Wie ich schon anmerkte ist eine "objektive" Berichterstattung nicht möglich. In jede Dokumentation fließt die Meinung des Machers mit ein.
Komisch dann aber auch, daß andere Dokumentationen es - vermutlich nur durch göttliche Inspiration - dann doch schaffen, über komplexe und problematische Themen differenziert zu berichten. Es sollen solche seltenen Fähigkeiten wie "Recherche" und "Denken" sein, die das möglich machen....
Du setzt voraus, die Eltern hätten keinen Zugang zu Fantasy und dergleichen. Man fragt sich, wo diese Leute die letzten 20 Jahre waren (nur zur Erinnerung: Das Atari VCS kam 1977; der C64 1982. Computerspiele waren 1986 so verbreitet, daß mit der ASM die erste reine Computerspielezeitschrift auf den Markt kam). Fantasy war in den 80ern so erfolgreich, daß Buch-Verlage wie Goldmann ganze Sonderreihen herausbrachten - von Kinoerfolgen wie "Conan" ganz abgesehen. Ich halte das für eine unzulässige Verallgemeinerung.
Ja, das setze ich voraus, in der Tat. Könnte sein, daß das daran liegt, daß ich die von Dir angesprochenen Zeiträume bewußt erlebt habe (und die ASM-Sammlung habe, um es zu beweisen..ganz zu schweigen von meinem alten ATARI 2600VC in Wurzelholzoptik) und daher ziemlich genau weiß, daß damals zwar relativ viele an diesen Dingen Interesse hatten (sagen wir so ca. 2 von 20 Teenagern), aber sich diese schon damals mit kopfschüttelnden Gleichaltrigen abgeben mußten, die es vorzogen, in die Disco zu gehen oder Bier am Strand zu trinken oder mit dem Auto rumzucruisen und diesen "Computerkram" für ziemlich unwichtig hielten. Was soll ich sagen, man erkennt diese Menschen auch heute noch ohne Probleme. Ab und zu haben sie den Computer als Werkzeug anerkannt und sind brave User, aber mehr als Minesweeper oder mal Mahjong ist nicht drin. Sie haben noch nie(!) ein echtes Spiel gespielt. Das sind in vielen Fällen auch genau die Typen, die mit Conan und Fantasy oder SciFi nicht viel anfangen können. Und sie sind in der Überzahl. Es ist daher nicht schwer, jemanden zu finden, der mit einem spielenden Kind nicht umgehen kann und eben auch nicht in der Lage ist, das rechtzeitig(!) in geordnete Bahnen zu lenken. Ich wette, die gezeigten Eltern hatten in ihrer Jugend keinen Kontakt zu diesem Thema. Das ist keine Verallgemeinerung, daß ist die Realität.
Du wirfst hier einiges in einen Topf: Wie groß der Prozent-Anteil der Online-Süchtigen bezogen auf die Gesamtmenge der Spieler ist, kann man nicht wissen. Was Du mir mit den Sätzen danach mitteilen möchtest, ist mir nicht ganz klar. In der Doku wurde ein Arzt nach seinen Erfahrungen befragt; später erklärte ein Wissenschaftler, warum Spiele süchtig machen können.
Und man hat natürlich genau DIESEn Arzt gefragt, weil er...na was? Der große Experte auf dem Gebiet ist? Oder genau die Meinung vertritt, die man hören will? Man kann keine Sendung zu einem speziellen Thema machen und die "Experten" dann Allgemeinplätze runterbeten lassen. Wenn dann ein Mediziner Verhaltenssüchte und XTC in einem Satz verwendet, sollte man gaanz vorsichtig werden. Gleicher Phänotyp, ganz anderes biochemisches Modell. Das ist wie Ferrari getuned vs. Ferrari mit Tretantrieb. Sieht gleich aus, ist aber was ganz anderes. Sowas darf man sich als "Experte" nicht erlauben. Wenn er dann auch noch anfängt, diese unsägliche Verbindung von Spielgewalt<-->reale Gewalt zu ziehen, ist Ende bei mir. Och, sind ja auch alles so aggressive Spiele...so wie Boxen, Fußball, Schach, der tägliche Stau, Börsenmakler etc. Das ist eine redundante und falsche Information, wenn alles, worauf er hinaus will ist, daß ein süchtiger bei Entzug des Suchtmittels aggressiv wird. Ist auch wieder so ein Allgemeinplatz. Und dann die Aussage "Es ist keine Ausnahme, daß Computersüchtige in Handschellen in der Klinik landen." LOL. Was mir da fehlt, sind Fakten. Wenn es sooo viele sind, dann müssen da doch auch ein paar Zahlen existieren, oder? Und fast jeder davon kommt in Handschellen. WOW! Aber, nein, keine Zahlen. Vermutlich weil es nur zwei, drei Fälle bisher waren und sich das nicht gut verkauft. Könnte aber auch sein, daß die etwas ungehalten reagieren, weil ihre ahnungslosen Eltern plötzlich die Polizei ins Zimmer holen und sie in eine geschlossene Anstalt einweisen wollen. Da würde ich auch sehr aggressiv reagieren, ob nun süchtig oder nicht.
Der Wissenschaftler (ich vermute mal Neurologe) erzählt auch nichts Neues. Etwas von Dopamin zu faseln und das auf Sucht zu beziehen ist grob fahrlässig. Mit der gleichen Begründung könnte er erzählen, warum Schokolade süchtig macht. Mhh...lecker, Glücksgefühl, Dopaminausschüttung ---> Schwere Adipositas. Bei Spielen ist das Hirn aktiv "wie im realen Leben". Nun, ich spiele ja auch im realen Leben. Wie ist das denn beim Fußball? Oder Skat? Sind die da im Leerlauf? Wohl kaum. Und, ach, Emotionen. Ja, komisch. Computerspiele sind keine Berieselungsmaschine wie Fernsehen. Und bunte Bilder sind für das Hirn interessanter als bloße Buchstaben (wobei ich das ohnehin gerne anzweifeln möchte, da ich in Bücher ebenso tief eintauchen kann wie in Spiele). Und die Interaktivität, die keine der anderen Medien hat, tut ihr übriges. Es ist daher eigentlich auch kein Medium, das konsumiert wird, sondern eben ein SPIEL, wie der Name schon sagt. Daher sollte man es auch mit anderen Spielen vergleichen. Beim Maumau sagt man auch "Ach, komm, ich spiel noch eine Runde" wenn man mal verloren hat. Das ist nicht onlinecomputerspielspezifisch.
In dem Teil des Berichts ist auch ein schönes Beispiel für manipulative Wortwahl zu finden. "Das Hirn ist viel gereizter...." Gereiztheit assoziiert man mit Aggression, Wut oder ähnlichem. Gemeint ist, daß es "aktiver" ist, aber das hätte vermutlich zu positiv geklungen...
Dann dieses kurze Intermezzo, wo leicht anklingt, daß es ja auch andere Gründe für das Problem geben könnte...gefolgt von diesen Anti-Rollenspiel-Predigern, die exakt das Gegenteil behaupten und das viel länger und emotionaler rüberbringen dürfen. Das ist sehr wahrscheinlich völliger Blödsinn, was die erzählen (bisher gab es noch keine wissenschaftliche Doppelblindstudie zu dem Thema, die das in irgendeiner Weise auch nur andeuten würde), aber, hey, alle "Experten" kommen zu Wort...nur die normalen Spieler nicht. Komisch, oder?
Wie gesagt, ich empfinde das nicht sinnentstellend. Ob man sich nun mit seiner Stammgruppe regelmäßig zu BGs einfindet oder mit der gleichen Gruppe zum Bosselegen verabredet, ist im Grunde völlig egal. Deshalb ist Dein Einwand mit den "vertauschten Bildern" völlig überzogen!
Du hast es nicht verstanden (oder willst es nicht verstehen). Es zeugt von Desinteresse am eigentlichen Thema. Wer nicht die rechte Sorgfalt an den Tag legt, wie sie in Ziffer 2 des Pressekodex festgehalten ist, sollte lieber gar keine Recherche machen und gleich aus dem Bauch heraus einen Bericht entwickeln. Daher ist es nicht überzogen. Es ist die verdammte Pflicht eines Journalisten, die Fakten darzulegen. Das waren keine Fakten. Es ist dabei unerheblich, ob es die (ohnehin fragwürdige) Grundaussage des Berichtes tangiert. Es ist schlicht falsch und das sagt viel über Autoren aus, die angeblich ein Jahr lang jemanden und ein Thema verfolgen.
Das Prinzip der Online-Spiele ist die möglichst lange Bindung an das Produkt. Um Ziele zu erreichen, muß man viel Zeit innerhalb der virtuellen Welt verbringen. Im Gegensatz zu realen Wettkämpfen ist die Belohnung hier nur eine Frage der Zeit; es gibt kein Ausschlußprinzip und keine abgeschlossene Meisterschaft. Von daher bietet sich ein Vergleich zu einem Spiel wie Skat überhaupt nicht an.
Nene, so einfach kommst Du da nicht raus. Ich habe schon recht viele Ziele bei WoW erreicht. Level 60, 70, die eine oder andere Ini. Ruf bei Fraktion etc. Alles Ziele. So wie jedes gewonnene Fußballspiel, jede Partie Poker. Aber wie heißt es so schön, im FUSSBALL: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel... Der Vergleich zieht voll, tut mir leid. Man hört erst auf, wenn man zusammenbricht oder keine Lust mehr hat bzw. andere Prioritäten. Das ist bei JEDEM Spiel und Sport so. Eigentlich sogar bei jeder Tätigkeit, die einen ein wenig glücklich macht.
Hast Du das "Vorsicht: Ironie!" übersehen?
Nicht übersehen, aber vielleicht falsch interpretiert.
Wieder unzulässige Voraussetzung: Die Leute informieren sich nicht weiter. Wir leben nicht mehr in einer Welt, in der Print- und Fernseh-Medien die einzige Informationsquelle sind. Nicht nur Jugendliche benutzen das Medium Internet; es soll Erwachsene geben, die es ebenfalls nutzen. Ich erwähnte in einem anderen Thread bereits den "Third-Person-Effekt"[1]. Ich finde, Du beschreibst ihn gerade sehr gut.
So kannst Du echt nicht punkten... Die Erwachsenen, die das Netz so nutzen wie die Jugendlichen, sind eine Minderheit. Für die Generation 40+ sind das Fernsehen und die Printmedien weiterhin DIE Informationsquelle (schau einfach mal in die letzten Media-Analysen, da ist es nach Alter geschlüsselt). Es geht vor allem darum, welche Informationen sich wie beschafft werden. Ob ich zu tagesthemen.de gehe oder das im Fernsehen schaue, macht informativ keinen Unterschied. Wenn ich aber zu indymedia.org oder telepolis.de gehe ist das ein großer Unterschied. Und es ist möglich, das Internet zu nutzen, ohne jemals den eigenen Standpunkt verlassen zu müssen. Nur weil sie das Netz nutzen, heißt das also noch lange nicht, daß sie besser informiert sind. Sie könnten z.B. auf diese Rollenspielsucht.de-Seite kommen und restlos subjektive, einseitige Meinungen hören. Und, ja, die Wahlergebnisse und die Zahl der BILD-Leser zeigen, daß es sehr viele Menschen gibt, die sich nicht weiter informieren (wollen).
Edit: Was mich wundert: Wenn der ganze Bericht so panikmachend und Eltern-manipulierend war, wo bleiben dann die Aufschreie der Spieler hier, die unter den Auswirkungen der Reportage leiden? Bisher hat sich noch kein Einziger zu Wort gemeldet, daß die Reportage Auswirkungen auf die Meinungsbildung der Eltern hatte. Oder betrifft das alles nur die graue Masse außerhalb der buffed-Community?
1. Müssen die Eltern das gesehen haben
2. Muß das Kind ein ähnliches Verhalten an den Tag legen
3. Müssen die Eltern wissen, was das Kind spielt
4. Müssen die Eltern dem Bericht glauben
5. Muß das Kind dadurch Auswirkungen spüren
6. Muß das Kind wissen, daß es durch den Bericht passiert ist
7. Muß der oder die sich hier bei Buffed in diesen Thread verirren
8. Muß der oder die was dazu schreiben
Die Wahrscheinlichkeit bis 8 zu kommen ist schon deshalb nicht sehr hoch, weil ja gerade nahezu alle Spieler keine Extreme bilden. Ich sehe hier in meinem Zimmer auch gerade keinen Tiger. Daraus schließe ich, daß Tiger gar nicht existieren. Ist zulässig, aber nur für mein Zimmer. ^^
Noch ein schönes Beispiel für manipulative Wortwahl aus dem Bericht: Treffen der Spielebranche. "Hier, in einem schicken Club in Hamburg, feiert sich die Branche selbst." Das ganze in einem abfälligen Tonfall, als ob sich gerade die Mafia zu einer Jahrestagung zusammensetzt. "Schicker Club" soll eine Elite, einen Snobismus assoziieren. Eine Gruppe, die sich über den Normalbürger stellt. Sich selbst zu feiern, gilt als dekadent und als Zeichen, daß man unter sich bleiben möchte, weil entweder kein anderer mitfeiern wollte oder man Proteste befürchtet. Noch unterstrichen durch die Schickimicki-Musik und Aufnahmen von Zigarrenrauchern (ein Wunder, daß er keinen 100€-Schein zum Anzünden verwendet hat). Das ist unterste Schublade. Objektiv hätte es heißen müssen "Hier, in einem Club in Hamburg, findet eine Pressekonferenz der großen Spielehersteller statt. ....". Wertungsfrei. Reine Information.
Bevor solche simplen publizistischen Grundregeln nicht eingehalten werden, kann man einen solchen Bericht nicht ernst nehmen, außer vielleicht wegen seines Volksverdummungspotenzials fürchten....
D.