Was hier schon wieder an Falschinformationen herumschwirrt ist kaum auszuhalten:
a) Es ist _völlig_ egal, wie die USK Online-Spiele bisher eingestuft hat, wenn mit Hilfe des Jugendschutz-Gesetzes neue Fakten geschaffen werden, nach denen Online-Spiele ebenso neu bewertet werden müssen (siehe auch dazu den Wirrwarr um ungeprüfte Musik-CDs mit Multimedia-Inhalten, die nach jahrelangem problemlosen Verkauf bis zur Neuprüfung nur noch an Personen ab 18 Jahren herausgegeben werden durften - wobei es völlig unerheblich war, ob die Dinger Ausschnitte aus "Bambi" oder einem 'hartem' Musik-Video enthielten)!
b) Blizzard und die "Spiele-Lobby" werden darauf nicht den geringsten Einfluß haben. Die Filmindustrie hat es nicht geschafft, ihre Interessen hierzulande erfolgreich durchzusetzen (siehe Indizierungen bzw. Beschlagnahmungen); die Spiele-Industrie wird es auch nicht. Deren Lobby dürfte gegen die Unterhaltungsriesen sogar eher schwächlich sein. Immerhin stehen hinter der Film-Industrie Giganten wie Sony (erst kürzlich von der Beschlagnahmung eines ihrer Titel betroffen, in dem es um osteuropäische Jugendherbergen in der zweiten Auflage ging), Warner oder gar Disney (nicht zu verwechseln mit der "Kinderunterhaltung"! Disney hat schon lange mehr als einen Fuß im Erwachsenenmarkt, denn immerhin gehören auch Buena Vista (Vertrieb für alle Film-Töchter des Disney-Konzerns) , Touchstone ("Starship Troopers" - in Deutschland indiziert) oder Miramax ("Kill Bill"; "Pulp Fiction") zu diesem Konzern).
c) Ob die Spieler und auch andere Personen eine Altersfreigabe ab 18 für sinnvoll halten, wird im Endeffekt niemanden von den Politikern interessieren, wenn sie mal wieder im blindem Aktionismus um sich schlagen. Siehe hierzu wieder den Vergleich mit der Filmindustrie: Von den lauten Diskussionen über sog. "Killerspiele" überdeckt werden mehr und mehr Filme auch für Erwachsene nur geschnitten freigegeben; selbst die Beschlagnahmungen haben wieder empfindlich zugenommen! Daß es im Zeitalter des Internets kaum mehr ein Problem der Verbreitung gibt; daß es auch problemlos möglich ist, diese Medien ungeschnitten (teilweise mit deutschem Ton) aus dem EU-Ausland wie z. B. Österreich zu beziehen, interessiert hierbei den Gesetzesgeber genauso wenig wie ein Vergleich mit dem direkten Nachbarn Holland[1], wo keinerlei verbindliche Altersfreigaben existieren oder gar Zensur für Computerspiele / Filme stattfindet.
Was also sollte einen Politiker, der bis jetzt den Unsinn solcher Aktionen nicht eingesehen hat, davon abhalten, sich auch weiterhin weltfremd zu benehmen?
Vorstellbar für die Zukunft wäre ein "Altersverifikationsmodell", mit denen Abonnements für Online-Spiele abgeschlossen werden (kein Gamecard-Verkauf mehr; nur noch Überweisung vom Konto eines ausgewiesenen Erwachsenen). Ob das jemand der hier mitschreibenden Spieler sinnig findet, ist wie gesagt völlig unerheblich[2]. Wer an unsinniges Handeln seitens der Politik nicht glauben mag, kann sich diesen Fall genauer ansehen, der so gar nichts mit Spielen zu tun hat:
http://hpd.de/node/3715
Wenn die Regierung schon glaubt, uns vor sozial-ethischer Versauung durch atheistisches Gedankengut bereits im Kindesalter beschützen zu müssen, dann wage ich mir kaum mehr vorzustellen, was sie demnächst für Geschütze gegen "Killerspiele" aufzufahren gedenkt! Politiker, die nichts aus der Vergangenheit lernen, glauben leider immer noch an den Nutzen von Verboten im kulturellen Bereich (dazu zähle ich auch die Computer-Spiele, die einen nicht unwichtigen Teil der Jugendkultur ausmachen, deren Mechanismen leider von den Gesetzgebern noch nie verstanden wurde). Im Link angegebenen Fall wurde geradezu mit Kanonen auf Spatzen geschossen, weil der Inhalt eines Kinderbuches nicht in das Weltbild der agierenden Politker passte. Wenn es zu einer Debatte um Computerspiele kommt, dann wird nicht etwa Sinn bzw. Unsinn der zu erlassenden Gesetze im Mittelpunkt stehen, sondern die Meinung Einzelner, die ebenso wie oben ersichtlich ganz andere Aspekte aufführen, (z. B. wird auf die erhöhte Suchtanfälligkeit von Jugendlichen hingewiesen, während es im Prinzip darum geht, ein nicht verstandenes Prinzip wie Online-Spiele auch in der erwachsenen Welt möglichst einzudämmen, weil man sich aus irgendeinem irrationalen Grund davon bedroht fühlt), um letztlich ihr rein persönliches Ziel zu erreichen.
Letztlich sind es eben Standpunkte wie die von Prof. Dr. Herbert Selg, die den selbsternannten Jugendschützern das Argument liefern, gleichzeitig aber auch aufzeigen, daß dies alles nur Symptom- und nicht etwa Ursachenbekämpfung ist:
Es gilt also letztlich: Mediengewalt leistet wohl nur dort einen deutlichen Beitrag zur Gewaltentstehung, wo das alltägliche reale Leben bereits als aggressiv erfahren wird und eine Gewaltbasis geschaffen hat. Medien allein machen wohl nicht kriminell; Medienwirkungen können sich jedoch zu anderen Ursachen von Gewalt hinzuaddieren.
Aber seien wir uns bewußt: Die Forschung über Kindesmißhandlung im allgemeinen und über sexuelle Mißhandlung im besonderen zeigt auf, daß es sich bei den Kindern, die zu Hause Gewalt erfahren, nicht um eine zwar bedauernswerte, aber doch nur kleine Gruppe handelt; ihre Zahl geht vielmehr allein in Deutschland in die Hunderttausende
(Prof. Dr. Herbert Selg: Psychologische Wirkungsforschung über Gewalt in den Medien in: tv-diskurs Nr. 2)
Weil es der Jugend so beschissen ergeht und wir das partout nicht ändern können oder wollen (denn das würde richtig Geld kosten), verbieten wir ihnen den Zugang zu möglichen Auslösern, auf daß sie nicht zur Gefahr für die Gesellschaft werden. Das ist neben der oben beschriebenen persönlichen Ablehnung von unverstandenden Phänomen seitens einzelner Machtmenschen das mehr als zynische Fazit zu all den Verbotsdiskussionen. Und genau so sollte man das diskutieren, darstellen und mit treffenden Argumenten untermauern. Aber was schreib' ich mir hier die Finger wund: Die Dohfen werden ihre eingeschränkte Sichtweise zum Besten geben ("Ey, voll Scheiße! Bin fiel reifer als die Erwachsdingens!"); einem anderen ist's einfach zu viel Text, auf den sie ihre Aufmerksamkeit richten müßten. Längst geschlachtete Säue vor die Jugend, die es eigentlich anginge...
[1] Rudolf Stefen, einer der Initiatoren und jahrelanger Vorsitzender der BPjS (heute BPjM; seine Ablösung ist Frau Elke Monssen-Engberding, die bis heute der BPjM vorsteht - ich hatte schon das kurze "Vergnügen" einer persönlichen eMail-Diskussion betreffs meiner ehemaligen Website "LaVerne's House of Pain", die sich u. a. mit Film-Zensur befasste), fand denn auch ein absolut einleuchtendes Argument, inwiefern sich Deutschland nicht mit den Niederlanden vergleichen lasse:
Screem: Sie sagen, das Modell "Niederlande" sei für Deutschland ungeeignet. Weshalb? Die Kriminalitätsrate ist in den Niederlanden weitaus geringer, trotz wesentlich höherer Bevölkerungsdichte.Die völlig unzensierte Gewalt in den Medien scheint sich dort nicht auszuwirken, so daß man sich doch fragen muß, ob Medien-Gewalt in ihrem Einflußcharakter nicht ziemlich stark überschätzt wird.Halten Sie die Deutschen für Mediengewalt anfälliger?
Stefen: Die Deutschen waren für die "Hitlergewalt" anfällig - weshalb wir besonders sensibel für mediale Gewaltdarstellung sein müssen. ("Screem" Ausgabe Dez.1992)
Wenn das nicht mal ein Argument ist. Und so jemand wie Stefen hat jahrelang dafür gesorgt, daß wir von der Medien-Gewalt auch wirklich verschont geblieben sind - zumindest offiziell.
[2] siehe
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/4/4147/1.html
"Die BPjS-Vorsitzende sieht das Spiel vor allem als Beleg für die Nichtnotwendigkeit einer wissenschaftlichen Beweisführung, da sich die Jugendgefährdung ja jedem sofort erschließe. Man sei also in diesem Bereich "nicht auf die Wirkungsforschung angewiesen"."
Das muß man nicht mehr kommentieren, oder?