Wie die
Azerother Abendpost bereits berichtete, kündigte Prof. Dr. Christian Pfeiffer (64) als Leiter des
“Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V.“ (
KFN) bereits Anfang diesen Jahres an, eine
Studie mit 44.610 befragten Schülerinnen und Schülern neunter Klassen zu veröffentlichen, die belege, dass
World of Warcraft ein Computerspielsucht erzeugendes Onlinerollenspiel sei.
Im Zuge der enormen medialen Aufmerksamkeit, die der Amoklauf am 11. März 2009 in Winnenden mit sich brachte, tritt nun Pfeiffer ebenfalls in die Öffentlichkeit. Er publizierte gestern auf der
Homepage des
KFN eine zweiseitige Schrift, die sich gezielt an die
Jugendministerkonferenz (
JMK) richtet. Die Konferenz findet dieses Jahr am
04./05. Juni im Rathaus des Vorsitzlandes Bremen statt. Als Vorsitzende wird die Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales des Landes Bremen, Ingelore Rosenkötter fungieren.
In dieser
Schrift stellt Pfeiffer
fünf Thesen auf, mit denen er die Forderungen nach einer nachträglichen Anhebung der USK-Bewertung von
World of Warcraft von 12 auf 18 Jahre untermauert.
(Die
Azerother Abendpost berichtete bereits
hier ausführlich im
buffed.de-Forum!)
Angesichts der Brisanz und Dringlichkeit des Themas, erlaubt sich die Redaktion der
Azerother Abendpost, diese
fünf Thesen im vollständigen Wortlaut wiederzugeben:
1. Mit der für das Online-Spiel „World of Warcraft“ (WoW) geltenden Alterseinstufung „ab 12“ verbreitet der Staat gegenwärtig an die Eltern von 12- bis 18-Jährigen eine Botschaft, die aus unserer Sicht nicht mehr verantwortbar ist. Allein die Tatsache, dass 15-jährige männliche WoW-Spieler mit diesem Spiel im Durchschnitt pro Tag 3,9 Stunden verbringen und damit hoch gerechnet pro Jahr mehr Zeit in WoW investieren als in ihren gesamten Schulunterricht, ist völlig unakzeptabel. Hinzu kommt das von uns aufgezeigte Risiko, eine Abhängigkeit von WoW zu entwickeln. Die Eltern müssen deshalb über die Medien und die Schulen erfahren, welche Konsequenzen es hat, wenn sie im Vertrauen auf die bisherige Alterseinstufung ihrem Kind dieses Spiel schenken oder ihm erlauben, dass es die Nutzung des Spiels mit eigenem Taschengeld finanziert.
2. Die Jugendministerkonferenz ist aufgefordert, im Regelwerk zur Alterseinstufung von Computerspielen der wissenschaftlichen Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass bestimmte Spiele durch ihre Struktur und ihr Belohnungssystem das Risiko für die Entstehung einer Computerspielabhängigkeit deutlich erhöhen.
3. Die zunächst regelgerecht erfolgte Alterseinstufung von WoW und anderen Online- Spielen mit hohem Abhängigkeitspotential ist für die Zukunft nicht mehr haltbar. Im Hinblick auf WoW plädieren wir dafür, dass dieses Spiel in Zukunft nur noch für Erwachsene freigegeben wird. Die Frage, ob diese Korrektur der Alterseinstufung bereits vor der oben angesprochenen Änderung des Regelwerkes der USK durchgeführt werden kann, sollte durch ein Rechtsgutachten geklärt werden.
4. Gegenwärtig befinden sich Eltern und Therapeuten oft in einer schwierigen Lage, wenn sie für ihren in Computerspielabhängigkeit geratenen Sohn (oder vergleichsweise selten) ihre Tochter eine Therapie ermöglichen möchten. Anders als etwa die Glücksspielsucht ist die Computerspielabhängigkeit noch nicht in die Liste der psychischen Erkrankungen aufgenommen worden, deren Therapiekosten von Krankenkassen übernommen werden. Eltern und Therapeuten behelfen sich bisher damit, dass dem betroffenen jungen Menschen eine andere Erkrankung zugeschrieben wird wie etwa eine behandelbare Depression. Streng genommen wird hier dann aber häufig ein Versicherungsbetrug begangen. Die zuständigen politischen Gremien sind deshalb aufgefordert, die Computerspielabhängigkeit in den Katalog der psychischen Erkrankungen aufzunehmen, deren Behandlung von den Krankenkassen übernommen wird.
5. Nach wie vor gibt es zum Problem der Computerspielabhängigkeit eine Fülle ungeklärter Fragen, die im Zuge interdisziplinärer Forschung untersucht werden müssten. Dies beginnt bei den Verlaufsformen des abhängigen Spielens (Einstiegswege, Risikomerkmale der betroffenen Personen, Dauer, Ausstiegsszenarien, Bedeutung von Selbsthilfegruppen usw.), der Häufigkeit, mit der neben den Jugendlichen andere Altersgruppen in Computerspielabhängigkeit geraten und endet bei der Frage, welche Therapien sich als wirksam erweisen und welche nicht. Das KFN und die Medizinische Hochschule Hannover beabsichtigen deshalb, gemeinsam einen interdisziplinären Forschungsverbund einzurichten, in dem diese Fragen systematisch geklärt und Wege zur Prävention und erfolgreichen Behandlung von Computerspielabhängigkeit aufgezeigt werden.
Der vollständige Schriftsatz ist auf der Homepage des
KFN als pdf-Datei zu finden.
Nach Einschätzung der
Azerother Abendpost wird es im „Super-Wahljahr 2009“ tatsächlich zu einer bundespolitischen Debatte kommen. Einer Debatte, die als Ergebnis mit der Reformierung der
USK beginnen und letztlich der Heraufsetzung der bisherigen USK-Bewertung für
World of Warcraft von 12 auf 18 Jahre münden wird.
Um der daraus resultierenden Kriminalisierung zehntausender minderjähriger
World of Warcraft-Spieler entgegen zu wirken, sollte bereits jetzt der Widerstand beginnen!
Diesen Widerstand gab es bereits im
wilhelminische Deutschland, in dem der sogenannte „Schundkampf“ wütete. Der Begriff „Schmutz und Schund“ wurde zum geflügelten Wort und führte von Mitte der 1920er bis Mitte der 1930er Jahre zum
„Schmutz- und Schundgesetz“. Kaum war die Zeit des Nationalsozialismus vorbei, schwang sich der damalige CSU-Generalsekretär Franz Josef Strauß 1949 auf, erneut ein
„Bundesgesetz gegen Schmutz und Schund“ zu fordern.
Auch eine Persönlichkeit wie
Erich Kästner konnte die Einführung des „Gesetz[es] über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ (GjS) nicht verhindern.
Doch Erich Kästner prägte 1950 vor dem Deutschen Bundestag einen sehr schlauen Satz, der noch heute seine Gültigkeit hat:
„Wenn’s schon nicht gelingt, die tatsächlichen Probleme zu lösen, die Arbeitslosigkeit, die Flüchtlingsfrage, die Steuerreform, dann löst man geschwind ein Scheinproblem. Hokuspokus – endlich ein Gesetz! Endlich ist die Jugend gerettet! Endlich können sich die armen Kleinen am Kiosk keine Aktphotos mehr kaufen und bringen das Geld zur Sparkasse.“
Als lebte Kästner 2009!
Wenn es schon nicht gelingt, die tatsächlichen Probleme zu lösen, die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Arbeitslosigkeit, die
demographische Vergreisung, dann löst man geschwind ein Scheinproblem. Hokuspokus – endlich ein Gesetz! Endlich ist die Jugend gerettet! Endlich können die armen Kleinen keine Ego-Shooter oder Suchtspiele mehr kaufen und bringen das Geld zur Sparkasse.
Wer dennoch Widerstand leisten möchte gegen die irregeleiteten Interessen eines einzelnen Kriminologen, der sollte sich spätestens jetzt organisieren.
Kinder, Jugendliche und ihre Eltern sollten Artikel 8 des deutschen
Grundgesetzes in Anspruch nehmen:
„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“
Die
Jugendministerkonferenz am 04. und 05. Juni 2009 im Bremer Rathaus ist sicherlich eine Gelegenheit, die wahrgenommen werden muss!
Die
Azerother Abendpost wird weiter für euch berichten.
Game on!
Quellen:
http://www.kfn.de/versions/kfn/assets/fb108.pdf
http://www.kfn.de/home.htm
http://www.soziales.bremen.de
http://www.usk.de/index.htm
http://parapluie.de/archiv/unkultur/schund
http://de.wikipedia.org/wiki/Schmutz-_und_Schundgesetz
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/17/17203/1.html
http://www.bundestag.de/parlament/funktion...setz/gg_01.html
http://www.regine-pfeiffer.de/
Edit 1: Mittlerweile ist auf der Homepage des
KFN eine weitere
pdf-Datei veröffentlicht worden. Sie stammt von einer ehemaligen Lehrerin, der
Studiendirektorin a.D. Regine Pfeiffer. Die Ehefrau des Kriminologen stellt u.a. mit einer in Fantasy-Schrift gehaltenen und mit einem offiziellen
World of Warcraft-Logo versehenen Graphik dar, wie die Suchtwirkung des Glücksspiels
World of Warcraft zustande kommt.
Edit 2: Vor wenigen Minuten wurde auf der Homepage des
KFN ein weiterer
Forschungsbericht veröffentlicht:
"Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt". Offenbar hat man 'auf Winnenden gewartet', um diese Studien zu publizieren und in diesem speziellen gesellschaftlichen und politischen Klima die Moral- und Gesetzesvorstellungen Herrn Pfeiffers und des
KFN zu manifestieren.
„Computerspiele sind Kulturgüter, das gilt für die guten wie für die schlechten.“
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer
Deutscher Kulturrat, 2008.