Wache, ehe wir uns ablösen."

„Ich weiss nicht.. Denkst du wirklich du willst da Wache sitzen..?" „Verian, verflucht. Ich bin nicht Leireth. Ich werde ihn nicht umbringen." Sie betonte das Wort 'nicht'.

„Also gut.. Aber wenn etwas ist, wecke mich."

„Das werde ich bestimmt nicht tun. Ich habe schon gegen zu viele Befehle verstossen", seufzte Ylaria. „Ausserdem brauchst du deinen Schlaf."

Verian blickte sie noch einmal skeptisch an, und sie setzte ein Lächeln auf, welches hoffentlich überzeugend war. Er nickte und wandte sich ab.


Sie setzte sich an das zweite magische Feuer, welches von Imenia aufgestellt worden war, etwas abseits. Es war unausgesprochen geblieben, aber allen klar, dass niemand neben einem Verräter schlafen wollte. So war sein 'Krankenlager' nun einige Meter entfernt vom Lager der Reisegefährten aufgeschlagen worden. Imenia hatte sie alle zu je zwei Stunden Wache verdonnert, ausgenommen sie selbst, Brionna – wegen ihrer Erschöpfung -, Leireth – aus offensichtlichen Gründen – und Lorethiel, der ihr half, Leyans Gepäck zu durchsuchen.

Sie blickte zu dem Elfen, der immer noch so regungslos da lag, wie Brionna ihn zurückgelassen hatte, als sie sich selber schlafen gelegt hatte. Nur sein Oberkörper hob sich im Rhythmus seiner Atemzüge. Im Schlaf wirkte er fast friedlich.

Irgendwo in ihr rührte sich der Drang, die Hand auszustrecken und durch seine verwuschelten Haare zu fahren, sie zu ordnen und von Staub und getrocknetem Blut zu befreien. Ihrer Kehle entrann ein leiser, knurrender Laut.

< Sei nicht töricht >, sprach sie sich selbst in Gedanken zu. Eine Parole, die sie in den letzten Tagen schon oft wiederholt hatte. Doch nun hatten die Worte eine ganz andere Bedeutung angenommen. Bisher war es nur ein Spiel gewesen. Das einzige, was sie zu verlieren drohte, waren ein paar Gefühle. Nun war es mehr. Nun war es ihre ganze Ehre. Ihre Integrität.

&#8222;Verfluchte Drachenfalkenpisse", seufzte sie und blickte konsterniert ins Feuer. Sie hatte sich seit Ewigkeiten das erste Mal jemandem geöffnet. Und dann war dieser Jemand, Leyan, ein Spion. < Wenn er überhaupt Leyan heisst >, zog es durch ihre Gedanken. Worin hatte er wohl noch gelogen, wenn schon der Name eine Lüge war?




Sie blieb einige Minuten still sitzen, ehe sie den Blick wieder schweifen liess. Eine innere Unruhe zwang sie dazu, immer wieder zu Leyan zu blicken. < Oder wie du auch immer heisst. > Sie seufzte zum wiederholten Male an diesem Abend, und zwang ihren Blick wieder weg.

Nur wenige Momente später fühlte sie sich beobachtet. Sie wandte ihren Blick zurück zu Leyan, das erste Mal wohl, dass sie auch tatsächlich einen Grund dazu hatte.

Er starrte sie an. Alarmiert tastete sie nach ihrem Stab, und starrte zurück. Als er keine Anstalten machte, sich zu bewegen, schalt sie sich eine Närrin. Dennoch rutschte sie näher zu ihm, kniete sich neben ihn, und prüfte routinemässig seine Fesseln.

Sie spürte seinen intensiven Blick auf ihr, aber tat ihr bestes, ihn nicht zu erwidern. Die Heilerin hatte seine Wunden gereinigt, doch klebte noch Blut und Schweiss an seiner Kleidung. Eine Geruchsmischung aus Schweiss, Blut und sonstigen undefinierbaren Gerüchen stieg zu ihr empor, als sie sich über ihn beugte. Sie erkannte einen Anteil seines eigenen, ganz typischen Geruches, der nicht vollständig von den anderen Gerüchen überlagert wurde. Als sie ihren Atem nicht mehr durch die Nase, sondern durch den Mund einzog, verringerte sich dieser Geruch etwas, aber er war dennoch noch präsent.

Er starrte sie immer noch an. &#8222;Guck nicht so", entfuhr es ihr schliesslich, als sie die Fesseln überprüft hatte, einfache Stricke, die um seine Glieder geschlungen waren. Sie funkelte ihn wütend an, stand auf und liess sich in zwei Metern Entfernung wieder neben ihn sinken.

&#8222;Und wage es ja nicht, dich zu bewegen. Du bist magisch und mit Seilen gefesselt, also.. versuch's erst gar nicht", schob sie hinterher.

Er wandte den Blick wieder ab.
Sie hatte sich einer Reaktion erhofft, doch er tat nichts. Er starrte einfach an die Decke des Gebäudes. Sein Gesicht zeigte keine Regung, nicht einmal seine Lippen zeigten in irgendeiner Art und Weise verräterisch seinem Gemütszustand. Es war, als ob ihn dies gar nichts mehr anginge. Als ob es ihn kalt liesse.

Ylaria verengte die Augen, dann brodelte es auf einmal aus ihr hervor.

&#8222;Halt mich ruhig für eine Närrin. Vermutlich war ich das auch. Ich halte mich auch für eine Närrin. Ja. Gratulation, du kannst stolz auf dich sein. Du hast uns alle getäuscht. Du hast es sogar geschafft, mich um den Finger zu wickeln." Sie holte kurz schnaufend Luft, und senkte die Stimme dann etwas, um niemanden zu wecken. &#8222;Du bist ein elender Verräter, Leyan. Ach.. Was sage ich, vermutlich ist das nicht einmal dein richtiger Name, was?"

Immer noch sagte er nichts. Starrte regungslos an die Decke. Nicht dass er sich gross hätte bewegen können, aber Ylaria hatte sich zumindest eine Art von Reaktion erhofft. Hatte er etwa eine Art Schaden in seinem Geist beibehalten, als Folge des harten Stosses gegen die Wand?

&#8222;Nun sag etwas.", herrschte sie ihn an. &#8222;Du bist doch sonst so gut mit Worten. Bald bist du tot. Du solltest es geniessen, solang es noch geht."

Langsam wandte er den Kopf, sah sie an. Sie straffte ihren Körper etwas, um möglichst gerade dazusitzen. Offensichtlich war sein Kopf noch funktionsfähig. Auch wenn er nichts sagte, hatte er ihre Worte offensichtlich verstanden. Fast erwartete sie ein Grinsen auf seinen Lippen zu sehen, aber da war keins. Nur eine Falte zwischen seinen Augenbrauen. So als ob er angestrengt nachdenken würde.

&#8222;Sag endlich was", platzte es aus ihr hervor, und im selben Moment legte sie die Hand auf den Mund. Sie klang lächerlich, sie klang peinlich. Sie flehte um Antworten, die er ihr sicherlich nicht geben würde.

Sie biss sich auf die Lippen und schaute zur Seite. Sie spürte Beklemmung in sich aufsteigen, Tränen, die sich ihren Weg nach oben suchten. In ihrer Nase wurde es unangenehm eng.

&#8222;Es war alles kalkuliert, oder", entfuhr es ihr noch, und dann war es geschehen. Sie spürte eine Träne, die sich ihren nassen Weg über ihre Wange suchte. Sie machte keine Anstalten, sie wegzuwischen. Sollte er es doch sehen. Er hatte wohl sowieso längst begriffen, was er mit ihr angestellt hatte. Er hatte es doch darauf abgegeben. &#8222;Warum auch immer.. Ich war wohl leichtes Spiel, was? Die arme, verzweifelte Elfe, die von ihrem besten Freund ständig im Stich gelassen wird. Hast du gehofft, durch mich an Informationen zu kommen?" Sie blickte ihn wieder an, doch er hatte längst wieder die Augen zugewandt. &#8222;Ja. Natürlich, so war es. Ich war so töricht", sprach sie. Längst hatte sie das Gefühl, nicht zu ihm, sondern zu ihr zu sprechen. &#8222;Ich hätte es wissen müssen.. Kerle wie du meinen es niemals ernst", murmelte sie, und wischte sich endlich über die Wange.

&#8222;Sag mir wenigstens, wie du wirklich heisst." Sie konnte die Frage nicht unterdrücken, blickte ihn an. &#8222;Ach.. vergiss es.", knurrte sie dann, als sie immer noch keine Reaktion bekam.

Vom anderen Feuer her näherten sich zwei Gestalten, die sie als Imenia und Lorethiel erkannte. Sie trugen einige Bündel mit sich, wohl Leyans Gepäck. Sie erhob sich, in der Erwartung, sie zu begrüssen.

&#8222;Dairean".

Sie fuhr mit dem Kopf herum und blickte zu Leyan herab. Seine Augen, die längst nicht mehr blau schimmerten, weil ihre magische Illusion weg gereinigt worden war, bohrten sich in seine. Seine Stimme klang rau, wie wenn er ein Reibeisen verschluckt hätte.

&#8222;Dairean. Mein Name ist Dairean."

Dann blickte er wieder weg.

Ylaria kam nicht mehr dazu, etwas zu erwidern.




&#8222;Aufwachen." Imenias Stimme war etwas lauter als nötig, und sie stupste mit ihrem Fuss den am Boden daliegenden Elfen an. Dann hockte sie sich neben ihn. &#8222;Ah. Gut. Ihr seid schon wach."

Lorethiel liess Leyans -oder eher Daireans - Gepäck zu Boden fallen.

&#8222;Er ist.. vor wenigen Minuten aufgewacht", erstattete Ylaria Bericht. &#8222;Und ihr habt nicht Bescheid gegeben?" &#8222;Das wollte ich gerade, deswegen bin ich doch.. aufgestanden".

Imenia winkte ab. &#8222;Egal. Hauptsache er ist wach. Die Fesseln sitzen?"

&#8222;Sie sitzen, Lady Feuerblüte. Auch die magischen."

&#8222;Gut."

Lorethiel hatte sich mittlerweile auf die andere Seite neben Dairean gekniet. Während Ylaria etwas näher herangegangen war, hielt er diesem etwas vor die Nase. &#8222;Das erkennst du, hm?" Dairean sagte und tat nichts. Seine Augen fixierten einen Punkt irgendwo an der Decke.

&#8222;Ich wusste es", kam es brummend von Lorethiel.

&#8222;Er stellt sich stumm?" Imenia blickte zu Ylaria, die nur mit den Schultern zuckte. Sie betete zum heiligen Licht, dass es dunkel genug war, dass man ihre gewiss geröteten Augen nicht sah.

&#8222;Das war zu erwarten, Lady Feuerblüte", kam es von Lorethiel. Diese nickte. &#8222;Natürlich. Er ist ein Spion. Warum sollte er etwas sagen. Es unterstreicht nur, was er ist."

&#8222;Ein guter Spieler weiss, wann das Spiel für ihn verloren ist. Soviel muss man ihm lassen." Lorethiel nickte, fast schon anerkennend. Imenia schnaubte. &#8222;Das ist mir egal. Ich hätte lieber, wenn er nach Gnade flehen würde. Ein stummer Spion nützt mir nichts."

&#8222;Ach, wisst ihr.. Es gibt Methoden und Wege, jemanden zum Reden zu bringen." Lorethiel und Imenia tauschten ein Schmunzeln aus. Sie waren offensichtlich auf einer Wellenlänge.

Ylaria lief ein kalter Schauer über den Rücken. &#8222;Ihr.. wollt doch nicht..", entfuhr es ihr, dann brach sie ab.

&#8222;Wir tun, was auch immer notwendig ist.", erwiderte Imenia auf die nicht zu Ende geführte Frage. Dann blickte sie wieder zu Dairean, der die Augen geschlossen hatte.

&#8222;Augen auf", herrschte sie ihn an. Er öffnete die Augen, und ein leichtes Schmunzeln überzog sein Gesicht. &#8222;Pha.. er lacht euch auch noch aus", schnaubte Lorethiel und gab ihm einen Hieb in die Seite. Dairean verzog nicht einmal die Miene, als ob er damit gerechnet hätte.

&#8222;Lorethiel, aufhören. Noch bringt das nichts", fuhr Imenia den Boten an.

&#8222;Natürlich", brummelte der.

&#8222;Nun, Herr Sonnenhoffnung, wenn wir bei eurem Pseudonym bleiben wollen. Auch wenn ihr nichts sagt, wir wissen, was das hier ist." sie deutete auf die Scheibe in Lorethiels Händen. &#8222;Meine eigene Kommunikationsscheibe ist unauffindbar. Welcher sehr auffällige Zufall. Ihr habt mich bestohlen. Ihr habt uns ausspioniert. Ausserdem..", sie kramte in Daireans Beutel und zog einen rechteckigen Gegenstand hervor, in Stoff eingewickelt. &#8222;Ausserdem haben wir auch das hier noch gefunden." &#8222;Das Buch?", fragte Ylaria. &#8222;Das Buch", bestätigte es Imenia. &#8222;Also war er der Sonnenhäscher.. Wir hätten es wissen müssen", seufzte Ylaria.

Imenia wandte sich wieder an Dairean, lächelte ihm lieblich falsch zu. &#8222;Nun fragt ihr euch sicherlich, warum wir euch überhaupt hier noch befragen. Wir haben alle Beweise, die wir brauchen. Wir wissen nun von eurem Vorhaben. Dalaran ist auch eingeweiht." Sie nickte bedeutungsvoll und machte eine kurze Pause. &#8222;Da gibt es aber nun noch ein Problem. Seht.. mir ist es gelegen, meine Verbündeten", sie betonte das letzte Wort, &#8222;sicher nach Hause zu bringen. Was euch anbelangt, ist mir das völlig egal. Ihr könnt von mir aus verrecken. Nur bin ich überzeugt, dass die Sonnenhäscher es nicht allzu gerne sehen, wenn ihre Leute umkommen."

Lorethiel schmunzelte.

Imenia senkte ihre Stimme etwas, beugte sich über Dairean und starrte ihn an. &#8222;In wessen Auftrag habt ihr gehandelt? Wie viel habt ihr dieser Person erzählt? Wo werden sie uns auflauern, hm? Sprecht!", herrschte sie ihn an.

Dairean gab keine Antwort, blickte sie nur stumm an.

Imenia schnaubte. &#8222;Holt mir die Heilerin her, ich will wissen, ob er nicht mehr sprechen kann, oder ob er es nicht will", befahl sie Ylaria. Diese biss sich auf die Lippen.

&#8222;Er kann es".

&#8222;Na los, macht schon, holt sie her.. was?" Irritiert blickte die Magistrix Ylaria an.

&#8222;Er hat mir seinen Namen verraten, als ich gefragt habe. Dairean. Er kann es."

&#8222;Ich wusste es", schaltete sich Lorethiel ein. &#8222;Meine Theorie stimmt".

&#8222;Davon können wir uns nun auch keine Brötchen backen", erwiderte Imenia trocken. &#8222;Aber es beantwortet wenigstens die Frage. Er will nicht sprechen."

&#8222;Ich sehe, ihr bevorzugt den harten Weg, Sonnenhoffnung."

&#8222;Ich sagte ja, er ist kein Feigling." Erneut waren Lorethiels Worte fast schon bewundernd.

&#8222;Wenn ich die Kommunikationsscheibe betätige, kriege ich nur das Bild einer alten Elfe in irgendeiner Menschenstadt rein. Da es relativ statisch ist, und da nichts passiert, gehe ich davon aus, dass das ein Täuschungsmanöver ist. Ich tippe auf magische Kennzeichnung.Vermutlich sind eure 'Freunde' nun dadurch auch schon darüber unterrichtet, dass wir euch enttarnt haben."

Falls sie gehofft hatte, eine Reaktion von ihm zu erhalten, hatte sie sich getäuscht. Imenia biss sich auf die Lippen. Ein wenig bewunderte sie die Disziplin, die Sturheit des Sonnenhäschers. < Närrin >, schalt sie sich.

Imenia wandte sich an sie. &#8222;Silbersang, helft mir. Drückt ihm die Hände auf die Scheibe, und seht zu, dass er nicht loslassen kann."

&#8222;Was.. habt ihr vor?"

Dairean verengte die Augen etwas und Imenia lachte. &#8222;Ah, endlich bekommt er etwas Angst. Ich will seinen 'Freunden' klarer mitteilen, dass wir wissen, was los ist. Ausserdem.. will ich ihnen eine kleine Nachricht zukommen lassen. Mal sehen, wie viel ihnen dieser kleine Spion wert ist."

Sie nahm Lorethiel die Scheibe aus der Hand. Noch während sie Ylaria zunickte, hob sie Daireans Hände an, und legte die Scheibe darunter. Sofort versuchte der, die Hände von ihr zu nehmen. Ylaria drückte sie wieder herunter.

Ein Bild materialisierte sich vor ihnen.

&#8222;Hathorel", zischte Imenia befriedigt, als die Illusion fertig war und sich sichtbar präsentierte. &#8222;Magister", sagte Dairean, &#8222;nicht.. ge.." Lorethiel stiess Dairean das Knie in die Seite, und dieser keuchte schmerzerfüllt auf, ehe er um Luft schnappte, als sich eine Hand über seinen Mund schloss, und ihm die Möglichkeit zu sprechen nahm. Ylaria blickte zur Seite, drückte seine Hände aber immer noch auf die Scheibe.

&#8222;Schön euch zu sehen, alter Freund", durchbrach Imenia den Tumult. &#8222;Ihr könnt mich nicht sehen, ihr seht wohl nur gerade euer Spielzeug hier. Brecht die Verbindung nicht ab, oder ich werde ihn auf der Stelle töten."

Hathorels Ilusion, die gerade die Hand nach einem unsichtbaren Objekt ausserhalb des Bildes ausgestreckt hatte, hielt in der Bewegung inne. &#8222;Imenia Feuerblüte", erklang dann eine Stimme, die Ylaria völlig fremd war.

&#8222;Richtig geraten", erwiderte ihre Anführerin trocken. &#8222;Euer Spiel ist aus. Wir haben euren Spion enttarnt. Ihr habt schlampig gearbeitet. Oder soll ich nur ihm die Schuld in die Schuhe schieben."

Hathorels Lippen verengten sich, und er starrte sie durch die Illusion an.

&#8222;Was wollt ihr?", sagte er schliesslich.

&#8222;Freies Geleit nach Dalaran. Kommt nicht auf die Idee uns anzugreifen oder abzufangen. Dann könnte ich mir überlegen, euren Spion möglicherweise am Leben zu lassen. Es sei denn, er ist es nicht wert."

&#8222;Nein", fuhr Hathorel ihr dazwischen. Imenia lachte. &#8222;Ihr verratet euch selber, Hathorel. Das ist nicht gut. Also ist er tatsächlich etwas wert. Das ist gut zu wissen." Dann blickte sie wieder ernst. &#8222;Das hier ist soeben mein Spiel geworden, meine Bedingungen. Tut, was ich sage, oder er ist tot. Richtet das eurem.."

&#8222;AUTSCH", schrie Lorethiel plötzlich auf, und unterbrach Imenias Ausführungen. Er zog die Hand von Daireans Mund zurück, laut fluchend. Sie blutete.

Imenia war zusammengezuckt und hatte den Griff gelockert, Dairean hob sofort die Hände und das Bild stockte, ehe es schliesslich zerfloss und sich auflöste. Imenia fluchte unterdrückt.

&#8222;Verdammt, Dämmerpfeil, passt doch auf."

&#8222;Ver.. verzeiht", stotterte der Angesprochene und rieb sich immer noch die Hand, dann versetzte er Dairean einen zweiten Hieb, dieses Mal stärker. Dumpf erklang ein Schmerzenslaut aus dessen Mund. &#8222;Verfluchter Blutelfenabschaum. Du hast mich gebissen!", wütete Lorethiel, und schlug ein drittes Mal zu.

Imenia griff nach der Scheibe und erhob sich. &#8222;Hört auf, Lorethiel.", sprach sie gelangweilt. &#8222;Jetzt ist es vergebens. Er wird die Verbindung nicht mehr annehmen. Aber er weiss, was ich will." Sie rieb sich die Stirn. &#8222;Hoffen wir, dass er auch das Richtige tut."

Lorethiel knurrte, liess dann aber von Dairean ab. Der keuchte erneut leise, dann formte sich ein Grinsen auf seinen Lippen. "Hathorel ist nicht so dumm.", erklang seine Stimme.

&#8222;Das hofft ihr", erwiderte Imenia gehässig. Dann wandte sie sich zu Ylaria.

&#8222;Silbersang, Wache halten", blaffte sie. &#8222;Dämmerpfeil, ihr kommt mir mir mit."

Die beiden angesprochenen Elfen nickten gehorsam Imenia hinterher, die bereits beim Satzende davon gestapft war, unübersehbar brodelnd vor Wut.




Ylaria setzte sich wieder und seufzte.

Sie wagte einen Blick zu Dairean. Der hatte die Augen wieder geschlossen, grinste immer noch leicht.


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OOC : Long post is long. Von den Zeichen her längstes Kapitel bisher. Als kleine Entschädigung, dass ihr schon wieder mehr als eine Woche warten musstet.
Achja, dazu gehörte Musik: Schandmaul - der Pakt. Vom neuen Album. 1a.

Dieses Kapitel ist unter sehr skurrilen Bedingungen entsatnden. Ich zitiere FAcebookstatus:

Da denkt man, man könnte im Starbucks in Ruhe weiterschreiben, dann wird irgendwo im Gebäude gebohrt (Lärm! arg!) und ein alter Sack setzt sich ungefragt mir gegenüber an den Tisch und KRATZT SICH STÄNDIG AM SACK.. ..
 
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Wieder gut gelungen, bin ja schon sehr gespannt wies weitergehen wird.

BTW Gibts in Deutschland Starbucks?
 
OOC: Ich lebe in der Schweiz
in unserer Stadt alleine gibts 3 Stück.
Es ist quasi meine Art Büro.

Danke btw
 
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Ah okay, also bis zu uns (Österreich) sind die noch nicht durchgekommen. Naja hohe Berge schützen halt xD.
 
Aah.. ihr armen.. ihr habt aber, soweit ich das von meinem Wienbesuch erinnere, andere Kaffeehäuser, die obendrein noch billiger sind

Und ja, in D-land gibts die. also Starbucks.
 
So ist es, und die sind genauso gut wie deine Geschichte... wenn nicht sogar ein Stückchen schlechter
 
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Naja Kaffee darf nicht billig sein und in Wien gibts immerhin den besten^^, ich sag nur mal Mocca Club, Linke Wienzeile4. Der Kaffee dort ist göttlich.
 
Der Aufbruch

Der weitere Verlauf der Nacht war ruhig vonstatten gegangen. Imenia Feuerblüte hatte von allen Anwesenden wohl am wenigsten geschlafen. Nahezu unverändert hatte sie die Stunden am Feuer verbracht, dabei die Kommunikationsscheibe, die sie Dairean abgenommen hatte, in den Händen hin und her gedreht. Verian hatte Ylaria bei der Wache abgelöst, später hatte sich Connell ans Lager des verwundeten Sin'dorei gesetzt. Imenia hatte Gedanken an Gedanken gesetzt. Vieles beschäftigte sie und nicht zum ersten Mal in ihrem Leben spürte sie die Verantwortung, die sie hatte, schwer auf ihren Schultern ruhen. Es war auch nicht das erste Mal, dass sie mit Spionage, Schnüffelei und vor geheuchelten Tatsachen zu tun hatte, doch das erste Mal, dass sie einen Spion enttarnt hatte, der ihr so ähnlich war. Trotz allem konnte sie nicht leugnen, dass ihr ein Sin'dorei viel näher stand als ein Mensch, ein Troll oder ein Zwerg. Ihre Gedanken drehten sich ständig im Kreis, aber es war ihr nicht möglich, damit aufzuhören. Irgendwann war sie dann aber doch eingenickt.


&#8222;Herrin Feuerblüte?" Die Männerstimme, die an ihr Ohr drang, sowie der leichte Druck von einer Hand auf ihrer Schulter liessen sie zusammenzucken. &#8222;Oh, Verzeihung", murmelte Verian, der sich neben sie gekniet hatte. &#8222;Ich wollte nur sagen, dass ehm.. die Sonne ist aufgegangen."

Imenia richtete sich auf, räusperte sich und nickte ihm dann zu. &#8222;Danke", krächzte sie, ihre Stimme noch rau vom Schlaf. Verian nickte und erhob sich wieder, um Ylaria wecken zu gehen, die noch neben dem Feuer schlummerte.

Imenia seufzte. Sie spürte jeden einzelnen Knochen in ihrem Körper. Ihr rechter Arm schmerzte und pochte auf eine unangenehme Weise, sie hatte wohl in der Nacht darauf gelegen. Ein prüfender Blick auf den Boden bestätigte ihr, dass sie wirklich mitten in ihren Überlegungen weggedöst sein musste, dann ausser einer zu einem Kissen zusammengewickelten, kratzenden Wolldecke befand sich nichts auf ihrer behelfsmässigen Lagerstätte. Stöhnend rappelte sie sich hoch und streckte sich, so ausgiebig wie es ging.

&#8222;Guten Morgen", kam es von Brionna, die bereits wieder in dem Kochtopf rührte. &#8222;Die Sonne führt uns, Miss Tallys", erwiderte sie und versuchte der Priesterin ein höfliches, gutgemeintes Lächeln zu schenken. Irgendwo in ihrem Geist pochte ein dumpfes Gefühl von Schuld gegenüber der Menschenfrau auf. Sie hatte sie wirklich nicht angemessen behandelt.

Sie setzte sich wieder hin, wobei sie versuchte, eine möglichst bequeme Position zu finden, rieb sich die letzten krümeligen Überreste des Schlafes aus den Augenwinkeln.

&#8222;Wisst ihr, wo Lorethiel ist?", fragte sie Brionna dann. Diese schüttelte nur den Kopf. &#8222;Grad nicht. Ich war damit beschäftigt, unser Frühstück zuzubereiten", antwortete diese. &#8222;Hmm." Imenia schnupperte und verzog dann gleich das Gesicht. Brionna hob entschuldigend die Augen. &#8222;Verzeiht, Mylady, aber wir haben nun mal nichts besseres als.." &#8222;Bohnen, ja ich weiss", unterbrach Imenia sie.

&#8222;Aber die schmecken gut. Ich habe sie mit etwas Maguskönigskraut aus meinem Vorrat angereichert."

&#8222;Maguskönigskraut? Warum das?"

&#8222;Es wirkt konzentrationsfördernd und .. nun ja, gegen Kopfschmerzen. Ich dachte, das könnte einigen von uns gar nicht so schaden." Sie wurde rot, als sie dies ausführte.

Imenia lachte. &#8222;Das ist eine gute Idee, wahrlich. Auch wenn es den Gedanken an Bohnen nicht wirklich angenehmer macht."

&#8222;Oh, ich habe auch noch Erdwurzelstücke hinein geschnitten." Brionna lächelte.

&#8222;Die sind nahrhaft, stärken den Geist und wirken belebend", führte sie aus.

Imenia setzte sich etwas bequemer hin und nahm ihren Wasserschlauch, öffnete ihn, um daraus zu trinken. &#8222;Ich sehe schon, ihr seid wirklich sehr um unser Wohlergehen besorgt". Sie schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln, nachdem sie einige tiefe Schlucke getrunken hatte.

&#8222;Das ist meine Aufgabe", erwiderte Brionna schlicht. &#8222;Ausserdem.. nun ja.. ich möchte ja auch wieder heil in Dalaran ankommen. Da kann es nicht schaden, wenn meine Gefährten hier gesund und munter die Rückreise antreten." Sie lächelte Imenia an, die ihr erneut wohlwollend zunickte.

&#8222;Sehr voraus schauend. Doch sagt, habt ihr heute schon nach Sonnenhoffnung gesehen?"

Brionna rührte erneut in dem blubbernden, gräulich gefärbten Bohnengemisch herum. Imenia konnte nur hoffen, dass es ebenso lecker schmeckte wie es roch, denn das Aussehen war wahrlich nicht einladend.

&#8222;Da gibt's eigentlich nichts zu sehen. Ich habe seine Wunde gestern mit der Hilfe des heiligen Lichts geschlossen, er hat allerhöchstens noch Kopfschmerzen. Es sah schlimmer aus, als es tatsächlich ist." Imenia blickte Brionna an.

&#8222;Ihr solltet dennoch nach ihm sehen. In der Nacht.. nun ja.."

Brionna hielt abrupt in der Rührbewegung inne. &#8222;Was habt ihr getan?", fuhr sie hoch.

&#8222;Nichts, nichts. Lorethiel hat ihm nur einen Stoss in die Seite gegeben."

Brionna schnaubte. &#8222;Wir brauchten Informationen", rechtfertigte Imenia sich, obwohl sie nicht einmal wusste warum.

&#8222;Kümmert euch lieber um mich.", kam es da von links. Lorethiel setzte sich neben Imenia. &#8222;Dieses Stück Rattenmist hat mich gebissen. Es tut dämonisch weh", brummte er aufgebracht in Brionnas Richtung und hielt die Hand zur Bestätigung in ihre Richtung. Ein perfekt geformter Halbmond von Bissspuren zeigte sich darauf, geschwollen und gerötet

&#8222;Geschieht euch recht", lachte Brionna. &#8222;Aber gut, ich werd's mir anschauen." Sie stand auf und drückte Lorethiel den hölzernen Kochlöffel in die unverletzte Hand. &#8222;Ich hole Verbandszeug. Ihr rührt derweil weiter. Die Bohnen dürfen nicht anbrennen", sagte sie ihm im Befehlston.

&#8222;So wie das aussieht, würde das wohl auch keinen Unterschied mehr machen", gab Lorethiel zurück und verzog das Gericht.

Brionna schnaubte. &#8222;Verwöhnte Elfen, immer wieder. Wir sind hier halt nicht in euren Adelshäusern, wo es Küchlein und teuren Wein zum Frühstück gibt!" Noch bevor einer der angesprochenen und relativ verdutzten Elfen etwas erwidern konnte, hatte sie sich schon abgewendet und war weg gestapft.

Verian lachte leise, und blickte zu Ylaria, die sich die Augen rieb. Sie hatte offensichtlich trotz ihrer besseren Schlafstätte nicht viel mehr Erholung gefunden als Imenia.

&#8222;Pha", brummelte Lorethiel, offensichtlich noch schlechter gelaunt als am Tag zuvor. Dann wandte er sich an Imenia. &#8222;Die Greifen sind alle reisefertig", sagte er leise. &#8222;Verian und ich haben dafür gesorgt. Connell sagte vorhin eben, dass Sonnenhoffnung nicht wieder aufgewacht ist, oder zumindest keine Anzeichen gemacht hat, aufzuwachen."

&#8222;Alles vorbereitet also, sehr gut. Wir werden relativ rasch aufbrechen."

&#8222;Welche Route wollt ihr nehmen?"

Imenia blickte ihn an. &#8222;Wir werden dem Pfad der Titanen folgen."

&#8222;Seid ihr wirklich sicher?"

&#8222;Wir müssen möglichst schnell zurück in Dalaran sein. Wer weiss, wer uns sonst auf der anderen Route abfängt. Wir können uns nicht sicher sein, ob Hathorel sich an meinen 'Wunsch' hält." Für den letzten Satz senkte sie die Lautstärke ihrer Stimme.

&#8222;Ich gebe zu bedenken, dass das zwar der schnellste Weg zurück in die Stadt ist, aber wir haben keinerlei Unterkunftsmöglichkeiten. Wir müssten zumindest eine Nacht, möglicherweise sogar zwei, im Schnee verbringen, nur geschützt durch die Zelte."

&#8222;Ja und? Eine Nacht im Schnee bringt noch keinen um. Und wir können auch magische Barrieren gegen die Kälte und den Schnee schaffen. Seid kein Hasenfuss."

Lorethiel schnaubte. &#8222;Ich bin kein Hasenfuss", brummelte er.

Brionna hatte sich derweil mit ihrer Verbandstasche neben Lorethiel gesetzt und sagte resolut: &#8222;Hand her." Lorethiel legte den Kochlöffel beiseite und gehorchte brav, reichte der Heilerin die Hand. Sie kramte in der Tasche, zog einige Stücke Verband, ein Tuch und eine Phiole hervor. &#8222;Das kann jetzt etwas schmerzen", sagte sie, als sie das Stück Tuch mit dem Inhalt der Glasphiole benetzte, und dann anfing, die Bisswunde zu reinigen. Ein leichter Duft nach Kräutern und scharfem Alkohol legte sich in die Luft. Lorethiel verzog das Gesicht, erlaubte sich aber kein Laut des Schmerzes.

&#8222;Wie wollt ihr mit Sonnenhoffnung verfahren?", warf Verian ein.

Imenia strich sich über das Kinn. &#8222;Mitnehmen natürlich. Was sonst?"

&#8222;Ja, das war mir auch klar, aber wie? Er kann ja wohl kaum auf seinem Drachenfalken fliegen, der entwischt uns ja."

&#8222;Die Künste dieses Tiers im Flug sind wahrlich bemerkenswert", sagte Ylaria leise.

&#8222;Inwiefern?" Lorethiel blickte Ylaria an.

&#8222;Ach, wir haben es gesehen. Manchmal scheint es, als ob der Drache nicht einmal einen Befehl bräuchte, um das Richtige zu tun."

Lorethiel hob die Hand, die nun verbunden war, und bewegte probeweise die Finger. &#8222;Ein ausgebildeter Kurierreiter, nehme ich an. Möglicherweise sogar in einem Fluggeschwader geflogen. Das würde zu dem passen, was ich so erfahren habe."

&#8222;Das ist doch jetzt gar nicht so wichtig", unterbrach Imenia ihn. &#8222;Einer von euch nimmt ihn auf seinen Greifen. Seinem Falken laden wir entweder Gepäck auf, lassen ihn hier oder töten ihn gleich."

&#8222;Einer von uns?", fragte Verian.

&#8222;Ja, natürlich. Er wird sicher nicht allein reiten. Schon gar nicht mit gefesselten Händen, das ist rein technisch nicht möglich."

&#8222;Aber.. ehm.. ich will ihn nicht nehmen", warf Ylaria ein. Sie war bleich, doch Imenia konnte nicht bestimmen, ob dies auf das Entsetzen über ihre Ankündigung oder doch vielleicht auf mangelndem Schlaf zurückzuführen war. &#8222;Ich könnte das nicht.. Er ist ein.. eh... Verräter.. Ja."

Imenia zog eine Augenbraue hoch. &#8222;Ihr werdet meine Befehle selbstverständlich ausführen, Ylaria, sollte ich euch dazu auffordern. Brionna, ist das Essen endlich bereit? Wir müssen bald aufbrechen."

Brionna schmunzelte, griff nach dem Kochlöffel und streute aus einem braunen Säckchen etwas in die Bohnenbrühe. &#8222;In einer Minute, nur Geduld."

In diesem Moment setzte sich Connell in die Runde und nickte, wandte sich dann an Imenia. &#8222;Hier bin ich, M'lady. Ihr wollt mich sprech'n?"

Imenia zog eine Augenbraue hoch. &#8222;Wie bitte?", sagte sie verständnislos.

Connell blickte sie ebenso verständnislos an. &#8222;Na, ihr wolltet mich sprechen. Sagte die.. ach ich hab ihren Namen vergess'n. Äh.." &#8222;Wo ist Leireth?", unterbrach ihn Ylaria, griff nach ihrem Stab und stand rasch auf. "Verdammt, wo ist Leireth?!"

&#8222;Ja, genau, die!", sagte Connell und grinste. &#8222;Die sagte, ihr wolltet mich sprech'n. He.. Wo geht ihr alle hin?" Verwirrt blickte er um sich. Auf Ylarias Worte hin waren die anwesenden Quel'dorei aufgestanden, hatten nach ihren Waffen gegriffen und waren weg gestürmt.


&#8222;Die spinnen, die Elfen", brummelte er in Brionnas Richtung. Diese seufzte nur und rührte weiter in den Bohnen.



XXXX


OOC: Ich konnte mir den Obelix-Spruch nicht verkneifen. Ich liebe Connell in seiner tollpatschigen-unbeholfen-rührseligen Art ^^
Und überhaupt, da ihr hier ja sowieso schon ein Kaffeehaus eingerichtet habt:

*Kaffe und Kuchen hinstell*
 
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OOC: Sorry, dass es so lange dauert, ich bin im Semesterendestress und am 13 Juni muss ich 20 Seiten arbeit abgeben.
Wird wohl noch etwas länger dauern.
 
Och kein Problem die Qualität der Geschichte macht die Wartezeit schon wett.
 
Ich bin endlich mal dazu gekommen, die Geschichte durchzulesen und sie ist bis jetzt wirklich gut.
Ich freu mich schon darauf, wies weitergeht, was nu Leireth mit Dairean anstellt und wem sie denn auf dem Rückweg begegnen, ob die Sonnenhäscher es schaffen, die Silberbundler zu überholen, und und und...

Wenn du dann ein Buch schreibst, würde ich sehr gerne zu den Probelesern gehören.
 
Dairean hatte die Augen zwar geschlossen, schlief aber nicht. So war er denn nicht sonderlich überrascht, als er einen unsanften Tritt in die Seite bekam, der ihn wohl wecken sollte.

Er öffnete die Augen und erblickte Leireth.

„Fertig ausgeschlafen, du Bastard“, fauchte sie ihn an und beugte sich zu ihm runter. In der Hand hielt sie einen kleinen Dolch und fuchtelte vor seiner Nase herum, ihre Wangen waren vor Wut oder Empörung hochrot gefärbt.

Das Bild präsentierte sich so verzerrt, dass er kaum anders konnte als leicht zu schmunzeln. Was sich als Fehler herausstellte, als er einen zweiten Tritt in die Seite bekam, der ihm alle Luft aus der Lunge trieb. Bei der Sonne, Himmelsflamme war wirklich reizbar.

„Du Dreck von Bachtatzenluchsen, grinse nicht so. Ich könnte dich sofort töten, wenn ich es will“, höhnte sie, und beugte sich etwas näher zu ihm, legte ihm den Dolch an den Hals. Dairean bewegte sich keinen bisschen. Er war sich ziemlich sicher, dass Leireth nicht dazu imstande war, ihn hier einfach zu erdolchen, aber auch er hatte sich schon geirrt. Gerade jetzt, wo seine Gedanken vernebelt waren, seine Seite wie Feuer brannte und das Atmen ihm schwerfiel . In seinem Magen war eine unangenehm drückende Leere und Schweiss kroch ihm seit einigen Stunden vermehrt aus den Poren. Was hätte er nicht alles für eine Prise Blutdistelpulver gegeben..

„Ich könnte dich einfach so aufschlitzen, dich genüsslich verbluten lassen, bevor es einer merkte“, blaffte Leireth ihn weiter an. Zornesfalten zeigten sich auf der Stirn.

Dairean seufzte. „Das könntet ihr. Allerdings riskiert ihr dann eine Bestrafung.“

„Pff.. Ich würde sicherlich jemanden davon überzeugen können, es nur zum Wohle der Hochelfen getan zu haben!“

„Pech für euch, dass das sogar Feuerblüte anders sieht“, grinste Dairean, wofür er einen Hieb mit der Faust in den Bauch erntete. Er konnte sich eines schmerzvollen Stöhnens nicht verwehren.

„Gar nicht wahr, lüg' mich nicht an.“ Die Spitze des Dolches ritzte über seine Haut, und er spürte, wie sich langsam Bluttropfen bildeten. In seiner Kehle bildete sich langsam ein Kloss, als er das mörderische Funkeln in Leireths Augen deutlicher denn je sah. Seine Stimme zitterte ganz leicht, kaum hörbar, als er versuchte, möglichst klar zu sprechen: „Ich lüge euch nicht an. Feuerblüte hat in der Nacht ziemlich deutliche Worte über euch gesagt“, log er ins Blaue hinein.

Und er hatte Glück. Leireth zog den Dolch zurück. Sie zischte noch einmal „Das ist gar nicht wahr“, aber stand dann auf. „Lügner, elender Blutelfenabschaum, dreckiger Verräter, du hättest..“

Weiter kam sie in ihrer Hasstirade nicht mehr. Lorethiel schlang von hinten die Arme um sie, und drehte ihr Handgelenk derartig um, dass sie den Dolch fallen lassen musste. Nur haarscharf sauste er an Daireans Bein vorbei und prallte am Steinboden ab, schlidderte zur Seite.

„Bei Khagdars Barthaar, Leireth Himmelsflamme!“, fuhr Imenia, die sich ebenfalls genähert hatte, die von Lorethiel festgehaltene Elfe an. „Ihr seid das unverantwortlichste, eigensinnigste Exemplar einer Magierin, die mir je untergekommen ist. Habt ihr noch nie etwas von Befehlen gehört?“, ereiferte sich Imenia weiter, die Hände in die Hüften gestemmt. Fast bewunderte sie Dairean, doch erinnerte er sich dann, dass sie dies nicht wegen ihm tat, sondern nur wegen seinem Wert als Spion. Er biss sich auf die Innenseite der Lippe, und schloss die Augen.

„Aber Kommandantin“, setzte Leireth an. „Er ist eine Bedrohung für uns alle. Ich bin nur auf den Schutz bedacht.“

„Ihr habt Befehle, Himmelsflamme. Die gehen über persönliche Rachegelüste.“

„Dann waren die Befehle nicht gut!“, Leireth wurde lauter. Verian und Ylaria, die sich ebenso genähert hatten, mit gezogenen Waffen und bereit zur Wirkung von Magie, starrten sie auf diese Bemerkung hin nur an. „Ist doch so! Ylaria, Verian, ihr denkt auch so, oder?“ Leireth klang nun fast schon etwas hilflos, und als Ylaria nur den Kopf schüttelte, spuckte sie auf den Boden.

„Ihr habt einfach keinen Mumm, das zu tun, was notwendig ist.“, geiferte sie.

Im selben Moment versetzte ihr Imenia eine Ohrfeige. „Schweigt, Himmelsflamme. Ich werde nicht zulassen, dass ihr eure Grenzen weiter überschreitet. Noch ein Wort von euch, und ich lasse euch hier, damit ihr selber sehen könnt, wie ihr diesen Tempel je wieder verlasst.“

Die Drohung wirkte. Leireth starrte Imenia an, klappte den Mund auf und zu wie ein stummer Fisch, sagte aber nichts mehr. Imenia schnaubte. „Lorethiel, sorge dafür, dass mir diese ungehorsame Quel'dorei nicht wieder unter die Augen kommt, bis wir aufbrechen. Und lass sie nicht aus den Augen!“

Lorethiel nickte, und wollte dazu ansetzen, Leireth mit sich fortzuziehen, doch Imenia trat noch einmal vor die renitente Elfe, starrte sie direkt an. „Und ich hoffe, euch ist vollkommen bewusst, dass ich die allererste bin, die das Schwert gegen diesen verräterischen Abschaum heben wird, wenn es mir erlaubt wird.“

„Warum tut ihr es dann nicht?“, wagte Leireth zu fragen.

„Weil ich – im Gegensatz zu euch – nicht nur an mich denke. Ich weiss, was Befehle sind. Und ich weiss sie zu befolgen. Was wohl der Grund ist, warum ich über euch befehle, und nicht ihr über mich, obwohl ihr älter und von Adel seid.“

Die Worte liessen Dairean aufhorchen, und er öffnete die Augen wieder. Das Grinsen, welches er in Imenias Gesicht sah, liessen ihn nicht an ihren Worten zweifeln.




XXXX




OOC: Was lange währt, wird endlich gut. Bis zum nächsten solltet ihr nicht mehr so lange warten, wie auf das hier. Tut mir leid für die Wartezeit.

Und Acid: Vielen Dank für deine Worte. Sie haben mich motiviert.

Lg,

Melian
 
Nach Lorethiel und Leireths Abgang – er hatte sie energisch mit sich gezogen, ausser Sichtweite – blieben Verian und Ylaria an Ort und Stelle, blickten Imenia an. Diese drehte sich um und seufzte: „Was für ein dämliches Theater“. Als sie die beiden erblickte, blaffte sie einen weiteren Befehl: „Na los, wir brechen bald auf. Packt eure Sachen. Geht Hammerschmied und Tallys zur Hand. Befestigt das Gepäck. Husch husch, es gibt genug zu tun.“ Sie sagte es und stapfte davon, man konnte ihr anmerken, dass sie immer noch wütend war.

Ylaria liess die Luft aus ihren Lungen weichen, die sie in den letzten Minuten wohl unbemerkt angehalten hatte, und blickte zu Verian. „Das ging ja mal gerade noch gut“, murmelte der, kniete sich hin. „Bist du verletzt?“, er kniete sich hin und begutachtete Leyan. Oder eher Dairean. Ylaria seufzte, und kniete sich ebenfalls hin. Als sie die dünne Linie Blut sah, die aus der kleinen Wunde an Daireans Hals rann, verengte sie die Augen.

„Nichts weiter erwähnenswertes“, kam es über Daireans Lippen, und er grinste, als wäre er nicht gerade eben seinem Tode entkommen.

Ylaria schnaubte schon wieder, stand sofort auf. Allein der Anblick dieses Grinsens regte sie so furchtbar auf, dass sie am liebsten mit dem Fuss auf dem Boden aufgestampft hätte. Verian blickte sie kurz an. „Ich geh packen“, sagte sie mit belegter Stimme und ging zum Hauptlager der Gruppe hinüber, um ihre Worte in die Tat umzusetzen.

Connell und Brionna waren schon recht fleissig gewesen. Ihr eigenes Gepäck war schon zusammen geräumt, die Matten waren zusammengerollt. Ylaria setzte sich seufzend, und begann ihr eigenes spärliches Gepäck zu sortieren und zu ordnen.

„Mach dir bitte nicht so einen Kopf“, klang es nur wenig später an ihrer Seite. Verian hatte sich zu ihr gesellt, um seine eigenen Sachen zusammenzuklauben.

„Pff.. Das kannst du so einfach sagen“, erwiderte sie etwas zu schnippisch, konnte es in dem Moment aber nicht lassen. „Du hast dich doch nicht in jemandem so sehr getäuscht, den du mochtest.“

Verian antwortete eine Weile nicht und stopfte alles in den stabilen Sack, indem er seine wenigen Habseligkeiten aufbewahrte. Dann sagte er leise: „Bist du sicher?“, und blickte Ylaria an.

„Wie meinst du das?“, fragte sie verwundert.

„Leireth“, sagte Verian nur, und löste den Blick wieder von ihr. Ylaria wollte gerade ansetzen, etwas zu sagen, dann hielt sie inne, blickte zu ihm. Sie schlug sich eine Hand vor den Mund. „Oh, beim heiligen Licht. Ich bin so dämlich.. Es..“ In ihren Augen stieg das Wasser hoch. < Nicht weinen, nicht weinen >, beschwor sie sich selbst. Sie war wirklich dumm gewesen. Sie war doch nicht die einzige, die Sorgen hatte. Wie hatte sie nur ihren besten Freund vergessen können. „Es tut mir leid, ich hätte es bedenken müssen, ich..“

„Sscht.. mach dir keine Gedanken“, sagte Verian und liess vom Gepäcksack ab, legte einen Arm um sie. Ylarias innere Anspannung löste sich schliesslich, und Tränen liefen über ihre Wange. Sie schluchzte, achtete überhaupt nicht auf den fragenden Blick von Brionna, die gerade wieder dazugekommen war, den gesäuberten Kessel in der Hand.

„Es tut mir leid, ich .. denk nur an mich“, schniefte Ylaria. „Du bist auch.. Leireth ist.. Ich..“

„Jetzt schweig still“, brummelte Verian, „so schlimm ist es bei mir nun auch nicht.“

„Aber..“ „Kein Aber. Mach dir nicht so Gedanken um mich.“ Bei diesen Worten schluchzte Ylaria erneut, und fühlte sich gleichzeitig erleichtert und erbärmlich. Diese Reise verlangte ihr mehr ab, als sie es je hätte vorzustellen gewagt: dass ihre Gefühle verrückt spielen, war dabei auch nicht von Vorteil. Sie kam sich vor wie eine weinerliche Dame von Adel, die nichts konnte, ausser ihren eigenen persönlichen Dramen nachzuhängen. „Es ist klar, dass du traurig bist, wo du ihn doch mochtest“, sagte er etwas hilflos beim Anblick von Ylarias Tränen.

Diese Worte liessen Ylaria sich energisch über die Augen wischen. „Ich mag ihn nicht! Ich hasse ihn! Er hat mich nur benutzt“, entfuhr es ihr wütend. Verian zuckte nur mit den Schultern und liess sie wieder los.

„Na komm, wir müssen packen.“




Langsam beruhigte sie sich. Gerade rechtzeitig, denn Imenia gesellte sich wieder zu ihnen. „Na los, beeilt euch. Die Greifen sind bereit. Verian, bringt den Spion dazu, aufzustehen, wir werden ihn dann auf einen der Greifen setzen. Und ihr, macht euch reisefertig.“ Noch bevor jemand etwas erwidern konnte, stapfte Imenia auch schon wieder hinweg.

„Du meine Güte“, murmelte Brionna. „Welche Laus ist ihr denn über die Leber gelaufen?“

„Dreimal dürft'er rat'n“, brummelte Connell, während er gerade die Figur, die er am Abend zuvor geschnitzt hatte, in seinem Gepäck verstaute. Dann nahm er sein eigenes Gepäck, sowie das der Priesterin selbstverständlich auf. „Der Spion war's natürlich.. Was sonst. Obwohl der nich' mal so grosse Füsse hat“, führte er völlig zusammenhanglos aus. Ylaria musste plötzlich kichern, und Connell grinste verschmitzt. „So iss'es recht, Elfenlady. Lachen steht euch viel besser als Weinen.“ Mit diesen Worten setzte er sich in Bewegung, um das Gepäck durch die grosse Halle des Tempels nach draussen zu tragen, wo schon die Greifen warteten. Brionna folgte ihm.

Verian lachte leise. „Also wo er recht hat..“ „Hmpfh.“ Ylaria verschränkte die Arme. „Na komm, du nimmst mein gepäck, und ich hol den Gefangenen, ja? Schmoll' nicht weiter. In ein paar Tagen sind wir in Dalaran und dann..“ er senkte die Stimme etwas.. „Dann betrinken wir uns mal richtig, und dann können wir diesen ganzen Mist hier auch vergessen. Klingt das nicht nach einer guten Idee, Prinzessin?“ Als er sie bei ihrem alten Kosenamen nannte, löste Ylaria die Verschränkung der Arme. „Ist akzeptabel“, sagte sie leise. Verian lachte und gab ihr einen Klaps auf den Hintern. „Na dann ist es ja gut.“
„Hey“, wehrte Ylaria sich, und knuffte Verian in den Oberarm. Der entfernte sich nur lachend von ihr.




Nur wenig später waren schliesslich alle Elfen und Menschen der kleinen Expedition um die Greifen versammelt. Leireth sass bereits auf ihrem Greifen, den Lorethiel bei den Zügeln hielt. Imenia hielt ihren eigenen Greifen bei den Zügeln.

„Silbersang, ihr könnt euer Gepäck von eurem Greifen gleich wieder abladen. Dieser Drachenfalke da wird es tragen.“ Ylaria, einigermassen verwundert, blickte hoch. Sie hatte gerade ihr Schwert verstaut.

„Warum?“, wagte sie zu fragen.

„Das ist doch klar“, erwiderte Imenia. „Herr Sonnenhoffnung“, sie betonte das Wort 'Herr' abfällig, „wird mit euch mit fliegen.“

Ylaria drehte sich um und starrte Imenia an. „Was..?“, sagte sie entgeistert. Verian trat einen Schritt vor und musterte sie besorgt.

„Ihr habt es gut gehört. Er wird bei euch mit fliegen.“

„Aber.. nein.. das geht nicht.. ich..“, stammelte Ylaria.

„Bei Ronins fliegendem Haar, seid ihr heute etwas langsam im Kopf?“. Imenia stemmte die Hände noch einmal in die Hüften.

„Nein, ich... ich denke bloss, es wäre nicht so gut, wenn er bei mir..“

„Paperlapapp“, wischte Imenia ihre Bedenken mit einer Geste weg. „Fühlt euch nicht als einzige betrogen und belogen. Das ändert auch nichts daran, dass jemand ihn nehmen muss. Ich lasse ihn sicherlich nicht alleine fliegen, er könnte uns entwischen.“

„Ich könnte ihn doch nehmen“, wagte Verian sich zu melden.

„Natürlich, Himmelswispern, weil ihr ja auch ohne zusätzlichen Reiter schon fast vom Greifen fällt“, erklang Imenias höhnische Antwort.

„Was ist mit Lorethiel?“, liess sich Verian nicht aus der Ruhe bringen, trotz der Erwähnung von seinen kaum vorhandenen Flugfähigkeiten.

„Habt ihr euch etwa alle gegen mich verbündet?“, brummte Imenia, und blickte Verian durchdringend an. „Lorethiel ist mit seinem Tier fast ohne Rast hergeflogen. Wir können von Glück reden, wenn es den Weg nach Dalaran überhaupt schafft. Eine zweite Last ist ihm nicht zuzumuten. Und dass Himmelsflamme nicht fähig ist, ihn zu nehmen, liegt auf der Hand.“

Sie drehte sich mit diesen Worten um, und stieg auf ihren Greifen.

Ylaria nickte. „Verzeiht meine Worte“, sagte sie mechanisch und leise und machte sich daran, ihr Gepäck wieder vom Greifen ab zu laden. Lorethiel half ihr dabei, es auf den Drachenfalken zu laden, und dessen Zügel an ihrem Sattel festzubinden.

Verian deutete Lorethiel, den Gefangenen an seinen Handfesseln zu halten, und half Ylaria auf den Greifen. Das war zwar an und für sich unnötig, schaffte sie es doch ohne Hilfe, aber er nutzte die Gelegenheit. „Nur Mut. Du wirst das schon schaffen.“, sagte er leise, und lächelte sie an.

Verians Lächeln gab ihr etwas Zuversicht. Dennoch überfiel sie ein beklemmendes Gefühl, als die zwei Elfen den Spion hinter ihr auf den Greifen bugsierten. Dies verstärkte sich noch, als Dairean sagte, so könne er sich doch nie festhalten, es sei töricht, ihn nirgendwo zu befestigen, wenn sie ihn am Leben halten wollten. Lorethiel und Verian tauschten einen Blick.

„Keine falsche Bewegung“, sagte Verian, und trat näher an den Greifen. Er löste den Knoten, nur um Daireans Hände um Ylarias Taille zu führen, dann verband er sie wieder und befestigte das Seil schliesslich vorne am Sattelknauf. Ylaria schloss die Augen, und hielt die Luft an, als sie Dairean näher an sich spürte.

< Verflucht >, seufzte sie innerlich.

In ihrem letzten Gedanken, bevor Imenia das Zeichen zum Abflug gab, verfluchte Ylaria das erste Mal ihren Drang nach Abenteuer und ihre Neugier, die ihren Teil dazu geleistet hatten, dass sie für diese Expedition ausgewählt worden war. Im Moment wünschte siue sich nichts lieber, als Wache vor dem Gasthaus des Allianzquartiers zu stehen. Stundenlang. Von ihr aus auch in der brütenden Sonne.




XXXX


OOC: Eine gute Stunde Wartezeit ist doch kein schlechter Schnitt. *gg*
Viel Spass beim Lesen
 
Es hat lange gedauert, aber die Qualität der neuen Teile entschädigt die lange Wartezeit um Längen.
 
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